TE OGH 1990/3/22 8Ob685/89

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Veröffentlicht am 22.03.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Schwarz, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Detlef B***, Schriftsteller, Hamburg, Wagenfelderstraße 19, vertreten durch Dr. Robert Eder, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Fritz M***, Pensionist, Salzburg, Haydnstraße 24, vertreten durch Dr. Helmut Renner und Dr. Nikolaus Topic-Matutin, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Herausgabe infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 27. Juni 1989, GZ 3 R 84/89-32, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 4. Jänner 1989, GZ 3 Cg 414/87-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 4.629,60 (einschließlich S 771,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Herausgabe eines von diesem verwahrten Briefmarkenalbums des Sigmund Freud mit der Begründung, dieses Album sei ihm von seiner Tante Paula F*** am 21. September 1987 geschenkt worden.

Der Beklagte wendete unter anderem ein, daß Paula F*** bei Abschluß des Schenkungsvertrages nicht geschäftsfähig gewesen sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte zur Beurteilung der Geschäftsfähigkeit der Paula F*** folgenden Sachverhalt fest:

Frau F*** litt im September 1987 mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bereits an einer gleichmäßigen diffusen senilen Demenz (= altersbedingte Geistesschwäche) vom Alzheimer Typus. Es handelt sich dabei um einen weitgehend "normalen" Altersabbau der Intelligenzleistungen, nämlich des Gedächtnisses, der Merkfähigkeit, auch des Kurzzeitgedächtnisses, der Kombinationsfähigkeit, der Kritik, der Einsicht in Zusammenhänge und Folgen des eigenen Handelns etc. Frau F*** war daher zum damaligen Zeitpunkt nicht in der Lage, die Tragweite ihrer Handlungen zu ermessen oder etwa mit freier Willensbestimmung weittragende Unterschriften oder Vertragsabschlüsse zu tätigen, d.h.: sich frei und unbeeinflußt zu entschließen und zu entscheiden.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß Paula F*** zum Zeitpunkt des Abschlusses des Schenkungsvertrages geschäftsunfähig gewesen und der Schenkungsvertrag daher nichtig sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis unbedenklicher Beweiswürdigung und billigte die erstgerichtliche Rechtsauffassung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Zunächst macht der Kläger Nichtigkeit des berufungsgerichtlichen Urteiles nach § 477 Abs 1 Zif 9 ZPO mit der Begründung geltend, das Urteil stehe mit sich selbst in Widerspruch und es seien für die Entscheidung nur Scheingründe angegeben. Eine Prüfung der in der Revisionsschrift zu diesem Revisionsgrund angeführten Gründe zeigt aber, daß der Kläger damit in Wahrheit ausschließlich die erstgerichtliche Beweiswürdigung und die Erledigung seiner dagegen im Berufungsverfahren vorgebrachten Argumente durch das Berufungsgericht bekämpft. In dem Umstand, daß das Berufungsgericht durch die Argumente des Klägers gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung nicht überzeugt werden konnte, liegt aber keine Nichtigkeit, zumal sich das Berufungsgericht mit den vorgebrachten Argumenten des Klägers in nachvollziehbarer Weise auseinandersetzte. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens ist, wie der Oberste Gerichtshof nach Prüfung der Aktenlage feststellen kann, gleichfalls nicht gegeben (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zutreffend weist der Revisionswerber darauf hin, daß die Frage, ob jemand geschäftsfähig ist oder nicht, zur rechtlichen Beurteilung und nicht in den Bereich der Tatsachenfeststellung gehört. Wohl aber sind die tatsächlichen Umstände und persönlichen Eigenschaften im Zeitpunkt der Abgabe einer Willenserklärung tatsächlicher Natur und irrevisibel. Erst die Schlußfolgerung, ob auf Grund dieser Umstände die Erklärungen einer bestimmten Person im vollen Gebrauch der Vernunft abgegeben wurden, also ob dieser Person im Zeitpunkt der maßgebenden Erklärung Geschäftsfähigkeit zukam, ist Rechtsfrage (NZ 1989, 38 uva). Legt man aber die oben wiedergegebenen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen betreffend den Geisteszustand der Paula F*** der rechtlichen Beurteilung zugrunde, so kann in der von den Vorinstanzen vorgenommenen Beurteilung des Sachverhaltes, Paula F*** sei zum Zeitpunkt des Schenkungsvertrages nicht geschäftsfähig gewesen, ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden.

Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO, wobei der Kostenbemessung gemäß § 4 RATG im Zusammenhang mit § 54 JN der vom Kläger in der Klageschrift angeführte Streitwert von S 100.000,- zugrunde zu legen ist.

Anmerkung

E20408

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00685.89.0322.000

Dokumentnummer

JJT_19900322_OGH0002_0080OB00685_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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