TE Vwgh Beschluss 2005/11/24 2005/07/0141

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Veröffentlicht am 24.11.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über den Antrag des AE in H, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Auhofstraße 1, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 3. Dezember 2003, Zl. 711.149/8-OAS/03, betreffend Grundzusammenlegung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

Begründung

Der Wiedereinsetzungswerber hat gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 3. Dezember 2003, Zl. 711.149/8-OAS/03, betreffend Grundzusammenlegung, Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser lehnte mit Beschluss vom 28. Februar 2005 ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. April 2005 wurde der Wiedereinsetzungswerber unter Rücksendung seiner beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde aufgefordert, verschiedene Mängel binnen zwei Wochen zu beheben. Unter anderem wurde ihm auch aufgetragen, außer dem ergänzenden Schriftsatz in zweifacher Ausfertigung eine weitere Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde beizubringen. Der Wiedereinsetzungswerber wurde darauf hingewiesen, dass die vom Verwaltungsgerichtshof zurückgestellte Beschwerde (einschließlich der angeschlossenen Beilagen) auch dann wieder vorzulegen ist, wenn zur Ergänzung ein neuer Schriftsatz eingebracht wird.

Der Wiedereinsetzungswerber brachte mit Schriftsatz vom 30. Mai 2005 eine Ergänzung seiner Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof in zweifacher Ausfertigung samt einer Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde ein, unterließ es aber, die vom Verwaltungsgerichtshof zurückgestellte ursprüngliche Beschwerde wieder anzuschließen.

Da die unvollständige Befolgung eines Mängelbehebungsauftrages als Zurückziehung der Beschwerde im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG gilt, wurde das Verfahren mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 2005, 2005/07/0063, gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eingestellt.

Gegen die Versäumung der Frist zur Mängelbehebung richtet sich der vorliegende, am 19. Oktober 2005 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag, mit dem der Bescheid vom 3. Dezember 2003 und die Verfassungsgerichtshofbeschwerde vom 26. Jänner 2004 im Original vorgelegt wurden.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wird ausgeführt, eine sonst zuverlässige und erfahrene Kanzleiangestellte habe bei der Kuvertierung der fristgerecht am 30. Mai 2005 eingebrachten und auftragsgemäß durchgeführten Beschwerdeergänzung übersehen, die zurückgestellte ursprüngliche Verfassungsgerichtshofbeschwerde samt Beilage ebenfalls an den Verwaltungsgerichtshof zu senden. Dem Vertreter des Wiedereinsetzungswerbers und der Angestellten sei aus der Kanzleipraxis bewusst gewesen, dass zur Verbesserung zurückgestellte Schriftsätze wieder vorgelegt werden sollten. Das Versehen im Zuge der Kuvertierung sei angesichts der mit der Beschwerdeergänzung ebenfalls vorgelegten drei weiteren Ausfertigungen der ursprünglichen Verfassungsgerichtshofbeschwerde wohl als Fahrlässigkeit geringsten Grades zu werten. Eine Verletzung von Sorgfaltspflichten des Vertreters des Wiedereinsetzungswerbers sei schon deswegen ausgeschlossen, weil von einem Rechtsanwalt nicht erwartet werden könne, sämtliche Postaufgaben bzw. Kuvertierungen auch noch persönlich zu kontrollieren. Ein Überwachungsverschulden liege jedenfalls nicht vor.

Darüber hinaus sei der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 2005 aus näher genannten Gründen nicht nachvollziehbar.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Bei einem nach § 34 Abs. 2 VwGG erteilten Mängelbehebungsauftrag wird die Frist zur Verbesserung nicht nur dann versäumt, wenn jenem Auftrag innerhalb der Frist überhaupt nicht, sondern auch dann, wenn ihm nur unvollständig entsprochen wurde. Eine solche Fristversäumnis ist einer Wiedereinsetzung zugänglich (vgl. den hg Beschluss eines verstärkten Senates vom 21. Juni 1988, 87/07/0049, VwSlg 12742/A).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei gleichzusetzen ist. Ein Versehen einer Kanzleikraft ist dem Rechtsanwalt nur dann als Verschulden anzulasten, wenn er die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber der Kanzleikraft unterlassen hat (vgl. den Beschluss vom 15. September 2005, 2005/07/0104, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Es trifft zu, dass es keine Verletzung der anwaltlichen Sorgfaltspflicht darstellt, wenn der Rechtsanwalt die sonst verlässliche, langjährige Kanzleikraft nach der Übergabe der Poststücke bei der Kuvertierung und Postabfertigung nicht in jedem Fall persönlich überwacht (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 2002, 2002/20/0457). Daraus ist aber für den Wiedereinsetzungswerber im vorliegenden Fall nichts zu gewinnen.

Ein Rechtsanwalt darf es nicht einer Kanzleibediensteten überlassen, die auf Grund eines Mängelbehebungsauftrages erforderlichen Beilagen in eigener Verantwortung einem bereits unterfertigten Mängelbehebungsschriftsatz beizuschließen. Der Beschwerdevertreter hat sich vielmehr bei Unterfertigung eines solchen Mängelbehebungsschriftsatzes persönlich von der Vollständigkeit der Beilagen zu überzeugen; unterlässt er dies, so liegt ihm grobes Verschulden zur Last, welches die Wiedereinsetzung ausschließt (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1997, 96/08/0353).

Im Wiedereinsetzungsantrag ist darzutun, dass die erforderliche Kontrolle vorgenommen wurde (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1585ff wiedergegebene Rechtsprechung).

Im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag wird eine solche Kontrolle nicht dargetan. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung konnte daher nicht stattgegeben werden.

Wien, am 24. November 2005

Schlagworte

Frist Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005070141.X00

Im RIS seit

08.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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