TE OGH 1990/4/3 15Os33/90

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Veröffentlicht am 03.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.April 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter P*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Z 3 SGG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 21.September 1989, GZ 35 Vr 1383/89-39, sowie über den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider den Ablauf der Frist zur Ausführung dieser Rechtsmittel nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1.) Dem Angeklagten Peter Rudolf P*** wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider den Ablauf der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung erteilt.

2.) Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

3.) Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet (§ 285 i StPO).

Text

Gründe:

Peter Rudolf P*** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens nach § 12 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Z 3 SGG "in Form der Beteiligung nach § 12 StGB" (I), des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG (II) sowie des Finanzvergehens des bandenmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. b FinStrG "in Form der Beteiligung nach § 11 FinStrG" (III) schuldig erkannt. Darnach hat er

I. im Juni 1988 in Spanien als Mitglied einer Bande durch teilweises Finanzieren mit einem Geldbetrag von 40.000 S bzw. durch Beteiligung am Ankauf von 8,5 Kilogramm Cannabisharz dazu beigetragen, daß die abgesondert verfolgten Helmut Z***, Markus G*** und Klaus R*** den bestehenden Vorschriften zuwider eine übergroße Menge des Suchtgiftes Cannabisharz von Spanien aus- und nach Österreich einführten,

II. Ende Dezember 1988, anfangs Jänner 1989 in Wien bzw. Hall in Tirol außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift, nämlich 285 Gramm Cannabisharz, welches er eigenmächtig von G*** an sich genommen hatte, erworben und besessen sowie

III. im Juni 1988 bandenmäßig zur Ausführung des im gemeinsamen Zusammenwirken von Helmut Z***, Markus G*** und Klaus R*** begangenen Finanzvergehens des Schmuggels von 8,5 Kilogramm Cannabisharz im Wert von 153.000 S, auf welches Eingangsabgaben von 133.059 S entfallen, dadurch beigetragen, daß er mit Z***, R*** und G*** die illegale Einfuhr des Suchtgiftes nach Österreich verabredete, zum Ankauf desselben einen Geldbetrag von 40.000 S an Z*** übergab und weiters beim Ankauf des Suchtgiftes in Spanien entscheidend mitwirkte.

Rechtliche Beurteilung

Zum Wiedereinsetzungsantrag:

Unmittelbar nach Urteilsverkündung meldete der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (S 572). Die Urteilsausfertigung wurde seinem Verteidiger am 9.November 1989 zugestellt (Rückschein auf S 610). Am 27.November 1989 langte beim Erstgericht die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung ein, welche am 24.November 1989 der Post zur Weiterbeförderung an das Gericht übergeben worden war (S 611). Mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 30.Jänner 1990, AZ 15 Os 162/89, wurden beide Rechtsmittel als verspätet zurückgewiesen.

In seinem Wiedereinsetzungsantrag bringt der Verteidiger glaubwürdig vor, seine sonst verläßliche Kanzleiangestellte Petra B*** habe versehentlich einen falschen Termin für den Ablauf der Frist zur Ausführung der beiden Rechtsmittel in den Kanzleikalender eingetragen. Dieses Vorbringen wird durch eine dem Wiedereinsetzungsantrag beigelegte schriftliche eidesstättige Erklärung der Genannten bestätigt.

Durch die Zustellung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes an den Verteidiger am 5.März 1990 (Rückschein auf S 632) erlangte dieser Kenntnis vom Versehen seiner Angestellten; am nächsten Tage überreichte er bei Gericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider den Ablauf der Frist zur Ausführung der beiden Rechtsmittel und führte im gleichen Schriftsatz die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung aus.

Gemäß § 364 Abs. 1 StPO war dem Angeklagten Peter Rudolf P*** über seinen Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung zu erteilen, weil er nachzuweisen vermochte, daß es ihm durch unabwendbare Umstände ohne sein oder seines Verteidigers Verschulden unmöglich gemacht wurde, diese Frist einzuhalten, er innerhalb von 14 Tagen nach Aufhören des Hindernisses um die Wiedereinsetzung angesucht (§ 364 Abs. 1 Z 2 StPO) und zugleich die Ausführung der Rechtsmittel angebracht hat (§ 364 Abs. 1 Z 3 StPO).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde:

Mit der auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte lediglich die Annahme, er habe die Straftaten in den Fakten I und III als Mitglied einer Bande begangen.

Vorweg: Bandenbildung liegt vor, wenn sich mindestens drei Personen zur fortgesetzten Begehung einer Mehrzahl gleichartiger, im einzelnen noch unbestimmter Straftaten mit dem Vorsatz verbinden, daß von einem oder mehreren Bandenmitgliedern fortgesetzt diese Straftaten begangen werden, wobei bedingter Vorsatz genügt; der Zusammenschluß zu einer einzigen Tat reicht nicht aus (Leukauf-Steininger, Komm.2, RN 2 und 9 zu § 278).

Mit der Rechtsrüge (Z 9 lit. a, der Sache nach Z 10) behauptet der Beschwerdeführer Feststellungsmängel in bezug auf seinen Vorsatz zur fortgesetzten Deliktsbegehung. Dabei verläßt er jedoch den Boden der Urteilsfeststellungen und bringt solcherart den erwähnten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Das Gericht hat nämlich festgestellt, daß im Juni 1988 die abgesondert verfolgten Helmut Z*** und Markus G*** in finanzielle Schwierigkeiten geraten waren, weshalb sie beschlossen, durch den Handel mit Suchtgiften zu Geld zu kommen; gemeinsam mit Kassian S*** verabredeten sie die Einfuhr einer großen Menge Haschisch nach Österreich. Nach einer mißlungenen Einkaufsfahrt in Spanien habe in Fritzens ein Treffen der drei Genannten, an dem auch Christian C***, Klaus R*** und der Nichtigkeitswerber teilgenommen haben, stattgefunden. Dabei sei vereinbart worden, abermals nach Spanien zu fahren, um ca. 10 Kilogramm Cannabisharz anzukaufen und dieses nach Österreich zu schmuggeln. Bereits zum Zeitpunkt, zu dem der Rechtsmittelwerber seinen Tatbeitrag leistete, der in der Mitfinanzierung, in der Zurverfügungstellung von Dokumenten für die Anmietung eines Leihwagens, im Ausfindigmachen einer "Connection", im Lenken des Wagens zum und vom Verkäufer, in der Verwahrung des Geldes für den Ankauf sowie in der Qualitätsprüfung, der Beteiligung am Ankauf durch gemeinsames Zählen des Geldes, der Information der anderen über den Stand der Verkaufsverhandlungen, dem Transport des eingekauften Suchtgiftes in das Hotel bestand, wußte er damit - auf vielfache Weise - die Ziele der Verbindung zu fördern (US 6, 9). Sonach hat das Schöffengericht konstatiert, daß der Angeklagte die Ziele der Verbindung, nämlich durch den Handel mit Suchtgiften zu Geld zu kommen, kannte und daß er diese durch seinen erwähnten Tatbeitrag förderte. Indem der Beschwerdeführer diese Urteilsannahmen übergeht, führt er die Rechtsrüge prozeßordnungswidrig aus. Nur der Vollständigkeit halber ist anzumerken, daß eine gemeinsame Begehung der in Aussicht genommenen strafbaren Handlungen durch die Bandenmitglieder nicht erforderlich ist; für bandenmäßige Begehung haften alle Bandenmitglieder, somit auch jene, die an den Straftaten selbst nicht mitgewirkt haben (WK Rz 6 zu § 278) und demnach haftet auch der, der nach Begehung der ersten Straftat aus der Bande ausscheidet (idS EvBl. 1983/61). In der Mängelrüge (Z 5) vermißt der Nichtigkeitswerber eine deutliche und ausreichende Begründung für die Annahme, daß er öfters als Mitglied einer Bande "derartige Geschäfte" abwickeln wollte. Der behauptete Begründungsmangel liegt deshalb nicht vor, weil das Gericht die bandenmäßige Tatbegehung des Rechtsmittelwerbers mit dessen Wissen, durch seinen beachtlichen Tatbeitrag die Ziele der Verbindung (nämlich durch den Handel mit Suchtgiften zu Geld zu kommen) zu fördern, begründet hat. Daß er nur an einem Suchtgiftankauf und nachfolgendem Schmuggel beteiligt war, ändert - wie bereits zur Z 9 lit. a am Rande dargetan - an der aktuellen Qualifikation nichts.

Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht ist auch die Begründung der subjektiven Tatseite in bezug auf die Bandenmitgliedschaft nicht undeutlich; das Schöffengericht hat nämlich den diesbezüglichen Vorsatz (siehe oben) mit dem Wissen des Angeklagten, durch den von ihm geleisteten Tatbeitrag das Vorhaben der übrigen Mitglieder der Vereinigung, durch Suchtgifthandel (und Schmuggel) zu Geld zu kommen, begründet.

Dem an sich keinen Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 darstellenden Einwand, die Annahme, der Beschwerdeführer hätte zwar mit dem Vorsatz auf fortgesetzte Deliktsbegehung, nicht aber gewerbsmäßig gehandelt, wäre lebensfremd, ist zu erwidern, daß nach gefestigter Rechtsprechung der Begriff fortgesetzter Deliktsbegehung iS des § 278 Abs. 1 StGB nicht synonym ist mit jenem der Gewerbsmäßigkeit (13 Os 115/80).

Die Beweisrüge (Z 5 a) richtet sich gegen den vom Erstgericht dem Nichtigkeitswerber unterstellten Vorsatz in bezug auf fortgesetzte Deliktsbegehung. Nach gewissenhafter Prüfung dieser Einwände gelangt der Oberste Gerichtshof jedoch zur Überzeugung, daß sich aus den Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der erwähnten Urteilsannahme ergeben.

Die teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur bereits in nichtöffentlicher Sitzung teils gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils jedoch gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO zurückzuweisen.

Anmerkung

E20548

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0150OS00033.9.0403.000

Dokumentnummer

JJT_19900403_OGH0002_0150OS00033_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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