TE OGH 1990/4/19 13Os38/90

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Veröffentlicht am 19.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.April 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Brustbauer, Dr. Kuch, Dr. Rzeszut und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ernst Gerhard E*** u. e.a. wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SGG im Deliktsstadium des Versuches (§ 15 StGB) über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 7. Februar 1990, AZ 11 Ns 43/90, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am 4.April 1940 geborene kfm. Angestellte Ernst Gerhard E*** wurde am 3.November 1989 um 1,20 Uhr auf Grund eines Haftbefehles des Journalrichters des Kreisgerichtes Ried im Innkreis wegen Verdunkelungsgefahr (§ 175 Abs. 1 Z 3 StPO) festgenommen, weil in seinem PKW beim Versuch, von der Bundesrepublik Deutschland nach Österreich beim Autobahngrenzübergang Suben einzureisen, in einer Reisetasche 30 g weißes Pulver, anscheinend Heroin, vorgefunden und sichergestellt wurde, er sonach verdächtig war, das Verbrechen nach dem § 12 Abs. 1 SGG begangen zu haben und die Gefahr bestand, er würde Kontakt mit zwei offensichtlich an diesem Verbrechen Beteiligten aufnehmen, um diese zu beeinflussen.

In der Folge wurde das von den Zollbehörden der BRD beschlagnahmte weiße Pulver zur Begutachtung an die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt der Oberfinanzdirektion München übersendet. Mit Beschluß des Journalrichters des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 3.November 1989 wurde über Ernst Gerhard E*** die Untersuchungshaft gemäß dem § 180 Abs. 1, Abs. 2 Z 2 StPO verhängt. Am 25.November 1989 wurde E*** aus der Untersuchungshaft entlassen, weil die erwähnte Begutachtung des Pulvers ergeben hatte, daß es sich dabei um eine Zubereitung aus Calciumcarbonat mit einem Harnstoff-Uracilderivat und keineswegs Heroin handelte. Mit Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 29.November 1989 wurde das Strafverfahren gemäß dem § 109 Abs. 1 StPO eingestellt.

Am 6.Dezember 1989 beantragte Ernst Gerhard E*** beim Kreisgericht Ried im Innkreis die Feststellung, daß bei ihm die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch gemäß dem § 2 Abs. 1 lit. a und lit. b StEG gegeben seien.

Mit Beschluß der Ratskammer des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 15.Jänner 1990 wurde festgestellt, daß Ernst Gerhard E*** für die durch die Anhaltung vom 3.November 1989, 1,20 Uhr bis 25. November 1989, 11 Uhr, entstandenen vermögensrechtlichen Nachteile gegen den Bund ein Ersatzanspruch aus dem Grund des § 2 Abs. 1 lit. b StEG zusteht.

Mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 7.Februar 1990 wurde der Antrag des Genannten auf Feststellung, daß ihm ein Entschädigungsanspruch auch aus dem Grund des § 2 Abs. 1 lit. a StEG zustehe, abgewiesen, weil weder in der Verhängung der Untersuchungshaft, noch hinsichtlich deren Dauer eine Gesetzwidrigkeit erblickt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Beschwerde des Antragstellers kommt keine Berechtigung zu.

Gesetzwidrigkeiten erblickt er darin, daß zum Zeitpunkt der Verhängung der Untersuchungshaft noch kein Verfolgungsantrag bzw. kein Antrag auf Verhängung der Untersuchungshaft durch einen berechtigten Ankläger vorgelegen sei, daß sich seine Einvernahme durch den Untersuchungsrichter nur auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, nicht aber auch auf die Umstände, welche einen Haftgrund bilden könnten, bezogen habe, daß die Begründung des Beschlusses, mit dem die Untersuchungshaft verhängt wurde, eine bloße Scheinbegründung darstelle und daß die Untersuchungsrichterin es unterlassen habe, innerhalb eines Zeitraumes von mehr als drei Wochen auf eine beschleunigte Untersuchung des sichergestellten Pulvers zu drängen, worin ein Verstoß gegen den § 193 Abs. 1 StPO zu erblicken sei.

Zuzugeben ist der Beschwerde, daß die Verhängung der Untersuchungshaft u.a. (zumindest) den Verfolgungsantrag eines berechtigten Anklägers zur Voraussetzung hat. Ein Antrag des (Journal-)Staatsanwaltes auf Erlassung eines Haftbefehles - wie hier (vgl. S 21 des Aktes 12 Vr 648/89 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis) - erfüllt aber diese Voraussetzung, weil er die Absicht des Anklägers zum Ausdruck bringt, eine bestimmte Person wegen des Verdachtes einer konkret bezeichneten strafbaren Handlung zu verfolgen und weil er das Begehren miteinschließt, den solcherart in Verfolgung Gezogenen durch den Untersuchungsrichter zum Tatverdacht zu vernehmen (§ 179 Abs. 1 StPO).

Aktenwidrig ist die Behauptung in der Beschwerde, Ernst Gerhard E*** wäre vor Verhängung der Untersuchungshaft nicht auch zu den Voraussetzungen der Untersuchungshaft im Sinn des § 180 Abs. 1 StPO vernommen worden: Die Einvernahme des Genannten am 4. November 1989 bezog sich nämlich nicht nur auf das in seinem PKW sichergestellte angebliche Suchtgift, sondern auch auf das Vorbringen des gleichfalls verdächtigen Ismaiel B*** sowie auf die Person des M*** (Ben Saad D***), sohin auf jene Personen, hinsichtlich derer die Gefahr einer Verabredung mit dem Beschwerdeführer angenommen wurde.

Schon die Tatsachen, daß er ersichtlich wahrheitswidrig behauptete, einen "M***" nicht zu kennen (vgl. demgegenüber die Verantwortung des Ismaiel B*** in ON 6 und das Vorbringen der Gerlinde E*** in ON 15, jeweils im oben erwähnten Akt) und daß zu jener Zeit die Erhebungen der Sicherheitsbehörden noch nicht abgeschlossen waren, rechtfertigte - wie zutreffend erkannt wurde - die Annahme des erwähnten Haftgrundes, weil diese Umstände in der Tat konkrete Anhaltspunkte sind, die darauf hinweisen, Ernst Gerhard E*** würde versuchen, die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen. Von einer bloßen Scheinbegründung kann daher nicht die Rede sein.

Was den behaupteten Verstoß gegen den § 193 Abs. 1 StPO betrifft, genügt es, auf die bezughabenden rechtsrichtigen Erwägungen im angefochtenen Beschluß zu verweisen.

Der insgesamt nicht begründeten Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E20530

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0130OS00038.9.0419.000

Dokumentnummer

JJT_19900419_OGH0002_0130OS00038_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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