Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Graf und Dr. Jelinek als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Cafe-Konditorei K*** KG, 6020 Innsbruck, Seilergasse 2, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach und Dr. Eckart Söllner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Helmut G***, Hotelier, 6108 Scharnitz, Eisack 116, Hotel Bartlerhof, vertreten durch Dr. Guido Liphart, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Räumung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 16. November 1989, GZ 1 a R 529/89-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 22. Juni 1989, GZ 17 C 567/88-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 9.268,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 1.544,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 27. Jänner 1974 schloß die Klägerin, die damals noch eine offene Handelsgesellschaft war und im Jahr 1979 in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt wurde, mit dem Beklagten einen "Pachtvertrag" mit folgendem wesentlichen Inhalt.
"Die Verpächterin verpachtet an den Pächter:
Die der Verpächterin zustehende Konzession zum Betrieb des Gast- und Schankgewerbes in der Betriebsform einer Bar in Innsbruck, Seilergasse 2, welche ihr .... verliehen wurde.
Die zu ebener Erde im Haus Innsbruck, Seilergasse 2, links vom Hauseingang gelegenen zwei Barräume samt Garderobe und einen im Keller dieses Hauses befindlichen Kellerraum ohne Vorkeller, wobei es sich bei dem Kellerraum um jenen handelt, welchen der Vorpächter bereits in Pacht hatte, die im Parterre desselben Hauses durch den Hauseingang rückwärts erreichbaren und dort befindlichen Herren- und Damentoiletten, welche jedoch der Verpächterin und dem Pächter zur gemeinsamen Benützung dienen.
Die zum Betrieb des Gast- und Schankgewerbes in der Betriebsform einer Bar bestimmten Einrichtungsgegenstände, wie diese in dem Inventarverzeichnis bezeichnet sind.
Das Pachtverhältnis beginnt am 1.1.1974 und wird auf die Dauer von sieben Jahren beiderseits unkündbar abgeschlossen. Am 31.12.1980 endet das Pachtverhältnis automatisch, ohne daß es einer Aufkündigung bedarf.
Als Pachtzins wird monatlich ein Betrag von S 9.000,-- zuzüglich USt zu dem jeweils geltenden gesetzlichen Satz vereinbart, welcher Betrag monatlich im vorhinein und zwar bis zum 5. eines jeden Monates spesen- und abzugsfrei zu bezahlen ist. Weiters hat der Pächter ebenfalls zur selben Zahlungsfrist die ihm bekanntgegebenen anteiligen und auf das Pachtobjekt entfallenden Betriebskosten und öffentlichen Abgaben zu bezahlen. Alle Steuern und Abgaben, die mit dem Betrieb des Pachtobjektes verbunden sind, sind ausnahmslos vom Pächter zu tragen, .... Der Pachtzins ist wertgesichert zu leisten, und zwar nach dem Verbraucherpreisindex 1966 mit dem Basismonat Dezember 1973 ...
Vor 18 Uhr darf der Pächter den Betrieb nicht öffnen. Die Betriebsform muß immer jene einer Bar bleiben. Diese darf weder behördlich noch in der Tat umgewandelt werden, etwa in ein Cafü. Der Pächter ist verpflichtet, die Konzessionsberechtigungen voll auszuschöpfen; ihn trifft Betriebspflicht.
Die Verpächterin ist berechtigt, das Pachtverhältnis mit sofortiger Wirksamkeit aufzulösen, falls der Pächter mit den Zahlungsverpflichtungen länger als ein Monat und trotz eingeschriebener Mahnung im Rückstand bleiben sollte oder der Pächter mit dem Pachtobjekt einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, sodaß dadurch die Berechtigung zur Weiterführung eines solchen Betriebes gefährdet ist."
Das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen wurde auch nach dem 31.12.1980 weitergeführt.
Der monatlich vom Beklagten zu entrichtende Bestandzins für das Jahr 1988 betrug S 19.800,--, der monatliche Betriebskostenakontobetrag S 1.189,20. Mit dem Schreiben vom 9.9.1988 forderte der Klagevertreter den Beklagten auf, die fälligen Beträge für August und September 1988 von je S 19.800,-- innerhalb einer Nachfrist von acht Tagen zu entrichten, widrigens die Auflösung des Bestandverhältnisses erklärt werde. Mit der am 7.10.1988 zu 17 C 501/88 des Bezirksgerichtes Innsbruck eingelangten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von S 62.967,60 an rückständigen Bestandzinsen für August bis Oktober 1988 und an Betriebskosten für Mai bis September 1988. Infolge der Bezahlung eines Betrages von S 19.800,-- wurde das Klagebegehren bei der ersten Tagsatzung vom 11.11.1988 auf restlich S 43.167,60 eingeschränkt. Über diese Summe erging ein mittlerweile rechtskräftiges Versäumungsurteil. Mit der am 10.2.1989 zu 17 C 63/89 des Bezirksgerichtes Innsbruck eingelangten Klage verlangte die Klägerin vom Beklagten die Leistung der Bestandzinse von November 1988 (restlich: S 9.800,--), Dezember 1988 sowie Jänner und Februar 1989 von je S 19.800,--, sowie Betriebskosten für Dezember 1988 und Jänner 1989 von je S 1.189,20. Am 30.1.1989 überwies der Beklagte auf Abschlag dieser Forderungen eine Summe von S 10.000,-- und am 8.3.1989 einen Betrag von S 61.578,40. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 19.4.1989 bezahlte der Kläger S 66.467,64, womit die zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Rückstände an Mietzins und Betriebskosten bis einschließlich April 1989 sowie die Kosten des Verfahrens 17 C 501/88 abgedeckt waren. Für Mai 1989 überwies der Beklagte eine Summe von S 19.980,--.
Die Klägerin erklärte die Auflösung des Pachtverhältnisses, begehrte die Räumung der oben bezeichneten Räumlichkeiten und brachte vor: Es bestehe trotz mehrfacher Mahnungen ein Pachtzins- und Betriebskostenrückstand von insgesamt S 59.400,--. Der Beklagte mache vom Bestandgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch. Das Bestandverhältnis sei durch die Klage mit dem Ende des Jahres 1988 beendet worden.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein: Es liege kein Pacht- sondern ein Mietverhältnis vor, das nach Ablauf des Jahres 1988 stillschweigend verlängert wurde. Die Mietzinsrückstände seien beglichen worden; es treffe ihn an den Rückständen kein grobes Verschulden und er habe auch keinen nachteiligen Gebrauch vom Bestandobjekt gemacht.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Zur Begründung der Entscheidung führte es an: Es liege Unternehmenspacht vor. Die Kündigungsschutzbestimmung des § 33 MRG sei daher nicht anwendbar. Da sowohl zum Zeitpunkt des Mahnschreibens vom 9.9.1988 als auch bei Einlangen der Räumungsklage ein Bestandzinsrückstand von "einigen zehntausend Schillingen" bestand, sei das Klagebegehren berechtigt. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Das Gericht zweiter Instanz traf die ergänzende Feststellung, daß der Pächter nach dem Wortlaut des Vertrags vom 27.1.1974 bei Nichterfüllung seiner Räumungsverpflichtung zum 31.12.1980 vertraglich verpflichtet war, ab 1.1.1981 ein Benützungsentgelt für die widerrechtliche Benutzung des Bestandobjektes von wertgesichert monatlich S 18.000,-- samt Betriebskosten u.dgl. zu bezahlen. Rechtlich sei eine Unternehmenspacht anzunehmen. Entgegen der vertraglichen Verpflichtung auf Bezahlung von Benützungsentgelt wurde weiterhin der bisherige niedrigere Bestandzins bezahlt und vereinnahmt. Auch nach dem 1.1.1981 sei daher das Bestandverhältnis eine Pacht gewesen. Der Ersatz von alten Betriebsmitteln durch neue ändere nichts am Charakter des Vertrages als eines Pachtvertrages. § 33 Abs 2 und 3 MRG komme daher nicht zur Anwendung.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Z 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit der berufungsgerichtlichen Entscheidung liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
In der Rechtsrüge vertritt der Beklagte die Ansicht, daß von allem Anfang an eine Geschäftsraummiete vereinbart war oder zumindest ab 1.1.1981 eine solche anzunehmen sei.
Nach herrschender Auffassung kommt es bei der Entscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspachtvertrag auf die Umstände des Einzelfalles an (EvBl 1972/282 uza.). Ein Unternehmenspachtvertrag liegt vor, wenn ein lebendes Unternehmen Gegenstand des Bestandvertrages ist, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem was zum Begriff des "good will" gehört, übergeben wird (Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1091; MietSlg. 29.334; MietSlg. 34.206 uza.). Stellt der Bestandnehmer alle wesentlichen Grundlagen des Unternehmens zur Verfügung, ist jedenfalls Pacht anzunehmen (SZ 31/54; MietSlg. 32.164 uza.). Im allgemeinen wird jedoch schon die Vereinbarung einer Betriebspflicht ein wesentliches Kriterium für die Annahme eines Pachtvertrages sein (EvBl 1972/282 ua.), sofern dies auf einem wirtschaftlichen Interesse des Bestandgebers am Bestehen und der Art des Betriebes beruht (Würth aaO; MietSlg. 31.389; 8 Ob 636/89; 8 Ob 659/89 uza.). Unter diesen Gesichtspunkten ist in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen der Bestandvertrag der Parteien als Unternehmenspacht zu beurteilen. Der Beklagte erhielt von der Klägerin die Konzession und das Inventar des bereits früher als Bar betriebenen Lokales. Es wurde ihm die Verpflichtung zum Betrieb mit bestimmten Auflagen auferlegt. Auch die Stammkunden sollte er übernehmen. Die Klägerin hatte Interesse daran, daß ihr Cafehausbetrieb seine wirtschaftliche Ergänzung durch eine Bar fand, die auf Grund unterschiedlicher Öffnungszeiten keine Konkurrenz zu ihrem Unternehmen darstellte. Der dafür in den folgenden Jahren bezahlte Pachtzins von wertgesicherten S 9.000,-- monatlich wurde auch - wie das Berufungsgericht auf Grund der unbestrittenen Höhe des Bestandzinses für 1988 nachwies - ab 1.1.1981 immer auf der gleichen Basis errechnet. Der Vertragspunkt über die Bezahlung von Benützungsentgelt kam daher nicht zum Tragen; schon aus diesem Grunde sind die Erwägungen des Beklagten, daß sich das Bestandverhältnis durch die Annahme des nicht als "Pachtzins" bezeichneten Bestandentgelts ab 1.1.1981 in eine Geschäftsraummiete gewandelt habe, nicht stichhältig. Davon abgesehen geschieht eine stillschweigende Ergänzung des bestehenden Bestandvertrages nach § 1114 ABGB - falls wie im vorliegenden Fall keine Aufkündigung bedungen war - dadurch, daß der Bestandnehmer nach Verlauf der Bestandzeit fortfährt, die Sache zu gebrauchen oder zu benützen und der Bestandgeber es dabei bewenden läßt. Gemäß § 1115 ABGB erfolgt eine solche Erneuerung unter den nämlichen Bedingungen, unter welchen der Vertrag vorher geschlossen wurde, bei Pachtungen aber nur auf ein Jahr. Mieterschutzgedanken, wie sie in SZ 60/263 bei Auflösung von Mietverträgen nach § 29 Abs 1 Z 3 lit a bis d MRG erwogen wurden, sind auf den Erlöschungszeitpunkt erneuerter Pachtverträge nicht anzuwenden. Die Klägerin hat daher mit Recht auf Grund eines Pachtzinsrückstandes von S 43.167,60 die Auflösung des Pachtverhältnisses erklärt. Da für den Auflösungstatbestand objektiver Verzug genügt (vgl. SZ 59/127; Würth in Rummel, ABGB, Rz 16 zu § 1118) haben die Vorinstanzen zutreffend dem Räumungsbegehren der Klägerin stattgegeben.
Der Revision war somit der Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E20402European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00556.9.0329.000Dokumentnummer
JJT_19900329_OGH0002_0080OB00556_9000000_000