TE OGH 1990/4/24 4Ob511/90

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.1990
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DDr. Hubert F***, Rechtsanwalt, Innsbruck,

Adamgasse 15, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Franz K*** Elektro- und Radiogroßhandel Gesellschaft mbH & Co KG, Innsbruck-Rum, wider die beklagte Partei Peter K***, Angestellter, Zirl, Bühelstraße 18, vertreten durch Dr. Gerald Gärtner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 584.158,62 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. Oktober 1989, GZ 2 R 208/89-23, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 31. März 1989, GZ 14 Cg 127/88-17, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin erkannt, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 34.633,80 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 5.772,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Der Kläger ist zum Ersatz der Eingabegebühr für den Rekurs des Beklagten verpflichtet.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war bei der Gemeinschuldnerin als Buchhalter beschäftigt; am 23. August 1983 wurde er wegen Unterschlagung namhafter Beträge fristlos entlassen. Die Gemeinschuldnerin ging damals von einer Schadenssumme von S 490.000,- aus. Der Beklagte verpflichtete sich in Punkt 1 einer schriftlichen Erklärung vom selben Tag, diesen Betrag bei Terminsverlust - welcher dann eintreten sollte, wenn eine Rate nicht voll oder pünktlich geleistet wird - wie folgt zu zahlen:

a) S 130.000,- bis längstens 29. August 1983 durch Verkauf eines PKW,

b) S 150.000,- bis längstens 5. September 1983 durch Verkauf eines Grundstücks und

c) den Restbetrag von S 210.000,- in monatlich aufeinanderfolgenden Raten beginnend ab Juli 1984 jeweils bis 10. eines jeden Monats.

Weiters verpflichtete sich der Beklagte, den jeweils aushaftenden Betrag ab 23. August 1983 mit 11 % zu verzinsen und die laufenden Zinsen mit der letzten Rate - "ausgenommen des Eintrittes des Terminsverlustes" - zu zahlen.

Am 25. August 1983 stellte die Gemeinschuldnerin fest, daß der Gesamtschaden tatsächlich S 798.542,61 betrug. Der Beklagte anerkannte auch diese Schadenshöhe und verpflichtete sich in einer als "Ergänzung" zur Vereinbarung vom 23. August 1983 bezeichneten Urkunde, den Differenzbetrag von 308.542,61 S "zu den Fälligkeiten in Punkt 1 lit a bis c der Erklärung vom 23. August 1983" zu zahlen und wie dort angeführt zu verzinsen.

In den schriftlichen Vereinbarungen wurde die Höhe der ab Juli 1984 zu zahlenden Monatsraten durch ein Versehen des Vertreters der Gemeinschuldnerin nicht angeführt; sie wurde jedoch mündlich mit S 3.000,- festgelegt. Der Vertreter der Gemeinschuldnerin drängte den Beklagten zwar, sich für die Zeit nach der bevorstehenden Ableistung seines Präsenzdienstes zu einer monatlichen Rate von S 4.500,- oder S 5.000,- zu verpflichten; der Beklagte lehnte das jedoch ab, weil er ungewiß war, ob er danach wieder Arbeit finden werde. Er erklärte sich aber auf Verlangen des Vertreters der Gemeinschuldnerin dazu bereit, über eine seinen Verhältnissen angepaßte Erhöhung der Monatsraten zu verhandeln, wenn er den Präsenzdienst abgeleistet und wieder eine ständige Arbeit gefunden habe. Tatsächlich hat der Beklagte den Präsenzdienst bis zum Juni 1984 abgeleistet und danach auch wieder eine ständige Arbeit gefunden; er ist jedoch weder an die Gemeinschuldnerin oder an den Masseverwalter zum Zweck der Aufnahme von Verhandlungen über eine Erhöhung der Monatsraten herangetreten.

Beim Abschluß der Vereinbarungen vom 23. August und 25. August 1983 wurde nicht darüber gesprochen, was geschehen sollte, wenn der Beklagte seinen PKW und seine Liegenschaft nicht oder nicht rechtzeitig verkaufen können oder weniger als die erwarteten Kaufpreise erzielen sollte.

Auf die Fälligkeiten gemäß Punkt 1 lit a und b der Vereinbarung vom 23. August 1983 zahlte der Beklagte am 29. August 1983 S 118.000,-, am 1. September 1983 S 115.000,- und am 2. September 1983 S 50.000,-, insgesamt sohin S 283.000,-. Für den Verkauf seines PKW hatte er nur S 115.000,- oder 118.000,- erzielt; der beabsichtigte Verkauf seiner Liegenschaft an seinen Onkel Franz K*** scheiterte letztlich an der Versagung der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde. Am 26. September 1983 rechnete die Gemeinschuldnerin gegen die damals bestehende Gehaltsforderung des Beklagten von S 7.911,44 mit Zustimmung des Beklagten einen entsprechenden Teil ihrer Forderung auf. Am 20. Oktober 1983 zahlte der Beklagte weitere S 11.000,-. Am 5. Oktober 1983 und am 17. Mai 1984 zahlte der ehemalige Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin Johann R*** an die Gemeinschuldnerin je S 100.000,- mit der Widmung, diese Beträge der Verbindlichkeit des Beklagten gutzuschreiben, was auch geschehen ist. Ab Juli 1984 bis zum Schluß der Verhandlung zahlte der Beklagte monatlich jeweils innerhalb der festgelegten Zahlungsfrist Raten a S 3.000,-; nur die im Jänner 1989 fällige Rate zahlte er erst am 23. Jänner 1989. Wegen der unvollständigen Zahlung der ersten Rate am 29. August 1983 hatte die Gemeinschuldnerin bis zur Konkurseröffnung am 31. Juli 1985 den vereinbarten Terminsverlust nicht geltend gemacht; auch der klagende Masseverwalter hat das bis zum 31. Jänner 1989 nicht getan.

Am 1. September 1983 verpflichtete sich der Beklagte mündlich gegenüber dem Vertreter der Gemeinschuldnerin, seine Liegenschaft bis längestens 31. Dezember 1983 zu verkaufen und den gesamten Kaufpreis der Gemeinschuldnerin zu überweisen. Er konnte die Liegenschaft jedoch erst am 3. Juni 1985 um S 192.960,- an den Nebenerwerbslandwirt Franz K*** verkaufen. Der an diesem Tag erlegte Kaufpreis wurde nach der Genehmigung des Kaufvertrages durch die Grundverkehrsbehörde nicht an die Gemeinschuldnerin weitergeleitet; vielmehr deckte der Beklagte damit Vertragserrichtungsspesen und im Zusammenhang mit der Aufbringung der Zahlung vom 1. September 1983 eingegangene Verbindlichkeiten ab. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Masseverwalter vom Beklagten die Zahlung von S 584.158,62 samt 11 % Zinsen aus S 345.542,61 seit 25. Mai 1988. Die Gemeinschuldnerin habe die ab Juli 1984 zu leistenden monatlichen Raten nur vorübergehend mit S 3.000,- akzeptiert; die Umstände, die für die Festsetzung der Raten in der vorläufigen Höhe von S 3.000,- maßgebend gewesen waren, hätten sich aber in der Zwischenzeit geändert. Für die Zeit nach der Ableistung des Präsenzdienstes seien dem Beklagten keine Raten mehr zugesichert worden. Der Beklagte hätte bei entsprechenden Bemühungen die Schuld längst abzahlen können und auch müssen. Ein weiteres Zuwarten könne der Konkursmasse nicht zugemutet werden. Zu den bisher geleisteten Zahlungen von insgesamt S 345.542,61 kämen die bis zum 24. Mai 1988 berechneten Zinsen von S 238.616,01. In der Tagsatzung vom 31. Jänner 1989 machte der Kläger für den Fall, daß überhaupt eine bestimmte Ratenvereinbarung auf Dauer festgestellt werden sollte, geltend, daß bereits mehrfach Terminsverlust eingetreten sei. Der Beklagte habe schon den am 29. August 1983 fälligen Teilbetrag von S 130.000,- nicht (zur Gänze) gezahlt; weiters habe er den Erlös aus dem Verkauf seines Grunstücks vereinbarungswidrig nicht der Gemeinschuldnerin überwiesen und schließlich die am 10. Jänner 1989 fällige Rate erst am 23. Jänner 1989 gezahlt. Die Zahlungen Johann R*** von insgesamt S 200.000,- seien nicht im Einvernehmen mit dem Beklagten geleistet worden. Johann R*** habe aus Anlaß dieser Zahlungen die Forderung gegen den Beklagten auch nicht eingelöst; der Kläger könne daher die Forderung in diesem Umfang noch gegen den Beklagten geltend machen. Darüber hinaus habe die Masse gegen Johann R*** eine Forderung von mindestens S 200.000,-, die seiner Zahlung vorsichtshalber aufrechnungsweise gegenübergestellt werde. Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Er habe die gegenüber der Gemeinschuldnerin übernommenen Zahlungsverpflichtungen genau erfüllt, so daß der vereinbarte Terminsverlust nicht eingetreten sei; darüber hinaus habe er auch mehr geleistet. Die Gemeinschuldnerin habe die von ihm erbrachten Teilleistungen immer unbeanstandet entgegengenommen. Die Höhe der monatlich zu zahlenden Raten sei mit S 3.000,- festgelegt worden; zumindest sei die Höhe der Raten durch langjährige Übung bestimmt worden. Der Beklagte habe nicht die Verpflichtung übernommen, zuzüglich zu dem am 5. September 1983 fällig gewordenen Betrag von S 150.000,- einen weiteren Betrag bei Terminsverlust zu zahlen. Diese Rate sei - im Ergebnis - durch den (späteren) Verkauf seiner Liegenschaft finanziert worden. Die Zahlungen Johann R*** von ingesamt S 200.000,- und das Einbehalten der Gehaltsforderung des Beklagten von S 7.911,44 habe der Kläger bei der Errechnung des ausstehenden Kapitals nicht berücksichtigt.

Der Einzelrichter des Erstgerichtes wies die Klage ab. Auf Grund des eingangs bereits wiedergegebenen Sachverhalts führte es in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:

Die am 29. August 1983 fällige Rate von S 130.000,- habe der Beklagte zwar nicht zur Gänze gezahlt; er habe jedoch der Gemeinschuldnerin vereinbarungsgemäß den Gesamterlös aus dem Verkauf seines PKW zur Verfügung gestellt. Auf den Eintritt des vereinbarten Terminsverlustes könne sich der Kläger deshalb nicht berufen. Im übrigen habe die Gemeinschuldnerin daraus auch nicht den Eintritt des Terminsverlustes abgeleitet; der Kläger habe ihn erst am 31. Jänner 1989 geltend gemacht. Die Fälligkeit der zweiten Rate von S 150.000,- sei bis 31. Dezember 1983 erstreckt worden. Bis dahin habe der Beklagte, obwohl er innerhalb der Frist den Verkauf seiner Liegenschaften nicht habe bewirken können, insgesamt mehr gezahlt, als er nach der getroffenen Vereinbarung hätte zahlen müssen. Da der Beklagte und Johann R*** für ihn bis 31. Dezember 1983 insgesamt S 401.911,44 geleistet hätten, obwohl in diesem Zeitraum nur S 280.000,- hätten geleistet werden müssen, könne der Kläger den Terminsverlust auch nicht daraus ableiten, daß der Beklagte den Verkaufserlös aus der Liegenschaft nicht an die Gemeinschuldnerin weitergeleitet habe. Aber auch wegen des Verzuges mit der am 10. Jänner 1989 fälligen Rate sei der vereinbarte Terminsverlust nicht eingetreten, weil die Gemeinschuldnerin unter Berücksichtigung der tatsächlich geleisteten Zahlungen gegenüber der eingegangenen Ratenverpflichtung auch dann immer eine Überzahlung in Händen gehabt habe, wenn man eine Verpflichtung zur Zahlung einer monatlichen Rate von S 5.000,- unterstellen wollte. Wegen dieser "Überzahlungen" könne der Terminsverlust auch nicht daraus abgeleitet werden, daß sich der Beklagte nach dem Ableisten seines Präsenzdienstes nicht in weitere Verhandlungen über eine Erhöhung der monatlichen Raten eingelassen habe. Die Zahlungen Johann R*** müsse sich der Kläger anrechnen lassen, weil sie mit der ausdrücklichen Widmung, sie der Verbindlichkeit des Beklagten anzurechnen, geleistet worden seien. Johann R*** habe in diesem Umfang die Schadenersatzforderung der Gemeinschuldnerin eingelöst. Die Konkurseröffnung über das Vermögen der Gläubigerin habe keinen Einfluß auf die vereinbarten Fälligkeiten.

Das Berufungsgericht in der Besetzung mit drei Berufsrichtern hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf. Wegen der nicht gänzlichen Zahlung des ersten Teilbetrages von S 130.000,- habe die Gemeinschuldnerin den vereinbarten Terminsverlust nicht geltend gemacht; sie habe sich damals der Argumentation des Beklagten angeschlossen, daß er durch Zahlung eines Gesamtbetrages von S 283.000,- bis 2. September 1983 den Ratenverpflichtungen aus Punkt 1 lit a und b der Vereinbarung vom 23. August 1983 ohnehin nachgekommen sei. Der Beklagte habe jedoch die Ratenverpflichtung aus Punkt 1 lit c der Erklärung vom 24. August 1983 nicht vereinbarungsgemäß erfüllt: Er habe die Verpflichtung übernommen, nach Ableistung des Präsenzdienstes und Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit mit der Gemeinschuldnerin über eine seinen Verhältnissen angepaßte Erhöhung der Raten zu verhandeln. Das sei eine zur Erfüllung der mit der Ratenverpflichtung verbundene Nebenleistung gewesen, deren Nichterfüllung ebenfalls zum Eintritt des Terminsverlustes führe. Diese Auslegung ergebe sich aus der Überlegung der Parteien, daß sich bei Monatsraten von S 3.000,- die Rückzahlung überlang hinziehen würde und sich der Beklagte lediglich vor dem Ableisten des Präsenzdienstes für die Zukunft noch nicht zu einer höheren Zahlung festlegen wollte. Obwohl die Voraussetzungen für eine neue Ratenvereinbarung eingetreten waren, habe sich der Beklagte nicht mit der Gemeinschuldnerin ins Einvernehmen gesetzt. Dieser Terminsverlust sei mit dem Vorbringen des Klägers geltend gemacht worden, daß die Zahlung von S 3.000,- nur vorübergehend vereinbart gewesen und der Masse ein weiteres Zuwarten nicht mehr zumutbar sei. Da sich die Gemeinschuldnerin schon vor der Konkurseröffnung bemüht habe, eine Erhöhung der monatlichen Raten zu erreichen, bedeute es keinen Verzicht auf die Geltendmachung des Terminsverlustes wegen dieses Umstandes, daß die Gemeinschuldnerin und der Kläger die Monatsraten von S 3.000,- unbeanstandet angenommen haben. Ob rechtzeitige Verhandlungen tatsächlich zu einer Erhöhung der monatlichen Raten geführt hätten, sei unerheblich, weil der Verzug des Beklagten schon darin liege, nicht über eine Erhöhung der Raten verhandelt zu haben. Die "Überzahlungen", insbesondere die Zahlungen durch Johann R***, hätten den Eintritt des Terminsverlustes nicht verhindern können, weil sie nicht in Anrechnung und Erfüllung der mit den Erklärungen vom 23. August und 25. August 1983 übernommenen Verpflichtungen, sondern außerhalb dieser zur weiteren Tilgung der offenen Restschuld des Beklagten geleistet worden seien. Terminsverlust sei aber auch deshalb eingetreten, weil der Beklagte die am 1. September 1983 übernommene Verpflichtung, die Liegenschaft bis 31. Dezember 1983 zu verkaufen und den gesamten Verkaufserlös der Gemeinschuldnerin zu überweisen, nicht erfüllt habe. Diese Verpflichtung sei unbeschadet des Umstandes, daß die Liegenschaft erst am 3. Juni 1985 habe verkauft werden können, aufrecht geblieben. Die Zahlungen Johann R*** seien auf die Verpflichtung des Beklagten allerdings anzurechnen, weil sie dafür gewidmet und von der Gemeinschuldnerin auch widmungsgemäß verwendet worden seien. Dennoch sei die Sache noch nicht spruchreif, weil Feststellungen über das aushaftende Kapital und die aufgelaufenen Zinsen fehlten. Gegen diesen Aufhebungsbeschluß richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß der Berufung des Klägers nicht Folge gegeben werde; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Das Erstgericht hat in der vorliegenden Arbeitsrechtssache (§§ 50 Z 1, 52 ASGG; Kuderna, ASGG 258, 284) nicht in der durch §§ 10, 11 ASGG vorgesehenen Besetzung entschieden. Da jedoch die Parteien zur Zeit dieses Verstoßes durch Rechtsanwälte, somit qualifizierte Personen im Sinne des § 40 Abs 1 Z 1 ASGG vertreten waren, ist § 260 Abs 4 ZPO sinngemäß anzuwenden (§ 37 Abs 1 ASGG). Zufolge der Einlassung beider Parteien in die mündliche Streitverhandlung vor dem nicht dem Gesetz entsprechend besetzten Gericht kann dieser - an sich Nichtigkeit begründende (Kuderna ASGG 171) - Verstoß nicht mehr berücksichtigt werden. Mit Recht wendet sich der Beklagte gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß der vereinbarte Terminsverlust wegen der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht - nämlich nach Eintreten bestimmter Umstände über die weitere Ratenhöhe Verhandlungen aufzunehmen - eingetreten sei. Wenn auch bei Gewährung von Raten an einen bereits säumigen Schuldner gemäß § 915 Satz 1 ABGB anzunehmen ist, daß sich der Gläubiger eher die geringere als die schwerere Last auflegen wollte (Mayerhofer, Schuldrecht, Allgemeiner Teil3, 376), bedarf der Terminsverlust doch einer besonderen, ausdrücklichen oder schlüssigen Vereinbarung (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 14 zu § 904; Mayerhofer aaO 375 f). Haben die Parteien - wie hier - den Terminsverlust ausdrücklich vereinbart, dann kann der Sinn dieser Vereinbarung nur durch Auslegung ermittelt werden. Demnach ist gemäß § 914 ABGB nicht nur vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen, sondern der Wille der Parteien - also die dem Erklärungsgegner erkennbare Absicht des Erklärenden - zu erforschen. Läßt sich auch auf diese Weise kein eindeutiger Sinn ermitteln, dann ist die Willenserklärung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Hiezu sind die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen (Koziol-Welser8 I 87). Im vorliegenden Fall wurde der Terminsverlust für den Fall des Verzuges mit einer Rate ("wenn eine Rate nicht voll oder pünktlich geleistet wird") vereinbart. Diese Raten waren in den "Erklärungen" vom 23. August und 25. August 1983 in Punkt 1 lit a bis c festgelegt, wobei die ab Juli 1984 zu zahlenden Monatsraten mündlich mit S 3.000,- vereinbarte wurden. Darüber, daß auch die Verletzung einer - neben der schriftlichen Rückzahlungsverpflichtung mündlich übernommenen - Nebenpflicht den Eintritt des Terminsverlustes bewirken sollte, haben die Parteien nichts erklärt. Aus der Vereinbarung selbst kann daher der vom Kläger behauptete Sinn der Erklärung des Beklagten nicht abgeleitet werden. Der Beklagte mußte aber auch nicht nach Treu und Glauben annehmen, daß die Gemeinschuldnerin seine Erklärung in diesem Sinn verstehen werde. Aus den Umständen ergab sich nur, daß die Gemeinschuldnerin die Festlegung der ab Juli 1984 zu zahlenden Monatsraten mit S 3.000,-

im Hinblick auf die Höhe des rückzuzahlenden Kapitals und die vereinbarte Verzinsung für zu gering hielt. Da der Eintritt des Terminsverlustes nach dem Vertrag von der nicht rechtzeitigen oder nicht vollständigen Zahlung einer vereinbarten Rate abhängen sollte, besteht auch sonst keinerlei Anhaltspunkt dafür, die nicht vollständige Zahlung "einer Rate" auch in der Verletzung der Nebenpflicht zur Aufnahme von Verhandlungen über die Erhöhung der Raten zu sehen.

Mit Recht bekämpft der Beklagte auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß er verpflichtet gewesen wäre, den durch den Verkauf seiner Liegenschaft am 3. Juni 1985 erzielten Verkaufserlös von S 192.960,- unbeschadet der bis dahin in Erfüllung der Verpflichtung laut Punkt 1 lit b der Vereinbarung vom 23. August 1983 erbrachten Leistungen zu überweisen. Der Beklagte war nach diesem Vertragspunkt verpflichtet, der Gemeinschuldnerin "S 150.000,- bis längstens 5. September 1983 durch den Verkauf eines Grundstückes" zu zahlen. Am 1. September 1983 und am 2. September 1983 zahlte er in Erfüllung dieser Ratenverpflichtung insgesamt S 165.000,-. Selbst wenn man aber die erwähnte Vertragsbestimmung im Zusammenhalt mit der am 1. September 1983 mündlich getroffenen Abrede, den Erlös bis 31. Dezember 1983 an die Gemeinschuldnerin zu überweisen, dahin auslegen wollte, daß der Beklagte die Verpflichtung zur Überweisung des gesamten aus dem Liegenschaftsverkauf erzielten Erlöses übernommen hätte, ergibt sich daraus nicht, daß er sich verpflichtet hätte, zur vereinbarten Fälligkeit neben dem Verkaufserlös auch noch die in Erfüllung dieses Vertragspunktes bereits tatsächlich bis 2. September 1983 gezahlten Beträge von insgesamt S 165.000,- zu leisten. Die Differenz auf den Gesamtkaufpreis von S 27.960,- fände aber allein schon in den bis 31. Dezember 1983 geleisteten Zahlungen (insgesamt S 401.911,44) Deckung.

Die übereinstimmende Auffassung der Vorinstanzen, daß ein Verzug des Beklagten bei der Zahlung der ersten Rate - anstelle des vereinbarten Betrages von S 130.000,- wurden nur S 118.000,-

gezahlt - deshalb nicht eingetreten ist, weil er von der Gemeinschuldnerin nicht geltend gemacht wurde, findet in den getroffenen Feststellungen Deckung. Im Zweifel tritt nämlich der Terminsverlust nicht automatisch, sondern nur bei Geltendmachung durch den Gläubiger ein (SZ 51/103; Reischauer aaO). Die Gemeinschuldnerin ist aber, obwohl sie zunächst den Standpunkt vertreten hatte, daß dieser Terminsverlust eingetreten sei, der Auffassung des Beklagten, die mit Pkt. 1 lit a und b der Vereinbarung vom 23. August 1983 übernommenen Zahlungspflichten gemeinsam und im Ergebnis auch termingerecht erfüllt zu haben, gefolgt und hat bis zur Konkurseröffnung aus diesem Grund keinen Terminsverlust geltend gemacht; ein solcher ist daher mangels rechtzeitiger Geltendmachung auch nicht eingetreten. Aber auch wegen nicht rechtzeitiger Zahlung der im Jänner 1989 fälligen Rate ist Terminsverlust nicht eingetreten: Nach den getroffenen Feststellungen hatte der Beklagte schon im Jahr 1983 mehr gezahlt als er auf Grund der Ratenvereinbarung hätte zahlen müssen; darin findet insbesondere auch die im Jänner 1989 fällige Rate Deckung. Solange aber ein Überschuß wegen vorzeitiger Zahlungen besteht, fehlt es an der Voraussetzung für den vereinbarten Terminsverlust.

Die von Johann R*** geleisteten Zahlungen von insgesamt S 200.000,- wurden in Anrechung auf die Schuldverpflichtung des Beklagten geleistet. Die Gemeinschuldnerin hat dieser Widmung nicht widersprochen und die Zahlungen auf dem Konto des Beklagten gutgeschrieben. Auch der Kläger hat diese Rechtshandlungen nicht angefochten; er muß sie daher gegen sich gelten lassen und kann zu Lasten des Beklagten nicht mehr mit Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen Johann R*** aufrechnen.

Schließlich ist auch der Ansicht des Erstgerichtes beizupflichten, daß die getroffene Ratenvereinbarung durch die Eröffnung des Konkurses über die Gläubigerin keine Änderung erfahren hat. § 14 Abs 2 KO, wonach betagte Forderungen im Konkurs als fällig behandelt werden, gilt nur für Konkursforderungen, nicht aber für Aktivforderungen der Masse (Bartsch-Pollak3 I 103). Da der vom Kläger behauptete Terminsverlust nicht eingetreten ist, ist die Sache schon jetzt im Sinne der Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichtes spruchreif.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die im eingeklagten Gesamtbetrag enthaltenen Zinsen gehören nicht zur Bemessungsgrundlage (§ 54 Abs 2 JN iVm § 4 RATG). Die Entscheidung über die Verpflichtung des Klägers, die Barauslagen für den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu tragen, stützt sich auf § 70 Satz 2 ZPO.

Anmerkung

E21167

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00511.9.0424.000

Dokumentnummer

JJT_19900424_OGH0002_0040OB00511_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten