TE OGH 1990/4/25 2Ob531/90

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Veröffentlicht am 25.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Sergej L***, Kaufmann, Linhartova 7, 61000 Ljubljana, vertreten durch Dr. Michael Großschedl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei William Francic H***, Elektronikingenieur, Erzis Street Ayla Phyla Limaassol, Zypern, wegen S 182.500,-- s.A., infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 8. Februar 1990, GZ. 3 R 23/90-5, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 9. Jänner 1990, GZ. 12 Cg 21/90-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens aufgetragen.

Text

Begründung:

Mit seiner am 3.1.1990 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 182.500,-- s.A. im wesentlichen mit der Begründung, er habe mit Abtretungsvertrag vom 9.10.1987 seine Geschäftsanteile an der "Stemark Technologic Industrieproduktion für Labor- und Nachrichtengesellschaft mbH HRB ..." an den Beklagten verkauft. Der Beklagte schulde aus diesem Rechtsgeschäft dem Kläger noch den Klagsbetrag. Zur Begründung der Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes berief sich der Kläger auf § 99 JN (ON 1 S 1). Ausdrückliche Angaben des Klägers über ein im Sprengel des Erstgerichtes befindliches Vermögen des Beklagten sind der Klage nicht zu entnehmen.

Das Erstgericht wies die Klage a limine wegen örtlicher Unzuständigkeit im wesentlichen mit der Begründung zurück, der Kläger berufe sich auf die Zuständigkeit gemäß § 99 JN, ohne jedoch auszuführen, ob der Beklagte überhaupt inländisches Vermögen besitze oder welche Gründe dafür sprechen könnten, daß eine Zuständigkeit im Sinne des § 99 JN vorliege.

Dem gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Rekurs des Klägers gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß keine Folge. Es sprach aus, daß der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO zulässig sei.

Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, daß die Klage nur den Vermerk "Zuständigkeit gemäß § 99 JN" enthalte, daß aber aus der Klagserzählung nur ersichtlich sei, daß der Kläger ihm gehörige Gesellschaftsanteile an den Beklagten verkauft habe, wobei dem Klagevorbringen nicht zu entnehmen sei, ob es sich um ein österreichisches Unternehmen und vor allem um ein Unternehmen mit dem Sitz im Sprengel des angerufenen Gerichtes handle. Die amtswegige Zuständigkeitsprüfung in bürgerlichen Streitsachen habe auf Grund der Angaben des Klägers - sofern sie dem Gericht nicht bereits als unrichtig bekannt seien - zu erfolgen. Auch für die Klage seien die Bestimmungen der §§ 84 f. ZPO maßgebend, sodaß hier grundsätzlich Formfehler oder inhaltliche Fehler verbesserungsfähig seien. Ein Formfehler liege hier nicht vor. Bei Inhaltsmängeln seien nur jene verbesserungsfähig, deren Fehlen Inhaltserfordernisse, die das Gesetz vorschreibe, außer Acht lasse. Darunter fielen aber nicht fehlende Angaben, die lediglich für die Beanspruchung eines Wahl- oder Sondergerichtsstandes notwendig wären. Das Erstgericht habe daher nur wegen des bloßen Vermerkes auf der Titelseite der Klage "Zuständigkeit nach § 99 JN" keine Erhebungen und auch kein Verbesserungsverfahren einzuleiten gehabt. Vielmehr sei nach dem gesamten Inhalt der Klagsschrift eine Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes eindeutig zu verneinen, sodaß das Erstgericht mit Recht die Klage im Sinne des § 41 Abs 2 JN zurückgewiesen habe. Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht damit, daß die Rechtsprechung zur Frage der Verbesserungsfähigkeit von Mängeln der Klage wie im vorliegenden Fall einer Ausformung bedürfe und eine Rechtsfrage des Verfahrensrechtes betreffe, deren Lösung für die Wahrung der Rechtseinheit und Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme. Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, "die vorinstanzlichen Entscheidungen als unrichtig aufzuheben und dem Erstgericht die Zurückstellung der Klage zum Zwecke der Verbesserung bzw. Einleitung des Verfahrens nach erfolgter Verbesserung aufzutragen".

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig (§ 528 Abs 1 und Abs 2 Z 2 ZPO) und auch sachlich berechtigt.

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Vorschrift des § 84 Abs 3 ZPO, die die amtswegige Anordnung der Verbesserung vorsieht, wenn in einem Schriftsatz Erklärungen oder sonstiges Vorbringen fehlen, die für die mit dem Schriftsatz vorgenommenen Prozeßhandlungen vorgeschrieben sind, auch auf (nicht fristgebundene) Klagen anzuwenden (Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 513 mwN; RZ 1988/26). Diese Vorschrift verpflichtet das Gericht zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens jedenfalls dann, wenn einem bestimmenden Schriftsatz gesetzlich vorgeschriebener Inhalt fehlt, sodaß eine sachliche Antragserledigung nicht erfolgen kann; hingegen ist eine Verbesserung nicht möglich, wenn ein solcher Schriftsatz den vorgeschriebenen Inhalt so weit enthält, daß über ihn sachlich - wenn auch nicht in stattgebendem Sinn - abgesprochen werden kann (vgl. Fasching aaO; Konecny in JBl 1984, 14 ff.). Da im Zivilprozeß die im § 41 Abs 1 JN vorgesehene amtswegige Zuständigkeitsprüfung auf Grund der Angaben des Klägers zu erfolgen hat, sofern diese nicht dem Gericht bereits als unrichtig bekannt sind (§ 41 Abs 2 JN), folgt daraus, daß ein Kläger, der sich auf einen Wahlgerichtsstand (hier den des § 99 JN) beruft, in der Klage die entsprechenden Behauptungen aufstellen muß, aus denen das Vorliegen dieses Gerichtsstandes abzuleiten ist. Unterläßt er dies, kommt eine Sachentscheidung über seine Klage nicht in Betracht, sondern müßte sie nach § 43 Abs 1 JN a limine zurückgewiesen werden. Für den vorliegenden Fall folgt daraus im Sinne obiger Rechtsausführungen, daß das Erstgericht zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens dann gehalten war, wenn der Kläger in seiner Klage keine Behauptungen aufstellte, um den von ihm in Anspruch genommenen Vermögensgerichtsstand des § 99 JN zu begründen, nicht aber dann, wenn er solche Behauptungen aufstellte, diese aber die Bejahung des Vorliegens des in Anspruch genommenen Gerichtsstandes nicht ermöglichten.

Da ersteres zutrifft - mit seiner Klagserzählung begründete der Kläger nur das von ihm geltend gemachte Leistungsbegehren, nicht aber das Vorliegen des Vermögensgerichtsstandes, auf den er sich zur Begründung der Zuständigkeit des Erstgerichtes berief -, hat das Erstgericht zu Unrecht die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen, ohne vorher dem Kläger im Rahmen eines Verbesserungsverfahrens die Gelegenheit zu geben, die zur Begründung des von ihm in Anspruch genommenen Vermögensgerichtsstandes erforderlichen Tatsachenbehauptungen nachzutragen.

Es war daher in Stattgebung des Revisionsrekurses des Klägers wie im Spruch zu entscheiden.

Kosten wurden in den Rechtsmitteln des Klägers nicht verzeichnet.

Anmerkung

E20896

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00531.9.0425.000

Dokumentnummer

JJT_19900425_OGH0002_0020OB00531_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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