TE OGH 1990/4/3 15Os32/90 (15Os34/90)

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Veröffentlicht am 03.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.April 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer, in der Strafsache gegen Herbert F*** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 2, 84 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 18.Mai 1989, GZ 4 a Vr 2447/88-13, sowie über die Beschwerde des gesetzlichen Vertreters des Angeklagten gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25.August 1989, GZ 4 a Vr 2447/88-17, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1.)

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

2.)

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch die Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Gegen den am 19.November 1970 geborenen und daher zur Tatzeit Jugendlichen Herbert F*** erhob die Staatsanwaltschaft Graz Anklage wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB, weil er am 2.Juli 1988 in Gleisdorf den Karl CEH vorsätzlich schwer verletzte. Dem Beschuldigten wurde mit Bescheid des Ausschusses der steirischen Rechtsanwaltskammer vom 6. Oktober 1988 für das gesamte Verfahren Rechtsanwalt Dr. Hannes S*** als Verteidiger gemäß § 41 Abs 2 StPO (§ 38 Abs 1 JGG 1961) beigegeben (S 8). Zu der für den 18.Mai 1989 anberaumten Hauptverhandlung wurde unter anderem die Vorladung des Angeklagten, seiner Eltern Theresia und Herbert F*** sen und seines Verteidigers verfügt, zur Hauptverhandlung waren unter anderem der Angeklagte, seine Mutter und Rechtsanwalt Dr. Thomas S*** als Substitut des bestellten Verteidigers erschienen. Der Vater Herbert F*** sen war nicht zugegen, ob ihm die Vorladung zugestellt wurde, ist nicht mehr feststellbar. Im Zweifel ist daher anzunehmen, daß ihm diese Vorladung nicht zugestellt worden ist.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 18.Mai 1989 (in der Fassung der schriftlichen Ausfertigung ON 13) wurde der Angeklagte im Sinn der Anklage des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB schuldig erkannt; gemäß § 13 Abs 1 JGG wurde der Ausspruch der zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten. Nach Urteilsverkündung verzichteten der Angeklagte und seine Mutter auf Rechtsmittel, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab (S 40).

Am 22.Mai 1989 langte beim Landesgericht für Strafsachen Graz eine am 19.Mai 1989 der Post zur Weiterbeförderung an das Gericht übergebene Anmeldung einer "Berufung wegen Nichtigkeit" der Rechtsanwälte Dr. Hannes S*** und Dr. Thomas S*** ein, welche von "Herbert F***" gefertigt und in welcher das Vertretungsverhältnis auf den "Bescheid des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 4.10.1988" gestützt wird (ON 14). Am 7.Juli 1989 wurde dem Rechtsanwalt Dr. Hannes S*** eine Urteilsausfertigung zugestellt. Am 21.Juli 1989 langte beim Landesgericht für Strafsachen Graz die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde ein, die von den Rechtsanwälten Dr. Hannes S*** und Dr. Thomas S*** verfaßt und die von "Herbert F***" gefertigt wurde (ON 16). In der Rechtsmittelschrift wird behauptet, der Vater des Angeklagten habe den bestellten Verteidiger beauftragt, die Nichtigkeitsbeschwerde anzumelden und auszuführen. Nominell als Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO geltend gemacht wird in der Nichtigkeitsbeschwerde die Angleichung des schriftlich ausgefertigten Urteils an das mündlich verkündete beantragt, weil in der Hauptverhandlung der Jugendliche Herbert F*** des Vergehens nach §§ 83 Abs 2, 84 Abs 1 StGB schuldig erkannt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Mit Beschluß des Vorsitzenden vom 25.August 1989 wurde die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen, weil der Angeklagte und sein gesetzlicher Vertreter in der Hauptverhandlung auf Rechtsmittel verzichtet haben und der Vater des Angeklagten zur Hauptverhandlung ordnungsgemäß geladen worden, aber nicht erschienen war, so daß angenommen wurde, er verzichte in Zukunft auf Zustellungen (§ 38 Abs 6 JGG).

Aus Anlaß der vom Vater des Angeklagten dagegen erhobenen Beschwerde (ON 18) hat d r Oberste Gerichtshof die Akten an das Erstgericht zur Entscheidung über die begehrte Urteilsangleichung sowie zur Klärung, ob der Vater von der Hauptverhandlung am 18. Mai 1989 ordnungsgemäß benachrichtigt wurde, zurückgestellt. Mit Beschluß vom 4.Jänner 1990 hat das Erstgericht die schriftliche Ausfertigung des Urteilsspruches insofern an das mündlich verkündete Urteil angeglichen, als der am 19.November 1970 geborene Angeklagte des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 2, 84 Abs 1 StGB schuldig erkannt wurde. Dieser Beschluß wurde dem Verteidiger am 12.Jänner 1990 zugestellt. Da die Rückscheine betreffend die Ladung der Eltern zur Hauptverhandlung nicht auffindbar waren, wurden Urteilsausfertigungen der Mutter am 18. Jänner 1990 und dem Vater durch Hinterlegung am 19.Jänner 1990 zugestellt (Rückscheine S 70).

Am 25.Jänner 1990 langte beim Erstgericht eine am 24.Jänner 19e0 per Post zur Weiterbeförderung an das Gericht übergebene Nichtigkeitsbeschwerde des Rechtsanwalts Dr. Thomas S*** unter Berufung auf den "Bescheid der Rechtsanwaltskammer vom 6.10.1988" ein, die erneut mit "Herbert F***" gefertigt ist (ON 22). Auszugehen ist davon, daß - abgesehen vom hier nicht aktuellen Fall des § 268 Abs 2 StPO - ein Rechtsmittelverzicht stets unwiderruflich ist (EvBl 1965/83, 1966/211; ÖJZ-LSK 1982/149). Sonach sind weder der Angeklagte, noch seine Mutter zur Erhebung der Nichtigkeitsbeschwerde befugt, zumal in ihrer Gegenwart der Schuldspruch in dem im Urteilsangleichungsbeschluß vom 4.Jänner 1990 ersichtlichen Umfang verkündet wurde.

Was den Vater des Angeklagten betrifft, so ist zunächst festzuhalten, daß der Anmeldung der "Berufung wegen Nichtigkeit" (ON 14) in keiner Weise zu entnehmen ist, daß diese Rechtsmittelanmeldung durch den Vater erfolgt ist. Auch nach der Urteilszustellung an ihn am 19.Jänner 1990 hat er innerhalb der Frist des § 284 Abs 1 StPO die Nichtigkeitsbeschwerde nicht angemeldet.

Sonach erfolgte die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde ON 16 durch den Vorsitzenden zu Recht, weil der jugendliche Angeklagte auf dieses Rechtsmittel verzichtet und sein Vater die Nichtigkeitsbeschwerde nicht angemeldet hat; die gegen den Zurückweisungsbeschluß ON 17 erhobene Beschwerde des Vaters und gesetzlichen Vertreters des Angeklagten ist daher nicht begründet. Die Nichtigkeitsbeschwerde ON 22 hinwieder wurde vom Angeklagten, der auf sie verzichtet hat, ausgeführt. Dieses Rechtsmittel war daher gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Anmerkung

E20544

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0150OS00032.9.0403.000

Dokumentnummer

JJT_19900403_OGH0002_0150OS00032_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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