Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Waltraud N***, Haushalt, 1020 Wien, Herminengasse 6/2, vertreten durch Dr. Egbert Schmid und Dr. Michael Kutis, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Aloisia O***, Hauseigentümerin, 1200 Wien, Greiseneckerstraße 25/4, vertreten durch Dr. Otto Ackerl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 52.895,80 S sA (Revisionsinteresse: 24.453 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 13. September 1989, GZ 41 R 506/89 (ON 46), womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 13. März 1989, GZ 6 C 298/87a-33, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.966,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 494,40 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist im Jahre 1984 mit Zustimmung der Hausinhabung in den von ihrem Ehegatten Manfred N*** am 31. August 1978 über die aus Vorzimmer, Küche und zwei Zimmern bestehende Wohnung Tür Nr. 7 im zweiten Stock des Hauses in Wien 20., Greiseneckergasse 25, geschlossenen Hauptmietvertrag eingetreten.
§ 5 Abs 2 dieses Mietvertrages lautete:
"Bauliche Veränderungen innerhalb des Bestandgegenstandes oder an der Außenseite dürfen nur mit Bewilligung des Vermieters erfolgen. Die in diesem Zusammenhang erfolgten Investitionen, Einbauten u.dgl. gehen sofort unentgeltlich in das Eigentum des Vermieters über. Das gleiche gilt für Gas- und elektrische Leitungen; diese dürfen nur unter Verputz verlegt werden."
Nach dem unbestrittenen Sachvorbringen der Klägerin hat diese das Mietverhältnis per 31. Mai 1986 aufgekündigt. Die Aufkündigung wurde vom Hausverwalter Hubert F*** bestätigt, welcher die Wohnung im Vollmachtsnamen der Beklagten von der Klägerin wieder übernahm. Bereits mit Schreiben vom 24. April 1986 hatte die Klägerin der Beklagten Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung der Wohnung im Gesamtbetrag von 61.884 S angezeigt. Die Beklagte hat die Wohnung noch vor Klagseinbringung wieder vermietet.
Mit der am 9. Februar 1987 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin - gestützt auf § 10 MRG - von der Beklagten den Ersatz ihrer zur wesentlichen Verbesserung der Wohnung vorgenommenen Aufwendungen in Höhe von 52.895,80 S sA. Hievon ist für das Revisionsverfahren nur der Teilbetrag von 25.744 S sA von Interesse, den die Klägerin als Ersatz für den zum Zeitpunkt der Zurückstellung der Wohnung verbliebenen Wert der von ihr am 10. Mai 1982 mit Zustimmung der Beklagten installierten neuen Fenster anspricht. Sie habe hiefür Kosten von 32.180 S aufgewendet; die Verbesserung sei nach dem Wohnhaussanierungsgesetz (richtig wohl: Wohnungsverbesserungsgesetz) gefördert worden.
Die Beklagte hielt dem entgegen, die Installierung neuer Fenster falle nicht unter die nach § 10 MRG ersatzfähigen Aufwendungen. Im übrigen liege der gegenwärtige Wert der 1982 installierten Fenster erheblich unter dem hiefür von der Klägerin angesprochenen Betrag. Die Beklagte wandte schließlich aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung auch noch mehrere Gegenforderungen ein, von denen aber im Revisionsstadium nur diejenige für die Kosten der Entfernung einer von der Klägerin eigenmächtig angebrachten Holzverkleidung der Wohnungstüre in Höhe von 1.476 S (ON 4, AS 11; ON 28, AS 127) bedeutsam ist.
Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit dem Betrag von 1.087,10 S (für die Erneuerung der Lichtleitungen samt Sicherungskasten), aber auch die Gegenforderungen der Beklagten bis zur Höhe der (als zu Recht bestehend erkannten) Klagsforderung zu Recht bestünden und wies demgemäß das gesamte Klagebegehren ab. Es traf noch folgende, für das Revisionsverfahren wesentliche Tatsachenfeststellungen:
Bei Anmietung der Wohnung befanden sich auch deren Fenster in einem schlechten und erneuerungsbedürftigen Zustand. Die vorhandenen Fenster wurden schließlich unter Inanspruchnahme einer Förderung nach dem WohnVerbG in Form eines vom Amt der Wiener Landesregierung (MA 50) gewährten Wohnungsverbesserungsdarlehens (richtig gemäß Beilage A: eines jährlichen Annuitätenzuschusses von 40 v.H. der Jahresannuität des mit 13 % p.a. verzinslichen Darlehens der E*** Ö*** S***-C*** in Höhe von 32.000 S mit einer Laufzeit von 120 Monaten gemäß § 6 Abs 1 WohnVerbG) gegen Kunststoffenster ausgetauscht, deren Zeitwert (offenbar gemeint: zum Zeitpunkt der Zurückstellung der Wohnung) einschließlcih der Fensterbretter 24.750 S betrug.
Manfred N*** nagelte auf die gesprungene Wohnungseingangstüre eine Hartfaserplatte, die sich über das Gang-Küchenfenster erstreckte. An ihr wurde eine Kleiderablage angebracht. Die Hausverwaltung rügte diese Veränderung mit Schreiben vom 9. September 1980 und wies zugleich auf die Pflicht zur Wiederherstellung des früheren Zustandes bei Beendigung des Mietverhältnisses hin. Die Klägerin hat die Hartfaserplatte nicht entfernt. Die Kosten für das Entfernen dieser Verkleidungen belaufen sich auf 1.476 S.
Rechtlich folgerte das Erstgericht daraus, daß der Aufwand für den Einbau der neuen Fenster weder nach § 10 Abs 3 Z 1 bis 3 MRG ersatzfähig sei noch unter die Generalklausel der Z 4 dieser Gesetzesstele falle, weil es sich hiebei nicht um "gleich wesentliche Verbesserungen" handle (MietSlg 37.269/48). Berechtigt sei nur die von der Klägerin für die Erneuerung der Lichtleitungen und die Installierung eines Sicherungskastens geltend gemachte Ersatzforderung von 1.087,10 S. Diese werde aber durch die Aufrechnung mit der von der Beklagten eingewendeten Gegenforderung von 1.476 S an Kosten für die Entfernung der Holzverkleidung der Eingangstür und des Küchenfensters getilgt.
Das Berufungsgericht sprach über Berufung der Klägerin aus, daß die Klagsforderung mit dem Betrag von 25.437,10 S sA, die Gegenforderung aber nur mit dem Betrag von 984 S zu Recht bestehe und verpflichtete die Beklagte demgemäß zur Zahlung von 24.453,10 S sA. Das Mehrbegehren im Umfang von 28.442,70 S sA wurde (mittlerweile rechtskräftig) abgewiesen. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es ging (unbekämpft) davon aus, daß die vorhandenen Wohnungsfenster gegen Kunststoffenster mit Isolierverglasung ausgetauscht worden seien. Dies sei aber rechtlich eine den in § 10 Abs 3 Z 1 MRG genannten Anlagen und der in Z 3 genannten Fußbodenerneuerung durchaus gleichzuhaltende Verbesserung. Wenn auch die Förderung nach dem WohnVerbG noch keine unwiderlegliche Vermutung für das Vorliegen einer "gleich wesentlichen Verbesserung" im Sinne des § 10 Abs 3 Z 4 MRG darstelle, so sei der Austausch der Wohnungsfenster gegen Kunststoffenster doch eine ersatzfähige Verbesserungsmaßnahme und mit dem der Entscheidung MietSlg 37.269/48 zugrunde liegenden Sachverhalt (Einbau eines Fensters zwischen Küche und Bad sowie Liefern und Montieren der Außenfenster für ein Zimmer einschließlich des Anstriches) nicht vergleichbar. Die Beklagte habe daher der Klägerin auch den festgestellten Zeitwert der Fenster (24.350 S) zu ersetzen. Hingegen könnten als Gegenforderung unter amtswegiger Wahrnehmung der einjährigen Ausschlußfrist des § 1111 ABGB nur die Kosten für die Entfernung der Holzverkleidung an der Eingangstüre selbst berücksichtigt werden. Diese seien gemäß § 273 ZPO lediglich mit einem Betrag von 984 S festzusetzen gewesen.
Gegen die erfolgte Abänderung, aber lediglich im Umfang eines Zuspruches von 24.350,10 S (richtig: 24.350 S) an die Klägerin richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von (einschließlich der bereits rechtskräftig abgewiesenen Teilforderungen von 28.442,70 S) insgesamt 52.092,70 S sA (richtig gemäß Anfechtungserklärung, aus der erhellt, daß die zu Recht bestehende Klagsforderung im Rechtsmittelantrag nicht 1.787,10 S, sondern lediglich 1.087,10 S betragen soll: 52.792,70 S; der dabei unterlaufene Rechenfehler im Ausmaß von 10 g kann vernachlässigt werden).
Die Klägerin stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Beklagte geht zwar zutreffend davon aus, daß die zum Ersatz in Betracht kommenden Aufwendungen in § 10 Abs 3 MRG weitgehend abschließend aufgezählt sind und auch die Generalklausel in Abs 3 Z 4 sehr eng ist, da als "gleich wesentliche Verbesserungen" nur solche anzusehen sind, die in ihrer Bedeutung, aber auch in ihrer Art ("Wesen") den in Abs 3 Z 1 bis 3 genannten gleichkommen (Würth in Rummel, ABGB Rz 3 zu § 10 MRG; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht Rz 10 zu § 10 MRG); danach wurde denn auch in der Entscheidung RdW 1986, 141 = ImmZ 1986, 216 = MietSlg 37.269/48 die Ersatzfähigkeit von Aufwendungen für den Einbau von neuen Fenstern und Türen samt Lackierarbeiten nach § 10 Abs 3 MRG abgelehnt. Daraus vermeint aber die Revisionswerberin fälschlich bereits den Schluß ziehen zu können, daß dies auch auf die hier noch in Rede stehenden Aufwendungen für den nach dem WohnVerbG geförderten Austausch der vorhandenen, bereits in schlechtem und erneuerungsbedürftigem Zustand befindlichen Wohnungsfenster gegen Kunststoffenster mit Isolierverglasung zutreffen müsse. Sie läßt dabei den entscheidenden Unterschied des vorliegenden Falles zu dem der genannten Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt außer acht. Dort ist nämlich der Einbau von neuen Fenstern nicht nach dem WohnVerbG gefördert worden. Schon Würth (aaO) hat aus dem Wortlaut des § 10 Abs 3 Z 4 MRG abgeleitet, der Gesetzgeber stelle für Arbeiten, die nach dem WohnVerbG gefördert worden sind, die unwiderlegliche Vermutung auf, daß es sich um "gleich wesentliche Verbesserungen" handle. Dem ist jedoch Edlbacher (in ÖJZ 1985, 145 f) entgegengetreten, indem er nur öffentliche Förderungen nach § 1 Abs 2 lit b) WohnVerbG und § 11 Z 3 WSG der Generalklausel des § 10 Abs 3 Z 4 MRG unterstellen wollte. Nunmehr bezeichnen es Würth-Zingher (aaO Rz 11) als fraglich, ob die durch die Gewährung einer öffentlichen Förderung begründete Vermutung, daß es sich bei der geförderten Investition um eine solche im Sinne des § 10 MRG handle, unwiderleglich ist (wofür der Text spräche) oder nicht.
Hiezu war folgendes zu erwägen:
Schon die Formulierung des § 10 Abs 3 Z 4 MRG ("insbesondere solche, .....") deutet darauf hin, daß Verbesserungen, die nach dem WohnVerbG - idF der MRG-Novelle 1985: oder dem WSG - gefördert worden sind, in jedem Falle "andere gleich wesentliche Verbesserungen" sein sollen. Wenn auch den Gesetzesmaterialien (abgedruckt in Würth-Zingher, MRG2, 49 f) für diese (oder eine andere) Absicht des Gesetzgebers kein Hinweis entnommen werden kann, so ergibt sich doch die Richtigkeit dieses von Würth aus der reinen Wortinterpretation gewonnenen Ergebnisses an Hand der unter diesen Umständen noch gebotenen objektiv-teleologischen Auslegung: Hätte der Gesetzgeber nämlich tatsächlich mit dieser Formulierung nur die nach § 1 Abs 2 lit b) WohnVerbG geförderten Verbesserungen oder die nach § 11 Z 4 WSG geförderten Sanierungsmaßnahmen gemeint, so wäre deren Anführung als "gleich wesentliche Verbesserungen" überflüssig gewesen, weil es sich hiebei um solche handelt, die ohnehin schon nach § 10 Abs 3 Z 1 MRG ersatzfähig sind. Das gilt übrigens auch für die nach § 1 Abs 2 lit c) WohnVerbG oder § 11 Z 7 WSG geförderten Verbesserungen bzw. Sanierungsmaßnahmen, die im wesentlichen den bereits nach § 10 Abs 3 Z 2 MRG ersatzfähigen Aufwendungen entsprechen. Da dem Gesetzgeber aber eine sinnlose Wiederholung von ersatzfähigen Aufwendungen nicht zusinnbar ist, schließt sich der erkennende Senat der Auffassung Meinhart's an (ImmZ 1986, 195), wonach durch die MRG-Novelle 1985 der Begriff der zu ersetzenden Aufwendungen gemäß § 10 Abs 3 Z 4 MRG um jene, die nach dem WSG gefördert wurden, eine Erweiterung erfahren hat. Dies deshalb, weil schon die ursprüngliche Fassung dieser Gesetzesstelle die ersatzfähigen Aufwendungen um jene erweitert hat, die nach dem WohnVerbG gefördert worden sind. Das gilt insbesondere für den vorliegenden Austausch der Wohnungsfenster gegen solche aus Kunststoff mit Isolierverglasung, die gemäß § 1 Abs 2 lit f) WohnVerbG als Maßnahme zur Verbesserung der Schall- und Wärmedämmung von Fenstern gefördert worden ist (vgl. nunmehr § 11 Z 4 WSG). Die Aufwendungen hiefür sind daher - mit ihrem objektiven Nutzen (Zeitwert) im Zeitpunkt der Auflösung des Mietvertrages - jedenfalls nach § 10 Abs 3 Z 4 MRG ersatzfähig.
Der Revision mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E20055European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00738.89.0315.000Dokumentnummer
JJT_19900315_OGH0002_0060OB00738_8900000_000