Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Schwarz, Dr. Graf und Dr. Jelinek als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred W*** Gesellschaft mbH & Co KG, Lerchenfelderstraße 2, 1080 Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Grohs, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien
1.) A***-Werbung Gesellschaft mbH, 2.) C***-Beratungsgesellschaft mbH, beide Lerchenfelderstraße 2, 1080 Wien, beide vertreten durch Dr. Paul Weiss, Rechtsanwalt in Wien, 3.) R*** D*** S*** GmbH, Lerchenfelderstraße 2, 1080 Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 28. November 1989, GZ 48 R 637/89-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 1. August 1989, GZ 41 C 298/89k-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird, soweit sie die drittbeklagte Partei betrifft, zurückgewiesen; im übrigen wird ihr nicht Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, den erst- und zweitbeklagten Parteien die mit S 11.557,26 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 1.926,21 Umsatzsteuer) je zur Hälfte binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf Räumung der von der erst- und zweitbeklagten Partei im Palais A*** gemieteten Raumlichkeiten ab. Die klagende Partei könne sich nicht auf die Mietvertragsvereinbarung berufen, daß das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Frist aufgelöst werden könne, wenn das Palais verkauft werde, weil diese Vereinbarung dem § 29 MRG widerspreche. Das Berufungsgericht wies die Berufungsbeantwortung der drittbeklagten Partei zurück, weil diese nicht Partei des Berufungsverfahrens sei; im übrigen bestätigte es die erstgerichtliche Entscheidung und sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-
übersteigt. Der zur Begründung des Räumungsbegehrens geltend gemachte Auflösungsgrund habe sich erst nach dem Inkrafttreten des MRG verwirklicht, weshalb es entgegen der Ansicht der Berufungswerber unmaßgeblich sei, daß der Mietvertrag vor dem Inkrafttreten des MRG geschlossen wurde.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die erst- und zweitbeklagte Partei beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig, soweit sie die drittbeklagte Partei betrifft. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines von ihm aufgreifbaren Verfahrensverstoßes des Erstgerichtes wegen Nichtbeteiligung der drittbeklagten Partei am Verfahren verneint, weshalb im Revisionsverfahren bindend davon auszugehen ist, daß daran nur mehr die erst- und zweitbeklagte Partei beteiligt sind (vgl. RZ 1976/110; SZ 54/190; 5 Ob 677/77 ua).
Im übrigen ist die Revision nicht berechtigt. Sie stellt sich auf den Standpunkt, daß für die Wirksamkeit von Auflösungsgründen, die nicht im § 29 MRG genannt sind, der Zeitpunkt der Vereinbarung und nicht jener der rechtsgeschäftlichen Erklärung der Auflösung maßgeblich sei.
Die Klägerin geht also selbst davon aus, daß sich der zur Stützung des geltend gemachten Auflösungsgrundes herangezogene Sachverhalt (geplanter oder bereits durchgeführter Verkauf des Palais A***) erst nach dem Inkrafttreten des MRG erfüllt habe. Dem vorher gelegenen Zeitpunkt der Vereinbarung kommt keine Bedeutung zu. Gemäß § 43 Abs 1 MRG gilt das I. Hauptstück des MRG (und damit auch § 29 MRG), insoweit nichts anderes bestimmt ist, auch für Mietverträge, die - wie hier - vor dem Inkrafttreten des MRG geschlossen worden sind. Darin kommt der schon im § 5 ABGB verankerte Grundsatz zum Ausdruck, daß das neue Recht auf bestehende Mietverhältnisse als Dauerschuldverhältnisse im Rahmen seines zeitlichen Geltungsbereiches ohne weiteres anzuwenden ist. Vor Inkrafttreten des MRG endgültig und abschließend verwirklichte Sachverhalt sind nicht nach dem MRG zu beurteilen, sondern der früheren Rechtslage zu unterstellen (JBl 1988, 525; MietSlg. XXXIX/19; JBl 1986, 390 = MietSlg. 38.287/5, jeweils mwN). Nach dem Inkrafttreten des MRG verwirklichte Sachverhaltes, wozu der Eintritt eines im Mietvertrag vereinbarten Auflösungsgrundes, wie hier Verkauf des Bestandobjektes zählt, sind demgemäß nach den Vorschriften des MRG zu beurteilen (MietSlg. 37.395; RZ 1983/70; 8 Ob 580/87; 1 Ob 538/90; Würth in Rummel2 § 1118 ABGB Rz 9). Dem entspricht auch, daß die Prüfung eines wichtigen Grundes für die Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses auf den Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung abzustellen ist (MietSlg. 37.179; JBl 1967, 209 ua; Fasching III 661).
Der Revision ist somit der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E20418European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00545.9.0322.000Dokumentnummer
JJT_19900322_OGH0002_0080OB00545_9000000_000