Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel, Dr.Melber, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Aloisia B***, Pensionistin, Lindenhof 15, 6020 Innsbruck, vertreten durch die Sachwalterin Erika T***, Angestellte, ebendort, diese vertreten durch Dr.Hans Forcher-Mayr, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1.) Werner Burkhart F***, Angestellter, Weißenbachstraße 3, 6060 Hall in Tirol, 2.) Klara O***, Angestellte, An-der-Lan-Straße 24, 6020 Innsbruck, 3.) C*** Versicherungs-AG, Filialdirektion Innsbruck, Museumstraße 1, 6020 Innsbruck, alle vertreten durch Dr.Hansjörg Schiestl, Dr.Karl Janowsky, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 613.813,26 s.A. und Feststellung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 22. November 1989, GZ 3 R 352/89-26, womit infolge Berufung der zweit- und drittbeklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 20.Juli 1989, GZ 17 Cg 97/88-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes, das in seinem stattgebenden Teil (Zuspruch eines Betrages von S 190.429,99 samt 4 % Zinsen seit 6.Februar 1988 und Feststellung der Haftung der Zweit- und Drittbeklagten zur ungeteilten Hand zu einem Viertel für alle künftigen Schäden der Klägerin aus dem Verkehrsunfall vom 26.September 1987, wobei die Haftung der Drittbeklagten auf die Versicherungssumme aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag betreffend den PKW T 160.623 am 26. September 1987 beschränkt bleibt) und in seinem Ausspruch, daß die Gegenforderung nicht zu Recht besteht, als unbekämpft unberührt bleibt, wird in seinem abweisenden Teil (Mehrbegehren von S 423.383,27 samt 4 % Zinsen aus S 130.364,22 vom 6.Februar 1988 bis 16. Mai 1989 und aus S 423.383,27 seit 17.Mai 1989 sowie Mehrbegehren auf Feststellung der Haftung der Zweit- und Drittbeklagten für weitere 5/12 aller zukünftigen Schäden) sowie in seinen Aussprüchen über die Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz aufgehoben. Die Rechtssache wird im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Auf die Kosten des Revisionsverfahrens ist gleich weiteren Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen.
Text
Begründung:
Die Klägerin wurde am 26.September 1987 gegen 15 Uhr 40 in Innsbruck als Fußgängerin von einem vom Erstbeklagten gelenkten, von der zweitbeklagten Partei gehaltenen, bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW niedergestoßen und erlitt hiebei schwere Verletzungen. Sie vertrat in ihrer Klage zwar den Standpunkt, den Erstbeklagten treffe wegen Unaufmerksamkeit und überhöhter Geschwindigkeit das Alleinverschulden, geht bei ihrem auf Leistung und Feststellung gerichteten Begehren aber nur von einer Haftung der beklagten Partei für zwei Drittel der Unfallschäden aus. Bei Berechnung ihres Leistungsbegehrens von insgesamt S 613.813,26 geht die Klägerin unter anderem von einem Schmerzengeld von rechnungsmäßig S 400.000 sowie von Fahrtkosten in der Höhe von S 18.000 aus, die ihre Tochter hatte, weil sie die Klägerin durch 16 Monate hindurch täglich zwei- bis dreimal besuchte. Die beklagten Parteien wendeten ein, der Unfall sei für den Erstbeklagten nicht vermeidbar gewesen, auch die Höhe der Ansprüche werde bestritten. Überdies wendeten die beklagten Parteien eine Gegenforderung von S 35.000 aufrechnungsweise ein.
Das Erstgericht wies das gegen den Erstbeklagten gerichtete Klagebegehren ab. Hinsichtlich der Zweit- und Drittbeklagten sprach es aus, daß die Klagsforderung mit S 435.359,95 zu Recht, die Gegenforderung hingegen nicht zu Recht bestehe und erkannte die zweit- und drittbeklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin S 435.359,95 samt 4 % Zinsen aus S 320.794,11 vom 6. Februar 1988 bis 16.Mai 1989 und aus S 435.359,95 seit 17.Mai 1989 sowie an Prozeßkosten S 111.141,72 zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 178.453,31 samt 4 % Zinsen seit 17.Mai 1989 wies das Erstgericht ab. Weiters stellte es fest, daß die Zweit- und Drittbeklagten zur ungeteilten Hand zur Hälfte für allfällige künftige Schäden der Klägerin aus dem Verkehrsunfall vom 26.September 1987 haften, wobei die Haftung der drittbeklagten Partei auf die Versicherungssumme aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag betreffend den PKW T 160.623 am 26. September 1987 beschränkt bleibt. Von den vom Erstgericht getroffenen wesentlichen Feststellungen ist für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung:
Der Erstbeklagte lenkte den PKW mit einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h durch die Kaufmannstraße in Innsbruck und hielt zu zwei am rechten Fahrbahnrand abgestellten PKW einen Seitenabstand von 50 bis 80 cm ein. Es regnete leicht, die Fahrbahn war rutschig. Die Klägerin war im Unfallszeitpunkt 85 Jahre alt und 1,56 cm groß. Sie war rüstig und konnte ihren Haushalt selbst versorgen. Sie überquerte mit einer Geschwindigkeit von höchstens 5 km/h (für den Erstbeklagten von rechts) die Fahrbahn. Wegen der abgestellten Fahrzeuge hatte der Erstbeklagte erst 1,8 Sekunden vor dem Unfall Sicht auf die Fußgängerin, von der er 14 m entfernt war. Er lenkte nach links aus und bremste, trotzdem kam es aber zu einer Kollision. Hätte der Erstbeklagte eine Geschwindigkeit von 30 km/h eingehalten, hätte er noch vor der Kollisionsstelle anhalten können. Die Klägerin erlitt bei dem Unfall ein SchädelHirn-Trauma mit intracerebilärem und subduralem Hämatom links, eine offene occipito basale Schädelfraktur, ein Mittelhirnsyndrom I, einen vorderen Beckenringbruch links, einen Schambeinbruch rechts, zahlreiche Prellungen und Abschürfungen. Die lebensgefährlichen Verletzungen bedingten den Aufenthalt für einen Tag an der Intensivstation der chirurgischen Klinik zur Überwachung. Während dieses Aufenthaltes war die Klägerin im wesentlichen immer desorientiert, sowohl zeitlich als auch örtlich. Während des weiteren stationären Aufenthaltes nahm die anfänglich bestehende Verwirrtheit deutlich zu. Die Klägerin wurde mit einem Dauerkatheter versehen. Die Problematik während des stationären Aufenthaltes war im wesentlichen pflegerischer Natur. Am 7.Oktober 1987 wurde die Klägerin ins Krankenhaus Hochzirl transferiert. Dort wurde sie zur schonenden Mobilisierung aufgenommen, da ein operatives Vorgehen nicht mehr geplant war. Damals befand sich die Klägerin im reduzierten Allgemeinzustand, zahlreiche Hämatome an den unteren Extremitäten, im Beckenbereich und am Unterarm waren noch beobachtbar. Nach zwei Monaten stationärer Pflege im Landeskrankenhaus Hochzirl wurde die Klägerin in häusliche Pflege entlassen. Im März 1988 trat zusätzlich eine Thrombose im rechten Bein auf, weshalb die Klägerin mehrere Wochen hindurch an der Medizinischen Klinik Innsbruck behandelt wurde. Sie war dort vom 18.April bis 23.April 1988 stationär aufgenommen. Nach ihrer Entlassung lebte sie wieder zu Hause. Sie wird von den Verwandten sowie dem "mobilen Hilfsdienst" betreut. Sie muß bei Verrichtung des täglichen Lebens wie Waschen, Anziehen etc. versorgt werden. Während ihrer Verwirrtheit kann sie nicht länger allein gelassen werden, weshalb Familienmitglieder auch noch am späten Abend Kontrollbesuche bei der Klägerin machen, um zu sehen, ob sie eingeschlafen ist. Die Klägerin ist teilweise inkontinent, nunmehr ständig desorientiert, sie klagt häufig über Benommenheit und Kopfdruck. Sie hat erhebliche depressive Anwandlungen mit Weinerlichkeit und starker Ängstlichkeit. Dazwischen kommt es immer wieder zu aggressiven Phasen. In ihren Bewegungen ist sie unsicher und zittrig. Längere Strecken kann sie nicht allein gehen. Mit Hilfe einer Pflegeperson, wobei davon auszugehen ist, daß diese über acht Stunden pro Tag notwendig ist, ist die Klägerin in der Lage, in ihrem eigenen Haushalt zu bleiben und ist nicht darauf angewiesen, in einem Pflegeheim zu leben. Im Hinblick auf das Schädel-Hirn-Trauma ist es für die Klägerin aus medizinischer Sicht günstig, daß sie in ihrer gewohnten Umgebung bleibt. Eine Betreuung durch eine Pflegeperson 24 Stunden hindurch ist derzeit nicht erforderlich. Durch das Unfallsgeschehen erlitt die Klägerin unter anderem eine frische Thrombose, was bedeutet, daß in Zukunft ein erhöhtes Thromboserisiko bei ihr gegeben ist. Sollte allenfalls ein thrombotischer Vorschaden bestanden haben, so ändert dies nichts daran, daß aus der frischen Thrombose, die als unfallskausal anzusehen ist, ein erhöhtes Thromboserisiko besteht. Im Hinbick auf die durch das Unfallgeschehen erlittenen Verletzungen ist bei der Klägerin von einem Endzustand auszugehen. Wenn bei der Klägerin auch zum Unfallstag bereits cerebrale Durchblutungsstörungen vorlagen, so führte der Unfall vom 26.September 1987 zu einer beträchtlichen zusätzlichen dramatischen Schädigung des Gehirns. Es sind insbesondere Verletzungen im Stirnhirn-Bereich und im Kleinhirnbereich entstanden. Es ist auch eine diffuse cerebrale Schädigung durch das anfängliche Hirnödem, die Subarachnoidalblutungen sowie durch die Subduralhämatome anzunehmen. Selbst bei einem jüngeren, hirngesunden Menschen hätte die Gehirnverletzung, wie sie die Klägerin erlitten hat, zu einer erheblichen neurologischen Defektsymptomatik geführt. Aus dem Hirntrauma sind allfällige Spätschäden nicht auszuschließen. Die unfallskausalen Schmerzen in komprimierter Form dauerten als Schmerzen schweren Grades 15 Tage, mittleren Grades 35 Tage und leichten Grades 120 Tage, wobei diese Schätzung sowohl Schmerzen aus chirurgischer als auch aus neurologischer Sicht beinhaltet. Die Klägerin benötigt eine Pflegeperson für zumindest 8 Stunden täglich. Die Betreuung wird unter anderem von ihrer Tochter Erika T*** durchgeführt, die mit ihrem PKW täglich zwei- bis dreimal die Strecke von ihrer Wohnung in Innsbruck, Lindenhof 15, zur Klägerin in deren Wohnung in Innsbruck, Beda-Weber-Gasse 19, fährt. Diese Strecke ist durchschnittlich 3 km lang. Die Fahrtkosten, die Erika T*** hiefür durch 16 Monate hindurch aufwenden mußte, belaufen sich auf S 18.000.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, der Klägerin sei der Nachweis eines schuldhaften Verhaltens des Erstbeklagten nicht gelungen, weshalb das gegen diesen Beklagten gerichtete Klagebegehren abzuweisen gewesen sei. Der Zweit- und Drittbeklagten sei der Entlastungsbeweis nach § 9 Abs 2 EKHG nicht gelungen, denn die vom Erstbeklagten eingehaltene Geschwindigkeit sei den zum Unfallszeitpunkt gegebenen besonderen Witterungs- und Fahrbahnverhältnissen nicht angemessen gewesen. Außerdem wäre es dem Erstbeklagten zuzumuten gewesen, akustische Warnzeichen abzugeben. Die Klägerin habe gegen § 76 Abs 4 lit b StVO verstoßen, eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 sei gerechtfertigt. Ein Schmerzengeld von S 350.000 sei angemessen, die Klägerin habe auch Anspruch auf Ersatz der Unkosten der Pflegepersonen (darin S 18.000 Fahrtauslagen der Tochter). Es errechne sich ein Schadensbetrag von insgesamt S 870.719,90, die Zweit- und Drittbeklagten hätten hievon die Hälfte zu ersetzen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Zweit- und Drittbeklagten teilweise Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß die eingeklagte Forderung mit S 190.429,99 zu Recht, die Gegenforderung hingegen nicht zu Recht bestehe und die Zweit- und Drittbeklagten daher schuldig seien, der Klägerin den Betrag von S 190.429,99 samt 4 % Zinsen seit 6.Februar 1988 zu bezahlen, weiters, daß die Zweit- und Drittbeklagten zu einem Viertel für alle künftigen Schäden der Klägerin haften, wobei die Haftung der Drittbeklagten auf die Versicherungssumme beschränkt bleibt. Das Leistungsmehrbegehren von S 423.383,27 samt Zinsen sowie das Begehren auf Feststellung der Haftung für weitere 5/12 der zukünftigen Schäden wurden abgewiesen. Das Gericht zweiter Instanz erachtete die Verfahrensrüge und die Beweisrüge der Zweit- und Drittbeklagten als nicht berechtigt, wohl aber teilweise die Rechtsrüge und führte aus, der Entlastungsbeweis wäre nur erbracht worden, wenn der Unfall auch für einen besonders sorgfältigen Kraftfahrer unvermeidbar gewesen wäre. Die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h sei nur unter den günstigsten Bedingungen zulässig, diese seien wegen der Witterungsund Fahrbahnverhältnisse nicht vorgelegen. Wegen des groben Verstoßes der Klägerin gegen § 76 StVO sei zu ihren Lasten jedoch eine Schadensteilung von 1 : 3 vorzunehmen. Bei der Schmerzengeldbemessung könne trotz der beträchtlichen Schädigung des Gehirns von der bereits vor dem Unfall aufgrund cerebraler Durchblutungsstörungen bestehende Vorschaden nicht außer Betracht bleiben. Ein Schmerzengeld von S 250.000 sei angemessen. Den Berufungswerbern sei auch zuzugestehen, daß der vom Erstgericht ohne nähere Begründung zuerkannte Betrag von S 18.000 an Ersatzkosten für Fahrten der Erika T*** überhöht sei. Unter Berücksichtigung der Fahrtstrecke von nur 3 km zwischen beiden Wohnungen erachte das Berufungsgericht gemäß § 273 ZPO einen Ersatzbetrag von S 9.000 für angemessen. Der Schadenersatzbetrag mache insgesamt S 761.719,99 aus, ein Viertel davon daher S 190.429,99.
Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht die Anfechtungsgründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend und beantragt die Wiederherstellung des Ersturteils. Die Zweit- und Drittbeklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Sinne einer Aufhebung berechtigt. Die Klägerin hatte in ihrer Berufungsbeantwortung den festgestellten Sachverhalt gerügt und ausgeführt, es hätte festgestellt werden müssen, daß sich der Erstbeklagte mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 km/h der Unfallstelle näherte, daß die Klägerin mit einer Geschwindigkeit von 1 m/sec ging und der Erstbeklagte verspätet reagierte. Ob der Erstbeklagte mit etwa oder mit mindestens 50 km/h fuhr, ist rechtlich allerdings ohne Bedeutung, weil der Entlastungsbeweis nach § 9 EKHG ohnedies nicht erbracht wurde und eine höhere Geschwindigkeit als 50 km/h von der Klägerin zu beweisen gewesen wäre. Eine geringere Geschwindigkeit der Klägerin und eine daraus abzuleitende Reaktionsverspätung des Erstbeklagten könnte jedoch ein Verschulden des Erstbeklagten begründen und allenfalls zu einer anderen Schadensteilung führen. Das Berufungsgericht, das letzte Beweisinstanz ist, hätte sich daher vor Abänderung des Ersturteils mit der in der Berufungsbeantwortung enthaltenen Tatsachenrüge auseinandersetzen müssen. Daß dies nicht geschah, begründet einen Verfahrensmangel (EvBl 1985/113). Zur Frage der Schadensteilung kann derzeit daher nicht Stellung genommen werden, das Berufungsgericht wird in seiner neuerlichen Entscheidung auf die in der Berufungsbeantwortung enthaltene Beweisrüge einzugehen haben.
Auch hinsichtlich der Höhe des Schmerzengeldes erweist sich das Verfahren als ergänzungsbedürftig. Die Klägerin erlitt bei dem Unfall mehrfache schwere Verletzungen, sie muß seit dem Unfall bei Verrichtungen des täglichen Lebens wie Waschen, Anziehen etc. versorgt werden und ist ständig desorientiert. Einem derartigen nicht besserungsfähigen Zustand kommt neben den körperlichen Schmerzen bei Bemessung des Schmerzengeldes erhebliche Bedeutung zu. Das Berufungsgericht hielt den Berufungsausführungen, der Gesundheitszustand sei teilweise nicht unfallskausal, entgegen, es handle sich um unzulässige Neuerungen. Als Grund für die Herabsetzung des Schmerzengeldes von S 350.000 auf S 250.000 führte das Berufungsgericht dann aber aus, der aufgrund cerebraler Durchblutungsstörung bestehende Vorschaden könne bei der Schmerzengeldbemessung nicht außer Betracht bleiben. Die vom Erstgericht getroffene Feststellung, die Klägerin sei zum Unfallszeitpunkt rüstig gewesen und habe ihren Haushalt selbst versorgen können, spricht allerdings dafür, daß die Vorschädigung jedenfalls zum Zeitpunkt des Unfalles nicht bedeutsam war. Aus den Feststellungen ergibt sich nicht, daß die cerebralen Durchblutungsstörungen auch ohne den Unfall zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Geisteszustandes der Klägerin geführt hätten. Eine Berücksichtigung des Vorschadens bei der Bemessung des Schmerzengeldes hat daher zur Voraussetzung, daß geklärt wird, wie sich die cerebrale Durchblutungsstörung ohne den Unfall ausgewirkt hätte. In diesem Sinne wird das Berufungsgericht das Verfahren zu ergänzen haben (§ 496 Abs 3 ZPO).
Nicht berechtigt sind die Revisionsausführungen lediglich hinsichtlich der Fahrtkosten für die Tochter der Klägerin, die das Berufungsgericht von S 18.000 auf S 9.000 herabsetzte. Der Betrag von S 18.000 ist zwar vom Erstgericht als Feststellung formuliert worden, aus der Beweiswürdigung ergibt sich jedoch, daß das Erstgericht § 273 ZPO anwendete. Eine exakte Berechnung wäre wohl auch kaum möglich. Auch die Tochter der Klägerin machte nämlich keine exakten Angaben, sondern sagte aus, sie habe ihre Mutter zwei- bis dreimal täglich besucht. Das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO ist rechtliche Beurteilung (Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 871 mwN). Die Klägerin vermag in diesem Zusammenhang keine unrichtige rechtliche Beurteilung aufzuzeigen.
Es wäre nicht zweckmäßig, wegen eines im Verhältnis zum gesamten noch offenen Begehren geringfügigen Teilbetrages (Teil der Fahrtkosten, der auf alle Fälle nicht zu Recht besteht) ein bestätigendes Teilurteil zu fällen, weshalb das Urteil des Berufungsgerichtes aus den oben angeführten Gründen - soweit es nicht mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen ist - zur Gänze aufzuheben war.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
Anmerkung
E20253European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00032.9.0328.000Dokumentnummer
JJT_19900328_OGH0002_0020OB00032_9000000_000