Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elisabeth P***, Lehrerin, Innsbruck, Technikerstraße 40, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Gertrude G***, Pensionistin, Schwaz, Knappenanger 26, vertreten durch Dr. Johann P. Cammerlander, Dr. Harald Vill, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen restlicher S 378.145,-- samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 3. Oktober 1989, GZ 1 R 178/89-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 13. Februar 1989, GZ 5 Cg 444/87-13, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 13.602,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.267,10 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist die Witwe des am 23.3.1987 verstorbenen Egon G***. Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 23.10.1987, 2 A 234/87, wurde ihr auf Grund des wechselseitigen Testamentes vom 14.2.1970 der gesamte Nachlaß rechtskräftig eingeantwortet. Im Dezember 1981 war Egon G*** mit der Klägerin in der Wohnung der Klägerin eine Lebensgemeinschaft eingegangen, die bis zu seinem Tode gewährt hatte. Vereinbarungen über die finanzielle Gebarung waren von der Klägerin und Egon G*** nicht getroffen worden. Während aufrechter Lebensgemeinschaft schenkte Egon G*** der Klägerin eine Aktie im Wert von S 100.000. Die Klägerin begehrt den Zuspruch des Betrages von S 398.895 samt Anhang. Egon G*** habe ihr wiederholt mitgeteilt und zugesichert, daß er sich von seiner Ehegattin scheiden lassen und sie heiraten wolle. Er werde sein Testament zu ihren Gunsten abändern. Sie habe im Vertrauen auf diese Zusagen Egon G*** unentgeltlich betreut und gepflegt. Sie hätte ihre Leistungen nicht unentgeltlich erbracht, wenn sie damit hätte rechnen müssen, daß sie keine Zuwendungen erhalten werde. Egon G*** sei in ständiger ärztlicher Behandlung gestanden. Sie habe ihn gepflegt und versorgt. Er habe ihr als Entgelt dafür die Änderung seines Testamentes versprochen, dazu sei es wegen seines raschen Ablebens nicht gekommen. Sie begehre daher für den Zeitraum von April 1984 bis März 1987 ein monatliches Entgelt für Pflegeleistungen von S 8.000, das seien insgesamt S 288.000. Sie habe weiters für Egon G*** von November 1986 bis März 1987 in dessen Rasthaus in Seefeld verschiedene Arbeiten durchgeführt. Für 190 Stunden begehre sie ein Entgelt von S 19.000. Ihr stehe auch die Hälfte der monatlichen Mietzinszahlungen ab Dezember 1981, das seien S 69.945 zu. Sie habe weiters einen Betrag von S 1.200 vorgestreckt und für Egon G*** Einkommensteuerzahlungen in der Höhe von S 20.750 geleistet. Die Beklagte wendete ein, ihr verstorbener Gatte habe sich weder von ihr scheiden lassen noch sein Testament zugunsten der Klägerin abändern wollen. Die Klägerin könne auf keinerlei Zusagen vertraut haben. Egon G*** habe während der Dauer der Lebensgemeinschaft Barabhebungen von S 2,325.000 getätigt. Dieser Betrag sei gemeinsam mit der Klägerin verbraucht worden. Durch das Eingehen einer Lebensgemeinschaft entstünden keine gegenseitigen Rechte und Pflichten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, während der Lebensgemeinschaft sei das Gehalt der Klägerin und das Einkommen des Egon G*** zur Deckung der laufenden Ausgaben herangezogen worden. Die Kosten für mehrmalige jährlich durchgeführte ausgedehnte Reisen seien (ziemlich) ausschließlich aus dem Einkommen des Egon G*** bezahlt worden. Egon G*** habe während aufrechter Lebensgemeinschaft insgesamt S 2,300.000 verbraucht. Ein Teil dieses Geldes sei für die Krankenversorgung Egon G*** aufgewendet worden. Egon G*** habe seit Mitte 1986 zumindest fallweise unter einem angegriffenen Gesundheitszustand gelitten. Die Klägerin habe ihn betreut und gepflegt, sie habe diese Tätigkeit im unterschiedlichen Ausmaß nahezu täglich erbracht. Ob Egon G*** auf Grund seiner gesundheitlichen Probleme so pflegebedürftig gewesen sei, daß er sich allein überhaupt nicht mehr hätte versorgen können, könne allenfalls für die letzte Zeit (ca. einen Monat) vor seinem Tod festgestellt werden. Ein Entgelt für die von der Klägerin im Rasthaus in Seefeld geleisteten Arbeiten sei nicht vereinbart worden. Es könne nicht festgestellt werden, in welchem Verhältnis die beiderseitigen Einkommen zur Deckung der Lebensausgaben herangezogen worden seien, ob Egon G*** einen Teil der verbrauchten S 2,300.000 zur Schaffung von Wertanlagen verwendet habe, ob er der Klägerin über die Aktie hinaus Geschenke gemacht oder in Aussicht gestellt habe, ob er sich von der Beklagten habe scheiden lassen wollen, um die Klägerin zu heiraten, ob er das wechselseitige Testament zugunsten der Klägerin abändern habe wollen, ob er die Klägerin als testamentarische Alleinerbin habe einsetzen wollen und ob die Klägerin Egon G*** einen Betrag von S 1.200 vorgestreckt habe.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, die Leistungen der Klägerin seien freiwillig erbracht worden. Die Klägerin habe nur dann Anspruch auf ein Entgelt für ihre im Rahmen der Lebensgemeinschaft erbrachten Leistungen, wenn nach dem Willen beider Teile ein solches ausdrücklich oder schlüssig bedungen oder vorbehalten worden sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge. Es sprach der Klägerin unangefochten den Betrag von S 20.750 samt Anhang (Einkommensteuerzahlungen zugunsten des Egon G***) zu, das Mehrbegehren blieb abgewiesen. Es übernahm, soweit es bei der Abweisung des Klagebegehrens blieb, die auf Grund eines mängelfreien Verfahrens getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes. Für eine Feststellung, daß Egon G*** die Klägerin letztwillig habe bedenken wollen, bestehe nach den Verfahrensergebnissen kein zwingender Grund. Aus der unbestreitbaren Tatsache, daß Egon G*** sein Testament nicht zugunsten der Klägerin geändert habe, müsse bezweifelt werden, ob sich Egon G*** der Klägerin als Erklärungsempfänger tatsächlich in einer so bestimmten Weise geäußert habe, daß diese auf die Ernstlichkeit eines solchen Vorhabens habe schließen dürfen. Es fehle an überzeugenden Beweisen dafür, daß Egon G*** der Klägerin Versprechungen gemacht habe, die so beschaffen gewesen seien, daß sie die Klägerin hätten veranlassen können, ihm weiterhin zur Seite zu stehen, ihn zu betreuen, im Krankheitsfall zu pflegen und teilweise ihr eigenes Einkommen für den Lebensunterhalt beider Personen aufzuwenden, weil sie hätte erwarten dürfen, hiefür abgegolten zu werden. Ein Zuspruch für die während einer Lebensgemeinschaft geleisteten Dienste bestehe aber nur dann, wenn eine ausdrückliche oder stillschweigende Zusicherung einer Entlohnung bewiesen werde oder wenn sonst aus dem beiderseitigen Verhalten hervorgehe, daß ein Entgelt gewährt werden sollte oder den Umständen nach anzunehmen sei, daß die Leistungen nur im Hinblick auf eine in Aussicht gestellte spätere Gegenleistung erbracht worden seien. Der bloße Wegfall der Erwartung des Eheabschlusses genüge nicht, um einen Entlohnungsanspruch der Lebensgefährtin zu begründen. Der Klägerin seien Beweise für solche Umstände nicht gelungen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte (§ 510 Abs 3 ZPO), nicht vor. Die vom Berufungsgericht (zusätzlich) getroffenen Feststellungen, es müsse bezweifelt werden, Egon G*** habe sich der Klägerin gegenüber so bestimmt dahin geäußert, er werde sie letztwillig bedenken, daß diese auf die Ernstlichkeit eines solchen Vorhabens habe schließen können, es fehle an übereinstimmenden Beweisen dafür, daß Egon G*** der Klägerin Versprechungen in dieser Richtung gemacht habe, die so beschaffen gewesen seien, daß sie die Klägerin hätten veranlassen können, Egon G*** zu betreuen und zu pflegen, und zum Teil eigenes Einkommen für beider Lebensunterhalt in der Erwartung aufzuwenden, sie werde hiefür abgegolten werden, werden in der Revision nicht bekämpft. Soweit die Klägerin in ihrer Rechtsrüge davon ausgeht, sie habe im Vertrauen auf Äußerungen ihres Lebensgefährten diesen gepflegt, versorgt und zweckverfehlte Arbeitsleistungen erbracht, geht sie daher von einem urteilsfremden Sachverhalt aus.
Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt erweist sich auch die Rechtsrüge nicht als berechtigt.
Es entspricht ständiger, von der Lehre gebilligter Rechtsprechung, daß von einem Lebensgefährten während des Bestehens der Lebensgemeinschaft erbrachte Leistungen und Aufwendungen in der Regel unentgeltlich sind. Wurde eine Entlohnung nicht vereinbart, steht dem Lebensgefährten ein Anspruch nur dann zu, wenn er seine Leistungen in der objektiv erkennbaren Erwartung eines späteren Vermögensvorteiles erbracht hat (JBl. 1988, 213 mwN, zuletzt 6 Ob 725/87; Krejci in Rummel2 Rz 28 zu § 1151; Grillberger in Schwimann, ABGB, Rz 5 zu § 1152). Die Klägerin behauptete zwar, Egon G*** habe ihr derartige Zusagen gemacht und sie habe ihre Leistungen im Vertrauen auf diese Zusagen erbracht, nach den getroffenen Feststellungen steht aber nicht fest, daß Egon G*** der Klägerin Zusagen gemacht habe geschweige denn, daß die Klägerin ihrem Lebensgefährten zugekommene Leistungen in der für diesen erkennbaren Erwartung erbracht habe, er werde sie heiraten oder sie letztwillig bedenken.
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E20559European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00566.9.0502.000Dokumentnummer
JJT_19900502_OGH0002_0010OB00566_9000000_000