Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24.April 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer in der Privatanklage- und Mediensache des Dkfm. Ferdinand L*** wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB und wegen Entgegnung nach § 14 Abs. 1 MedG betreffend die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10. Oktober 1989, GZ 9 b E Vr 4673/89 sowie gegen die Vorgänge, daß Dr. Fred S*** und Karl B*** in der Hauptverhandlung vom 10. Oktober 1989, obige Aktenzeichen, zur Ablegung des Zeugnisses verhalten wurden, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Verfahren über die von der Generalprokuratur dagegen, daß Karl B*** und Dr. Fred S*** vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 10.Oktober 1989 zu den AZ 9 b E Vr 4673/89 und 9 b E Vr 8663/89 zwecks gemeinsamer Beweisaufnahme durchgeführten Hauptverhandlung zur Ablegung des Zeugnisses verhalten sowie durch die beschlußmäßige Verhängung von Beugestrafen jeweils zur Beantwortung einer bestimmten Frage angehalten wurden, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden zur Wahrung des Gesetzes, AZ 15 Os 27,28/90 und 15 Os 29,30/90 des Obersten Gerichtshofes, werden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Text
Begründung:
Dkfm. Ferdinand L*** hat beim Landesgericht für Strafsachen Wien einerseits gegen Johannes V*** wegen § 111 Abs. 1 und 2 StGB Privatanklage erhoben und andererseits gegen die FPÖ-Bundesparteileitung ein Verfahren nach § 14 Abs. 1 MedG angestrengt.
Zu den verbundenen Verfahren kam es in der Hauptverhandlung am 10. Oktober 1989 zu den von der Generalprokuratur in zwei getrennten Nichtigkeitsbeschwerden zur Wahrung des Gesetzes (Gw 533/89 und Gw 534-536/89) bekämpften Vorgängen und Beschlüssen.
Rechtliche Beurteilung
Wenngleich die Vorschrift des § 56 StPO als solche im Rechtsmittelverfahren nicht gilt, so können doch die darin normierten Grundsätze dann, wenn in erster Instanz eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung möglich gewesen wäre sowie nunmehr gleichzeitig über Rechtsmittel gegen nichtsdestoweniger getrennt gefällte Entscheidungen zu erkennen ist, nicht schlechthin außer Betracht bleiben; diesfalls können daher, wenn prozessuale Zweckmäßigkeitserwägungen dafür sprechen, die Rechtsmittelverfahren in analoger Anwendung des § 56 StPO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden (12 Os 4/78, 10 Os 36,40/85, 14 Os 1/88 uva). Gleiches gilt sinngemäß aber auch für mehrere Verfahren nach § 292 StPO über zur Wahrung des Gesetzes getrennt ergriffene Nichtigkeitsbeschwerden (§ 33 StPO), welche dasselbe strafgerichtliche Verfahren betreffen. Im vorliegenden Fall sprechen Erwägungen der Prozeßökonomie umsomehr für eine solche Verbindung, weil die gesondert in Beschwerde gezogenen Vorgänge und Beschlußfassungen zwar die Rechte verschiedener Personen tangierten, jedoch nicht nur in derselben Hauptverhandlung stattfanden, sondern zudem auf inhaltsgleicher Problematik beruhen.
Anmerkung
E21316European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0150OS00027.9.0424.000Dokumentnummer
JJT_19900424_OGH0002_0150OS00027_9000000_000