TE OGH 1990/4/18 3Ob526/90

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Veröffentlicht am 18.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Kellner und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Parteien 1) Rafael K***, Zirkusdirektor, Linz, Probstaustraße 37, und 2) Adelhaid K***, Gastwirtin, wohnhaft ebendort, beide vertreten durch Dr. Josef Schartmüller, Rechtsanwalt in Pregarten, wider den Gegner der gefährdeten Parteien Anton G***, Kaufmann, Linz, Weikerlseestraße 3, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen Erlassung eines Veräußerungsverbots, infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 18.Dezember 1989, GZ 18 R 756/89-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 11.September 1989, GZ 29 C 857/89d-12, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die gefährdeten Parteien haben dem Gegner der gefährdeten Parteien binnen vierzehn Tagen die mit 30.929,58 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 5.154,93 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Gemäß "Zeitrentenvertrag" vom 16.Februar 1989 verpflichtete sich der Gegner der gefährdeten Parteien diesen eine Liegenschaft gegen Zahlung von insgesamt 4,5 Millionen Schilling zu übergeben, wobei nach Zahlung mehrerer Teilbeträge der Kaufvertrag abgeschlossen werden solle. Die gefährdeten Parteien sollten die Liegenschaft schon ab 1.März 1989, teilweise (Gasthaus) ab 1.April 1989 benützen können, worüber auch ein "Pachtvertrag" vom 24.Februar 1989 abgeschlossen wurde.

Die gefährdeten Parteien beantragten, ihrem Gegner mittels einstweiliger Verfügung gemäß § 382 Z 6 EO iVm § 384 Abs 2 EO zu verbieten, die Liegenschaft an Dritte zu veräußern, weil ihr Gegner entgegen den getroffenen Vereinbarungen eine Finanzierungsgarantie gefordert habe, widrigens er die Liegenschaft anderweitig verkaufen werde, und die einstweilige Verfügung zur Sicherung ihres Anspruches auf Vertragszuhaltung, nämlich der Unterlassung eines solchen Vertragsabschlusses mit Dritten, notwendig sei.

Die einstweilige Verfügung wurde erlassen. Dem Rekurs des Gegners der gefährdeten Parteien wurde nicht Folge gegeben. Der vor Erlassung der einstweiligen Verfügung nicht gehörte Gegner der gefährdeten Parteien erhob gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch mit der Begründung, der Vertrag vom 16. Februar 1989 sei wegen Irreführung über die finanzielle Leistungsfähigkeit der gefährdeten Parteien nichtig. Alle Finanzierungsversuche seien gescheitert. Schon die erste Rate sei nicht zeitgerecht bezahlt worden. Die Zweitantragstellerin sei im übrigen aktiv nicht legitimiert. Der Antragsgegner beantragte die Aufhebung der einstweiligen Verfügung und hilfsweise, ihren Weiterbestand vom Erlag einer Sicherheit von 1 Million Schilling abhängig zu machen.

Das Erstgericht gab dem Widerspruch nur insoweit Folge, als die einstweilige Verfügung vom Erlag einer Sicherheit von 100.000 S abhängig gemacht wurde.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den nur vom Antragsgegner bekämpften Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß die einstweilige Verfügung zur Gänze aufgehoben wurde. Es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteigt.

Die Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgendem bescheinigtem Sachverhalt aus:

Die erstgefährdete Partei bezahlte am 24.Februar 1989 auf den Übergabspreis 200.000 S. Eine weitere Rate von 100.000 S, die gemäß einer Stundung des Antragsgegners am 20.März 1989 fällig sein sollte, wurde nicht erbracht, weil die gefährdeten Parteien schon erhebliche Investitionen auf die Liegenschaft getätigt hatten und der Antragsgegner jetzt zusätzliche Bedingungen für die Eigentumsübertragung zu stellen begann. Erst nach Erlassung der einstweiligen Verfügung erfolgte zu dieser Teilrate eine Mahnung und Nachfristsetzung durch den Antragsgegner, worauf die gefährdeten Parteien 100.000 S gemäß § 1425 ABGB gerichtlich erlegten. Mit Schreiben vom 14.Juni 1989 forderte der Antragsgegner von den gefährdeten Parteien die Vorlage einer im Vertrag nicht vorgesehenen "Finanzierungsgarantie" bis 21.Juni 1989, widrigens er mit Dritten in Kaufverhandlungen eintreten werde. Die gefährdeten Parteien bestanden in ihrem Antwortschreiben auf Vertragszuhaltung durch den Antragsgegner, worauf dieser die Frist zur Beibringung der Finanzierungsgarantie bis zum 30.Juni 1989 verlängerte. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 16. Februar 1989 waren gegen die erstgefährdete Partei Exekutionen mit Forderungen von insgesamt etwas über 100.000 S anhängig, wovon der Gegner der gefährdeten Parteien nicht in Kenntnis gesetzt wurde. Der Antragsgegner wußte zwar von einer angespannten finanziellen Situation der gefährdeten Parteien, erkundigte sich aber nicht nach ihren Verbindlichkeiten. Die erstgefährdete Partei hat bei Vertragsabschluß erklärt, daß kurzfristig nur 300.000 S aufgebracht werden könnten. Der Restbetrag müsse erst erwirtschaftet werden. Finanzielle Zuwendungen von dritter Seite oder die Aufnahme von Krediten wurden nicht erwähnt. Mit dem in der Vereinbarung enthaltenen Satz, "sobald Zahlungen nicht pünktlich geleistet würden, komme es zum Vertragsbruch", war nicht das Recht beabsichtigt, ohne gesonderte Rücktrittserklärung die sofortige Vertragsauflösung verlangen zu können.

Das Erstgericht war auf Grund dieser Feststellungen der Auffassung, daß keine Irreführung vorliege. Der Rücktritt vom Vertrag unter Setzung einer angemessenen Nachfrist sei bisher nicht erklärt worden.

Das Gericht zweiter Instanz billigte zwar im wesentlichen die Rechtansicht des Erstgerichtes, gelangte aber zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung, weil die gefährdeten Parteien bisher lediglich die Unterlassung der Veräußerung der Liegenschaft an Dritte begehrten, obwohl sie durch Zahlung des weiteren Teilbetrages von 900.000 S schon Anspruch auf Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde erlangen könnten. Zur Sicherung des Unterlassungsanspruches könne aber nicht ein Veräußerungsverbot nach § 382 Abs 1 Z 6 EO begehrt werden; denn auf Einverleibung eines bücherlichen Rechtes bestehe auch bei siegreicher Beendigung des Prozesses auf Unterlassung kein Anspruch. Die beantragte Provisorialmaßnahme gehe über den Rahmen des Hauptanspruches hinaus und sei daher nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der gefährdeten Parteien ist nicht berechtigt.

Zwar konnte der Gegner der gefährdeten Partei im Widerspruchsverfahren nicht beweisen, daß der strittige Vertrag wegen Irreführung unwirksam sei oder daß ihm auf Grund einer bestimmten Vertragsklausel nach jeder Vertragsverletzung ein sofortiges Rücktrittsrecht zustehe. Auch die aktive Antragslegitimation der zweitgefährdeten Partei wurde von beiden Vorinstanzen mit Recht bejaht.

Das Widerspruchsverfahren hat aber ergeben, daß die gefährdeten Parteien schon im Zeitpunkt der Erlassung der einstweiligen Verfügung mit der Zahlung einer Rate des Übernahmspreises im Verzug waren. Der Gegner der gefährdeten Parteien war zwar wegen dieses Verzuges noch nicht zur sofortigen Vertragsaufhebung berechtigt, konnte aber gemäß § 918 Abs 1 ABGB unter Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt vom Vertrag erklären. Die gefährdeten Parteien hatten jedenfalls noch nicht die im Vertrag vorgesehenen Voraussetzungen für die Übertragung des Eigentumsrechtes an der strittigen Liegenschaft erfüllt. Sie vertreten daher selbst den Standpunkt, es stehe ihnen derzeit noch kein Anspruch auf Übertragung des Eigentumsrechtes zu. Vor allem aber behaupten sie im Provisorialverfahren ausdrücklich nur das Vorliegen eines Anspruches auf Unterlassung eines Vertragsabschlusses mit Dritten und begehren auch in der zur Rechtfertigung der einstweiligen Verfügung eingebrachten Klage lediglich die Unterlassung der Veräußerung der Liegenschaft an Dritte (ohne grundbücherliches Veräußerungsverbot). Zutreffend hat das Gericht zweiter Instanz erkannt, daß sich Sicherungsmaßnahmen nach § 382 EO immer im Rahmen des zu sichernden Hauptanspruches halten müssen und über diesen nicht hinausgehen dürfen (MietSlg 27.764, 33.755). Maßnahmen, auf die die gefährdete Partei auch bei siegreicher Durchsetzung des Hauptanspruches kein Recht hätte, dürfen auch im Provisorialverfahren nicht bewilligt werden (Evbl 1962/477, SZ 42/80). Auf Grund eines Urteiles, das den Gegner der gefährdeten Partei nur zur Unterlassung der Veräußerung einer Liegenschaft verpflichtet, kann nicht die Eintragung eines Belastungs- oder Veräußerungsverbotes im Grundbuch erwirkt werden. Solange die gefährdeten Parteien nur den erwähnten Unterlassungsanspruch geltend machen, kann daher dem Gegner das von den gefährdeten Parteien allein beantragte (S 4) Verbot nach § 382 Abs 1 Z 6 EO nicht auferlegt werden.

Bei der Prüfung der Frage, ob sich der im Provisorialverfahren geltend gemachte Anspruch im Rahmen des mit der Klage erhobenen Anspruches hält, soll zwar nicht engherzig vorgegangen werden (JBl 1988, 658). Es können aber nicht einer Partei, die selbst behauptet, daß ihr noch kein Erfüllungsanspruch zusteht, im Wege des Provisorialverfahrens, wenn auch nur als gesetzliche Folge der Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 6 EO, bücherliche Rechte (vgl § 384 Abs 3 EO) eingeräumt werden, auf die noch kein Anspruch besteht. Auch aus den vom Gericht zweiter Instanz näher erörterten Entscheidungen SZ 47/109 und SZ 49/134 läßt sich nicht ableiten, daß eine einstweilige Verfügung über den zu sichernden Hauptanspruch hinausgehen darf; in SZ 42/80 wurde ein Einverleibungsanspruch gesichert.

Gemäß § 378 Abs 2 EO wird die Zulässigkeit einstweiliger Verfügungen allerdings nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Anspruch der gefährdeten Partei ein betagter oder bedingter ist, und aus § 391 Abs 2 EO ergibt sich, daß eine einstweilige Verfügung auch vor Eintritt der Fälligkeit des von der antragstellenden Partei behaupteten Rechtes bewilligt werden kann.

Ob zugunsten des vertragstreuen Käufers einer Liegenschaft, der geltend macht, ihm stehe ein noch nicht fälliger oder nur mehr von der Erbringung einer bisher nicht fälligen Vorleistung abhängiger Anspruch auf Übertragung des Eigentumsrechtes an einer Liegenschaft zu, ein Verbot nach § 382 Abs 1 Z 6 EO mit Setzung einer entsprechend langen Klagefrist und Auferlegung einer Sicherheit iSd § 390 Abs 2 EO bewilligt werden könnte, ist im vorliegenden Fall nicht zu untersuchen, weil die gefährdeten Parteien einen solchen Anspruch nicht geltend machen. Es muß daher auch nicht geprüft werden, ob sich die gefährdeten Parteien bisher vertragstreu verhalten haben und welche Bedeutung der Vertragsklausel zukommt, daß der Kaufvertrag erst nach Erbringung gewisser Zahlungen abgeschlossen werde.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78 und 402 Abs 2 EO iVm den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E20604

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00526.9.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19900418_OGH0002_0030OB00526_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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