TE OGH 1990/4/10 5Ob534/90 (5Ob1515/90)

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Veröffentlicht am 10.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helga L***, Angestellte, Linz, Spinnereistraße 3, vertreten durch Dr. Hubert Maier, Rechtsanwalt in Mauthausen, wider die beklagte Partei Johann L***, Pensionist, Mathausen, Ufer 111, vertreten durch Dr. Wolfgang Mayrhofer, Rechtsanwalt in Mauthausen, wegen eidlicher Bekanntgabe und Unterhalt, infolge ao. und ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 8.11.1989, GZ 18 R 711/89-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Mauthausen vom 22.6.1989, GZ 1 C 302/89v-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Soweit sich die Revision (außerordentliche Revision) gegen die Bestätigung der Abweisung des Hauptbegehrens durch das Berufungsgericht wendet, wird sie zurückgewiesen.

2. Im übrigen (Bestätigung der Abweisung des Eventualbegehrens durch das Berufungsgericht) wird der Revision Folge gegeben. In diesem Punkte werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben. Die Sache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde im Jahr 1973 aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten geschieden. Dieser ist auf Grund eines vor dem Bezirksgericht Mauthausen am 13.5.1987 abgeschlossenen Vergleichs (C 42/87) verpflichtet, der Klägerin ab 1.4.1987 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 5.000 S zu bezahlen. Mit der am 17.3.1989 erhobenen Klage begehrte Helga L***, den Beklagten 1. zur eidlichen Bekanntgabe der von ihm bezogenen Abfertigung und 2. zur anteiligen Bezahlung des sich aus der eidlichen Bekanntgabe und dem Beweisverfahren gebenden Unterhaltsbetrages ab 1.3.1989 in 12 monatlichen Aufschlägen, in eventu zur Bezahlung von 72.000 S sA in einem oder in 12 monatlichen Teilbeträgen zu je 6.000 S beginnend mit 1.3.1989 zu verhalten. Der Beklagte sei offenbar mit Ende Februar 1989 infolge seiner Pensionierung aus der V***-Alpine-Stahl Linz GesmbH ausgeschieden und habe auf Grund seiner mehr als 35jährigen Tätigkeit in diesem Konzern Anspruch auf eine Abfertigung in der Höhe eines Jahresgehaltes. Diese Abfertigung müßte auf Grund seines letzten Durchschnittsnettoeinkommens von ca. 15.000 S monatlich insgesamt rund 180.000 S betragen. Der Beklagte habe jedoch die wegen der internen Umschichtungen im V***-Alpine-Konzern unsichere Höhe der Abfertigung offensichtlich absichtlich verschwiegen bzw. bewußt verheimlicht. Da es ihr auf Grund datenschutz- und steuerrechtlicher Bestimmungen nicht möglich gewesen sei, vom Dienstgeber des Beklagten oder vom Finanzamt den Zeitpunkt des Ausscheidens des Beklagten aus dem Betrieb und die Höhe seiner Abfertigung zu erfahren, sei die Erhebung einer Stufenklage erforderlich. Sie habe Anspruch auf einen auf 12 monatliche Unterhaltsleistungen aufzuschlagenden Anteil von 40 % der Abfertigung.

Der Beklagte beantragte die Zurückweisung der Stufenklage als unzulässig und die Abweisung des Leistungsbegehrens als unberechtigt. Er habe seine Tätigkeit als Arbeiter bereits am 31.12.1987 beendet und beziehe seither eine monatliche Arbeitslosenunterstützung von 14.000 S netto 14mal jährlich. Seine Abfertigung in der Höhe von 250.000 S sei ihm beginnend ab 1.1.1988 in 12 gleichen, aufeinander folgenden Monatsraten ausbezahlt worden, sodaß sich die Unterhaltsbemessungsgrundlage im Sinne des § 66 EheG zwar für das Jahr 1988, nicht jedoch für 1989 erhöht habe. Da die Klägerin eine Unterhatserhöhung erst mit der vorliegenden Klage begehrt habe, bestehe der behauptete Anspruch nicht zu Recht, weil die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen für die Vergangenheit nicht vorlägen. Im übrigen habe die Klägerin ihn nicht zur Bekanntgabe der Abfertigung aufgefordert, sondern sofort die vorliegende Klage erhoben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

Der Beklagte war vom 29.4.1952 bis 30.11.1987 als Arbeiter bei der V***-Alpine in Linz beschäftigt. Er hatte im letzten halben Jahr seiner Beschäftigung (Juni bis November 1987) ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 26.000 S einschließlich Überstundenentgelt, Sonn- und Feiertagszuschlägen, anteiligem Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie jener Beträge, die infolge Pfändung nicht an ihn ausbezahlt wurden. Nicht enthalten ist darin der im November 1987 ausbezahlte Abfertigungsbetrag. Die anderen Sonderzahlungen (Ehrengabe, Urlaubsentschädigung für noch nicht konsumierte Urlaube und Jubiläumsgeld) wurden mit ihrem geschätzten Nettobetrag auf ein Jahr umgelegt und anteilig in das Monatsdurchschnittseinkommen einbezogen. Der Beklagte dürfte seit Dezember 1987 als Arbeitsloser Sonderunterstützung vom Arbeitsamt beziehen. Er bezieht jedenfalls seit Beendigung des Dienstverhältnisses bei der V***-Alpine ein geringeres Einkommen, sei es als Pensionist, sei es als Arbeitsloser mit Sonderunterstützung, als er im Jahre 1987 zuletzt bei der V***-Alpine bezogen hatte. Dies gilt auch für den Fall der gänzlichen Ausklammerung der Abfertigung. Anläßlich seines Ausscheidens aus der V***-Alpine erhielt der Beklagte seine Abfertigung in Nettoteilbeträgen ausbezahlt, und zwar einen Betrag von 69.319,40 S im November 1987 und 23.114,60 S in den Monaten Jänner bis einschließlich September 1988, wobei der monatlich durch Pfändung nicht an ihn ausbezahlte Betrag hinzugerechnet wurde; insgesamt bezog er eine Nettoabfertigung von 277.350,80 S. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß es nach Rechtsprechung und Lehre keine Rechnungslegungs- und Eidespflicht des gesetzlich zum Unterhalt Verpflichteten gebe, weshalb dieser nicht mit einer Stufenklage belangt werden könne. Die Abfertigung sei hier in die Unterhaltsbemessungsgrundlage in der Weise einzubeziehen, daß sie auf 11 Monate ab Anspruchsdatum, also ab November 1987 aufzuteilen sei. Ab Oktober 1988 sei sie daher nicht mehr in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzurechnen. Da nach dem § 72 EheG eine Unterhaltserfüllung für die Vergangenheit erst ab einem Verzug des Unterhaltspflichtigen oder ab Rechtshängigkeit des Unterhaltsanspruches gefordert werden könne, ein Verzug des Beklagten aber nicht vorliege und die Rechtshängigkeit des gegenständlichen Anspruchs erst mit der ziffernmäßigen Konkretisierung des Klagebegehrens am 20.4.1989 anzunehmen sei, also zu einem Zeitpunkt, in dem die Abfertigung auf die Unterhaltsbemessungsgrundlage keinen Einfluß mehr gehabt habe, komme auch eine Unterhaltserhöhung nicht in Betracht.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Klägerin nicht Folge, wobei es aussprach, daß der Wert des Streitgegenstandes 60.000 S, nicht jedoch 300.000 S übersteigt. Es erklärte die Revision in Ansehung des Hauptbegehrens für unzulässig, jedoch in Ansehung des Eventualbegehrens für zulässig.

Zum Eventualbegehren führte es im wesentlichen aus: Dieses auf Bezahlung eines bestimmten Betrages - sei es in einem, sei es in 12 Monatsraten - gerichtete Eventualklagebegehren ziele wegen geänderter Verhältnisse (Steigerung des Einkommens des unterhaltspflichtigen Beklagten durch Erhalt einer Abfertigung) auf eine (vorübergehende) Erhöhung des Unterhaltsanspruches der Klägerin ab. Nach § 72 EheG könne der Berechtigte Erfüllung (seines Unterhaltsanspruches) für die Vergangenheit erst von der Zeit an fordern, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden sei, für eine länger als 1 Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit jedoch nur, soweit anzunehmen sei, daß der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen habe. Die Klägerin könne daher mit ihrer Forderung nur für die Zeit ab einem allfälligen Verzug des Beklagten oder ab Rechtshängigkeit (= Gerichtshängigkeit) des geltend gemachten Anspruchs durchdringen. Verzug setze nach der Rechtsprechung die Nichteinhaltung (oder nur teilweise Erfüllung) einer sich aus Urteil oder Vertrag ergebenden, nach Betrag und Fälligkeit festgesetzten Unterhaltsverpflichtung voraus, nach Ansicht der Lehre dagegen lediglich die Nichtbeachtung einer den bestehenden Unterhaltsanspruch inhaltlich (neu) bestimmenden, etwa eine ziffernmäßige Erhöhung des bisher zu leistenden Betrages fordernden, im Streitfall einer gerichtlichen Überprüfung zugänglichen Mahnung des Berechtigten. Hinsichtlich des von der Berufungswerberin gestellten, erhöhten Unterhaltsbegehrens liege aber weder ein urteils- oder vertragsmäßiger Titel vor noch sei jemals behauptet worden, der Beklagte wäre vor Klagseinbringung außergerichtlich zur Leistung eines bestimmten erhöhten Unterhalts aufgefordert bzw. gemahnt worden. Verzug sei daher nicht gegeben.

Da eine Rechtshängigkeit des Eventualbegehrens erst mit seiner Erhebung in der Streitverhandlung vom 20.4.1989 angenommen werden könne, lägen die im § 72 EheG aufgestellten Voraussetzungen für die Forderung von Unterhalt für die Vergangenheit nicht vor. Die Frage, ob sich der Beklagte der Leistung absichtlich entzogen habe (§ 72 EheG, letzter Halbsatz), könne offen bleiben, weil es sich dabei nur um eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung für mehr als ein Jahr zurückliegende Zeiten handle.

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz in Ansehung des auf Art. XLII EGZPO gestützten Hauptbegehrens richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin, hinsichtlich der Erledigung des Eventualbegehrens hingegen deren ordentliche Revision.

1.) Die außerordentliche Revision ist gemäß § 508 a Abs. 2 ZPO aF mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO aF unzulässig. Das im DatenschutzG normierte Recht auf Geheimhaltung von Daten steht mit den in Art. XLII EGZPO normierten Ansprüchen in keinem rechtlichen Zusammenhang und bietet daher keinen Anlaß, von der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abzugehen (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich die Revision gegen die Bestätigung der Abweisung des Eventualbegehrens richtet, ist sie berechtigt.

Daß durch die jüngste Judikatur (JBl 1988, 586), derzufolge Unterhalt auch für die Vergangenheit begehrt werden kann, § 72 EheG nicht berührt wurde, ergibt sich einerseits aus dem Wortlaut der erwähnten Entscheidung und wurde andererseits inzwischen auch vom Obersten Gerichtshof ausgesprochen (EFSlg. 57.280). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Sonderregelung des § 72 EheG bestehen nicht, weil infolge der verschiedenen Position ehemaliger Ehegatten im Verhältnis zu anderen Unterhaltsberechtigten Unterschiede bestehen, die eine abweichende Regelung rechtfertigen. Nach § 72 EheG kann für die Vergangenheit Unterhalt von der Zeit an gefordert werden, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist, für eine längere als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit jedoch nur, soweit anzunehmen ist, daß der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat.

Die Auslegung des Begriffes des Verzuges hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Lehre und der Judikatur (Pichler in Rummel Rz 1 zu § 72 EheG, Schwind Eherecht, 291, EFSlg. 57.283 ua) vorgenommen. Diesbezüglich kann also auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden. Auch was unter Rechtshängigkeit zu verstehen ist, wurde vom Berufungsgericht richtig dargelegt. Demnach ist hier Rechtshängigkeit für den mit dem Eventualbegehren geltend gemachten Anspruch am 20.4.1989 eingetreten. Bei dieser Sachlage ist es unverständlich, wie die Vorinstanzen grundsätzlich einen Anspruch der Klägerin auf zusätzlichen Unterhalt für das Jahr 1988 schlechthin verneinen können. Die Jahresfrist von der Rechtshängigkeit zurückgerechnet reicht nämlich weit in das Jahr 1988 hinein. Das Berufungsgericht kann kaum die Rechtsansicht vertreten haben, daß zwar bei Vorliegen der Voraussetzungen des letzten Halbsatzes des § 72 EheG Unterhalt für einen Zeitraum, der länger als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegt, begehrt werden könne, nicht jedoch für den Zeitraum von einem Jahr vor der Rechtshängigkeit. Eine derartige Auslegung wäre unsinnig. Sollte das Berufungsgericht aber die Rechtsansicht vertreten haben, daß sich die Frist des § 72 EheG nur auf Unterhaltsbeträge richtet, mit denen der Unterhaltspflichtige in Verzug geraten ist, so kann für diese Rechtsansicht im Wortlaut des § 72 EheG keine Deckung gefunden werden. Eine solche Auslegung würde nämlich auch der Statuierung eines Anspruches ab Rechtshängigkeit jeden Sinn nehmen, weil der ab Rechtshängigkeit begehrte Unterhalt kein Unterhalt für die Vergangenheit wäre. Bei richtiger Auslegung des § 72 EheG kann demnach auch ohne Verzug Unterhalt für die Zeit von einem Jahr vor Rechtshängigkeit gefordert werden (vgl. Münchner Kommentar2 Rz 7 zu dem dem § 72 EheG wörtlich entsprechenden § 1585 b BGB). Dies schließt aber eine gänzliche Abweisung des Eventualbegehrens ohne Prüfung der sonstigen Voraussetzungen für eine Erhöhung des Unterhaltes aus.

Im übrigen sei dem Berufungsgericht zwar zugebilligt, daß es sich bei der Voraussetzung des absichtlichen Entziehens der Unterhaltspflicht um eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung für mehr als ein Jahr zurückliegende Zeiten handelt. Wie aber bereits dargelegt wurde, liegen die Anspruchsvoraussetzungen des § 72 EheG zumindest für einen Zeitraum von einem Jahr vor dem 20.4.1989 vor. Es mußte also bezüglich des weiter zurückreichenden Zeitraumes geprüft werden, ob die zusätzliche Anspruchsvoraussetzung gegeben ist oder nicht.

Für die Erfüllung des Tatbestandes des letzten Halbsatzes des § 72 EheG genügt jedes zweckgerichtete Verhalten, Tun oder Unterlassen des Schuldners, das die zeitnahe Realisierung der Unterhaltsschuld verhindert oder zumindest wesentlich erschwert hat. Aktives Hintertreiben ist nicht erforderlich (Pallandt BGB49 Rz 4 zu § 1585 b). Es reicht aus, daß der Verpflichtete vom Bestehen des Unterhaltsanspruches sichere Kenntnis hatte, daß er mit der Möglichkeit seiner Unterhaltspflicht rechnete und sein Handeln danach ausrichtete, die Erfüllung der Pflicht für den Fall ihres Bestehens zu hintertreiben (Soergel BGB12 Rz 8 zu § 1585 b). Die Absicht, sich der Leistung zu entziehen, braucht nicht bewiesen zu werden, sondern nur die Tatsachen, die "die Annahme rechtfertigen", daß der Verpflichtete sich absichtlich der Leistung entzogen hat. Kann dieser die tatsächliche Vermutung entkräften, so hat freilich der Berechtigte den vollen Beweis zu führen (Soergel aaO Rz 9 zu § 1585 b). Demnach ist also grundsätzlich nicht der Unterhaltsberechtigte beweispflichtig dafür, daß sich der Verpflichtete der Leistung absichtlich entzogen hat, sondern er muß nur Umstände anführen, die eine entsprechende Annahme rechtfertigen, wobei die Annahme schon gerechtfertigt ist, wenn sich nach dem Sachverhalt ergibt, daß der Unterhaltspflichtige mit der Möglichkeit seiner Unterhaltspflicht rechnete und sein Handeln danach ausrichtete, die Erfüllung der Pflicht für den Fall ihres Bestehens zu hintertreiben. Es genügt hiebei ein bloßes Unterlassen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ausdrücklich das absichtliche Verschweigen der Abfertigung durch den Beklagten behauptet (Seite 2 des Aktes). Sie hat auch in der Tagsatzung vom 20.4.1989 den Verdacht geäußert, daß der Beklagte die Tatsache seines Ausscheidens aus der V*** Alpine AG und des Erhalts der Abfertigung bewußt verheimlicht hat (S 18 des Aktes). Bei der gegebenen Sachlage, nämlich der grundsätzlich festgestellten Unterhaltspflicht des Klägers, muß davon ausgegangen werden, daß diesem die allfällige Pflicht zur Zahlung eines höheren Unterhaltes aufgrund eines erhöhten Einkommens bewußt war. Das Verschweigen seines Ausscheidens aus dem aktiven Berufsleben und des Erhaltes einer beträchtlichen Abfertigung kann daher nur als absichtlicher Versuch, sich der Unterhaltspflicht zu entziehen im Sinne des § 72 EheG gewertet werden. Ein Beweis gegen diese Annahme hat der Beklagte nicht erbracht. Er hat lediglich rechtsirrig auf eine nicht bestehende Beweispflicht der Klägerin verwiesen. Aus diesem Grunde ist grundsätzlich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 72 EheG für den geltend gemachten Unterhaltsanspruch, auch soweit er einen Zeitraum betrifft, der länger als ein Jahr vor Geltendmachung liegt, bejaht werden.

Es ergibt sich sohin, daß der Grund, aus dem die Vorinstanzen das Eventualbegehren abgewiesen haben, nicht vorliegt. Da die Vorinstanzen infolge ihrer vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsansicht die sonstigen Voraussetzungen des Klagsanspruches nicht geprüft haben (insbesondere hat der Beklagte den mangelnden Bedarf der Klägerin eingewendet), erweist sich das Verfahren als ergänzungsbedürftig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E20661

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00534.9.0410.000

Dokumentnummer

JJT_19900410_OGH0002_0050OB00534_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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