TE Vfgh Beschluss 2001/11/26 V109/01

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Veröffentlicht am 26.11.2001
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Nö BauO 1996 §11

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung des Flächenwidmungsplanes Enzesfeld-Lindabrunn (NÖ) hinsichtlich der Widmung eines im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundstücks als Bauland-Betriebsgebiet infolge Zumutbarkeit der Bekämpfung eines den Antrag auf Bauplatzerklärung abweisenden Bescheides

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Antragsteller beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn (Beschluss des Gemeinderats vom 12. Februar 1996) hinsichtlich der Widmung Bauland-Betriebsgebiet des Grundstückes Nr. 546/32, KG Enzesfeld, als gesetzwidrig.

2. Zur Antragslegitimation wird vorgebracht, dass der Antragsteller Alleineigentümer des Grundstückes Nr. 546/32, KG Enzesfeld, sei und durch die Widmung Bauland-Betriebsgebiet in seine Rechtssphäre unmittelbar und aktuell eingegriffen werde. Die Widmung im Flächenwidmungsplan sei für den Antragsteller direkt wirksam geworden, ohne dass es dazu einer bescheidmäßigen Erledigung einer Behörde bedurft hätte. Der Verfassungsgerichtshof habe mit Beschluß V78/00 vom 26. September 2000 einen Antrag auf Aufhebung des Flächenwidmungsplanes hinsichtlich der Widmung dieses Grundstücks mit der Begründung zurückgewiesen, dass dem Antragsteller im Verfahren zur Bauplatzerklärung gemäß §11 NÖ Bauordnung 1996 ein zumutbarer Weg zur Verfügung stehe, die Frage der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Den daraufhin gestellten Antrag auf Bauplatzerklärung habe der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn mit Bescheid vom 10. Oktober 2001 mit der Begründung abgewiesen, dass das Grundstück (aufgrund des bekämpften Flächenwidmungsplanes) bereits zum Bauplatz erklärt worden sei. Dem Antragsteller stehe mit Rücksicht darauf kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um die durch die "gesetzwidrige Widmung bewirkte Verletzung seines Eigentumsrechtes - nämlich die Beschränkung der Verfügbar- und Nutzbarkeit seines Grundstückes auf Betriebsgebiet anstatt, wie es die objektiven Ergebnisse der Grundlagenforschung erfordern, als Wohngebiet - an den Verfassungsgerichtshof heran zu tragen".

3. Der Antragsteller hatte bei der Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn einen Antrag auf Umwidmung seines Grundstückes in Bauland-Wohngebiet eingebracht. Ein auf einem angrenzenden Grundstück, auf dem (Widmung Bauland-Betriebsgebiet) Modellmotoren hergestellt und getestet werden, befindlicher Betrieb hat sich in einer Stellungnahme gegen die geplante Umwidmung ausgesprochen. Die Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn teilte dem Antragsteller am 17. Juli 2000 schließlich mit, dass im Hinblick auf mögliche Lärmbelästigungen durch den an das Grundstück angrenzenden Betrieb die beantragte Umwidmung in Bauland-Wohngebiet nicht vorgenommen werde.

4. Der Antragsteller erachtet die Beibehaltung der Widmung Bauland-Betriebsgebiet u.a. deshalb für gesetzwidrig, da die Ergebnisse der Grundlagenforschung die Umwidmung des Grundstückes in Bauland-Wohngebiet erfordert hätten.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).

2. Es kann zwar vom Antragsteller nicht erwartet werden, dass er allein zum Zweck der Anfechtung des Flächenwidmungsplanes die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen lässt. Der Verfassungsgerichtshof erachtet jedoch in ständiger Rechtsprechung dann, wenn das maßgebliche Gesetz etwa das Institut der Bauplatzerklärung vorsieht, die Einbringung eines auf die Erklärung des Grundstücks zum Bauplatz gerichteten, keiner aufwendigen Planunterlagen bedürftigen Ansuchens als einen zumutbaren Weg, der die Unzulässigkeit der unmittelbaren Anfechtung eines Flächenwidmungsplanes beim Verfassungsgerichtshof bewirkt (so hinsichtlich der Rechtslage in Oberösterreich etwa die Erkenntnisse VfSlg. 9773/1983, 10.004/1984; hinsichtlich der Rechtslage im Land Salzburg etwa die Erkenntnisse VfSlg. 11.317/1987, 12.395/1990).

Seit Inkrafttreten der 6. Novelle zur NÖ BauO 1976 (zu deren §12) besteht auch in Niederösterreich das Institut der Bauplatzerklärung, welches - hinsichtlich der Voraussetzungen leicht modifiziert - in die NÖ BauO 1996 (§11) übernommen wurde.

3. Der Antragsteller bringt vor, es stehe ihm dieser Weg nicht zur Verfügung, da das Grundstück bereits aufgrund des bekämpften Flächenwidmungsplanes zum Bauplatz erklärt worden sei. Er legt weiters den Bescheid vom 10. Oktober 2001 vor, mit dem der im Devolutionsweg angerufene Gemeindevorstand der Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn den Antrag auf Erklärung des Grundstücks "zum Bauplatz mit der Widmung Bauland/Wohngebiet" abwies mit der Begründung, dieses Grundstück sei bereits als Bauplatz ausgewiesen;

"(...) Dies zufolge der Bebauung des ungeteilten Grundstückes mit einer Betriebshalle und (...) zufolge der Teilung gemäß dem Teilungsplan (...), welcher mit Bescheid der Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn vom 21. 8. 1995 (...) bewilligt wurde. In diesem Bescheid wurden die Grundstücke (...) auf neugeformte Bauplätze (...) geteilt. Schon hier wird eindeutig von Bauplätzen gesprochen. Des weiteren wurde im Abgabenbescheid vom 21.8.1995 eine Ergänzungsabgabe gemäß §15 NÖ BauO 1976 vorgeschrieben. (...) Es ist daher auch in diesem Bescheid eindeutig die Feststellung getätigt, dass es sich bei dem Grundstück (...) um einen Bauplatz handelt.

(...) Es ist daher (...) der Antrag auf Bauplatzerklärung abzuweisen, da dieser eine Unzulässigkeit darstellt. Die Unzulässigkeit gründet sich bereits auf dem Vorhandensein der Bauplatzeigenschaften bzw. Bauplatzerklärungen (im vorzitierten Teilungsbescheid) des (...) Grundstückes.

Eine nochmalige Bauplatzerklärung kann nicht erfolgen. Gemäß §11 NÖ BauO erlischt eine Bauplatzerklärung nur dann, wenn ein zum Bauplatz erklärtes Grundstück, das weder mit einem Gebäude noch mit einer großvolumigen Anlage bebaut ist, durch Umwidmung (...) die Baulandwidmung verliert. Dies ist beim ggst. Grundstück nicht der Fall und es ist daher nach wie vor als Bauplatz anzusehen.

(...) Angemerkt wird (...) auch noch, dass (gemäß) (...) §11 NÖ BauO bei einer Bauplatzerklärung keine Widmungsart festzulegen ist. (...)"

Damit bringt jedoch der Antragsteller keine Umstände vor, die tatsächlich belegen würden, dass ihm im Verfahren zur Bauplatzerklärung gemäß §11 NÖ BauO 1996 kein zumutbarer Weg zur Verfügung stünde, die Frage der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Im zitierten Bescheid hat der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn - nämlich mit der Aussage in der Begründung des Bescheides, dass eine Bauplatzerklärung nur erlösche, wenn das Grundstück die Baulandwidmung verliert, was konkret aber nicht der Fall sei - die angefochtene Verordnung (den Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn hinsichtlich der Widmung des Grundstückes des Antragstellers) tatsächlich angewendet. In der Bekämpfung dieses Bescheides durch Erhebung einer Vorstellung an die Gemeindeaufsichtsbehörde und einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG gegen den Bescheid der Vorstellungsbehörde - auch diese hätte die angefochtene Verordnung anzuwenden - stand ein zumutbarer Weg zur Verfügung, die Frage der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

4. Dieser Beschluss konnte ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953).

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Bauplatzgenehmigung, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:V109.2001

Dokumentnummer

JFT_09988874_01V00109_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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