Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Klinger, Dr. Egermann und Dr. Schwarz als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerinnen 1.) Sylvia M***, Hauseigentümerin, Linz, Hauptplatz 18, 2.) Walpurga (auch Notburga) T***, Hauseigentümerin, Linz, Scharitzerstraße 38, beide vertreten durch Dr. Manfred Meyndt und Dr. Domenikus Schweiger, Rechtsanwälte in Linz, wider die Antragsgegnerin J. W*** H*** Gesellschaft mbH, Linz, Promenade 23, vertreten durch Dr. Rudolf Schuh, Rechtsanwalt in Linz, wegen Zulässigkeit des begehrten Hauptmietzinses nach § 12 Abs. 3 MRG infolge der Rekurse der Antragstellerinnen und der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 5. Jänner 1990, GZ 19 R 49/89-15, womit der Zwischensachbeschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 27. Juli 1989, GZ 30 Msch 5/89-10, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Der Antrag der Antragstellerinnen auf Zuspruch von Kosten rechtsfreundlicher Vertretung für die Erstattung der Rekursbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Die Antragstellerinnen sind die Eigentümerinnen der Liegenschaft EZ 411 KG Linz mit dem Haus Hauptplatz 18, in welchem die Jos. F*** E*** Gesellschaft mbH & Co KG Mieterin von Geschäftsräumlichkeiten im Ausmaß von 1972 m2 war. Am 6. Feber 1986 wurde das Erlöschen dieser Firma infolge des gemäß Art. IV StruktVG erfolgten Zusammenschlusses mit der Druckerei und Zeitungshaus J. W*** Gesellschaft mbH & Co im Handelsregister eingetragen. Schon mit Schreiben vom 21. März 1985 war den Antragstellerinnen zur Kenntnis gebracht worden, daß die beiden genannten Kommanditgesellschaften "fusioniert" worden seien, worauf die Antragstellerinnen der Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH & Co ab 1. Oktober 1985 einen monatlichen Gesamtbruttomietzins von 342.188 S (einschließlich Betriebskostenakonto und Umsatzsteuer) vorschrieben, die neue Mieterin aber nur den bisherigen Mietzins weiter zahlte. Nach Ausscheiden von Gesellschaftern wurde am 5. Juni 1986 die Löschung der Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH & Co infolge Übernahme durch ihre Komplementärin Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH ins Handelsregister eingetragen. Mit Beschluß der Generalversammlung vom 6. April 1988 wurde der Firmenwortlaut der Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH in J. W*** H*** GesmbH geändert. Diese Gesellschaft brachte unter Inanspruchnahme der abgabenrechtlichen Begünstigungen des Strukturverbesserungsgesetzes ihren Betrieb mit Sacheinlagevertrag vom 6. April 1988 (geändert am 11. April 1989) in die im April 1986 neu gegründete Druckerei und Zeitungshaus Gesellschaft mbH ein. Der zwischen beiden Gesellschaften errichtete Sacheinlagevertrag wurde von den Gesellschaftern beider Gesellschaften in den außerordentlichen Generalversammlungen vom 6. April 1988 und 11. April 1989 genehmigt; zugleich wurde der Firmenwortlaut der übernehmenden Druckerei und Zeitungshaus GesmbH in den früheren Firmenwortlaut der einbringenden Gesellschaft Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH geändert.
Die Antragstellerinnen begehrten ursprünglich gegenüber der Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH als Antragsgegnerin die Feststellung, daß der begehrte Hauptmietzins von 342.188 S einschließlich 10 % Umsatzsteuer pro Monat (statt bisher monatlich 6.252,57 S) bei Zugrundelegung einer Nutzfläche von 1972 m2 zulässig und angemessen ist; in eventu wurde die Feststellung der Höhe eines allenfalls unter diesem Betrag liegenden zulässigen angemessenen Mietzinses begehrt. Zur Begründung wurde im wesentlichen vorgebracht, die "Fusionierung" zwischen der Jos. F*** E*** GesmbH & Co KG und der Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH & Co stelle einen Veräußerungsvorgang im Sinne des § 12 Abs. 3 MRG dar.
Die Antragsgegnerin, deren Bezeichnung in der Verhandlung am 25. Juli 1988 einverständlich auf J. W*** H*** GesmbH richtiggestellt worden ist, beantragte die Abweisung des Antrages, in eventu die Feststellung des maximal monatlich angemessenen Mietzinses mit 29.580 S zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer und anteiliger Betriebskosten. Eine Anhebung des Mietzinses sei mangels Veräußerungsvorganges gemäß § 12 Abs. 3 MRG unzulässig, weil die von den Antragstellerinnen zur Begründung ihres Antrages herangezogene "Fusionierung" zu einer Gesamtrechtsnachfolge geführt habe. Es liege überdies der Fall eines bloßen Gesellschafterwechsels vor und es sei zu keiner Änderung der Identität der Mieterinnen gekommen. In der Verhandlung am 25. Juli 1988 beantragte die Antragsgegnerin gemäß § 37 Abs. 3 Z 13 MRG in Verbindung mit §§ 236 und 259 Abs. 2 ZPO die Feststellung, daß die "Fusion" der beiden Gesellschaften Jos. F*** E*** GesmbH & Co KG und Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH & Co im Sinne des Verschmelzungsvertrages vom 11. Oktober 1985 nach Maßgabe des Art. IV StruktVG keine Veräußerung des Unternehmens im Sinne des § 12 Abs. 3 MRG darstelle. In der Verhandlung am 4. Juli 1989 brachte die Antragsgegnerin ergänzend vor, die J. W*** H*** GesmbH habe mit Sacheinlagevertrag vom 6. April 1988 ihren gesamten Betrieb einschließlich aller Miet- und Gesellschaftsrechte gemäß Art. I § 1 Abs. 2 StruktVG in die Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH eingebracht. Mieterin der Räumlichkeiten im Haus Hauptplatz 18 sei daher die Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH. Wegen mangelnder Passivlegitimation sei daher der Antrag der Antragstellerinnen abzuweisen.
Das Erstgericht wies den Zwischenfeststellungsantrag der Antragsgegnerin mit Zwischensachbeschluß ab. Der Einwand der mangelnden Passivlegitimation sei nicht gerechtfertigt, weil die Einbringung des Betriebes der Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH (nunmehr J. W*** H*** GesmbH) in die Druckerei und Zeitungshaus GesmbH (nunmehr Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH) bisher im Handelsregister nicht eingetragen und auch die Antragsgegnerin (J. W*** H*** GesmbH) bisher im Handelsregister nicht gelöscht worden sei. Im übrigen erachtete das Erstgericht die Einbringung der Jos. F***
E*** GesmbH & Co KG in die Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH & Co als einen Veräußerungsvorgang mit Einzelrechtsnachfolge, der eine Veräußerung im Sinne des § 12 Abs. 3 MRG darstelle. Auch der Umstand, daß die Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH sowohl in der Jos. F*** E*** GesmbH & Co KG als auch in der Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH & Co Gesellschafterin war, habe die zuletzt genannte Kommanditgesellschaft vor dem Zusammenschluß nach Art. IV StruktVG nicht zur Mitmieterin gemacht.
Das von der Antragsgegnerin angerufene Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Zwischensachbeschluß auf, verwies die Rechtssache zur Erneuerung des Verfahrens und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück und erklärte den Rekurs gegen seine Entscheidung für zulässig. Es führte aus:
Auch für die beiden Streitteile sei offensichtlich nicht zweifelhaft, daß zunächst die Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH & Co durch den gemäß Art. IV StruktVG erfolgten Zusammenschluß mit der Jos. F*** E*** GesmbH & Co KG und in der Folge die Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH (nunmehr J. W*** H*** GesmbH) im Wege des § 142 HGB Mieterin des gegenständlichen Objektes geworden sei. Aus dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ergebe sich weiter, daß durch die Einbringung des gesamten Betriebes der J. W*** H*** GesmbH gemäß Art. I § 1 Abs. 2 StruktVG in die neu gegründete Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH letztere nunmehr seit den Gesellschafterbeschlüssen im April 1988 Mieterin (und zwar nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Wege der Einzelrechtsnachfolge) sei. Daß die zuletzt genannte Einbringung nach Art. I § 1 Abs. 2 StruktVG im Handeslregister bisher noch nicht eingetragen wurde, habe entgegen der Ansicht des Erstgerichtes keinerlei Bedeutung für die Rechtswirksamkeit dieser Einbringung, weil sie gar nicht ins Handelsregister einzutragen sei. Es sei vielmehr davon auszugehen, daß die neu gegründete Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH infolge des von den Gesellschaftern beider Gesellschaften genehmigten Einbringungsvertrages rechtswirksam Mieterin des gegenständlichen Objektes geworden sei. Die Rechtsprechung vertrete in Übereinstimmung mit der Lehre die Auffassung, daß § 234 ZPO im Außerstreitverfahren unanwendbar sei, weil der Richter von Amts wegen jederzeit alle Personen, deren Rechte durch die Entscheidung betroffen werden, auch noch im Lauf des Verfahrens in dieses einzubeziehen habe. Es entspreche dem Wesen des Außerstreitverfahrens, daß von den Parteirollen nur die des Antragstellers eindeutig festgelegt sei, während sich alle anderen daraus ergäben, ob durch die Entscheidung über den gestellten Sachantrag in ihre Rechte eingegriffen werden könne (Materieller Parteibegriff). Das Gericht habe daher von Amts wegen die richtigen Parteien beizuziehen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese im Verfahren vor der Schlichtungsstelle beigezogen waren. Im vorliegenden Fall sei die neu gegründete Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH durch die Einbringung des Betriebes der J. W*** H*** GesmbH gemäß Art. I § 1 Abs. 2 StruktVG im Wege der Einzelrechtsnachfolge Mieterin geworden. Damit stelle die Einbringung des Unternehmens der J. W*** H*** GesmbH eine Veräußerung im Sinne des § 12 Abs. 3 MRG dar, derzufolge der Erwerber als Rechtsnachfolger naturgemäß für Verbindlichkeiten des früheren Mieters hafte. Infolge der Übertragung der Mietrechte bloß im Wege der Einzelrechtsnachfolge hafte die bisherige Mieterin J. W*** H*** GesmbH den Vermieterinnen jedoch im Sinne der §§ 1405 f ABGB weiter für jene höheren Mietzinse, welche im Falle eines Durchdringens der Antragstellerinnen in diesem Verfahren für die Zeit ab ihrem Erhöhungsbegehren bis zur Einbringung des Unternehmens gemäß Art. I § 1 Abs. 2 StruktVG in die neu gegründete Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH angefallen seien. Die J. W*** H*** GesmbH sei daher nach Übergang des Mietrechtes an die neu gegründete Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH durch das Ergebnis des gegenständlichen Verfahrens einschließlich der Entscheidung über den Zwischenfeststellungsantrag der Antragsgegnerin in ihren rechtlichen Interessen unmittelbar berührt und daher weiterhin als Partei diesem außerstreitigen Verfahren beizuziehen. Desgleichen sei aber auch die nunmehrige Mieterin Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH durch den nach § 12 Abs. 3 MRG erfolgten umfassenden Eintritt in das bisherige Mietverhältnis durch den Ausgang des Verfahrens in ihren rechtlichen Interessen unmittelbar berührt. Auch sie hätte daher schon dem erstinstanzlichen Verfahren als Partei beigezogen werden müssen. Dies gelte auch für das der Entscheidung über den Zwischenfeststellungsantrag vorausgehende Verfahren, weil schon hier die maßgebliche Rechtsfrage bindend für die Endentscheidung geklärt werde. Wegen des im Verfahren nach § 37 MRG geltenden Neuerungsverbotes müsse den beizuziehenden Beteiligten noch im Verfahren erster Instanz die Möglichkeit zu einem Sachvorbringen und zu Beweisanträgen eingeräumt werden. Die Unterlassung der Beiziehung der neuen Mieterin begründe eine Nichtigkeit des Sachbeschlusses des Erstgerichtes. Dieser sei daher aufzuheben gewesen. Das Erstgericht werde der nunmehrigen Mieterin die Gelegenheit zur Teilnahme am Verfahren zu geben und sodann neuerlich zu entscheiden haben.
Rechtliche Beurteilung
Die Rekurse der Antragsgegnerin und der Antragstellerinnen sind nicht berechtigt.
Die Ansicht der Antragsgegnerin, sie sei in diesem Verfahren nicht mehr Partei, weil zufolge des Sacheinlagevertrages vom 6. April 1988 nicht mehr sie, sondern die Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH Mieterin der verfahrensgegenständlichen Räumlichkeiten sei, ist abzulehnen. Das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, daß die Antragsgegnerin, sollte das auf § 12 Abs. 3 MRG gestützte Begehren der Antragstellerinnen nach einem höheren Hauptmietzins berechtigt sein, für die Zeit ab dem Erhöhungsbegehren bis zur Einbringung des Unternehmens gemäß Art. I § 1 Abs. 2 StruktVG in die neu gegründete Gesellschaft für den höheren Hauptmietzins haften würde (vgl. Schauer in JBl. 1985, 261; Gabler in ImmZ 1986, 372; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, Rz 15 zu § 12 MRG; MietSlg. 39.287). Die Antragsgegnerin wird daher weiterhin durch die Entscheidung sowohl über den Antrag der Antragstellerinnen als auch über ihren Zwischenfeststellungsantrag in ihrer Rechtssphäre unmittelbar berührt (Würth-Zingher aaO Rz 50 f zu § 37 MRG; 1 Ob 526/88, 5 Ob 84/88 ua).
Auch der Meinung der Antragstellerinnen, die Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH werde, wiewohl sie derzeit die Mieterin der verfahrensgegenständlichen Räumlichkeiten sei, durch die Entscheidung über den Zwischenfeststellungsantrag der Antragsgegnerin in ihrer Rechtssphäre nicht unmittelbar berührt, weshalb sie dem Verfahren nicht beizuziehen sei, kann nicht beigetreten werden. Die Entscheidung über den Zwischenfeststellungsantrag der Antragsgegnerin, durch die eine Voraussetzung des Hauptmietzinserhöhungsbegehrens der Antragstellerinnen nach § 12 Abs. 3 MRG geklärt werden soll, berührt vielmehr sehr wohl unmittelbar die Rechtssphäre der Druckerei und Zeitungshaus J. W*** GesmbH, die schließlich das Mietverhältnis übernommen hat, das unter Umständen durch das vorerwähnte Erhöhungsbegehren gestaltet worden ist (vgl. zur Zinszahlungspflicht des Unternehmenserwerbers und neuen Mieters Schauer in JBl. 1985, 264 f, Gabler in ImmZ 1986, 371; Würth-Zingher aaO Rz 15 zu § 12 MRG). Das Rekursgericht hat demnach mit Recht die Entscheidung des Erstgerichtes über den Zwischenfeststellungsantrag der Antragsgegnerin aufgehoben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung hierüber nach Beiziehung der neuen Mieterin aufgetragen (Würth-Zingher aaO Rz 51 zu § 37 MRG; 1 Ob 526/88, 5 Ob 84/88 ua). Wie zu entscheiden wäre, wenn der letzte Mietrechtsübergang dem Erstgericht verborgen bleibt, braucht nicht untersucht zu werden, weil dieser Fall hier nicht vorliegt.
Die Ausführungen der Parteien zur Berechtigung des Zwischenfeststellungsantrages der Antragsgegnerin sind vom Obersten Gerichtshof im derzeitigen Verfahrensstadium noch nicht zu behandeln. Dazu wird zunächst das Rekursgericht, sollte es im zweiten Rechtsgang neuerlich angerufen werden, Stellung zu nehmen haben.
Die Abweisung des Antrages der Antragstellerinnen auf Zuspruch von Kosten rechtsfreundlicher Vertretung für die Erstattung der Rekursbeantwortung beruht auf § 37 Abs. 3 Z 19 MRG; die Antragsgegnerin hat diese Kosten nicht durch mutwillige Stellung nicht gerechtfertigter Anträge verursacht.
Anmerkung
E20344European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00018.9.0424.000Dokumentnummer
JJT_19900424_OGH0002_0050OB00018_9000000_000