TE OGH 1990/4/26 6Ob569/90

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Veröffentlicht am 26.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred W*** Gesellschaft mbH & Co KG, 1081 Wien, Auerspergstraße 1, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Leo R***, Facharzt, 1080 Wien, Trautsongasse 1, vertreten durch Dr. Peter Rustler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 9. Jänner 1990, GZ 41 R 918/89-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9. Oktober 1989, GZ 41 C 340/89m-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die klagende Kommanditgesellschaft vermietete als Eigentümerin des Palais Auersperg im Oktober 1986 dem Beklagten in diesem Gebäude Räumlichkeiten mit rund 60 m2 Nutzfläche für den Betrieb einer ärztlichen Ordination ab dem 1.10.1986 sowie eine Garage auf unbestimmte Zeit. Im Mietvertrag über die Geschäftsräumlichkeiten wurde schriftlich vereinbart, daß die Vermieterin zur vorzeitigen Auflösung des Mietvertrages ohne Einhaltung einer Frist unter anderem dann berechtigt ist, wenn sie das Palais Auersperg verkauft und dem Mieter für die ihm aus Anlaß des Abschlusses des Mietvertrages vereinbarten Investitionen eine Ablöse zusagt, die unter Annahme einer Amortisation in 10 Jahren der noch nicht abgelaufenen Zeit entspricht, zuzüglich S 200.000 für eine Ersatzordination, für Übersiedlungs- und weitere Kosten. Dieser Auflösungsgrund wurde auch als wichtiger Kündigungsgrund vereinbart. Die klagende Eigentümerin kündigte dem Beklagten das Mietverhältnis aus den Gründen des § 30 Abs. 2 Z 8 und Z 13 MRG für den 31. Dezember 1989 gerichtlich auf. Sie brachte vor, sie werde die Liegenschaft an die Residenz Realbesitz Aktiengesellschaft verkaufen und dem Beklagten die vereinbarte Ablöse bezahlen. Die Erwerberin werde wesentliche Teile des Palais Auersperg für eigene Zwecke benötigen und erleide bei Aufrechterhaltung des Mietvertrages einen größeren Nachteil als er den Mietern aus der Kündigung erwüchse.

Die Aufkündigung wurde dem Beklagten am 31.5.1989 zugestellt. Er erhob rechtzeitig seine Einwendungen und meinte, es liege kein Kündigungsgrund vor.

Erst am 21.6.1989 wurde der Kaufvertrag geschlossen, mit dem die klagende Kommanditgesellschaft die Liegenschaft an die Residenz Realbesitz Aktiengesellschaft veräußerte. Das Eigentum der Käuferin wurde inzwischen bücherlich einverleibt.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab, weil die klagende Partei nicht mehr Eigentümerin der Liegenschaft sei. Überdies rechtfertige die Vereinbarung, daß der Verkauf generell als Kündigungsgrund gelte, nicht die Aufkündigung nach § 30 Abs. 2 Z 13 MRG, weil nach § 30 Abs. 3 MRG eine Vereinbarung rechtsunwirksam sei, wonach dem Vermieter das Kündigungsrecht in einem weiteren Ausmaß als nach § 30 Abs. 1 und Abs. 2 MRG zustehen solle, und das Bestehen von Mietverhältnissen die bereits erfolgte Veräußerung nicht gehindert habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es führte aus, die klagende Partei habe mit dem Beklagten den Mietvertrag geschlossen und sei als Vermieterin zur Aufkündigung legitimiert. Daß sie ihre Vermieterstellung durch Eintritt des Erwerbers im Eigemtum der Liegenschaft verloren habe, habe der Beklagte nicht vorgebracht, der Verkauf sei auch erst während der Verfahrensanhängigkeit erfolgt. Die klagende Partei habe sich in der Aufkündigung auf den vereinbarten Kündigungsgrund berufen (§ 30 Abs. 2 Z 13 MRG) und angeführt, sie werde das Palais Auersperg verkaufen. Sie habe erst nach Zustellung der Aufkündigung den Vertrag über den Verkauf geschlossen und sich im Verfahren darauf berufen, dieser vereinbarte Kündigungsgrund sei nach der Einbringung der Aufkündigung eingetreten. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung sei der Kündigungsgrund noch nicht vorgelegen, weil erst der Verkauf des Palais als wichtiger Kündigungsgrund hätte gelten sollen. Wollte man die Vereinbarung so verstehen, daß schon die Verkaufsabsicht als Kündigungsgrund gelte, so sei die Vereinbarung nach § 30 Abs. 3 MRG rechtsunwirksam, weil das Berufungsgericht entgegen der Ansicht des Obersten Gerichtshofes den Verkauf des Hauses nicht als im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 13 MRG wirksam zu vereinbarenden Kündigungsgrund anerkenne. Die in den Entscheidungen MietSlg. 35.382/36, ImmZ 1989, 153 sowie ImmZ 1989, 154 vertretene Rechtsmeinung führe zur Beseitigung des fundamentalen Grundsatzes des Kündigungsschutzes zugunsten des durch die soziale Sondergesetzgebung überwundenen altliberalen Gedankens "Kauf bricht Miete". Es bestehe kein gerechtfertigtes Anliegen des Vermieters, bei Veräußerung der Liegenschaft einen höheren Preis zu erzielen, indem er sich die Beendigung unter Kündigungsschutz stehender Mietverhältnisse für den Fall der Liegenschaftsveräußerung durch schriftliche Vereinbarung eines Kündigungsgrundes im Mietvertrag sichere. Wegen dieser abweichenden rechtlichen Beurteilung seien die Voraussetzungen für die ordentliche Revision (§ 502 Abs. 1 ZPO idF WGN 1989) gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes fehlt es aber an dieser Voraussetzung. Gegen ein Urteil des Berufungsgerichtes ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung über die Aufkündigung in der unter § 49 Abs. 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeit hängt von der vom Berufungsgericht behandelten Rechtsfrage, ob der Verkauf eines im 18. Jahrhundert erbauten Palais rechtswirksam im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 13 MRG als wichtiger und bedeutsamer Kündigungsgrund im Mietvertrag vereinbart werden konnte, nicht ab. Nach dem insoweit klaren Wortsinn der Vereinbarung sollte der Verkauf des Palais den Kündgungsgrund abgeben. Die klagende Partei hat sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, im Prozeß darauf berufen, daß dieser Kündigungsgrund eintrat, als der Kaufvertrag geschlossen wurde. Der Abschluß des Kaufvertrages liegt aber nach der Zustellung der Aufkündigung an den beklagten Hauptmieter. Es stellt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 1 ZPO idF WGN 1989 dar, daß für das Vorliegen des behaupteten Kündigungsgrundes der Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung an den Gegner maßgeblich ist. Insoweit sind Lehre und Rechtsprechung einheitlich (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, Rz 26 zu § 33 MRG; Würth in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 33 MRG, EvBl. 1965/89; MietSlg. 35.388 ua). Auch im Falle der Entscheidung MietSlg. 35.382/36 erfolgte die Aufkündigung erst am Tage nach Abschluß des Kaufvertrages des Wohnhauses, im Falle der Entscheidung ImmZ 1989, 154 sogar erst durch den neuen Eigentümer. Da es im maßgeblichen Zeitpunkt am Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z 13 MRG fehlte, könnte selbst eine nach Zustellung der Aufkündigung erfolgte Verwirklichung des Kündigungsgrundes, die jedenfalls nicht vor dem Abschluß des Kaufvertrages am 21.6.1989 eingetreten sein konnte, nicht zur Wirksamerklärung der Aufkündigung aus diesem Grunde führen. Auf den Kündigungsgrund des Eigenbedarfes nach § 30 Abs. 2 Z 8 MRG, der schon daran scheitert, daß das Bestandobjekt als Geschäftslokal vermietet und nur ein Eigenbedarf der künftigen Käuferin geltend gemacht wurde, bei der jedenfalls § 30 Abs. 3 zweiter Satz MRG zum Tragen käme, ist die klagende Partei schon im Berufungsverfahren nicht mehr zurückgekommen.

Die Aufhebung der Aufkündigung und die Abweisung des auf Räumung des Bestandobjektes gerichteten Begehrens hatte also schon deshalb zu erfolgen, weil zur Zeit der Zustellung der Aufkündigung der Verkauf der Liegenschaft noch nicht wirksam zustandegekommen war. Die bloße Verkaufsabsicht aber, möge sie auch schon im Stadium vor Vertragsabschluß vorgelegen sein, erfüllt nicht einmal nach der Vereinbarung den Kündigungsgrund.

Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen. Er hat deshalb keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht geeigneten Rechtsmittelschrift (§§ 40 und 50 ZPO).

Anmerkung

E20690

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00569.9.0426.000

Dokumentnummer

JJT_19900426_OGH0002_0060OB00569_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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