Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als Richter in der Vormundschaftssache des mj. Marco F***, geboren 27.Oktober 1986, infolge Revisionsrekurses des Bezirksjugendamtes für den 6. und 7. Bezirk, Wien 6, Ammerlingstraße 11, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31.August 1989, GZ 44 R 567/89-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 2.August 1989, GZ 1 P 18/89-14, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht wies den Antrag des Bezirksjugendamtes für den
6. und 7. Bezirk auf Enthebung von der Stelle eines besonderen Sachwalters (§ 9 UVG) ab.
Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs des Bezirksjugendamtes für den 6. und 7. Bezirk nicht Folge. Es treffe zwar zu, daß im Falle der Vorschußgewährung nach § 4 Z 2 oder 3 UVG gemäß § 9 Abs. 3 UVG die Bezirksverwaltungsbehörde als besonderer Sachwalter zu entheben sei, wenn sie zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruches des Kindes nach der Lage des Falles nichts beizutragen vermöge, doch sei diese Voraussetzung nach der Aktenlage nicht gegeben. Bisher habe das Bezirksjugendamt dafür Sorge getragen, daß Karl F*** die Vaterschaft zum mj. Marco F*** anerkannt habe, daß eine Unterhaltsvereinbarung geschlossen wurde, es habe auch Unterhaltsvorschüsse erwirkt, da sich der Unterhaltsschuldner in Haft befand. Auch nach der Haftentlassung des Vaters, die spätestens am 1.6.1990 erfolgen werde, sei mit großer Wahrscheinlichkeit mit Schwierigkeiten bei der Realisierung der Unterhaltsansprüche des Minderjährigen zu rechnen, zu deren Überwindung das Jugendamt in der Regel besser in der Lage sei als die Mutter des Kindes. Unter Bedachtnahme auf die Möglichkeit einer vorzeitigen Haftentlassung sei die (vorübergehende) Enthebung als Unterhaltssachwalter nicht gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs des Jugendamtes für den 6. und 7. Bezirk ist unzulässig. Die Beschränkung des Rechtsmittelzuges gemäß § 15 Abs. 3 UVG gilt nur für Beschlüsse, mit denen über die Gewährung von Vorschüssen entschieden wurde. Sonst richtet sich die Anfechtbarkeit von Beschlüssen nach den §§ 14 und 16 AußStrG (EFSlg 57.535). Da das Rekursgericht den Beschluß des Erstrichters bestätigte, ist der Revisionsrekurs nur unter den Voraussetzungen des § 16 AußStrG, somit wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder Nichtigkeit zulässig. Die hier allein als Rechtsmittelgrund in Betracht zu ziehende offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung nur dann vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird (EFSlg. 52.742 u.v.a.). Die Voraussetzungen, unter denen die Bezirksverwaltungsbehörde als besonderer Sachwalter zu entheben ist, sind im Gesetz (§ 9 Abs. 3 UVG) nur ganz allgemein dahin umschrieben, daß die Enthebung zu erfolgen hat, wenn die Bezirksverwaltungsbehörde zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs des Kindes nach der Lage des Falles nichts beizutragen vermag. Ob dies zutrifft, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Wenn die Vorinstanzen im gegebenen Fall die Ansicht vertraten, daß die Voraussetzungen für die Enthebung nicht gegeben seien, weil in relativ kurzer Zeit ein neues Tätigwerden der Bezirksverwaltungsbehörde im Interesse des Minderjährigen zu erwarten sei, kann darin eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht erblickt werden.
Demzufolge ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.
Anmerkung
E20232European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00716.89.0404.000Dokumentnummer
JJT_19900404_OGH0002_0010OB00716_8900000_000