TE OGH 1990/3/29 6Ob554/90

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Veröffentlicht am 29.03.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshofes hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshof Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Schlosser, Dr.Redl und Dr.Kellner als weitere Richter in der Abhandlung der inländischen Verlassenschaft nach dem am 27.März 1989 gestorbenen HansJoachim K***, zuletzt Kaufmann in Langen, Südliche Ringstraße 237, Kreis Offenbach am Main, Bundesrepublik Deutschland, wegen Einleitung der Abhandlung gemäß § 22 AußStrG infolge Revisionsrekurses 1. der Witwe des Verstorbenen Marie Anna K***, geborene S***, Langen, Südliche Ringstraße 237, und 2. des Sohnes des Erblassers Wolfgang K***, Dreieich/Dreieichenhain, Ysenburgstraße 13, beide vertreten durch Dr.Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 19.Januar 1990, GZ 3 b R 169/89-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 12.September 1989, GZ A 227/89-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Text

Begründung:

Der Erblasser ist am 27.März 1989 im 67. Lebensjahr gestorben. Er hatte seinen Wohnsitz in Hessen. Nach dem Antragsvorbringen war er deutscher Staatsangehöriger.

An dem im Eigentum einer Gesellschaft mbH stehenden Wohnungseigentums-Anteil an einer Tiroler Appartementanlage ist zugunsten des Erblassers aufgrund des Vertrages vom 28.September 1973 das Bestandrecht bis 26.November 2072 einverleibt und die Vorauszahlung des Mietzinses bis zu diesem Zeitpunkt angemerkt. Daraus leiten die beiden Antragsteller als Witwe und als Sohn des Erblassers das Erfordernis einer inländischen Verlassenschaftsabhandlung und damit die inländische Gerichtsbarkeit zur Abhandlung des dem deutschen Erblasser zugestandenen, gemäß § 1095 ABGB, § 9 GBG grundbücherlich einverleibten Bestandrechtes ab. Die Witwe erklärte in Ansehung dieses, im Inland gelegenen Nachlasses, die Erbschaft nicht anzutreten und auch keinen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen. Der Sohn gab aufgrund des Gesetzes eine unbedingte Erbserklärung ab, erstattete ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis und beantragte die Einantwortung des aus dem verbücherten Bestandrecht bestehenden inländischen Nachlasses seines Vaters an ihn.

Das von den Antragstellern angerufene Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Appartementanlage gelegen ist, lehnte eine Abhandlungspflege mangels Vorliegens der Voraussetzungen für die inländische Gerichtsbarkeit ab und wies sämtliche Anträge der Einschreiter aus diesem Grunde zurück.

Es wertete das grundbücherlich einverleibte Bestandrecht im Sinne des § 298 ABGB als bewegliche Sache, das im Antrag bezeichnete inländische Vermögen des Erblassers daher nicht als unbewegliches Gut im Sinne des § 22 AußStrG, sondern als beweglichen Nachlaß, in Ansehung dessen die Voraussetzungen für eine Abhandlung im Sinne des § 23 AußStrG nicht dargetan seien.

Das Rekursgericht bestätigte den erstinstanzlichen Zurückweisungsbeschluß. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt. Es sprach weiter aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht billigte die erstrichterliche Beurteilung über die inländische Abhandlungsgerichtsbarkeit und sprach dem Argument der Rekurswerber, sich mit ihren Anträgen der inländischen Gerichtsbarkeit unterworfen zu haben, jede Beachtlichkeit ab.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist zulässig. Der Sohn des Erblassers hat das den inländischen Nachlaß ausmachende Bestandrecht in seinem eidesstättigen Vermögensbekenntnis unter Berufung auf den steuerlichen Einheitswert mit 46.615,05 S ausgewiesen. Das Rekursgericht war an diese Wertangabe nicht gebunden, § 60 Abs 2 JN ist auf grundbücherlich einverleibte Bestandrechte nicht anwendbar. Das Rekursgericht hat daher keine zwingenden Bewertungsvorschriften hintangesetzt. Die mit dem Revisionsrekurs bekämpfte Beurteilung der Vorinstanzen über die Wertung eines langjährigen, grundbücherlich einverleibten Bestandrechtes bei Anmerkung der Mietzinsvorauszahlung für die gesamte Vertragsdauer als bewegliches oder unbewegliches Vermögen im Sinne des § 22 AußStrG ist eine nach § 14 Abs 1 AußStrG qualifizierte Frage.

Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Die Witwe und der Sohn eines in der Bundesrepublik Deutschland gestorbenen Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland begehrten in Ansehung eines für den Erblasser einverleibten Bestandrechtes an einem inländischen Wohnungseigentums-Appartement die Durchführung einer mit Einantwortung endenden Verlassenschaftsabhandlung. Die Vorinstanzen haben diesen Antrag übereinstimmend wegen Fehlens der inländischen Abhandlungsgerichtsbarkeit zurückgewiesen. Sie haben dabei zutreffend erkannt, daß das Bestandrecht an einer unbeweglichen Sache auch durch die grundbücherliche Einverleibung im Sinne des § 1095 ABGB sowie der §§ 9 und 19 GBG nicht zur unbeweglichen Sache wird.

Daran ändert entgegen dem Standpunkt der Rechtsmittelwerber nichts, daß durch die Vereinbarung einer 99-jährigen Bestanddauer unter Anmerkung einer Mietzinsvorauszahlung für die gesamte Vertragsdauer ein besonders weitreichendes und gesichertes Nutzungsrecht des Bestandnehmers angestrebt wurde, weil auch bei einem solchen Bestandvertrag die Nutzungsbefugnis des Berechtigten lediglich auf einer mietvertraglichen Duldung des Sacheigentümers und nicht auf einer unmittelbaren eigenen Sachherrschaft beruht.

§ 298 ABGB ist im Sinne der vom Rekursgericht zitierten Rechtsprechung zum verbücherten Fruchtgenuß, Wiederkaufs- und Vorkaufsrecht dahin zu verstehen, daß nur solche Rechte als unbeweglich zu gelten haben, für deren Rechtszuständigkeit der Besitz an einer unbeweglichen Sache wesentlich ist, wie etwa bei einer Grunddienstbarkeit, nicht aber bei persönlichen Dienstbarkeiten und ähnlichen Rechten, die bloß Anspruch auf Besitz an einer unbeweglichen Sache verschaffen, einen solchen aber nicht zur Bestimmung des Berechtigten voraussetzen.

Zur Abhandlung eines zugunsten eines im Ausland wohnhaft gewesenen Ausländers an einer inländischen Liegenschaft (an einem solchen Wohnungseigentumsanteil) grundbücherlich einverleibten Bestandrechtes fehlt es an einer inländischen Abhandlungsgerichtsbarkeit im Sinne des § 22 AußStrG. Der Antrag von Erbansprechern eines ausländischen Erblassers auf Durchführung der Abhandlung über den im Inland befindlichen beweglichen Nachlaß könnte nur unter den Voraussetzungen des § 23 Abs 3 AußStrG beachtlich sein. Die Antragsteller haben aber in keiner Weise dargetan, daß die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle vorliegen könnten. Was sie zu den grundbuchsrechtlichen Voraussetzungen für eine Übertragung des Bestandrechtes vom Erblasser auf dessen Erben andeuten, beschränkt sich in den Fällen, in denen der Heimatstaat des Erblassers öffentliche Urkunden über die Erbberechtigung ausstellt, auf die Frage der Beglaubigung solcher Urkunden (oder den Entfall eines solchen Erfordernisses nach einem anzuwendenden Staatsvertrag, vgl etwa den Beglaubigungsvertrag vom 21.Juni 1923 zwischen der Republik Österreich und dem Deutschen Reich, BGBl Nr 139/1924), allenfalls auf die Verbücherungsfähigkeit ausländischer Urkunden im Sinne des § 33 Abs 2 GBG.

Dem Revisionsrekurs mußte aus diesen Erwägungen ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E20680

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00554.9.0329.000

Dokumentnummer

JJT_19900329_OGH0002_0060OB00554_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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