TE OGH 1990/4/25 2Ob530/90

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Veröffentlicht am 25.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel, Dr.Jensik, Dr.Melber und Dr.Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz W*** Gesellschaft mbH, Ennserstraße Nr. 37, 4407 Steyr-Gleink, vertreten durch Dr.Roland Klimscha, Rechtsanwalt in Steyr, wider die beklagten Parteien

1.) Fritz N*** & Co Bauunternehmung Telfs KG, Saglweg 69, 6410 Telfs, 2.) Ing.Arthur K*** & Co, Triendlgasse 18 c, vertreten durch Dr.Hermann Graus, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen

S 1,925.958,64 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 6. Dezember 1989, GZ 3 R 356/89-38, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 4.Juli 1989, GZ 7 Cg 544/86-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien je zur Hälfte die mit S 23.296,68 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 3.882,78 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ferrokonstrukt Bauerrichtungen Gesellschaft mbH war als Bauträger für die Errichtung des Bauvorhabens Landwehrkaserne Kranebitten und dessen Finanzierung verantwortlich. Sie bediente sich dabei mehrerer Generalunternehmer, darunter auch der beklagten Parteien, die sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der Arbeitsgemeinschaft N***-K***, in der Folge kurz "A***" genannt, zusammenschlossen und mit der Errichtung und der schlüsselfertigen Übergabe der hochbaulichen Anlagen des Stabswirtschafts- und des Garagengebäudes beauftragt wurden. Nach Vorverhandlungen beauftragte die A*** die klagende Partei mit Schlußbrief vom 28.2.1984 mit den Isolierungsarbeiten für das Stabswirtschafts- und Garagengebäude zum pauschalen Festpreis von S 4,130.000,-- und mit den Spenglerarbeiten für das Stabswirtschaftsgebäude zum pauschalen Festpreis von S 115.000,--. Beim Garagengebäude war unter anderem auch das ca. 13.000 m2 große Flachdach zu isolieren, das nach dem Aufbringen von Humus begrünt und als Fußballplatz benützt werden sollte.

Die klagende Partei begehrte von den beklagten Parteien die Bezahlung von S 1,925.958,64 sA. Sie brachte zur Begründung vor, die vom Auftrag umfaßten Leistungen ordnungsgemäß erbracht und abgerechnet zu haben. Nach Abzug von Teilzahlungen der beklagten Parteien und eines Skontos ergebe sich der eingeklagte Betrag als restliche Werklohnforderung. Eine allfällige Undichtheit der Dacheindeckung und der Isolierung des Garagengebäudes habe die klagende Partei nicht zu verantworten.

Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten im hier noch maßgeblichen Belang ein, daß die Isolierungsarbeiten am Garagengebäude mangelhaft ausgeführt worden seien. Durch das Garagendach dringe Feuchtigkeit ein, weil die von der klagenden Partei vorgenommene Isolierung undicht sei. Die beklagten Parteien begehrten die Verbesserung der mangelhaft erbrachten Leistungen. Bis zur Verbesserung seien sie berechtigt, einen allenfalls ausstehenden Rest des Werklohnes zurückzubehalten, zumal unter Umständen mit Mängelbehebungskosten von S 10,000.000,-- zu rechnen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf

- zusammengefaßt dargestellt - folgende Feststellungen:

Nach dem Inhalt des von der klagenden Partei firmenmäßig unterfertigten Schlußbriefes waren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der N*** Wohnbaugesellschaft mbH, die Allgemeinen Vorbemerkungen zu den Leistungskatalogen und Schlußbriefen und die Ö-Normen Inhalt des zwischen den Parteien abgeschlossenen Werkvertrages. Die Allgemeinen Vorbemerkungen zu den Leistungskatalogen und Schlußbriefen lauten - auszugsweise - wie folgt:

"2) Dem Auftragnehmer obliegen sämtliche Lieferungen und Leistungen, wie sie zur vertrags- und voll funktionsmäßigen, einwandfreien Vollendung sämtlicher Leistungen erforderlich sind, auch wenn der volle Umfang der Leistung im Leistungskatalog nicht erschöpfend dargestellt und beschrieben ist.

Dabei hat er außer den gesetzlichen Bestimmungen und den baubehördlichen Vorschriften und Vorschreibungen die allgemein technischen Vorschriften der Ö-Normen bzw. DIN-Normen für die einschlägigen Bauleistungen in zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe letztgültiger Fassung, die allgemein anerkannten Regeln der Technik sowie die Vorschriften der Lieferfirmen einzuhalten.

3) Der Auftragnehmer hat sämtliche für den Bau erforderlichen Gutachten, Polier- und Detailpläne, Berechnungen, endgültigen technischen Projekte, statischen Berechnungen im Einvernehmen mit den Architekten und dem Auftraggeber zu erstellen und von diesen genehmigen zu lassen. Als Grundlage dienen die beigegebenen Pläne, die in den einzelnen Kapiteln der Leistungskataloge beschrieben bzw geforderten Leistungen und die Raumblätter. Vor Genehmigung der Pläne darf mit den jeweiligen Arbeiten nicht begonnen werden". Von den Allgemeinen Vertragsbedingungen der Firma N*** Wohnbaugesellschaft mbH ist folgendes hervorzuheben:

"VII) Mängel:

1) Mit der Behebung von Mängeln ist innerhalb von 14 Tagen nach Bekanntwerden zu beginnen.

Kommt der Auftragnehmer dieser Forderung nicht oder nur ungenügend nach, ist der Auftraggeber berechtigt, eine andere Firma, ungeachtet des Preises, mit der Behebung zu beauftragen und diese Kosten von der Garantiesumme zu begleichen.

2) Die Kosten der Mängelbeseitigung werden aus der Garantiesumme gedeckt, reicht die Garantiesumme hiezu nicht aus, so ist der Auftragnehmer verpflichtet, dem Auftraggeber die entsprechenden Zahlungen zu leisten.

VIII) Abnahme:

1) Eine Abnahme von Lieferungen oder Leistungen liegt dann vor, wenn sie ausdrücklich dem Auftragnehmer gegenüber schriftlich erklärt wurde.

2) Bei der Abnahmeerklärung oder auch bei dem schriftlichen Anerkenntnis können Mängel vorbehalten werden.

3) Eine Abnahme kann vom Auftragnehmer erst verlangt werden, wenn der Auftragsgegenstand insgesamt vollständig und betriebsfertig ausgeführt ist und der Auftragsgegenstand abgerechnet wurde.

4) Eine formelle Abnahme an der Baustelle hat dann zu erfolgen, wenn eine Vertragspartei dies fordert. Hiebei kann jede Vertragspartei auf ihre Kosten einen Sachverständigen beiziehen. Das Ergebnis der gemeinsamen Verhandlung ist in einer Niederschrift, die auch die Mängel und Einwendungen des Auftragnehmers bzw. des Auftraggebers enthalten muß, niederzulegen. Jeder Vertragspartner erhält eine Ausfertigung dieser Niederschrift.

5) Ist ein Abnahmetermin vereinbart und der Auftragnehmer hiezu eingeladen worden, kann die Abnahme auch in Abwesenheit des Auftragnehmers erfolgen. In diesem Fall ist das Abnahmeergebnis dem Auftragnehmer mitzuteilen. Anerkennung und Begleichung der Schlußrechnung stellt keine Abnahme dar; diesbezügliche Bestimmungen werden ausgeschalten."

Das ebenfalls einen Vertragsinhalt bildende Leistungsverzeichnis sieht beim Garagengebäude unter anderem die Anbringung der Dachhaut im Bereich der Attika, der Hochzüge und des aufgehenden Mauerwerkes vor; im horizontalen Attika- bzw. Mauerkronenbereich war die Verlegung der Dachhaut "bis cirka 2 cm über der Außenseite" vorgesehen.

Bereits im Jahre 1984 beauftragten die beklagten Parteien den Sachverständigen Ing.Hubert S***, die Ausschreibungen und Pläne in Ansehung der einschlägigen Normen und Fachregeln und des Standes der Technik hinsichtlich der Abdichtungslagen der Flachdächer, Terrassen und der Hofkellerdecke zu überprüfen. In seinem Gutachten vom 15.4.1984 führte der Sachverständige zusammengefaßt aus:

"5.4.4. Weitere Kriterien:

Begrünte Dächer allgemein.

Großflächig begrünte Dächer werden in unseren alpinen Gegenden erst seit wenigen Jahren ausgeführt.

Die Erfahrungen zeigen, daß je nach Härte des Winters die gesamte Anschüttung wie ein Block durchfriert.

Im Frühjahr wechseln Tau- und Frostperioden täglich. Dabei entstanden bisher zum Teil erhebliche Schäden an Durchdringungen und Einbauten wie Drainagesystemen, Abläufen, Fugen.

Bei der Schneeschmelze verlagert sich die Entwässerungsebene auf die Oberseite der gefrorenen Schüttung, dabei läuft das Schmelzwasser bei ungenügend hohen Randabschlüssen außen ab oder hinterläuft die Abdichtung.

Bei späteren gärtnerischen Arbeiten, bei Sport und Spiel, werden Abdichtungen ohne mechanische Schutzsschichten häufig durchstoßen und verletzt.

Die Fehlersuche ist bei lose aufliegenden Abdichtungen aufwendig, schwierig und oft nur im Prozeßwege zu klären.

6. Schlußbetrachtung:

Pläne und Leistungskatalog für die Abdichtung des Hauptdaches, der Terrasse im ersten Stock des Stabs- und Wirtschaftsgebäudes wie der Garagen mit Sportplatz für den Neubau der Kaserne in Kranebitten enthalten einige, den heute geltenden Normen und Fachregeln wesentlich widersprechende Bestimmungen.

Es sind dies vor allem der Mangel an Gefälle, der Mangel an ausreichender Durchlüftung im Zweischalendach, der Mangel an ausreichenden Hochzügen bei den seitlichen Abschlüssen, der Mangel an geeigneten mechanischen Schutzschichten über der Abdichtung und der Mangel an konstruktiver Durchbildung bei Bauwerksfugen. Dagegen wird den Ausführenden empfohlen, im Sinne der Ö-NORM B 2110 die Bedenken gegen die vorgesehene Ausführung dem Auftraggeber schriftlich bekanntzugeben und Abhilfe zu fordern. Wird diesen Bedenken nicht stattgegeben, geht die Verantwortung für die Ausführung voll auf den Auftraggeber über."

Dieses Gutachten kam der Klägerin über die Firma Euphalt noch vor Beginn der Ausführungsarbeiten am Garagendach zu. Der Angestellte der klagenden Partei, Gert K***, besprach mit einem Angestellten des Architekturbüros der beklagten Parteien das Gutachten. Über die Details dieses Gesprächs können allerdings keine Feststellungen getroffen werden. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, daß Gert K*** Bedenken gegen die geplante Höhe der Aufschüttung auf dem Garagendach oder gegen die Art der Befestigung der Schutzzäune und Geländer mittels Spreizanker und für Verblechungen im Bereiche der nordseitigen Fensteröffnungen und unterhalb der Sitzbank durch Befestigungsklammern durch die Abdichtungslage hindurch erhob. Nach den Plänen war vorgesehen, daß der auf dem Garagendach als Fußballplatz dienende Rasen bis zur Höhe der Oberkante der Attika, teilweise sogar 2 cm über die Oberkante der Attikaabschlüsse reichen sollte. Der klagenden Partei waren mit Schreiben vom 5.3.1985 Detailzeichnungen betreffend den Isolierungshochzug bei den Lüftungsschlitzen auf dem Garagengebäude und für den Isolierungshochzug bei den seitlichen Abschlüssen im Ostteil der Garage zugekommen, aus denen ersichtlich war, daß der auf dem Garagendach geplante Rasen zumindest bis zur Oberkante der seitlichen Abschlüsse (Attikamauerteile) reichen wird. Mit Schreiben vom 23.8.1984 und im Zuge einer zu dieser Zeit durchgeführten Baubesprechung empfahl die klagende Partei, auf die Abdichtungsbahnen eine Gummischutzschichte aufzulegen, und erhob in diesem Zusammenhang Bedenken wegen sonst möglicher Beschädigungen. Diese Gummischutzmatten waren vom Geschäftsführer der klagenden Partei als Sofortschutzmaßnahme gegen mechanische Beschädigungen nach der Aufbringung der Abdichtungsbahnen auf der Garagenoberfläche geplant. Dieser Vorschlag wurde von den beklagten Parteien jedoch ausdrücklich abgelehnt. In weiterer Folge wurden vor Aufbringung der SpezialsandTorfschichte durch die Firma Wolf Gesellschaft mbH lediglich Wärmedämmplatten aufgelegt. Die Firma Wolf Gesellschaft mbH führte im Garagenbereich die Schüttungsarbeiten, das Auflegen der Wärmedämmplatten sowie die Ausführung des Cell-Be- und Entwässerungssystems durch.

Nach dem Aufbringen der Isolierung auf dem Garagendach durch die klagende Partei im Mai 1985 machten die beklagten Parteien Mängel geltend und forderten deren unverzügliche Behebung. Im Juni 1985 nahm die Klägerin auf der gesamten Garagendachfläche eine mehrwöchige Wasserprobe vor, wobei sich Wassertropfen an der Garageninnenseite zeigten. Die klagende Partei erklärte dies mit Wassereinschlüssen unterhalb der Abdichtungsbahnen; im Zuge der Verlegung waren nämlich die Arbeiter der klagenden Partei von einem starken Regen überrascht worden. Als die Feuchtigkeitserscheinungen im Garageninneren gegen Ende Juni 1985 abnahmen, wurden die Arbeiten der klagenden Partei über Auftrag der beklagten Parteien vom Sachverständigen Dipl.-Ing.Helmut O*** am 1.7.1985 begutachtet. Dipl.-Ing.Helmut O*** führte in seinem Gutachten vom 3.7.1985 ua folgendes aus:

"Erfolgte Beanstandungen bzw Mängel, die zu beheben sind:

1) Die Baustellennaht mit Klebeband über dem Erdgeschoß entlang Fassaden ist nicht überall fachgerecht mit dem Streifen überklebt worden. Dieser läßt sich stellenweise lösen und stellt deshalb abdichtungsmäßig keine zusätzliche Absicherung wie gefordert dar. Baustellennähte zwischen Bahnen und Formstücken sind im nördlichen Bereich mit dem Streifen abgesichert worden, nicht jedoch im südlichen Bereich. Dort sind oft nur die Kreuzstöße überklebt worden.

Schachteinbindungen in der Decke über dem Kellergeschoß wurden zum Teil nicht fachgerecht ausgeführt. Wenn bei Übereckeinbindung die Methode der Umfaltung gewählt wird, so hat die Ausbildung trotzdem hohlraumfrei und anliegend zu erfolgen. Diese Ecken müssen neu hergestellt werden......

4) Laut Leistungsverzeichnis müssen die Hochzüge 2 cm über den Attikarand geführt werden, dies ist nicht erfolgt, somit entspricht die Ausführung in diesem Bereich nicht dem Leistungsverzeichnis.

5) Die Vertikalisolierung an der Decke über dem Kellergeschoß wurde nur verklebt (Kontaktkleber) und ließ sich leicht lösen. Die Ausbildung dort hat ebenso als Baustellennaht im Sinn des Leistungsverzeichnisses zu erfolgen.

Abschließend sei festgehalten, daß die Abnahme der Flächen durch den Sachverständigen keine Dichtungsgarantie darstellt. Diese wurde durch die abgehaltene Wasserprobe erbracht."

Die klagende Partei nahm nach Ablassen des Wassers lediglich verschiedene Mängelbehebungen auf der Garagenfläche insoweit vor, als diese mechanische Beschädigungen aufwies.

Die Ergebnisse des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing.Helmut O*** wurden der klagenden Partei nicht zur Kenntnisnahme übermittelt. Am 5.7.1985 fand eine Baustellenbesprechung statt, an der der damalige Bauleiter der beklagten Parteien, Ing.H***, ein Angestellter der klagenden Partei und der Bauleiter der Firma Wolf Gesellschaft mbH teilnahmen. Ing.H*** setzte ein Schreiben auf, das vom Angestellten der klagenden Partei und vom Bauleiter der Firma Wolf Gesellschaft mbH unterfertigt wurde. Das Schreiben lautet wie folgt:

"Betrifft: LWK-Innsbruck Kranebitten

Bauteil 9 Garage

Übernahme der Dachisolierung auf Dichtheit

Die Firma Wolf Gesellschaft mbH übernimmt von der Firma W*** Gesellschaft mbH die Dachfläche für den Teil des Cellsystems in dichtem Zustande nach leistungskatalogmäßiger Wasserprobe (15 cm, 5 Wochen).

Die Attikahochzüge wurden ebenfalls einer optischen Probe unterzogen."

Ing.H*** ging damals davon aus, daß nunmehr die Arbeiten ordentlich erbracht und die Isolierschicht dicht sei. Die klagende Partei selbst betrachtete ebenfalls ihre Arbeiten als abgeschlossen und begehrte unter ausdrücklichem Hinweis darauf, daß ihre Arbeiten bereits am 19.6.1985 ordnungsgemäß und dicht erbracht worden seien, von den beklagten Parteien die Zahlung des restlichen Werklohns. Um endgültige Sicherheit darüber zu bekommen, ob nun die Arbeiten der klagenden Partei ordnungsgemäß hergestellt wurden, und das Garagendach dicht ist, wurde von den beklagten Parteien der Sachverständige Dr.Manfred E*** beauftragt, eine neuerliche, gefärbte Wasserprobe durchzuführen, die positiv verlief. Auf Grund dieses Umstandes wurde in den Bereichen, in denen undichte Stellen vermutet wurden, in der Zeit vom 13.8. bis 22.8.1985 eine zweite, anders gefärbte Wasserprobe vorgenommen, die schließlich negativ verlief. Die Firma Wolf Gesellschaft mbH verlegte daraufhin die Wärmedämmplatten, nahm die Aufschüttungsarbeiten vor, baute das Be- und Entwässerungssystem ein und stellte den Rasen nach den Plänen her. Auch die übrigen am Bau beschäftigten Professionisten führten ihre Arbeiten aus. Im Frühjahr 1986 wurden im Garageninneren umfangreiche Wasseraustritte von der Deckenkonstruktion her festgestellt, die nach wie vor bestehen. Die Wassereintritte sind zum Teil auf bauseits nicht beachtete, technisch erforderliche, jedoch nicht eingehaltene Maßnahmen und Vorschriften zurückzuführen, teilweise auf mechanische Beschädigungen der Abdichtungsschicht durch andere Professionisten, teilweise aber auch auf mangelhafte und nicht vertragsgemäße Ausführung der Leistungen der klagenden Partei. Die klagende Partei beachtete folgende technische Maßnahmen und Regeln nicht; folgende Ausführungsmängel sind noch vorhanden:

Die bereits von Ing.Hubert S*** in seinem Gutachten am 15.4.1984 angeführten Bedenken, nämlich der Mangel an Gefälle des Garagengebäudes, der Mangel an geeigneten mechanischen Schutzschichten über der Abdichtung und der Mangel an konstuktiven Durchbildungen bei Bauwerksfugen, wurden vor Durchführung der Abdichtungsarbeiten nicht berücksichtigt. Die Ausführung des Flachdaches mit einem empfohlenen Gefälle hätte eine nachträgliche Schadenssuche erleichtert, insbesondere jedoch die empfohlene Schutzschichte bei Ausführung durch die klagende Partei selbst und vor Übergabe an die Nachfolgefirma hätte mechanische Beschädigungen der Abdichtungsfolie verhindert, die einen maßgeblichen Anteil an den derzeitigen Wassereintritten haben.

Die für die Befestigung von Eckfahnen und Torstangen vorgesehenen Betonfertigteile wurden nicht fachgerecht in die Isolierlage, etwa durch Flanschen oder andere Befestigungsmittel eingebunden; diesbezüglich kümmerte sich die klagende Partei überhaupt nicht um eine Abdichtung. Vom abdichtungstechnischen Standpunkt aus wäre es Aufgabe der klagenden Partei gewesen, eine entsprechende Abdichtung dieser Elemente vorzunehmen. Zumindest ein Teil der Feuchtigkeitseintritte ist auf diese mangelhaften Abschlüsse zurückzuführen.

Die Sanierung dieses Mangels erfordert einen Behebungsaufwand von ca. S 80.000,-- netto.

Im Bereich der nordseitigen Abschlußmauer mit den Fensteröffnungen im Attikabereich an der Südseite des Sportplatzes und im Bereich der Sitzbänke isolierte die klagende Partei die Maueröffnungen, Attikakronen und Deckenteile entgegen der Vorschreibung laut Leistungsverzeichnis und Plänen nicht bis 2 cm vor (richtig: über) die äußere Kante, sondern meist nur bis zur halben Mauerstärke. Dadurch, daß die Oberkante des Fußballrasens nahezu bis zur Oberkante dieser Attikamauerteile und Maueröffnungen reicht, erfolgen - bedingt durch die Schneelage, insbesonders jedoch durch das Auftreten von Tauwetter und Niederschlägen - Hinterwanderungen der Abdichtungslagen und dadurch Feuchtigkeitseintritte.

Darüber hinaus befestigten Nachfolgehandwerker im Bereich der südseitigen Schutzzäune und Geländer auf den Attikakronen unsachgemäß Spreizanker durch die Abdichtungslage hindurch; ähnliche Beschädigungen der Abdichtungslage durch Befestigungsklammern für Verblechungen sind im Bereich der nordseitigen Fensteröffnungen und der Verblechungen unterhalb der Sitzbank vorhanden. Dabei wurden die Klammern ebenfalls mittels Schrauben durch die Isolierlage hindurch befestigt. Durch diese Durchbrechungen der Abdichtungslage können ebenfalls Wassereintritte erfolgen. Daß die klagende Partei gegen diese Art der Befestigungsmittel Bedenken erhob, konnte nicht festgestellt werden. Eine leistungsgemäße Herstellung kann durch De- und Remontage der Zäune und Verblechungen, durch die ordnungsgemäße Herstellung der Abdichtungslage bis 2 cm über die Außenkante vorgenommen werden; dafür ist ein Aufwand von insgesamt ca. S 750.000,-- netto anzusetzen.

Eine Gesamtsanierung der Garagenfläche müßte dadurch erfolgen, daß zunächst die zuvor angeführten Mängel bei den Einfassungen der Eckfahnen und Torstangen sowie der Hochzüge behoben werden. In weiterer Folge müßte dann in den Bereichen, in denen auf der Garageninnenseite weiterhin Feuchtigkeitseintritte zu bemerken sind, nach und nach die Garagendecke (gemeint wohl: Rasendecke) beseitigt, die mechanischen Beschädigungen der Isolierlage behoben und dann die "Rasenaufschüttung" neu vorgenommen werden.

Eine Abhebung der gesamten Konstruktion einschließlich des Bau- und Entwässerungssystems, der Zäune udgl, also eine Gesamtsanierung der gesamten Garagendecke würde Kosten von ca. S 10,400.000,-- verursachen.

Daß bereits Sanierungen vorgenommen wurden, konnte nicht festgestellt werden.

Die beklagten Parteien verständigten die klagende Partei vom Auftreten der Wassereintritte im Winter 1985/86 und machten eine Undichtheit der Abdichtungslage geltend.

Die Firma Ferrokonstrukt machte die Mängel in der Abdichtung des Garagendaches ebenfalls gegenüber den beklagten Parteien geltend und verlangt von diesen zumindest seit Frühjahr 1987 die Verbesserung und Behebung der Mängel. Die beklagten Parteien mußten aus diesem Grund der Firma Ferrokonstrukt eine Bankgarantie über zumindest S 3,000.000,-- zur Sicherstellung vorlegen.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß der klagenden Partei Ausführungsmängel insoferne anzulasten seien, als sie die Betonfertigteile für die Eckfahnen und Torstangen nicht fachgerecht in die Isolierlage einband und die Hochzüge im Bereich der südseitigen Attika sowie der nordseitig gelegenen Fensteröffnungen nicht bis 2 cm über die Außenkante zog. Zumindest ein Teil der Feuchtigkeitserscheinungen im Garageninneren seien auf diese Ausführungsmängel der klagenden Partei zurückzuführen, die mit einem nicht unverhältnismäßig hohen Behebungsaufwand saniert werden könnten. Es handle sich somit um behebbare und wesentliche Mängel, deren Verbesserung die ARGE als Auftraggeberin begehre. Im Hinblick auf diese keineswegs bloß unbedeutenden Mängel seien die beklagten Parteien berechtigt, den restlichen Werklohn zurückzubehalten. Daß es sich dabei um offene Mängel handle, ändere nichts, da die Dichtheit der Isolierung und eine bestimmte Art der Ausführung ausdrücklich bedungen worden seien.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es verwies darauf, daß sich die klagende Partei in der Berufung nicht auf die fachgerechte Isolierung im Bereich der Betonfertigteile für die Befestigung von Eckfahnen und Torstangen berufen habe. Im übrigen übernahm es sämtliche Feststellungen des Gerichtes erster Instanz. Darunter findet sich auch die Feststellung, daß die klagende Partei die Herstellung der Isolierung der Maueröffnungen, Attikakronen und Deckenteile nach den ihr zur Verfügung gestellten Plänen zusagte, von dieser ausdrücklichen Zusage aber abwich. Zumindest bei letzteren Mängeln handle es sich um Ausführungsmängel. Der lückenlosen vertraglich bedungenen Isolierung käme wegen der Problematik der Begrünung einer 13.000 m2 großen Garagendecke besondere Bedeutung zu. Solange die klagende Partei die genannten Ausführungsmängel, die zu Wassereintritten unter die Isolierschicht führen können, nicht behoben hat, könne dahingestellt bleiben, ob die Wassereintritte auch durch andere, nicht von der klagenden Partei zu vertretende Umstände mitverursacht werden. Gemäß § 1052 ABGB könne der Werklohn bis zur Herstellung des bedungenen, mängelfreien Werkes zurückbehalten werden, selbst wenn der Verbesserungsaufwand im Vergleich zur Restforderung gering wäre. Dieses Recht sei nur durch das Verbot der schikanösen Rechtsausübung beschränkt. Bei der Art der festgestellten, der klagenden Partei anzulastenden Mängel, die die Gebrauchsfähigkeit des Werkes beeinträchtigen, könne eine schikanöse Rechtsausübung durch die beklagten Parteien unabhängig vom - ohnehin nicht

geringfügigen - Behebungsaufwand von vorneherein verneint werden. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Anfechtungsgründen des § 503 Z 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien beantragen in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die von der klagenden Partei geltend gemachte Aktenwidrigkeit ist für die Beurteilung des Rechtsfalles unmaßgeblich, weil die Vorinstanzen jedenfalls ohne Verstoß gegen den Akteninhalt festgestellt haben, daß die klagende Partei die Herstellung der Isolierung der Maueröffnungen, Attikakronen und Deckenteile ausdrücklich zugesagt hat, von dieser Zusage aber abgewichen ist. Nach ständiger Rechtsprechung zu § 1052 ABGB kann der Besteller der Werklohnklage des Unternehmers die Einrede des nicht erfüllten Vertrages - ausgenommen der Fall der Schikane selbst bei Vorliegen geringfügiger Mängel entgegenhalten (RZ 1983/41 S. 187; 2 Ob 528/89 uza); umsoweniger kann ihm dieses Recht verwehrt werden, wenn er wie im vorliegenden Fall ein imminent wichtiges Interesse daran hat, daß das technisch nicht ganz unproblematische Werk der Begrünung einer 13.000 m2 großen Garagendecke zum Zweck des Betriebes eines Fußballplatzes eine besonders sorgfältige Isolierung gegen Wassereintritte in die darunter liegende Garage aufweist. Der Auffassung der klagenden Partei, daß ihr zumindest nicht der ganze restliche Werklohn vorenthalten werden dürfe, ist entgegenzuhalten, daß die Einrede des § 1052 ABGB im Sinne der ständigen Rechtsprechung auf den Willen des Vertragspartners Druck ausüben soll, die Verbesserung durchzuführen, weshalb die gesamte Gegenleistung bis zur gehörigen Erfüllung des Vertrages - also bis zur Verbesserung der mangelhaften Leistung - verweigert werden darf (SZ 53/63; SZ 56/59 uza). Im übrigen kommt es nicht darauf an, ob die von der klagenden Partei zu vertretenden Ausführungsmängel bereits zu Schäden geführt haben oder andere Schadensursachen vorliegen, weil jedenfalls feststeht, daß die genannten Isolierungsarbeiten unsachgemäß durchgeführt wurden und sie die Wassereinbrüche zumindest mitverursacht haben können. Der Besteller ist nicht verpflichtet, erst abzuwarten, ob und inwieweit die mangelhafte und überdies schadensträchtige Herstellung des Werkes tatsächlich Schäden verursachen werden, um die Einrede des nicht (vollständig) erfüllten Vertrages nach § 1052 ABGB zu erheben; vielmehr ist es sein Recht, darauf zu dringen, daß Ausführungsmängel auf alle Fälle verbessert werden und notfalls zur Durchsetzung dieses Anspruches von seinem Leistungsverweigerungsrecht nach § 1052 ABGB Gebrauch zu machen.

Dies haben die beklagten Parteien mit dem Nachweis der mangelhaften Ausführung der Isolierungsarbeiten durch die klagende Partei angestrebt. Die Vorinstanzen sind ihrem Standpunkt mit Recht gefolgt. Der Revision der klagenden Partei war daher der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E20888

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00530.9.0425.000

Dokumentnummer

JJT_19900425_OGH0002_0020OB00530_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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