Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Felix Joklik und Dr. Peter Wolf (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Wilhelm F***, Landarbeiter, 6934 Sulzberg 21, vertreten durch Dr. Wilhelm Winkler und Dr. G. Winkler-Heinzle, Rechtsanwälte in Bregenz, wider die beklagte Partei S*** DER
B*** (Landesstelle Vorarlberg), 1031 Wien, Ghegastraße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Leistungen aus der Unfallversicherung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Juni 1989, GZ 5 Rs 55/89-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 27. Dezember 1988, GZ 34 Cgs 73/88-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil der ersten Instanz wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen die (einschließlich 514,50 S Umsatzsteuer) mit 3.087 S bestimmten Revisionskosten zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war am 3. März 1988 als hauptberuflich beschäftigtes Kind im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern in Sulzberg, Landrat 21, beschäftigt und unterlag deshalb im Zusammenhang mit der Höhe des Einheitswertes des elterlichen Betriebes der Vollversicherung nach dem BSVG.
Mit bei der S*** DER B*** am 23. März 1988 eingelangter Unfallsanzeige vom 19. März 1988 zeigte seine Mutter als Betriebsführerin des genannten landwirtschaftlichen Betriebes an, daß der Kläger am 3. März 1988 um 16.00 Uhr einen Unfall erlitten habe.
Mit Bescheid vom 7. April 1988 lehnte die
S*** DER B*** die Gewährung einer Leistung
aus der Unfallversicherung für die Folgen des Ereignisses vom 3. März 1988 gemäß §§ 175 ff ASVG mit der Begründung ab, das Feststellungsverfahren habe ergeben, daß dieses Ereignis nicht im Zusammenhang mit einer die Versicherung begründenden Beschäftigung eingetreten sei. Der Kläger habe damals eine Tätigkeit (Ausbau des Ausgedingshauses) verrichtet, bei der anzunehmen sei, daß das Gebäude auch nicht teilweise dem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Die dagegen rechtzeitig erhobene Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei zu verurteilen, dem Kläger in Anerkennung des Ereignisses vom 3. März 1988 als Arbeitsunfall die gesetzlichen Leistungen aus der Unfallversicherung zu gewähren, stützte sich im wesentlichen darauf, daß der Kläger am 3. März 1988 bei der Anbringung eines Deckenrostes für die Täfelung im Neubau des Auszugshauses seiner Dienstgeberin, Maria F***, vom Baugerüst abgestürzt sei und dabei einen Trümmerbruch des linken Unterschenkels erlitten habe. Er werde in absehbarer Zeit den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern übernehmen. Da die Wohnverhältnisse im bestehenden Wohntrakt dieses Betriebes für die zwei auf dem Hof beschäftigten Familien nicht ausreichten, werde zur Beseitigung des Platzmangels derzeit ein zweites Wohnhaus für die Unterbringung einer dieser Familien errichtet, das in ferner Zukunft der derzeitigen Betriebsführerin und ihrem Ehegatten als Altersruhesitz dienen solle. Der Unfall habe sich daher im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gebäudes ereignet, das dem landwirtschaftlichen Betrieb diene, und gelte daher als Arbeitsunfall iS des § 175 Abs 3 Z 4 ASVG. Da es sich auch um eine dem Kläger im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses "angeordnete Arbeit" gehandelt habe, liege auch ein Arbeitsunfall iS des § 175 Abs 2 Z 3 ASVG vor.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Sie wendete ein, der Unfall habe sich im Rohbau des Wohnhauses in Gmeind 296 ereignet, das vom Großvater des Klägers anfangs der Siebzigerjahre erstellt worden sei. Neben diesem Rohbau befinde sich das alte landwirtschaftliche Anwesen Gmeind 28, das so genutzt werde, daß das ganze Jahr über im Stall Rinder untergebracht seien. Da es auch gelegentlich als Ferienwohnung vermietet werde, stünde ein bewohnbares Anwesen zu Verfügung, weshalb die Wohnungsnot im Betrieb nicht so drückend sein könne. Der Rohbau habe weder dem Wohnbedürfnis des Klägers "noch des Betriebsführers seines Vaters" gedient. Deshalb vor allem auch wegen der Lage der einzelnen Gebäude diene das Haus, in dem der Kläger verunglückt sei, nicht wesentlich dem landwirtschaftlichen Betrieb. Auch bei den häuslichen und anderen Tätigkeiten, zu denen der Versicherte durch den Dienstnehmer herangezogen werde, müsse es sich um im weitesten Sinne betriebliche Tätigkeiten handeln. Im übrigen wäre der Kläger nicht verpflichtet gewesen, auf Weisung des Arbeitgebers an einem dem Betrieb nich dienenden Rohbau Arbeiten auszuführen. Das Weisungsrecht des Betriebsführers habe dort seine Grenzen, wo die aufgetragenen Tätigkeiten den Rahmen der landwirtschaftlichen Tätigkeiten überschritten. Untergeordnete, nicht in das Fachgebiet fallende Hilfstätigkeiten, wie sie der Kläger beim Unfall ausgeübt habe, seien vom Weisungsrecht überhaupt nicht umfaßt. Dem Kläger sei faktisch die eigenverantwortliche Besorgung der landwirtschaftlichen Tätigkeiten innerhalb des Gebietes übertragen gewesen, wie sie sonst vom Betriebsführer gemacht würden oder zu machen wären. Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei, dem Kläger für die Folgen des Ereignisses vom 3. März 1988 vom 3. Mai bis 8. Juli 1988 eine Versehrtenrente von 100 vH der Vollrente, vom 9. Juli bis 30. September 1988 von 50 vH der Vollrente und vom 1. Oktober 1988 an von 40 vH der Vollrente zu zahlen.
Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Der Kläger ist hauptberuflich im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern beschäftigt. Dazu gehören das Anwesen Sulzberg 21, in dem der Kläger und seine Eltern wohnen, und das Anwesen Gmeind 28, das auch über einen Stall und über ein Wohnhaus verfügt. Im Stall werden ganzjährig Rinder untergebracht, das Wohnhaus wird fallweise als Ferienhaus verwendet. Die beiden Anwesen sind 2,5 Straßenkilometer von einander entfernt. Auf der dem Objekt Gmeind 28 gegenüberliegenden Straßenseite liegt das Objekt Gmeind 296. Dabei handelt es sich um einen vom Großvater des Klägers im Frühjahr 1979 begonnenen, nach dessen Tod im selben Jahr aber zum Stillstand gekommenen Rohbau, von dem die Garage und die darauf befindliche Wohnung bereits fertiggestellt waren. Am 18. März 1986 forderte die Gemeinde Sulzberg den Vater des Klägers auf, den Rohbau fertigzustellen. Am 17. April 1987 brachte sie die im vorgenannten Schreiben enthaltene Bitte, eine Außenverkleidung anzubringen, in Erinnerung und forderte ihn letztmalig auf, dies im Lauf des Jahres 1987 zu tun. Der zur Zeit des Unfalls 62 Jahre alte Vater des Klägers beabsichtigte, den landwirtschaftlichen Betrieb Sulzberg dem Kläger zu übergeben. Dieser hätte zunächst auch den Betrieb (Gmeind) 28 mitbetreuen sollen. Später hätte es zu einer Trennung und zu einer Übergabe des Betriebes an einen Bruder des Klägers kommen sollen. Die Wohnmöglichkeiten in Sulzberg 21 reichen für zwei auf dem Hof beschäftigte Familien nicht aus. Deshalb beabsichtigte der Vater des Klägers, sich nach dem Aufbau des Objektes Gmeind 296 und der Übergabe des Betriebes an den Kläger dorthin zurückzuziehen. Auch danach wollte er weiterhin in der Landwirtschaft mithelfen und das in Gmeind 28 befindliche Galt- und Jungvieh betreuen. Der Vater des Klägers ist neben seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit als Kassier bei der Sennerei Sulzberg beschäftigt, wofür er monatlich 7.000 S bezieht. Die Kassiertätigkeit nimmt ihn täglich etwa acht Stunden in Anspruch. Daneben arbeitet er aber auch täglich mehrere Stunden in der Landwirtschaft. Zur Zeit des Unfalls hatte der Kläger die Betriebsführung praktisch bereits übernommen und verrichtete einen Großteil der Arbeiten in eigener Verantwortung, wenn auch nach Rücksprache mit dem Vater, bei dem nach wie vor das Weisungsrecht lag. Im Rahmen dieses Weisungsrechtes zog ihn der Vater zu den Arbeiten am Bau der Wohnung in Gmeind 296 heran. Auch die zum Unfall führenden Arbeiten geschahen im Auftrag des Vaters. Am 3. März 1988 brachte der Kläger den Deckenrost für die Täfelung an. Dabei stürzte er gegen 16.00 Uhr aus einer Höhe von etwa 2 bis 3,5 m vom Baugerüst zu Boden, stieß mit der Ferse direkt auf die Kante der Betonstiege und zog sich dabei eine schwere Verletzung des Sprunggelenkes zu. Seine Erwerbsfähigkeit war bis zum Abschluß der ambulanten Behandlung am 8. Juli 1988 um 100 vH, bis 30. September 1988 um 50 vH und vom 1. Oktober 1988 an um 40 vH gemindert. Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes handle es sich bei dem Ereignis vom 3. März 1988 zwar um keinen Arbeitsunfall iS des § 175 Abs 3 Z 4 ASVG, wohl aber iS des Abs 2 Z 3 leg cit. Die zum Unfall führende Tätigkeit sei im Auftrag des Vaters, seines Dienstgebers, und damit ihm Rahmen des versicherten Dienstverhältnisses vorgenommen worden. Möge auch das familienrechtliche Verhältnis zwischen dem Kläger und seinem Vater das Motiv für die Mithilfe beim Hausbau gewesen sein, so sei doch nicht die familiäre Bindung, sondern das Beschäftigungsverhältnis im Vordergrund gestanden. Dies ergebe sich auch daraus, daß sich der Unfall nicht in der Freizeit, sondern an einem Donnerstagnachmittag um 14.00 Uhr (nach den Feststellungen gegen 16.00 Uhr), somit während der Arbeitszeit ereignet habe.
Dagegen erhob die beklagte Partei Berufung wegen Nichtigkeit, hilfsweise wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Das Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit, gab ihr im übrigen Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im klageabweisenden Sinne ab.
Es teilte die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz, daß es sich bei dem Ereignis vom 3. März 1988 um keinen Arbeitsunfall iS des § 175 Abs 3 Z 4 ASVG handle, weil das Gebäude Gmeind 28 nicht wesentlich der Landwirtschaft diene, verneinte aber auch, daß der Unfall ein Arbeitsunfall iS des Abs 2 Z 3 leg cit sei. Während sich ein Dienstnehmer nach dem ASVG schwerlich gegen die Erfüllung einer Weisung des Dienstgebers wenden könne, möge diese auch eine Tätigkeit außerhalb des eigentlichen Beschäftigungsverhältnisses betreffen, sei dies anders, wenn ein in der bäuerlichen Pflichtversicherung mitversicherter Sohn eine Tätigkeit ausführe, die an sich nicht in den Schutzbereich dieser Versicherung falle. Es sei nicht einzusehen, daß der Vater den Schutzbereich dieser Pflichtversicherung für seine Familienangehörigen dadurch ausdehnen könne, daß er ihnen Arbeiten auftrage, die über den landwirtschaftlichen Betrieb hinausgingen und daher vom Schutzbereich der Unfallversicherung nach dem BSVG nicht erfaßt seien. Bei einem derartigen Beschäftigungsverhältnis sei es auch nicht entscheidend, ob die Tätigkeit zu einer Zeit entfaltet werde, in der in anderen Betrieben üblicherweise Dienstzeit sei, oder in der sonstige Dienstnehmer üblicherweise Freizeit hätten. Abgesehen davon, daß die Zeiteinteilung im landwirtschaftlichen Familienbetrieb schon wegen der natürlichen Gegebenheiten anders gelagert sei als etwa in Gewerbebetrieben, weshalb man Arbeitszeit und Freizeit von Gewerbebetrieben nicht mechanisch auf einen landwirtschaftlichen Betrieb übertragen könne, sei gerade die Durchführung von Hausbauarbeiten durch eine Bauernfamilie weitgehend Einteilungssache. Die Rechtsnatur der Hausbauarbeiten ändere sich daher nicht nach dem Wochentag oder der Tageszeit ihrer Ausführung. Bei außerlandwirtschaftlichen Arbeiten im Rahmen einer Bauernfamilie stehe der familiäre Gesichtspunkt im Vordergrund, so daß das Beschäftigungsverhältnis zurücktrete. Der Fall sei nicht anders zu sehen, als wenn ein Gewerbetreibender außerhalb seines Betriebes oder ein Dienstnehmer außerhalb seiner Berufstätigkeit privat mit seiner Familie ein Haus baue. Auch dann könne der berufliche Versicherungsschutz nicht auf die außerhalb der versicherungspflichtigen Tätigkeit entfaltete Tätigkeit ausgedehnt werden. Deshalb sei die Tätigkeit des Klägers, bei der sich der Unfall vom 3. März 1988 ereignet habe, nicht unter dem Unfallversicherungsschutz nach dem BSVG gestanden.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit den Anträgen, das angefochtene Urteil durch Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern, allenfalls es aufzuheben und die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an eine Vorinstanz zurückzuverweisen, allenfalls beim Landeshauptmann von Vorarlberg einen Antrag nach § 413 Abs 1 Z 2 ASVG zu stellen und das Verfahren bis zur Entscheidung des Landeshauptmannes auszusetzen, erforderlichenfalls beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung der Verfassungsgemäßheit des § 5 Abs 1 Z 1 ASVG zu beantragen. Die nach § 46 Abs 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Absatzes 2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist berechtigt.
Arbeitsunfälle sind Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen (§ 175 Abs 1 ASVG).
Arbeitsunfälle sind auch Unfälle, die sich bei häuslichen oder anderen Tätigkeiten ereignen, zu denen der Versicherte durch den Dienstgeber oder dessen Beauftragten herangezogen wird (Abs 2 Z 3 leg cit).
In einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gelten als Arbeitsunfälle auch Unfälle, die sich bei Arbeiten ereignen, die im Zusammenhang mit der Errichtung, dem Umbau und der Reparatur von Gebäuden verrichtet werden, die dem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb dienen ... (Abs 3 Z 4 leg cit).
Nach den durch die geltend gemachten Berufungsgründe nicht berührten und daher nach § 498 Abs 1 ZPO der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes, wegen der im § 513 leg cit angeordneten Anwendung der vorzitierten Vorschrift im Revisionsverfahren auch der rechtlichen Beurteilung des Revisionsgerichtes zu Grunde zu legenden erstgerichtlichen Feststellungen beabsichtigte der Vater des Klägers wegen der für zwei auf dem Hof beschäftigten Familien nicht ausreichenden Wohnverhältnisse in Sulzberg 21, sich nach dem Aufbau des Objektes Gmeind 296 und der Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes an den Kläger nach Gmeind 296 zurückzuziehen, aber auch dann noch in der Landwirtschaft mitzuhelfen und das auf der gegenüberliegenden Straßenseite in Gmeind 28 befindliche Galt- und Nutzvieh zu betreuen. Der Vater zog den Kläger im Rahmen seines Weisungsrechtes auch zu den Arbeiten am Bau der Wohnung in Gmeind 296 heran. Auch die zum Unfall führenden Arbeiten geschahen im Auftrag des Vaters. Nach diesen Feststellungen hat sich der Unfall des Klägers bei Arbeiten ereignet, die im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gebäudes verrichtet wurden, das dem landwirtschaftlichen Betrieb dient.
Das Gebäude Gmeind 296 sollte den Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr den landwirtschaftlichen Betrieb führten, nach der Übergabe dieses Betriebes einerseits als Ausgedingswohnung dienen und einem der Übergeber auch die von ihm beabsichtigte - und bei bäuerlichen Übergaben übliche - weitere Mithilfe in der Landwirtschaft, insbesondere durch Betreuung des im auf der anderen Straßenseite stehenden Stall untergebrachten Galt- und Jungvieh erleichtern, anderseits aber die Wohnsituation im bisher gemeinsam bewohnten Hof Sulzberg 21 erleichtern, der für zwei dort wohnende Familien, somit auch für die Familie der Übergeber und die Familie des Übernehmers, nicht ausreichen würde. Die Errichtung des Ausgedingsgebäudes Gmeind 296 dient daher nicht nur den bisherigen Besitzern des landwirtschaftlichen Betriebes, sondern auch diesem selbst, weil dadurch die Betreuung des im dislozierten Stallgebäude Gmeind 28 untergebrachten Viehs erleichtert und die Wohnsituation im Hof Sulzberg 21 verbessert wird, was der Erhaltung und Verbesserung der Organisation des Betriebes dient (ähnlich Tomandl, Grundriß des österr. Sozialrechts4 Rz 137; ders, SV-System 4. ErgLfg 288; OLG Wien 12. September 1980 SSV 20/95 = SVSlg 25.567; BMAS 30. September 1988 SVSlg 32.756).
Darauf, ob das errichtete Gebäude dem landwirtschaftlichen Betrieb wesentlich dient, kommt es - entgegen der Meinung der Vorinstanzen - nicht an, weil dieses Tatbestandsmerkmal nur im § 175 Abs 3 Z 1 ASVG vorkommt. Die vom Erstgericht in diesem Zusammenhang zit Entscheidungen des Oberlandesgerichtes Wien
28. März 1966 SSV 6/37 = SVSlg 16.152 und vom 3. Februar 1971
SSV XI/8 = SVSlg 19.925 ergingen vor der 29. ASVGNov BGBl 1973/31,
durch deren Art III Z 3 lit c § 175 Abs 3 Z 4 angefügt wurde. Der Rechtssatz der vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zit Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien 29. Oktober 1974 SVSlg 23.100 nimmt zu dieser Frage - wie der Revisionswerber zutreffend hervorhebt - nicht Stellung. Die vom Berufungsgericht weiters zit Entscheidung des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Wien in Wien 22. Dezember 1975 SVSlg 23.107 steht mit § 175 Abs 3 Z 4 ASVG im Widerspruch.
Zusammenfassend ist daher zu sagen, daß der Unfall des Klägers vom 3. März 1988 als Arbeitsunfall iS des § 175 Abs 3 Z 4 ASVG gilt. Da die Revision schon deshalb berechtigt ist, war auf ihre weiteren Ausführungen nicht näher einzugehen und das angefochtene Urteil durch Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a und Abs 2 ASGG. Eine vom Kläger beantragte Entlohnung über das Maß des Tarifs (§ 21 Abs 1 RATG) erschien jedoch noch nicht angezeigt.
Anmerkung
E20463European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:010OBS00318.89.0327.000Dokumentnummer
JJT_19900327_OGH0002_010OBS00318_8900000_000