Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Herbert Vesely und Walter Bacher als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johann K***, Arbeiter, Wien 10, Columbusgasse 22/35, vertreten durch Dr. Franz Bixner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** Bewachungsdienst Gesellschaft mbH, Wien 7, Lindengasse 47, vertreten durch Dr. Hans Frieders ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 6.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. Februar 1990, GZ 31 Ra 141/89-19, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23.Oktober 1989, GZ 4 Cga 4511/88-9, als Urteil bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 1.977,60 (darin S 329,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war bei der Beklagten seit 14.Mai 1988 als Empfangsportier beschäftigt. Mit Schreiben vom 9.November 1988 teilte ihm die Beklagte mit, daß das Arbeitsverhältnis zum 20. November 1988 einvernehmlich aufgelöst werde und wies darauf hin, daß die vorgeschriebenen Dienste noch bis 21.November 1988, 7.00 Uhr, tadellos auszuführen seien.
Mit der am 13.Dezember 1988 zu Protokoll gegebenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien einvernehmlich am 20.November 1988 aufgelöst worden sei. Die Beklagte habe trotz der vereinbarten einvernehmlichen Auflösung auf der Arbeitsbescheinigung eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch fristlose Entlassung vermerkt. Durch diese unrichtige Angabe seien dem Kläger Rechtsnachteile erwachsen; er habe für einen Monat kein Arbeitslosengeld erhalten. Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger habe zu 4 Cga 4/89 bereits eine Leistungsklage eingebracht. Es fehle dem Feststellungsbegehren sohin das erforderliche Rechtsschutzinteresse.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren im Sinne der Lehrmeinung Faschings (Lehrbuch2 Rz 1103) mit Beschluß zurück. Es stellte ergänzend fest, daß der Kläger zu 4 Cga 4/89 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien eine Klage auf Zahlung von S 13.404,43 brutto sA eingebracht habe, da er von der Beklagten zu Unrecht entlassen worden sei. Die Beklagte habe in diesem Verfahren eingewendet, daß der Kläger trotz Aufforderung am 17.November 1988 nicht zum Dienst erschienen sei, worauf sie nach gepflogenen Erhebungen am 23.November 1988 die Entlassung ausgesprochen habe. Auf Grund dieses Sachverhalts vertrat das Erstgericht die Rechtsauffassung, daß der Kläger von vornherein in der Lage gewesen wäre, anstelle der Feststellungsklage eine Leistungsklage einzubringen, zumal der gesamte Leistungsanspruch bereits fällig gewesen sei. Daher hätte das strittige Rechtsverhältnis endgültig bereinigt werden können, so daß für die gesonderte Feststellungsklage das erforderliche rechtliche Interesse fehle. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, daß es das Klagebegehren mit Urteil abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von S 50.000 nicht übersteige, daß aber die Revision zulässig sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß nicht die Dauer des Arbeitsverhältnisses strittig sei, sondern lediglich die Art der Beendigung. Diese könne aber als Tatsache nicht Gegenstand eines Feststellungsbegehrens sein. Die unrichtige Benennung des Rechtsmittels hindere dessen Behandlung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise nicht. Da das Feststellungsinteresse fehle, sei das Klagebegehren im Sinne der Rechtsprechung nicht zurück-, sondern abzuweisen (EvBl 1963/253; RZ 1960, 14; JBl 1977, 600).
Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Richtig ist, daß das rechtliche Interesse an der Feststellung der tatsächlichen Dauer eines in der Vergangenheit beendeten Arbeitsverhältnisses schon im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Belange bejaht wurde (Arb. 8.680, 8.869; 9 Ob A 140/87). Andererseits entspricht es ständiger Rechtsprechung, daß das für Feststellungsklagen im Sinne des § 228 ZPO notwendige rechtliche Interesse nicht für die Klärung von Fragen allein darüber besteht, ob eine Rechtshandlung (etwa eine Kündigung) wirksam geworden ist (vgl. Arb. 9.715, 9.839 = DRdA 1980/21 = SZ 52/191; Arb. 9.860, 9.927, 9.998 ua). Die Rechtswirksamkeit einer solchen Auflösungserklärung ist insoweit nur eine Vorfrage für den Bestand und die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Tauglicher Gegenstand einer Feststellungsklage ist in diesem Zusammenhang nur die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses.
Nach dem gesamten Vorbringen erster Instanz wendet sich der Kläger mit seinem Feststellungsbegehren allein gegen eine angeblich unrichtige Angabe der Beklagten in der Arbeitgeberbestätigung über die Art der Lösung des Arbeitsverhältnisses. Er strebt damit nichts anderes an, als eine Korektur dieser Bestätigung dahin, daß die Auflösung seines Arbeitsverhältnisses nicht durch Entlassung, sondern einvernehmlich erfolgt sei. Die Dauer seines Arbeitsverhältnisses zumindest bis 20.November 1988 ist nach den vom Erstgericht festgestellten Einwendungen der Beklagten im Leistungsverfahren gar nicht strittig. Eine solche Berichtigung der Arbeitgeberbestätigung ist aber im Rechtsweg nicht möglich. Gemäß § 46 Abs 4 AlVG hat der Arbeitslose seinen Anspruch beim Arbeitsamt nachzuweisen. Er hat eine Bestätigung des Arbeitgebers über die Dauer und Art des Arbeitsverhältnisses, über die Höhe des Entgelts und über die Art der Lösung des Arbeitsverhältnisses beizubringen. Der Arbeitgeber ist zur Ausstellung dieser Bestätigung verpflichtet. Die näheren Bestimmungen hierüber erläßt der Bundesminister für Arbeit und Soziales durch Verordnung. Verweigert der Arbeitgeber die Ausstellung dieser Bestätigung grundlos oder macht er darin wissentlich unwahre Angaben, so wird er gemäß § 71 Abs 1 AlVG, sofern die Tat nicht nach einem anderen Gesetz einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen von S 30 bis S 3.000 oder mit Arrest von einem Tag bis zu drei Monaten bestraft. Daraus ist abzuleiten, daß es sich bei dem Anspruch des Arbeitnehmers auf Ausstellung einer Bestätigung nach § 46 Abs 4 AlVG um einen im öffentlichen Recht begründeten und von den Verwaltungsbehörden mittelbar durch die Strafdrohung des § 71 Abs 1 AlVG zu erzwingenden Anspruch handelt, für den der Rechtsweg unzulässig ist (vgl. Dirschmied, AlVG2 254 f; RdW 1989, 370; 9 Ob A 247/88).
Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob das Klagebegehren auch die Feststellung der Dauer des Arbeitsverhältnisses mitumfaßt, wie der Revisionswerber meint, da ein Feststellungsbegehren jedenfalls nur dann in Betracht kommt, wenn ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines Rechts oder Rechtsverhältnisses gegeben ist und eine Leistungsklage mangels eines fälligen Anspruches noch nicht erhoben werden kann (vgl. Kuderna, ASGG § 50 Erl. 16, § 54 Erl. 23). Da der Kläger aber bereits eine Leistungsklage erhoben hat, keine darüber hinausgehenden, noch nicht fälligen Ansprüche behauptete und das begehrte Leistungsurteil die Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Vorfrage notwendigerweise mitumfaßt, besteht, wie das Erstgericht zutreffend ausführte, schon aus diesem Grund kein weiteres Interesse an der begehrten Feststellung. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.
Anmerkung
E20477European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00112.9.0425.000Dokumentnummer
JJT_19900425_OGH0002_009OBA00112_9000000_000