Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
MRK Art6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde der EW in B, vertreten durch Dr. Wilfried Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 5. Mai 2004, Zl. LE.4.1.7/0051-OAS/04, betreffend Aufnahme in eine Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft B, vertreten durch den Obmann Dr. RS in B, vertreten durch Dr. Gerold Hirn und Dr. Burkhard Hirn, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Gilmstraße 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich der Darstellung des Sachverhaltes wird auf Punkt I. der Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 16. Oktober 2003, Zlen. 2002/07/0027 bis 0031, verwiesen.
Die Agrarbezirksbehörde B (ABB) hatte einen Antrag der Beschwerdeführerin auf Aufnahme in die mitbeteiligte Partei abgewiesen, der Landesagrarsenat beim Amt der Vorarlberger Landesregierung (LAS) hatte die Aufnahme der Beschwerdeführerin als Mitglied der mitbeteiligten Partei verfügt. Die belangte Behörde hatte die Berufung der mitbeteiligten Partei mit dem damals in Beschwerde gezogenen Bescheid abgewiesen.
Im hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2003 vertrat der Verwaltungsgerichtshof im Fall der Beschwerdeführerin (dort: Fünftmitbeteiligte) die Rechtsansicht, dass diese das Mitgliedschaftsrecht von ihrem Vater ableite. Dieser sei bis zu seinem Tod am 3. Mai 1984 in der Mitgliederliste der mitbeteiligten Partei als Mitglied eingetragen gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof ging davon aus, dass eine ähnliche Situation wie die dem hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2001, 2001/07/0021, 0022, zu Grunde liegende gegeben sei, und dass auf Grund des Zeitpunktes der Antragstellung nicht von einem Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Dispositionsschutz oder von einer Verschlechterung der rechtlichen Situation der Beschwerdeführerin während des anhängigen Verfahrens gesprochen werden könne.
Die belangte Behörde führte am 5. Mai 2004 eine mündliche Verhandlung durch. Der Vertreter der Beschwerdeführerin vertrat damals näher begründet die Ansicht, dass eine Diskrepanz zwischen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes vorliege.
Im fortgesetzten Verfahren gab die belangte Behörde der Berufung der mitbeteiligten Partei statt und änderte den Spruch des vor ihr angefochtenen Bescheides des LAS vom 31. Oktober 2000 dahingehend ab, dass die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der AB vom 18. November 1997 abgewiesen werde. Sie begründete dies unter anderem mit der Bindungswirkung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes (§ 63 VwGG).
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 4. Oktober 2004, B 887/04-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und mit Beschluss vom 2. Dezember 2004, B 887/04-5, diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde und macht nun Aktenwidrigkeit der Entscheidung des Obersten Agrarsenates geltend. Es sei aktenwidrig, dass die übergebende Mutter ein abgeleitetes Recht als hinterbliebene Witwe nach einem Standesbürger gehabt habe. Vielmehr sei in diesem Fall die Mutter der beschwerdeführenden Partei unmittelbares Vollmitglied der Agrargemeinschaft bzw. wäre es gewesen, wenn sie nicht verheiratet gewesen wäre. Die Mutter der beschwerdeführenden Partei habe seinerzeit ihre Mitgliedschaft nicht von ihrem Ehemann abgeleitet, sondern von einem vollberechtigten Vater.
Weiter unten führt die Beschwerdeführerin aus, ihr Vater sei bis zu seinem Tod Mitglied der Agrargemeinschaft gewesen. Sie habe nur deshalb nicht Mitglied werden können, weil nach altem Statut die aufrechte Ehe mit einem Bludenzer Bürger der Mitgliedschaft entgegen gestanden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass in der Formulierung der Beschwerdeergänzung, wonach "die Mitwirkenden an der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 2003 ihre eigene Befangenheit kritisch prüfen" sollten, kein Antrag im Sinn des § 31 Abs. 2 VwGG zu erblicken ist.
Die Mitwirkenden an der damaligen Entscheidung erachten sich - soweit sie auch an der vorliegenden Entscheidung mitwirken - nicht als befangen.
Aus den vorliegenden Verwaltungsakten, insbesondere aber aus dem Antrag auf Aufnahme der Beschwerdeführerin selbst, ergibt sich, dass diese ihr Mitgliedschaftsrecht von ihrem Vater abgeleitet hat. Die Ausführungen in der Beschwerdeergänzung, die - offenbar in Übernahme des Textes anderer Beschwerdeführer (vgl. dazu zB. das Erkenntnis vom heutigen Tag, 2004/07/0190) - hingegen von der Ableitung eines Rechtes von ihrer Mutter sprechen, widersprechen der Aktenlage und den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren ebenso wie den Feststellungen der Agrarbehörden zur Ableitung des Rechtes vom Vater der Beschwerdeführerin und sind daher nicht nachvollziehbar.
Mit der Frage der Ableitung eines Mitgliedschaftsrechts aus dem Recht ihres Vaters hat sich der Verwaltungsgerichtshof nun bereits im Vorerkenntnis auseinandergesetzt und näher begründet die Ansicht vertreten, dass die Beschwerdeführerin den Stichtag gegen sich gelten lassen müsse und ihr kein Anspruch auf Aufnahme in die mitbeteiligte Partei zukomme.
An diese Rechtsansicht war die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren gebunden (vgl. § 63 VwGG). Der belangten Behörde war es auf Grund der dargestellten Bindungswirkung nicht gestattet, von dieser Rechtsansicht abzugehen. In einem Abgehen von dieser Rechtsansicht läge zudem eine Verletzung von Rechten der mitbeteiligten Partei.
Diese Bindung trifft auch im Zuge der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der von der belangten Behörde nun vertretenen Rechtsansicht den Verwaltungsgerichtshof selbst, sodass eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht erkannt werden kann.
Die Beschwerdeführerin beantragte, in diesem Fall eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Die belangte Behörde, die ein Tribunal im Sinne des Art. 6 MRK ist, hat eine mündliche Verhandlung anberaumt und durchgeführt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof war schon aus diesem Grund entbehrlich (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1998, Zl. 97/07/0219).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. November 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004070191.X00Im RIS seit
29.12.2005Zuletzt aktualisiert am
28.01.2009