TE OGH 1990/3/22 7Ob545/90

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Veröffentlicht am 22.03.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Brunhilde K***, Hausfrau, Linz, Hörzingerstraße 30, vertreten durch Dr. Waltraute Steger, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Antragsgegner Hans Werner K***, Elektromechaniker, Leonding, Hofackerweg 10, vertreten durch Dr. Götz Schattenberg und Dr. Ernst Moser, Rechtsanwälte in Linz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 10. Jänner 1990, GZ 18 R 785/89-15, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 17. Oktober 1989, GZ 3 F 3/89-8, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes in der Hauptsache wiederhergestellt wird und die angefochtene Entscheidung im Kostenpunkt zu lauten hat:

"Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit S 38.607,60 (darin S 6.434,60 an Umsatzsteuer) bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz, die mit S 2.743,60 (darin S 457,20 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Kostenrekurses und die mit S 14.666,40 (darin S 2.444,40 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit S 17.586,50 (darin S 2.930,- an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 4. April 1987 aus dem Verschulden des Antragsgegners geschieden. Die Entscheidung wurde den Parteien am 4. Mai 1987 zugestellt. In der vom Antragsgegner dagegen erhobenen Berufung heißt es unter anderem: "Ich fechte das Urteil des Landesgerichtes Linz insoweit an, als die zwischen den Streitteilen geschlossene Ehe aus meinem Alleinverschulden geschieden wurde und nicht aus gleichteiligem Verschulden". "Es wird daher der Antrag gestellt: Das Oberlandesgericht als Berufungsgericht möge meiner Berufung Folge geben, das erstinstanzliche Urteil aufheben und zur Verfahrensergänzung an die erste Instanz zurückverweisen, in eventu in der Sache selbst entscheiden und die Ehe aus dem gleichteiligen Verschulden beider Teile scheiden". In der von der Antragstellerin erstatteten Berufungsbeantwortung wird unter anderem ausgeführt:

"Der Berufungswerber fühlt sich beschwert, weil die Ehe nicht aus gleichteiligem Verschulden geschieden wurde; die Ehescheidung an sich blieb unbekämpft." Das Oberlandesgericht Linz gab der Berufung des Antragstellers mit Urteil vom 7. Oktober 1987 nicht Folge. Die Zustellung dieser Entscheidung an die Parteien erfolgte am 21. Oktober 1988.

Den am 14. Juni 1989 eingelangten Antrag gemäß den §§ 81 ff EheG wies das Erstgericht ab. Gemäß § 95 EheG erlösche der Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung gerichtlich geltend gemacht werde. Es handle sich um eine Fallfrist, die durch die Rechtskraft auch eines Teilurteils in Lauf gesetzt werde. Das Scheidungsurteil sei klar erkennbar nur hinsichtlich des Verschuldensausspruches angefochten worden. Die Ehescheidung sei daher vier Wochen nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils in Teilrechtskraft erwachsen. Der Aufteilungsanspruch sei daher erloschen. Mit derselben Entscheidung wies das Erstgericht auch den Antrag des Antragsgegners auf Kostenzuspruch ab. Die Belastung der Antragstellerin mit den durch die Beiziehung eines Rechtsanwalts auf seiten des Antragsgegners entstandenen Kosten sei unbillig.

Die zweite Instanz hob diesen Beschluß in der Hauptsache auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Abweisungsgrund auf. Sie verwies den Antragsgegner mit dem von ihm erstatteten Kostenrekurs auf diese Entscheidung, behielt die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens der Endentscheidung vor und sprach aus, daß der Antragsgegner die Kosten des Kostenrekurses selbst zu tragen habe. Sie sprach weiter aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,- übersteigt und daß gegen die Entscheidung über den Rekurs der ordentliche Revisionsrekurs zulässig, gegen die Entscheidung über den Kostenrekurs des Antragsgegners der Revisionsrekurs aber jedenfalls unzulässig ist. Der im Urteil des Landesgerichtes Linz vom 4. April 1987 enthaltene Scheidungsausspruch sei keineswegs mit Ablauf der Berufungsfrist in Rechtskraft erwachsen. Es ergebe sich aus dem Berufungsantrag des Antragsgegners, daß er in erster Linie die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils ohne Einschränkung und nur in eventu die Entscheidung in der Sache selbst dahin begehrt habe, daß die Ehe aus dem gleichteiligen Verschulden der Streitteile geschieden werde. Wesentlich sei der Berufungsantrag; die Anfechtungserklärung ergänze ihn nur. Da die Berufungsentscheidung den Parteien erst am 21. Oktober 1988 zugestellt worden sei, sei die Antragstellung gemäß den §§ 81 ff EheG fristgerecht erfolgt. Das Erstgericht werde daher unter Abstandnahme von dem gebrauchten Abweisungsgrund eine neue Entscheidung zu treffen haben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Antragsgegners ist berechtigt.

Die herrschende Rechtsprechung, wonach dann, wenn die Ehe durch Teilurteil aufgelöst und die Verschuldensfrage dem Endurteil vorbehalten wurde, die Frist für den Aufteilungsantrag mit dem Eintritt der Rechtskraft des Teilurteils in Lauf gesetzt wird, und daß gleiches gilt, wenn das erstinstanzliche Urteil mangels Anfechtung des Ausspruches über die Scheidung in diesem Umfang in Rechtskraft erwächst (SZ 55/26 uva; 6 Ob 723/89), wird von den Parteien in Frage gestellt. Die Ansicht der zweiten Instanz aber, es sei der Ausspruch des erstinstanzlichen Urteils über die Scheidung im vorliegenden Fall mit Rücksicht auf den primär gestellten Berufungsantrag des Antragsgegners gar nicht in Rechtskraft erwachsen, vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu teilen. Im Zusammenhang mit dem Wortlaut der Anfechtungserklärung und dem "in eventu" gestellten Berufungsantrag, in der Sache selbst zu entscheiden und die Ehe aus dem gleichteiligen Verschulden der Streitteile zu scheiden, kann nicht der geringste Zweifel darüber bestehen, daß der Ausspruch über die Scheidung unangefochten geblieben ist. Dies hat auch die Antragstellerin selbst, wie sich aus ihrer Berufungsbeantwortung ergibt, nicht anders verstanden. Denn sie hat in dieser ausdrücklich festgehalten, daß "die Ehescheidung an sich" unbekämpft geblieben ist.

Der Ausspruch über die Scheidung der Ehe der Streitteile ist daher vier Wochen nach Zustellung der Entscheidung des Landesgerichtes Linz vom 4. April 1987 rechtskräftig geworden. Der Anspruch der Antragstellerin auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse nach den §§ 81 ff EheG war daher zur Zeit der Antragstellung am 14. Juni 1989, wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, gemäß § 95 EheG erloschen. Die Entscheidung des Erstgerichtes war deshalb in der Hauptsache wiederherzustellen.

Dies hat gemäß § 234 AußStrG zur Folge, daß die Antragstellerin dem Antragsgegner die durch das Verfahren verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten - nach billigem Ermessen - zu ersetzen hat. Zu ersetzen hat die Antragstellerin dem Antragsgegner zunächst die erstinstanzlichen Verfahrenskosten. Der Umstand, daß im Aufteilungsverfahren kein Anwaltszwang besteht und die "für die Entscheidung maßgebliche Frage juristisch einfach" ist, rechtfertigt es entgegen der Ansicht des Erstgerichtes nicht, dem Antragsgegner die Beiziehung eines anwaltlichen Vertreters zu verwehren oder ihn doch dessen Kosten selbst tragen zu lassen. Ist die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Zivilverfahren ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwertes stets als zweckmäßig anzusehen (Fasching II 321), kann dies bei einer dem § 41 ZPO im wesentlichen gleichartigen Regelung der Kostenersatzpflicht im Verfahren nach den §§ 81 ff EheG nicht anders beurteilt werden. Besondere Gründe, die bei der Kostenentscheidung in billiger Weise zugunsten der Antragstellerin berücksichtigt werden könnten - wie etwa eine schlechte finanzielle Lage (2 Ob 513/85) - sind nicht aktenkundig. Auch der Umstand, daß die Antragstellerin einen Anspruch entgegen einer als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung verfolgt (6 Ob 724/87), spricht keineswegs für sie. In Stattgebung des Kostenrekurses des Antragsgegners waren deshalb dem Antragsgegner die Verfahrenskosten erster Instanz und auch die Kosten des Kostenrekurses zuzusprechen. Gegen den von der Antragstellerin gegen die Entscheidung des Erstgerichtes erhobenen Rekurs hat sich der Antragsgegner in der Rekursbeantwortung im Ergebnis zu Recht gewehrt. Sein Revisionsrekurs war erfolgreich. Es waren ihm deshalb auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zuzusprechen.

Anmerkung

E20088

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00545.9.0322.000

Dokumentnummer

JJT_19900322_OGH0002_0070OB00545_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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