TE OGH 1990/4/5 7Ob11/90

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Veröffentlicht am 05.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*** U***- UND S*** Aktiengesellschaft,

Wien 1., Tegetthoffstraße 7, vertreten durch Dr. Heinz Wechsler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei T*** mbH, Bruck an der Mur, Oberdorferstraße 14, vertreten durch Dr. Anton Eichinger und Dr. Michael Augustin, Rechtsanwälte in Leoben, wegen S 531.294 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 22.November 1989, GZ 2 R 204/89-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Handelsgerichtes vom 16.Juni 1989, GZ 5 Cg 420/88-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.402,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.900,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei und die R*** & Co Baugesellschaft hatten eine Arbeitsgemeinschaft zum Bau der Umfahrungsstraße Niklasdorf (im folgenden nur A***) gebildet. Für die A*** bestand bei der klagenden Partei für die Zeit vom 11.11.1982 bis 2.11.1986 eine Betriebshaftpflichtversicherung auf der Grundlage der Allgemeinen und der Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 1978 und EHVB 1978). Am 26.1.1986 geriet ein im Eigentum der beklagten Partei stehender und von dieser der A*** zur Verfügung gestellter Radlader in dem in Bau befindlichen Straßentunnel in Brand. Durch den Brand entstand an den von der S*** Elektronik-Aktiengesellschaft bereits montierten elektrischen Anlagen ein Schaden, der von der klagenden Partei mit S 531.294 liquidiert wurde.

Die klagende Partei begehrt den Ersatz dieses Schadens. Unstrittig ist, daß Ursache des Brandes ein nicht isoliertes Batteriekabel des Radladers war. Streit besteht darüber, ob der beklagten Partei für das Schadensereignis aus der für die A*** abgeschlossenen Haftpflichtversicherung Deckungsschutz zukommt. Die klagende Partei beruft sich ferner darauf, daß der Radlader durch die A*** von der beklagten Partei gemietet worden sei (Abschnitt A Punkt 1.1 der EHVB). Die beklagte Partei behauptet eine Erweiterung des Versicherungsschutzes durch die Klausel 504. Abschnitt A Punkt 1.1 der EHVB 1978 hat folgenden Wortlaut: Versichert sind im Rahmen des im Versicherungsvertrag bezeichneten Risikos (Art.1 AHVB) nach Maßgabe des Deckungsumfanges der AHVB Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers aus Innehabung und Verwendung der gesamten betrieblichen Einrichtung (Abs.1). Im gleichen Rahmen mitversichert sind Schadenersatzverpflichtungen aus der nicht gewerbsmäßigen Vermietung oder Verleihung von Arbeitsmaschinen und Geräten. Nur bei besonderer Vereinbarung erstreckt sich der Versicherungsschutz auch auf die gewerbsmäßige Ausübung dieser Tätigkeiten (Abs.2). Nach der erweiterten Haftpflichtklausel Nr.504 bezieht sich der Versicherungsschutz abweichend von Abschnitt A Punkt 1.1 Abs.2 EHVB auch auf Schadenersatzverpflichtungen wegen solcher Personen- und Sachschäden, die auf den Zustand der dem Versicherungsnehmer von einem seiner A***-Partner zur Verfügung gestellten Arbeitsmaschinen und Geräte zurückzuführen sind und für die dieser A***-Partner als Eigentümer haftet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen verpflichteten sich die Partner der A*** in dem zwischen ihnen abgeschlossenen Arbeitsgemeinschaftsvertrag zur Beistellung von Baugeräten. Der Verrechnung der Gerätemieten wurde die Baugeräteliste 1981 zugrundegelegt. Das zur Verrechnung gelangte Entgelt umfaßte die Abschreibung und Verzinsung und eine Vergütung der Reparaturkosten. Es sollte aber nur der durch den mit dem Arbeitseinsatz des Gerätes bei der A*** hervorgerufene Verschleiß, nicht aber die davon unabhängigen Reparaturkosten der A*** zur Last fallen. Entsprechend der im Arbeitsgemeinschaftsvertrag übernommenen Verpflichtung hatte die beklagte Partei der A*** den Radlader zur Verfügung gestellt. Die A*** bestimmte den Einsatz des Gerätes und bezahlte auch die durch den Verschleiß entstandenen Reparaturen. Über die jeweils der A*** zur Verfügung gestellten Baugeräte verfaßte die beklagte Partei monatlich nach der Österreichischen Baugeräteliste eine Aufstellung über die sogenannten Gerätemieten, die der Verrechnung zugrundegelegt wurden. Hiebei waren die A***-Partner bestrebt, die Beistellungsverpflichtung nach dem Beteiligungsverhältnis auszurichten. Die Aufstellung über die im Jänner 1986 beigestellten Baugeräte und Maschinen übermittelte die beklagte Partei der A*** mit Rechnung vom 24.3.1986, in der sie für die Abschreibung und Verzinsung 30 % und für die Reparaturen 70 % zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellte. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsgemeinschaftsvertrages hatte die beklagte Partei mit der Versicherungsanstalt der Österreichischen Bundesländer eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen, der auch die Allgemeinen und die Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 1978 und EHVB 1978) zugrunde lagen und für die auch Abschnitt A Punkt 1.1 EHVB galt.

Nach der Auffassung des Erstgerichtes sei durch den Abschluß des Arbeitsgemeinschaftsvertrages zwischen der beklagten Partei und der R*** & Co Baugesellschaft zum Zwecke der Errichtung der Umfahrungsstraße Niklasdorf eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht begründet worden. Versicherungsnehmer der mit der klagenden Partei abgeschlossenen Haftpflichtversicherung seien die Gesellschafter und nicht die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes. Der beklagten Partei komme daher die Stellung eines Versicherungsnehmers zu. Die beklagte Partei habe den Radlader im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Beistellung von Geräten zur Verfügung gestellt. Entgegen der Meinung der klagenden Partei handle es sich hiebei trotz des vereinbarten Entgeltes nicht um eine Vermietung im üblichen Sinn, so daß nach der erweiterten Haftpflichtklausel 504 Versicherungsschutz bestehe.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.

Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß für das Schadensereignis Versicherungsschutz schon nach Abschnitt A Punkt 1.1 Abs.1 der EHVB zu gewähren sei. Ungeachtet der rechtlichen Konstruktion, unter der der Radlader der A*** zur Verfügung gestellt worden sei, könne es nicht zweifelhaft sein, daß Schadenersatzverpflichtungen aus der Verwendung des Gerätes durch die A*** versichert sein sollten. Nur insoweit die Gesellschafter der A*** Maschinen außerhalb der A*** eingesetzt hätten, bestünde keine Deckungspflicht der klagenden Partei. Genieße die beklagte Partei aber Versicherungsschutz, stünde der klagenden Partei kein Regreßanspruch zu.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs.3 ZPO).

Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß der gesetzliche Vertragstyp, dem eine Bau-A*** zugeordnet wird, die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes ist und daß dieser nach herrschender Ansicht nicht die Qualifikation einer juristischen Person zukommt (SZ 59/161; Strasser in Rummel ABGB Rz 13 zu § 1175 mwN). Rechtsträger sind die Gesellschafter. Wenn daher namens der GesBR eine Versicherung abgeschlossen wird, sind Versicherungsnehmer die Gesellschafter (vgl Bruck-Möller-Sieg VVG8 I 938). Die Abgrenzung der Deckungspflicht des Haftpflichtversicherers der A*** für Schadenersatzansprüche gegen die Gesellschafter ist danach vorzunehmen, ob die Haftpflicht aus der Beteiligung der Gesellschafter an der A*** oder aus deren sonstigen unternehmerischen Tätigkeit abgeleitet wird (SZ 58/91). Dies wurde offensichtlich von der klagenden Partei schon bei der Schadensliquidierung verkannt, wenn sie den Standpunkt einnahm, daß sie den vom geschädigten Dritten geltend gemachten Ersatzanspruch der A*** gegenüber zu decken hatte, ihr aber gegen die beklagte Partei ein Regreßanspruch zustehe. Handelte es sich bei dem vom geschädigten Dritten geltend gemachten Ersatzanspruch um einen solchen, für die der Haftpflichtversicherer der A*** Versicherungsschutz zu gewähren hat, kommt dem Gesellschafter der A*** nicht die Stellung eines Dritten im Sinne des § 67 VersVG zu. Ein Regreßanspruch käme nur unter den Voraussetzungen des § 158 f VersVG in Betracht, deren Vorliegen ebenso wie das Vorliegen eines Ausschlußtatbestandes nicht einmal behauptet wurde. Im vorliegenden Fall wurde die Schadenersatzpflicht aus der Verwendung des schadhaften Radladers abgeleitet. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß für diese gemäß Abschnitt A Punkt 1.1 Abs.1 EHVB vom Haftpflichtversicherer der A*** Versicherungsschutz zu gewähren ist, ist zutreffend. Der Radlader gehörte im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses zur betrieblichen Einrichtung der A***. Seine Verwendung erfolgte nicht im Rahmen der sonstigen unternehmerischen Tätigkeit der beklagten Partei. Unerheblich ist, ob der Radlader von der A*** gemietet wurde. Die beklagte Partei war aufgrund einer besonderen Vereinbarung auch zur Verfügungstellung von Geräten gegen Verrechnung einer geringen Miete verpflichtet. Diese Vereinbarung entsprach dem Punkt 8.2.1 der Geschäftsordnung für A***-Verträge, wonach die Partnerfirmen entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis die erforderlichen Geräte der Arbeitsgemeinschaft zu vermieten haben, sofern die Arbeitsgemeinschaft die Geräte nicht durch Kauf selbst beschafft. Unerörtert bleiben kann der Ausschluß nach Abschnitt A Punkt 1.1. Abs.2 letzter Satz EHVB sowie die Bedeutung der Erweiterungsklausel 504, weil eine gewerbsmäßige Vermietung nicht einmal behauptet wurde. Eine gewerbsmäßige Tätigkeit liegt nur dann vor, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen (Achatz u.a. AHVB 1986, 197). Desgleichen kann die Haftpflichtfrage dahingestellt bleiben. In der Haftpflichtversicherung hat der Versicherer den Versicherungsnehmer von begründeten Schadenersatzansprüchen zu befreien oder unbegründete Schadenersatzansprüche abzuwehren. Das Wahlrecht steht dem Versicherer zu. Hätte die klagende Partei irrtümlich unbegründete Ansprüche befriedigt, wäre die beklagte Partei nicht bereichert, so daß auch unter diesem Gesichtspunkt ein Rückforderungsanspruch nicht in Betracht käme.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E20718

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00011.9.0405.000

Dokumentnummer

JJT_19900405_OGH0002_0070OB00011_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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