TE OGH 1990/4/26 6Ob542/90

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Veröffentlicht am 26.04.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter S***, Kaufmann, Ludlgasse 10a, 4020 Linz, vertreten durch Dr. Johann-Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Margarethe H***, Geschäftsfrau, Goethestraße 32, 4020 Linz, vertreten durch Dr. Viktor Supplit, Rechtsanwalt in Linz, wegen Errichtung eines Notariatsaktes zur Abtretung von Geschäftsanteilen (Streitwert S 115.897,90), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 29. November 1989, GZ. 3 R 196/89-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 2. Dezember 1987, GZ. 2 Cg 72/86-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.172,20 (darin enthalten S 1.028,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger stellte folgende Begehren:

1. Die Beklagte schuldig zu erkennen, nachstehenden Notariatsakt zu schließen und zu unterfertigen:

"Abtretungsvertrag:

Erstens: Frau Margarethe H*** ist Gesellschafterin der S***-Cabarett- und Verlagsgesellschaft mbH; ihr Anteil entspricht einer zur Hälfte eingezahlten Stammeinlage von S 25.000 (Schilling fünfundzwanzigtausend).

Zweitens: Frau Margarethe H*** tritt hiemit ab und übergibt an Peter S*** und letzterer übernimmt von Ersterer diesen unter "Erstens" genannten Geschäftsanteil an der S***-Cabarett- und Verlagsgesellschaft mbH.

Drittens: Der Abtretungspreis beträgt S 12.500 (Schilling zwölftausendfünfhundert); dieser Betrag wurde von Herrn Peter S*** an Frau Margarethe H*** bereits entrichtet;"

in eventu

2. festgestellt wird, daß bei der Generalversammlung vom 30. Dezember 1982 eine formgültige Abtretung des Geschäftsanteiles der Beklagten Margarethe H*** an den Kläger Peter S*** zustandegekommen ist,

in eventu

3. die Beklagte ist schuldig, nachstehende Spezialvollmacht notariell beglaubigt zu unterfertigen: "Ich, endesgefertigte Margarethe H***, Angestellte, geboren am 27. Mai 1954, wohnhaft in 4020 Linz, Schubertstraße 22, erteile hiemit Herrn Rechtsanwalt Dr. Johann-Etienne Korab, Liliengasse 1, 1010 Wien, Vollmacht, für mich einen Abtretungsvertrag in der Form zu schließen, daß ich die auf mich entfallenden 5 % der Geschäftsanteile der S***-Cabarett- und Verlagsgesellschaft mbH im Nominale von S 25.000 (Schilling fünfundzwanzigtausend) an Herrn Peter S***, Kaufmann, Finkengasse 1, 8020 Graz, abtrete. Hinsichtlich des Abtretungspreises erkläre ich, daß dieser bereits vor Unterfertigung dieser Spezialvollmacht durch Herrn Peter S*** berichtigt wurde und daß die Verrechnung diesbezüglich bereits stattgefunden hat. Ferner erteile ich an Dr. Johann-Etienne Korab, Liliengasse 1, 1010 Wien, Vollmacht, aus dieser Abtretung notwendige Registereingaben jeglicher Art für mich zu tätigen und zu fertigen."

Der Kläger brachte dazu vor, er sei zu 95 % Gesellschafter der im Handelsregister des Landesgerichtes Linz eingetragenen Firma "S***-Cabarett- und Verlagsgesellschaft mbH" mit dem Sitz in Linz. Die restlichen 5 % an Geschäftsanteilen habe die Beklagte innegehabt. Die Beklagte sei mit ihm übereingekommen, ihre Geschäftsanteile an ihn abzutreten. Es sei ein Abtretungspreis von S 115.897,90 - dieser Betrag wurde im Laufe des Verfahrens auf S 12.500 berichtigt - vereinbart worden, der an die Beklagte schon entrichtet sei. Die Errichtung eines förmlichen Notariatsaktes sei unterblieben, weil der Kläger von der Formvorschrift nicht informiert gewesen und ihm die Geschehnisse später außer Evidenz geraten seien. Bei Durchsicht der Gesellschaftsunterlagen durch seinen ausgewiesenen Vertreter sei festgestellt worden, daß die formelle Vertragserrichtung immer noch ausstehe. Die Beklagte weigere sich, dem Klagevertreter eine Spezialvollmacht für die Mitwirkung an der Errichtung des erforderlichen Notariatsaktes zu erteilen. Die Beklagte mache diese bzw. die Abtretung des Geschäftsanteiles von der Zahlung eines Betrages von einer Million Schilling abhängig. Punkt 8. des Gesellschaftsvertrages der S***-Cabarett- und Verlagsgesellschaft mbH sehe für den Abtretungsfall eines Geschäftsanteiles vor, daß der Gesellschafter verpflichtet sei, den Mitgesellschaftern den Aufgriff dieses Geschäftsanteiles anzubieten, wobei sich diese binnen 30 Tagen hierüber zu erklären hätten. Dementsprechend habe die Beklagte in der Generalversammlung vom 30. Dezember 1982 ihren Geschäftsanteil um S 12.500 angeboten, der Kläger habe das Anbot angenommen. Auch dadurch habe eine rechtsgültige Abtretung stattgefunden. Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und wandte ein, sie sei zwar grundsätzlich mit dem Kläger übereingekommen, daß sie diesem ihren Geschäftsanteil abtreten werde, es sei bisher aber nicht zu einer Einigung über das Entgelt gekommen. Der zunächst als Abtretungspreis behauptete Betrag von S 115.897,90 sei ihr für bezahlte Verbindlichkeiten der Gesellschaft mbH von dieser erstattet worden. Die Unkenntnis von den Formvorschriften habe der Kläger selbst zu vertreten. Das Aufgriffsrecht komme nicht dem Kläger, sondern der S***-Cabarett- und Verlagsgesellschaft mbH zu. Dem Kläger fehle es diesbezüglich an der aktiven Klagslegitimation. Die Beklagte habe zwar ihre Funktionen in der Gesellschaft zurückgelegt, bei der Auseinandersetzung aber nur ihr Entgelt als Geschäftsführerin sowie jene Beträge begehrt, die sie für die Gesellschaft (zur Etablierung eines Peep-Show-Lokales) aufgewendet habe.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren mit der Einschränkung statt, daß im Punkt 3. des Notariatsaktes, welchen die Beklagte zu unterfertigen schuldig erkannt wurde, der Betrag von S 12.500 als Abtretungspreis nicht aufscheint. Insoweit wies es das Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Mit Notariatsakt vom 28. September 1981 errichteten der Kläger und Johann L***, Kaufmann in Bludenz, die S***-Cabarett- und Veranstaltungsgesellschaft mbH. Die Gesellschaft wurde am 20. November 1981 im Handelsregister des Landesgerichtes Linz eingetragen. Zum Geschäftsführer wurde Johann L*** bestellt. Das Stammkapital von S 500.000 wurde von beiden Gesellschaftern je zur Hälfte übernommen. Punkt 8. des Gesellschaftsvertrages sah ein Aufgriffsrecht der übrigen Gesellschafter bei Veräußerung von Geschäftsanteilen vor, das binnen 30 Tagen ab Aufforderung wahrgenommen werden mußte. Die Veräußerung von Geschäftsanteilen an Nichtgesellschafter bedurfte der Genehmigung durch die Generalversammlung. Anläßlich des Ausscheidens des Johann L*** als Gesellschafter und Geschäftsführer wurde mit der Beklagten vereinbart, daß diese den Geschäftsanteil des Johann L*** im Verhältnis von 10 % der Gesamteinlage übernehmen solle, während dem Kläger zu seinem bisherigen Anteil noch 40 % zuwachsen sollten, sodaß sein Anteil an der Stammeinlage 90 % betragen hätte. Durch ein Versehen bei der Errichtung des Notariatsaktes am 17. Juni 1982 wurden jedoch wegen einer unrichtig ausgestellten Spezialvollmacht nur Geschäftsanteile im Nominale von S 225.000 übertragen, weitere S 25.000 blieben unberücksichtigt, sodaß der Beklagten nur eine Beteiligung an der Gesellschaft von 5 % zukam. Die Beklagte wurde, da der Kläger wegen mehrerer Strafverfahren nicht zum Geschäftsführer bestellt werden konnte, zur alleinigen Geschäftsführerin bestellt und übte ihre Funktion auch aus. Sie tätigte für die Gesellschaft mehrere Geschäfte, die der Inbetriebnahme einer zu errichtenden Peep-Show dienten. Von Juli bis November 1982 bezog die Beklagte ein Geschäftsführergehalt von rund S 5.000. Die Peep-Show löste in Linz einen Skandal aus. Der Beklagten wurde von der Handelskammer Linz nahegelegt, aus der S***-Gesellschaft mbH auszuscheiden, weil sie sonst Gefahr laufe, daß ihre drei Gewerbeberechtigungen von der Gewerbebehörde eingezogen würden. Deshalb und weil auch gegen sie als Geschäftsführerin ein Verwaltungsstrafverfahren (unerlaubter Veranstaltungsbetrieb) anhängig war und sie wegen Verletzung der Bestimmungen des Pornographiegesetzes angeklagt wurde, wollte die Beklagte sowohl als Geschäftsführerin als auch als Gesellschafterin ausscheiden. Sie bot dem Kläger daher in der Generalversammlung am 30. Dezember 1982 (in welcher ihre Abberufung als Geschäftsführerin beschlossen wurde) ihren Geschäftsanteil an. Insgesamt forderte die Beklagte anläßlich ihres Ausscheidens einen Betrag von S 115.987,90, in welchem ein Betrag von S 97.243,30 an Auslagenersatz zum Bau der Peep-Show enthalten war. Der Restbetrag von S 18.654,60 war als Preis für ihren Geschäftsanteil gedacht, welcher seinerzeit als Stammeinlage mit S 12.500 in bar in die Gesellschaftskasse einbezahlt worden war. Der Kläger nahm dieses Anbot noch in der Generalversammlung an, womit für beide Streitteile "alles abgeschlossen und geklärt war."

Eine Durchführung des Geschäftes durch Übertragung des Anteiles der Beklagten an den Kläger in Form eines Notariatsaktes unterblieb, weil die Streitteile über das Bestehen dieser Formvorschrift nicht informiert waren oder sich nicht kümmerten und diese Geschehnisse später außer Evidenz gerieten. Die Beklagte hatte sich aus allen Angelegenheiten, die die Gesellschaft betrafen, zurückgezogen. Sie überbrachte in der Folge dem damaligen Rechtsvertreter des Klägers alle die Gesellschaft betreffenden Unterlagen und erwähnte, mit der "S***" nichts mehr zu tun haben zu wollen. Im Jahre 1984 entwickelte sich eine Korrespondenz zwischen den Rechtsbeiständen darüber, wie der ursprüngliche Fehler bei der Errichtung des Notariatsaktes vom 17. Juni 1982 saniert werden könne. Man kam überein, zunächst die formellen Übertragungsakte von Johann L*** an den Kläger und von Johann L*** an die Beklagte richtigzustellen und erst dann die Übertragung des Geschäftsanteiles von der Beklagten auf den Kläger durchzuführen. Beides unterblieb.

Anläßlich einer Durchsicht der Gesellschaftsakten stellte der Klagevertreter fest, daß die formelle Übertragung der Anteile noch immer nicht erfolgt war. Er forderte die Beklagte zunächst telefonisch auf, eine Spezialvollmacht zu unterfertigen, und wies auf das bereits abgeschlossene Grundgeschäft und die damit erfolgte finanzielle Abfindung der Beklagten hin. Die Beklagte widersprach nicht. Auf sein dann schriftlich abgefaßtes Begehren erhielt der Klagevertreter am 24. Jänner 1986 ein Schreiben der Beklagten, in welchem sie auf die zuerst notwendige Auseinandersetzung mit Johann L*** hinwies. Anfang Februar 1986 erschien in der Zeitschrift "Der Wiener" ein Artikel über den Kläger, in welchem dessen Gesellschaft (gemeint war die S***) als 20 Millionen schwer" bezeichnet wurde. Mit Schreiben vom 12. Februar 1986 begehrte darauf die Beklagte einen Betrag von einer Million Schilling, welcher ihrem Anteil von 5 % an der Stammeinlage entspreche.

Rechtlich kam das Erstgericht zu dem Ergebnis, das Hauptbegehren sei - mit der vorgenommenen Einschränkung - berechtigt, weil der Kläger den Geschäftsanteil der Beklagten gekauft habe und der Vertrag erfüllt worden sei. Die Beklagte habe sich aus allen Angelegenheiten der Gesellschaft zurückgezogen, dem Kläger ihre Stellung als Gesellschafter überlassen und den Kaufpreis erhalten. Die Beklagte habe daher im Innenverhältnis alle Vertragsvorteile konsumiert. Die Einrede des formungültigen Vertrages sei im Gegenstand sittenwidrig, weil die Beklagte die Vorteile des Geschäftes bereits genossen habe. Die Abweisung des im Urteilsantrag enthaltenen Feststellungsbegehrens, daß die Beklagte den Preis von S 12.500 schon bekommen habe, gründe sich darauf, daß die Ergebnisse des Beweisverfahrens einen Abtretungspreis von S 18.654,60 ergeben hätten, eine Feststellung dieses Betrages aber mangels Vorbringens nicht habe erfolgen können.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung sowohl des Hauptbegehrens als auch der beiden Eventualbegehren ab und sprach aus, daß der Streitwert S 300.000 übersteige. Es führte aus, selbst wenn man von den von der Beklagten zum Teil als unrichtig, zum Teil als ergänzungsbedürftig gewerteten Feststellungen des Erstgerichtes, die vom Kläger nicht bekämpft worden seien, ausgehe, seien die Begehren des Klägers schon aus rechtlichen Gründen nicht berechtigt. Sowohl die Entstehungsgeschichte als auch die Formzwecke des § 96 Abs. 2 GmbHG sprächen dafür, daß sowohl die sachenrechtliche Übertragung von Anteilen an einer Gesellschaft m.b.H. selbst als auch jede Verpflichtung zur Übertragung notariatsaktpflichtig seien. Mangels Einhaltung der im Gesetz vorgesehenen Formvorschrift sei die Beklagte keine rechtswirksame Verpflichtung zur Abtretung des streitgegenständlichen Geschäftsanteiles eingegangen. Durch die tatsächliche Erfüllung der vereinbarten Leistungen seitens beider Vertragspartner sei keine rechtsverbindliche Übertragung des Geschäftsanteiles erfolgt. Der Kläger gehe selbst davon aus, daß die Beklagte noch nicht erfüllt habe. Alle Feststellungen des Erstgerichtes in der Richtung, daß die Beklagte dem Kläger durch ihr Zurückziehen aus allen die Gesellschaft betreffenden Angelegenheiten erkennbar die Ausübung der Gesellschafterrechte zuerkannt habe, seien überschießend und durch das Vorbringen nicht gedeckt. Sie seien für die rechtliche Beurteilung nicht verwertbar, weil sie nicht unter den geltend gemachten Klagegrund fielen. Es sei daher auch nicht entscheidend, ob die Beklagte der Behauptung des Klägers entsprechend das vereinbarte Entgelt für die Übertragung des Geschäftsanteiles bereits erhalten habe oder nicht. Es könne nicht von einer vollständigen Erfüllung des Vertrages ausgegangen werden. Dies komme auch dadurch zum Ausdruck, daß die Beklagte durch das Hauptbegehren und das zweite Eventualbegehren des Klägers auf Vertragserfüllung belangt werde. Auch dem Eventualbegehren auf Feststellung, daß bei der Generalversammlung am 30. Dezember 1982 eine formgültige Abtretung des Geschäftsanteiles der Beklagten an den Kläger zustandegekommen sei, fehle die Berechtigung. Der vom Erstgericht festgestellte Inhalt des Punktes 8. des Gesellschaftsvertrages enthalte nämlich keine entsprechende Konkretisierung einer vorweg vereinbarten Abtretung, es könne daher nicht davon gesprochen werden, daß der nun streitgegenständliche Abtretungsfall bereits stipuliert sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Klägers kommt keine Berechtigung zu.

Der Revisionswerber wendet sich vor allem gegen die Rechtsansicht, durch § 76 Abs. 2 (erster Satz) GmbHG werde nicht nur das Verfügungsgeschäft sondern auch das Verpflichtungsgeschäft der Formpflicht unterworfen und beruft sich hiezu insbesondere auf die in NZ 1986, 212 = JBl. 1987, 580 veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes. Diese Entscheidung ist vereinzelt geblieben. Zutreffend hat schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß dort nur darüber zu entscheiden war, inwieweit auch Zusatzvereinbarungen im Rahmen des im übrigen in Notariatsaktform geschlossenen Verpflichtungsgeschäftes der Notariatsaktpflicht unterliegen. Die generelle Aussage, daß ein Notariatsakt grundsätzlich nur für das Verfügungsgeschäft nicht auch für das Verpflichtungsgeschäft, mit welchem die Übertragung der Geschäftsanteile vereinbart wird, besteht, wurde bloß am Rande ohne nähere Begründung und nur mit dem Hinweis auf Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 626 getroffen, welcher eine Aussage in dieser Formulierung gar nicht macht, sondern vielmehr nur zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft unterscheidet und ausführt, daß der sich zur Übertragung verpflichtende Gesellschafter die Heilung der unwirksamen Übertragung durch formungültige Errichtung eines Notariatsaktes verweigern kann. Demgegenüber haben die weitaus überwiegende Judikatur des Obersten Gerichtshofes, auch in jüngster Zeit - zum Teil unter ausdrücklicher Ablehnung der Entscheidung NZ 1986, 212 (GesRZ 1989, 229) - und der Großteil der Lehre die Ansicht vertreten, daß auch das Verpflichtungsgeschäft der Notariatsaktform bedarf (NZ 1986, 37; WBl. 1987, 160; GesRZ 1989, 225; Peter Bydlinski in NZ 1986, 241 f; Schauer in RdW 1986, 358 f; Lessiak in GesRZ 1988, 217 f; Hachenburg, GmbHG7, § 15 Rz 14 und 15). Diesem Standpunkt schließt sich der erkennende Senat an. Die vom Revisionswerber vor allem gegen die ausführlich begründete Ansicht von Peter Bydlinski (aaO) ins Treffen geführten Argumente vermögen nicht zu überzeugen. Zweck der Formvorschrift ist die Immobilisierung der Geschäftsanteile, deren "Zirkulationsfähigkeit und Negoziabilität" unterbunden werden sollte (vgl. die EB zur RV 236 Beilagen HH XVII. Session 1904, 52, 59 und 84 f. sowie Bericht der Spezialkommission des HH, 272 Beil. HH XVII. Session 1905, 5) sowie der Schutz beim Erwerb einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, deren Gebarungskontrolle gegenüber der Aktiengesellschaft für die Öffentlichkeit entscheidend weniger einsichtig bleibt. Die Übertragung von Geschäftsanteilen ist nämlich ein Rechtsvorgang, der nicht nur einem bloßen Gläubigerwechsel entspricht, sondern eine Vertragsübernahme durch Eintritt in die volle gesellschaftsrechtliche Stellung mit sich bringt, die mit dem Geschäftsanteil verbunden ist. Die Formvorschrift dient aber auch der Publizität, es soll möglichst evident sein, wer jeweils gerade Gesellschafter ist. Eine Heilung des formungültigen Übertragungsaktes durch Erfüllung machte aber gerade mehrfache Umsätze von Anteilen ohne sachenrechtlichen Übertragungsakt möglich. Da § 76 Abs. 2 zweiter Satz GmbHG auch Vereinbarungen über die Verpflichtung eines Gesellschafters zur künftigen Abtretung eines Geschäftsanteiles dem Formgebot unterwirft, würde es schließlich einen nicht zu rechtfertigenden Wertungswiderspruch darstellen, Rechtsgeschäfte, die dem späteren Hauptvertrag vorangehen, einer strengeren Formpflicht zu unterwerfen als diesen selbst. Aus einem formfrei geschlossenen Vertrag über die Veräußerung von Anteilen an einer Gesellschaft m.b.H., mag auch der vereinbarte Preis bezahlt sein, kann daher nicht auf Erfüllung, das heißt auf Errichtung eines Notariatsaktes über die Abtretung oder auf Unterfertigung einer dazu dienenden Spezialvollmacht geklagt werden. Dem widerspricht auch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ 56/119 nicht, in welcher nur ausgesprochen wurde, daß das Begehren auf Rückzahlung eines anläßlich einer formungültigen Übertragung von Geschäftsanteilen bezahlten Kaufpreises für die Geschäftsanteile auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles sittenwidrig sein kann. Eine generelle Heilung des Formmangels durch Erfüllung (Entgegennahme des vereinbarten Entgeltes und "Überlassung der Gesellschafterstellung") kann daraus nicht abgeleitet werden.

Die erforderliche Notariatsaktform kann durch den Gesellschaftsvertrag nicht abbedungen werden. Durch den Gesellschaftsvertrag sind zwar Erschwerungen bei der Übertragung von Geschäftsanteilen, nicht aber Erleichterungen von der Formvorschrift möglich. Der Gesellschaftsvertrag kann daher etwa die Übertragbarkeit und Teilbarkeit von Geschäftsanteilen gegenüber den gesetzlichen Bestimmungen weiter einschränken, die Zustimmung der übrigen Gesellschafter zur Abtretung oder auch ein Aufgriffsrecht vorsehen, nicht aber für den Fall der Ausübung die Einhaltung der Form ersetzen. Ein solches Aufgriffsrecht im Gesellschaftsvertrag könnte etwa mit einer Option auf den Erwerb von Geschäftsanteilen verglichen werden, welche auch der Notariatsaktform bedarf. Die Ausübung muß wiederum in der vorgeschriebenen Form erfolgen. Punkt 8. des Gesellschaftsvertrages ist aber jedenfalls nicht so formuliert, daß darin bereits eine vollständige Einigung über die Abtretung von Geschäftsanteilen zu schon festgelegten Bedingungen stipuliert wäre. Es kommt daher auch dem Eventualbegehren auf Feststellung, daß bei der Generalversammlung vom 30. Dezember 1982 eine formgültige Abtretung des Geschäftsanteiles der Beklagten an den Kläger zustandegekommen sei, keine Berechtigung zu. Der Revision war somit nicht Folge zu geben.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Der Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes hat keinen Einfluß auf den der Kostenberechnung zugrunde zu legenden Streitwert.

Anmerkung

E20967

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00542.9.0426.000

Dokumentnummer

JJT_19900426_OGH0002_0060OB00542_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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