Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Caterina H***, geboren am 22.8.1984, infolge Revisionsrekurses des Bezirksjugendamtes für den 19. Wiener Gemeindebezirk gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 29.12.1989, GZ 47 R 883/89-60, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 25.8.1989, GZ 7 P 158/87-51, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Beschluß vom 17.2.1988 hat das Erstgericht den vom Vater für die Minderjährige zu leistenden monatlichen Unterhalt von S 1.200 ab 1.1.1988 auf S 1.000 herabgesetzt und den Antrag des Vaters, ihn zur Gänze von der Unterhaltspflicht zu entbinden, abgewiesen (ON 31). Das Rekursgericht hat diesen Beschluß in seinem abweisenden Teil aufgehoben und dem Erstgericht unter anderem die Prüfung der Fragen aufgetragen, aus welchem Grund der Vater nur eine Halbtagsbeschäftigung ausübt und ob er bei Anspannung seiner Kräfte in der Lage wäre, eine Ganztagsbeschäftigung mit höherem Einkommen zu erlangen (ON 36).
Das Erstgericht hat den Antrag des Vaters im zweiten Rechtsgang neuerlich abgewiesen. Es stellte unter anderem fest, daß für Hilfsarbeiter auch in anderen Branchen in der Bundesrepublik Deutschland kaum Vermittlungschancen gegeben sind und der Vater aufgrund der derzeitigen Arbeitsmarktsituation nicht in der Lage ist, eine Ganztagsbeschäftigung zu finden. Auf der Basis eines monatlichen Einkommens von umgerechnet S 5.700 vom 1.1.1988 bis 31.1.1989 und von S 5.800 ab 1.2.1989 bejahte das Erstgericht eine Unterhaltsleistung des Vaters von S 1.000 monatlich. Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß im Sinne des Antrages des Vaters ab. Bei dem festgestellten Einkommen sei dem Vater eine Unterhaltsleistung wirtschaftlich nicht zumutbar, weil dieses Einkommen in der Bundesrepublik Deutschland gerade zur Deckung der eigenen Lebensbedürfnisse ausreiche.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs des Jugendamtes ist unzulässig.
Wie sich schon aus den obigen Ausführungen ergibt, ist der Vorwurf, die Vorinstanzen hätten den sich aus § 140 ABGB ergebenden Anspannungsgrundsatz völlig außer acht gelassen, unberechtigt. Im übrigen ist bei Beurteilung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses von § 14 Abs. 2 AußStrG in der Fassung vor der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989 auszugehen, weil das Datum der Entscheidung der zweiten Instanz vor dem 31.12.1989 liegt (Art. XLI Z 5 WGN 1989). Danach sind aber Rekurse gegen die Entscheidung der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche unzulässig. Zur Bemessung gehört nach ständiger Rechtsprechung auch die Frage der Anwendung der Anspannungstheorie (EFSlg. 58.318, 55.560, 52.699, 52.700, 49.872, 44.580 je mwN).
Demgemäß ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.
Anmerkung
E20386European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00552.9.0405.000Dokumentnummer
JJT_19900405_OGH0002_0070OB00552_9000000_000