Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*** DES Ö***
O***, Wien 1, Graben 30/5, vertreten durch
Dr. Gunter Granner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei
K***-, V***- UND V*** MBH,
Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 57, vertreten durch Dr. Wilhelm Steidl und Dr. Harald Burmann, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000,-), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 19. Jänner 1990, GZ 3 R 8/90-7, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 6. Dezember 1989, GZ 8 Cg 364/89-2, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird mit der Maßgabe bestätigt, daß an die Stelle der Worte "auf deutlich erkennbare Teppichhändler" die Worte "auf Mitglieder des klagenden Verbandes" zu treten haben. Der Kläger hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung vorläufig, die Beklagte die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Beklagte betreibt das Gewerbe der Versteigerung beweglicher Sachen nach § 295 GewO, und zwar insbesondere von Orientteppichen. Sie kündigte in den "Oberösterreichischen Nachrichten" vom 26. September 1989 folgenden Verkauf an:
"Nur kurze Zeit
Bank-Pfandverkauf
von verpfändeten
O***
In den Räumlichkeiten des Kaufmännischen Vereinshauses in Linz, Landstraße 49, wird ein dort lagernder Posten von Orientteppichen im Wert von mehreren Millionen Schilling öffentlich freihändig verkauft. Bei diesem Posten handelt es sich ausschließlich um handgefertigte Teppiche aus China, Afghanistan, Türkei und Persien wie Nain, Ghom, Seide, Isfahan mit Seide, Keschan, Täbriz, Bidjar, Mesched usw.
E***
Für Ihren Orientteppich erhalten Sie ein Echtheitszertifikat mit Ursprungszeugnis
Verkauf und Besichtigung:
Montag, 25., bis Samstag, 30. 9. 1989,
täglich von 10-18 Uhr, Samstag von 9-17 Uhr
Beauftragte: Kunstauktions-Verkaufs- und Versteigerungs
GMBH
Ort des Pfandlagers:
Kaufmännisches Vereinshaus
4020 Linz, Landstraße 49, Tel. 0732/27 31 59 / DW 37"
In derselben Ausgabe dieser Tageszeitung erschien folgende
weitere Ankündigung der Beklagten:
"Täglich von 10 bis 18 Uhr.
Nur der Konsument kann entscheiden.
BITTE
Vergleichen Sie bitte beim Kauf von
Orientteppichen unsere Preise und unsere Teppichqualitäten mit jenen von Teppichgeschäften, die Mitglied des Verbandes des österreichischen Orientteppich-Fachhandels
sind.
Und dann entscheiden Sie sich.
Kunstauktions-Verkaufs und Versteigerungs Ges.m.b.H.,
Kaufmännisches Vereinshaus
Linz, Landstraße 49"
Der klagende Wettbewerbsschutzverband (§ 14 UWG) begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, zum Preis- und/oder Qualitätsvergleich bei Orientteppichen aufzufordern, wenn darin auf deutlich erkennbare Teppichhändler Bezug genommen wird, insbesondere, wenn dabei unterschiedliche Vertriebsformen, unterschiedliche Kalkulationsgrundlagen, unterschiedliche Nebenleistungen udgl. nicht berücksichtigt werden und/oder wenn es sich beim eigenen Angebot um ein nur kurzfristiges Angebot handelt. Zur Sicherung dieses Unterlassungsanspruches beantragt der Kläger die Erlassung einer inhaltsgleichen einstweiligen Verfügung. Die Ankündigung der Beklagten verstoße gegen §§ 1 und 2 UWG. Sie nehme auch auf die Qualität der Teppiche der Mitbewerber Bezug und suggeriere dem Konsumenten, daß das Preis-Leistungsverhältnis in jenen Teppichfachgeschäften, die Mitglieder des klagenden Verbandes sind, ungünstiger als anderswo sei. Die Beklagte setze damit erkennbare Mitbewerber pauschal herab. Der Vergleich sei überdies irreführend, weil beim "gewönlichen" Einzelhandel mit Teppichen verschiedene Nebenleistungen gewährt würden, die beim Pfandverkauf nicht in Betracht kämen. Die Aufforderung zum Vergleich sei in vielfacher Hinsicht unvollständig, da sie die unterschiedlichen Vertriebsformen außer acht lasse.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab, weil die beanstandete Ankündigung die Grenzen zulässiger Werbung noch nicht überschreite; die Kunden würden lediglich aufgefordert, Angebote zu prüfen. Die Beklagte berühme sich nicht, billiger oder besser als die Konkurrenz zu sein.
Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung, schränkte jedoch das etwas zu weit gefaßte Unterlassungsgebot durch Streichung der Worte "unterschiedlichen Kalkulationsgrundlagen ... udgl" ein; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 50.000,- übersteige und der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO zulässig sei.
Die beanstandete Ankündigung der Beklagten "suggeriere" dem Durchschnittsinteressenten, daß die Beklagte bessere Teppichqualitäten zu einem günstigeren Preis anbiete als die Mitglieder des Klägers. Obwohl die Beklagte scheinbar nur zum Vergleich auffordere ohne diesen selbst vorzunehmen, handle es sich in Wahrheit um einen von der Beklagten selbst angestellten Preis- und Qualitätsvergleich zu Ungunsten der - zwar nicht namentlich genannten, aber deutlich erkennbaren - Mitglieder der Klägerin, in welchem die Beklagte wesentliche preisbildende Faktoren verschweige. Diese Ankündigung enthalte auch eine sittenwidrige Pauschalabwertung der Mitglieder der Klägerin.
Die in der bloßen Nennung höherer Preise eines Mitbewerbers liegende Herabsetzung sei zwar seit der UWG-Nov. 1988 im allgemeinen hinzunehmen; irreführende vergleichende Preiswerbung sei jedoch weiterhin verboten. Zur Irreführung sei ein Preisvergleich insbesondere dann geeignet, wenn mit ihm nur vorgetäuscht werde, daß Vergleichbares verglichen werde; also insbesondere dann, wenn er unterschiedliche Vertriebsformen nicht berücksichtige oder daraus sonst falsche Schlüsse gezogen werden könnten, wie etwa bei der Gegenüberstellung von Aktionspreisen und Normalpreisen oder beim Vergleich der Preise kurzfristiger Angebote mit den während eines längeren Zeitraums geltenden Angeboten eines Mitbewerbers. Diesen Anforderungen werde der beanstandete Preisvergleich schon deshalb nicht gerecht, weil die verglichenen Mitbewerber unterschiedliche Betriebsformen hätten. Die Beklagte habe ihre Orientteppiche im Rahmen eines Pfandverkaufes nach § 368 HGB angeboten, für welchen andere rechtliche und wirtschaftliche Voraussetzungen zuträfen als für den Verkauf im Einzelhandel; insbesondere habe der Kunde nach § 368 HGB keinen Anspruch auf Gewährleistung. Die Aufforderung zum Preis- und Qualitätsvergleich sei auch insoweit unvollständig, als Fachhändler Nebenleistungen, wie eine entsprechende Verkaufsberatung, die Übernahme der Reinigung, Pflege und Reparatur von Orientteppichen udgl. erbrächten, die der Kunde von einem Auktionsunternehmen nicht erhalte; sie verstoße daher gegen § 2 Abs 1 und § 1 UWG. Das etwas zu weit gefaßte Unterlassungsbegehren sei um die Worte "unterschiedliche Kalkulationsgrundlagen ... udgl." einzuschränken. Die Beklagte bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; sie beantragt, "das Rechtsmittel zuzulassen" und die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 1 ZPO zulässig, weil zu der Frage, ob die bloße Aufforderung des Werbenden, seine eigenen Leistungen mit denen bestimmter Mitbewerber zu vergleichen, eine (unzulässige) vergleichende (Preis-)Werbung sein kann, soweit ersichtlich, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; er ist jedoch nicht berechtigt.
Das Rekursgericht hat die beanstandete Werbeeinschaltung der Beklagten zutreffend nach ihrem Gesamteindruck beurteilt. Der Oberste Gerichtshof folgt der zweiten Instanz, daß ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Aufforderung der Beklagten, die Preise und Qualitäten ihrer Teppiche mit jenen der Mitglieder des klagenden Fachhandelsverbandes zu vergleichen, nicht wörtlich nehmen, sondern darin einen deutlichen Hinweis darauf sehen wird, daß dieser Vergleich - jedenfalls in aller Regel - zu Lasten des Klägers ausgehen werde, die Beklagte also bessere Teppichqualitäten zu einem günstigeren Preis als die Mitglieder des Klägers anbiete. Dafür spricht auch, daß im Handel mit handgeknüpften Orientteppichen ein Vergleich zwischen den Angeboten verschiedener Händler gar nicht leicht möglich ist, weil zunächst vergleichbare Stücke gleicher Qualität (und allenfalls auch gleicher Größe) ermittelt werden müssen. In der Regel wird sich daher nur ein Fachmann einen entsprechenden Überblick darüber verschaffen können, welche Stücke verschiedener Händler miteinander vergleichbar sind und ob damit das Preis- und Qualitätsniveau eines bestimmten Unternehmens insgesamt niedriger als das seiner Mitbewerber ist. Für die Zulässigkeit einer Aufforderung an das Publikum, die Ware des Werbenden und die Konkurrenzware zu erproben, beruft sich die Beklagte auf Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 710 Rz 330 zu § 1 dUWG und Jacobs in Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts 420 Rz 21 und 22. In den dort angeführten Fallbeispielen - die außerdem überwiegend leicht vergleichbaren Markenartikel betrafen - und auch im Fall der SZ 19/1 (Systemvergleich) hatten aber die Werbenden jede Bezugnahme auf bestimmte Mitbewerber unterlassen (vgl. auch Gloy aaO 420 f Rz 22), so daß daraus für den Standpunkt der Beklagten nichts zu gewinnen ist. Im vorliegenden Fall wird das angesprochene Publikum aus dem Hinweis auf die einem bestimmten Fachhandelsverband angehörenden Teppichgeschäfte den Schluß ziehen, daß die Beklagte gerade dieser Gruppe von Geschäften in Preis und Qualität überlegen ist; die Erwähnung eines Verbandes kann bei den betroffenen Verkehrskreisen unter Umständen sogar den Eindruck hervorrufen, daß das günstigere Preisniveau der Beklagten auf Preisabsprachen der betreffenden Händler zurückzuführen ist.
Da die Beklagte den damit behaupteten Preis- und Qualitätsvorsprung gegenüber den erwähnten Mitbewerbern nicht konkret belegt, ist ihr, wie die zweite Instanz ebenfalls richtig ausgeführt hat, eine Pauschalabwertung der Mitglieder des Klägers vorzuwerfen. Wer zu Werbezwecken Vergleiche zieht, muß nämlich dem angesprochenen Publikum alle jenen wesentlichen Umstände mitteilen, die es in die Lage versetzen, sich selbst ein objektives Urteil über die Vorzüge der angebotenen Leistung gegenüber denen der sonstigen Mitbewerber zu bilden; eine bloß mit Schlagworten operierende Pauschalabwertung ist unzulässig (ÖBl 1975, 146; ÖBl 1984, 5; ÖBl 1988, 46; WBl 1989, 61 ua). Liegt eine solche Pauschalabwertung vor, dann ist auch nicht mehr entscheidend, ob die damit herabgesetzten Mitbewerber infolge ihrer Vielzahl (- Feststellungen darüber, wieviele von ihnen als Mitglieder des klagenden Verbandes betroffen sind, fehlen -) überhaupt noch deutlich erkennbar sind. Wer fremde Erzeugnisse pauschal abwertet oder sonst den Boden der Sachlichkeit verläßt, handelt auch dann sittenwidrig, wenn der Kreis der (betroffenen) Mitbewerber nicht so klein ist, daß man noch von einer erkennbaren Bezugnahme auf bestimmte (einzelne) Konkurrenten sprechen könnte (Gamerith, Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur vergleichenden Werbung, HWR 1988, H 6, 21). Wettbewerbswidrig ist die Werbung der Beklagten aber auch deshalb, weil sie in der zweiten, von der Ankündigung des Bank-Pfandverkaufes getrennten Anzeige über ihre täglichen Teppichverkäufe wesentliche preisbildende Faktoren ihres angeblich günstigeren Angebotes verschwiegen hat. Aus diesem Inserat geht nämlich nicht hervor, daß es sich um Pfandverkäufe im Sinne des § 368 HGB handelt, das Angebot daher nur für kurze Zeit gilt und damit die Vertriebsform, in der die Beklagte Teppiche verkauft, eine ganz andere als im regulären österreichischen Orientteppichfachhandel ist, der üblicherweise auch Nebenleistungen erbringt, die bei Pfandverkäufen nicht in Betracht kommen. Daß in derartigen Fällen Preisvergleiche, welche "die unterschiedlichen Vertriebsformen nicht berücksichtigen", schon nach der Absicht der Verfasser der UWG-Nov 1988 unzulässig sind (vgl dazu Karre-Abermann, Vergleichende Werbung - Gefahr oder Chance? HWR 1988 H 6, 45 f; Wittmann, Neuerungen im Wettbewerbsrecht, MR 1988, 74; Prunbauer,
Die vergleichende (Preis-)Werbung, RdW 1989, 15 Ä20Ü), hat die zweite Instanz zutreffend erkannt. Hat aber die Beklagte zum Zweck der Hervorhebung ihrer eigenen Leistung auf nicht miteinander vergleichbare Angebote hingewiesen, dann hat sie damit auch gegen § 2 UWG verstoßen. Da die unterschiedlichen preisbildenden Faktoren aus der beanstandeten Anzeige nicht hervorgehen, haftet die Beklagte unabhängig davon, ob man derartige Werbevergleiche wegen der Ungleichartigkeit der verglichenen Leistungen stets für unzulässig ansieht (so Wittmann aaO 74; Prunbauer aaO 20), oder dies nur dann tut, wenn auf die unterschiedlichen Vertriebsformen nicht hingewiesen und dadurch einer Irreführung der Verbraucher nicht vorgebeugt wurde (so Karre-Abermann aaO 48).
Damit verstößt aber die beanstandete Werbung gegen §§ 1 und 2 UWG, so daß auf die Frage, wie weit sie ohne eine Sittenwidrigkeit begründende Pauschalherabsetzung und ohne Irreführung als vergleichende Preiswerbung mit oder ohne gleichzeitige Bezugnahme auf die beiderseitige Warenqualität gemäß § 2 Abs 1 Satz 2 UWG wäre und dann (Jedenfalls) die in der bloßen Nennung höherer Preise eines Mitbewerbers liegende Herabsetzung hingenommen werden müßte (MR 1989, 143 ÄKarschÜ = RdW 1989, 334 = WBl 1989, 342, nicht einzugehen ist.
Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen. Da jedoch dem Obersten Gerichtshof nicht klargestellt erscheint, ob die herabgesetzten Mitbewerber noch deutlich erkennbar sind, ist der angefochtene Beschluß mit der Maßgabe zu bestätigen, daß an die Stelle der Worte "auf deutlich erkennbare Teppichhändler" die Worte "auf Mitglieder des klagenden Verbandes" zu treten haben. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 78, 393, 402 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.
Anmerkung
E20302European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00042.9.0403.000Dokumentnummer
JJT_19900403_OGH0002_0040OB00042_9000000_000