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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der D GesmbH in W, vertreten durch Dr. Walter Panzer, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Praterstraße 9/6, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 8. Oktober 2004, Zl. 3/13113/240 1924, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 26. August 2004 beantragte die beschwerdeführende Partei die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den jugoslawischen Staatsangehörigen D für die Tätigkeit als Maurer zu einem Bruttolohn von EUR 1.700,-- pro Monat bei 39 Wochenstunden. In dem für den Antrag verwendeten
Formvordruck wurde die Frage "Vermittlung von Ersatzkräften erwünscht" mit "nein " beantwortet.
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 6. September 2004 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG abgewiesen. Nach dieser Gesetzesstelle sei eine Beschäftigungsbewilligung für eine ausländische Arbeitskraft nur dann zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulasse und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegen stünden. Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts lasse die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung, insbesondere auch im Rahmen der Verordnung gemäß § 5 AuslBG für Saisonkräfte nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine Ersatzarbeitskräfte im Sinn von § 4b (Inländer, Ausländer mit Anspruch aus Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, Inhaber einer Arbeitserlaubnis, eines Befreiungsscheines oder eines Niederlassungsnachweises sowie EWR-Bürger und türkische Assoziationsarbeitnehmer) vermittelt werden könnten. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Maurer Arbeitssuchende (Ersatzkräfte) vorgemerkt seien, die für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es sei auch festgestellt worden, dass die Vermittlung von Ersatzkräften mit der Begründung abgelehnt worden sei, deren Qualifikation bzw. praktische Erfahrung sei für den gegenständlichen Arbeitsplatz nicht ausreichend. Da im Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung keine speziellen Kenntnisse und auch keine besonderen Qualifikationen angeführt seien und auch solche für die beantragten Ausländer nicht nachgewiesen worden seien, müsse angenommen werden, dass die beschwerdeführende Partei an die Stellenbewerbung höhere Maßstäbe angelegt habe als an den beantragten Ausländer. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung seien damit nicht vorgelegen.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung, in welcher im Wesentlichen die Vertrauenswürdigkeit und fachliche Kompetenz des beantragten Ausländers betont wurde.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. Oktober 2004 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und 6 AuslBG abgewiesen. Begründet wurde dieser Bescheid nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage im Wesentlichen damit, durch die Ablehnung der Ersatzkraftstellung hätte die beschwerdeführende Partei sich der Möglichkeit begeben, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen und auf Grund dieses Desinteresses seien seitens der Behörde erster Instanz auch keine weiteren Verfahrensschritte hinsichtlich der Befriedigung der Nachfrage gesetzt worden. Die Abdeckung des angemeldeten Arbeitskräftebedarfes an einem Maurer erscheine unter Bedachtnahme auf die zahlreichen beim Arbeitsmarktservice gemeldeten Personen, die für diese berufliche Tätigkeit in Betracht kämen und den Anforderungen des Arbeitsplatzes auch entsprächen, aus dem vorrangig in den Arbeitsprozess einzugliedernden Personenkreis des § 4b AuslBG realisierbar. Die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 AuslBG für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den beantragten Ausländer sei daher nicht gegeben gewesen.
Aber auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG seien nicht vorgelegen, da die (bezifferte) Landeshöchstzahl für das Bundesland Wien seit Beginn des Kalenderjahres 2004 in Permanenz überschritten sei, daher die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 6 AuslBG hätten vorliegen müssen. Der beantragte Ausländer weise keine fortgeschrittene Integration im Bundesgebiet auf, sondern halte sich als Asylwerber gemäß § 19 Abs. 2 in Verbindung mit § 36b Asylgesetz in Österreich auf. Bei der beantragten Beschäftigung handle es sich weder um eine solche auf Grund einer Verordnung gemäß § 5 AuslBG noch auf Grund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung, die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 (Schlüsselarbeitskraft) seien ebenfalls nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 28/2004 ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegen stehen.
Nach § 4 Abs. 6 AuslBG dürfen nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen gemäß § 13 weitere Beschäftigungsbewilligungen nur dann erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 bis 3 vorliegen und
1. der Regionalbeirat die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung einhellig befürwortet, oder
2. die Beschäftigung des Ausländers im Hinblick auf seine fortgeschrittene Integration geboten erscheint, oder
3. die Beschäftigung im Rahmen eines Kontingents gemäß § 5 ausgeübt werden soll, oder
4. der Ausländer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 erfüllt, oder
5. 4a der Ausländer Ehegatte oder Kind einer Schlüsselkraft gemäß § 2 Abs. 5
6.
ist,
7.
die Beschäftigung auf Grund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung ausgeübt werden soll, oder
8. der Ausländer einer Personengruppe angehört, die auch nach Überziehung der Bundeshöchstzahl zu seiner Beschäftigung zugelassen werden darf (§ 12a Abs. 2).
§ 1 der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung, BGBl. Nr. 278/1995 in der Fassung BGBl. II Nr. 249/2003 lautet:
"Über die Gesamtzahl der unselbständig Beschäftigten und arbeitslosen Ausländer (Bundeshöchstzahl) gemäß § 12a Abs. 1 AuslBG hinaus dürfen Sicherungsbescheinungen ausgestellt und Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden, wenn für
1. Ausländer, deren Beschäftigung im Hinblick auf ihre fortgeschrittene Integration geboten erscheint;
2. Ausländer, die gemäß einer Verordnung auf Grund des § 29 des Fremdengesetzes 1997 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind;
3.
Schlüsselkräfte (§ 2 Abs. 5 AuslBG);
4.
Grenzgänger (§ 2 Abs. 7 AuslBG) und Pendler (§ 2 Abs. 8 AuslBG) für eine Beschäftigung in einem Gesundheits- und Wohlfahrtspflegeberuf, für die sie eine monatliche Bruttoentlohnung in der Höhe von mindestens 40 v.H. der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zuzüglich Sonderzahlungen erhalten;
5. Ausländer, für die die Voraussetzungen zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach der Verordnung auf Grund des § 5 AuslBG vorliegen;
6. Ausländer, für die bereits eine Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß § 16 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, vorliegt;
7. Ausländer, für deren Beschäftigung die Voraussetzung des § 18 AuslBG vorliegen;
8. Grenzgänger (§ 2 Abs. 7 AuslBG) für eine Beschäftigung von jenem Arbeitgeber, der sie innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens sechs Monate nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erlaubt beschäftigt hat;
9.
Rotationsarbeitskräfte (§ 7 Abs. 4 Z. 2 Fremdengesetz);
10.
im Bundesgebiet niedergelassene Ausländer, für die wegen eines gegen sie oder ihr minderjähriges Kind gerichteten körperlichen Angriffs, einer Drohung mit einem solchen, oder wegen eines ihre psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigenden Verhaltens ihres Ehegatten ein weiteres Zusammenleben mit diesem nicht zumutbar ist und aus diesen Gründen
11. a)
eine Sicherheitsbehörde Anzeige erstattet hat, oder
12. b)
eine sonstige Verfügung gemäß § 382b der Exekutionsordnung (EO)
13. RGBl. Nr. 79/1896, oder ein gerichtlicher Beschluss auf gesonderte
14. Wohnungsnahme gemäß § 92 Abs. 3 des Allgemeinen Bürgerlichen
15. Gesetzbuches (ABGB), JGS Nr. 946/1811, erwirkt wurde, oder
16. c)
die Ehe geschieden wurde, oder
17. d)
ein Arzt, eine Krankenanstalt, eine Interventionsstelle, ein Frauenhaus,
18.
das Jugendamt bzw. die Jugendwohlfahrtsstelle oder ein
19.
Kinderschutzzentrum aufgesucht wurde und diese Einrichtungen das
20. Vorliegen eines solchen Verdachtes gemeldet haben oder sonst
21.
bestätigen;
22.
Asylwerber, die gemäß den §§ 8 und 15 des Asylgesetzes 1997 - AsylG, BGBl. I Nr. 76 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind;
23. niedergelassene ausländische Jugendliche."
Die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 bis 3 und eine der in Abs. 6 Z. 1-6 AuslBG genannten Kriterien müssen kumulativ vorliegen. Liegt daher nur eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung abzuweisen.
Die belangte Behörde hat sowohl die Voraussetzung nach § 4 Abs. 1 AuslBG als auch jene nach § 4 Abs. 6 AuslBG als nicht vorliegend erachtet. Die beschwerdeführende Partei beruft sich ihrem Vorbringen zufolge auf das Vorhandensein der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 und 6 AuslBG.
Die beschwerdeführende Partei hält den angefochtenen Bescheid zunächst deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde die besonderen familiären Bindungen zwischen den Gesellschaftern bzw. dem Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei einerseits und dem beantragten Ausländer andererseits "unberücksichtigt" gelassen habe. Auch habe sie eine Überprüfung des Vorliegens des Ausnahmetatbestandes des "§ 12a Abs. 2 Z. 11 AuslBG" (offenbar gemeint: § 1 Z. 11 der BHZÜV 2003) nicht vorgenommen.
Dem ist entgegen zu halten, dass familiäre Bindungen zwischen Organen der beschwerdeführenden Partei und dem beantragten Ausländer nicht relevant sind und zudem im Verwaltungsverfahren nie behauptet worden waren. Daher ist ein solches Vorbringen als Neuerung anzusehen, welches gemäß § 41 Abs. 1 VwGG vom Verwaltungsgerichtshof nicht mehr zu berücksichtigen ist. Andere, eine fortgeschrittene Integration indizierende Umstände wurden nicht behauptet.
Auch der Hinweis auf den Ausnahmetatbestand des § 1 Z. 11 der BHZÜV 2003 erweist sich als nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen, weil der beantragte Ausländer als Asylwerber zwar einen Aufenthaltstitel für den vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 19 AsylG aufweist, nicht jedoch einen solchen nach §§ 8 und 15 AsylG. Dass er über einen Aufenthaltstitel nach §§ 8 und 15 AsylG verfüge, wurde jedenfalls im Verwaltungsverfahren nicht behauptet, weshalb auch eine derartige Behauptung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr mit Erfolg erhoben werden kann.
Aber auch keine der anderen der in § 1 BHZÜV 2003 aufgezählten Qualifikationen trifft nach der Aktenlage auf den beantragten Ausländer zu, weshalb es nicht als rechtswidrig erkannt werden kann, wenn die belangte Behörde die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 und 6 AuslBG als nicht vorliegend erachtete.
Insoweit unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes die beschwerdeführende Partei meint, es sei unzutreffend, dass die Vermittlung von Ersatzarbeitskräften durch sie ohne Angabe einer Begründung abgelehnt worden sei, so ist sie auf den Inhalt ihres Antrages, welcher in den Verwaltungsakten liegt, zu verweisen, durch den die Annahme der belangten Behörde bestätigt wird.
Insgesamt erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm mit § 41 AMSG und der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 23. November 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004090195.X00Im RIS seit
19.12.2005Zuletzt aktualisiert am
29.06.2011