Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*** Gesellschaft mbH & Co KG, Graz, Wiener Straße 331, vertreten durch Dr.Josef Friedrich, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei R*** Gesellschaft mbH & Co KG, Mürzzuschlag, Mariazeller Straße 1, vertreten durch Dr.Eduard Saxinger und Dr.Peter Baumann, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 360.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 26.Jänner 1990, GZ 4 a R 209/89-13, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 19.Mai 1989, GZ 7 Cg 30/89-7, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Beide Streitteile betreiben den Einzelhandel mit Elektrowaren. Die Beklagte kündigte in einer Ende 1988 im oberen Mürztal zu Werbezwecken verteilten Postwurfsendung mit der Überschrift
"EIN expert LEISTUNGSBEWEIS"
sowie mit den weiteren Werbebehauptungen
"LIEBER GLEICH ZUM E*** FACHHÄNDLER", "NUMMER 1 IN EUROPA",
"DIE FACHGESCHÄFTE MIT DEM NIEDRIGPREIS " und
"TIEF REDUZIERTE EINZELSTÜCKE FINDEN SIE UNTER DEM K.O. SYMBOL IN
UNSEREM GESCHÄFT" u.a. Rowenta Dampfbügeleisen mit Teflon-Sohle um S 398,-- statt S 598,-- und Panasonic Bodenstaubsauger um S 1.498,-- statt S 1.995,-- an.
Weitere "statt"-Preis-Angebote finden sich auf der anderen Seite der Postwurfsendung. Diese Seite enthält unten links in Kleinstdruck den Hinweis "Stattpreise sind unsere bisherigen Verkaufspreise". Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, beim Einzelhandelt mit Elektrowaren, insbesondere mit Rowenta Dampfbügeleisen mit Teflon-Sohle und Panasonic Bodenstaubsaugern, Preisgegenüberstellungen ohne nähere Hinweise darauf vorzunehmen, welche Preise einander gegenübergestellt werden; sie verbindet damit ein entsprechendes Veröffentlichungsbegehren.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe ausreichend deutlich darauf hingewiesen, daß die "statt"-Preise ihres bisherigen Verkaufspreise waren.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt und wies das Veröffentlichungsbegehren ab. Aus dem versendeten Prospekt gehe nicht ausreichend deutlich hervor, auf welche Preise die Beklagte zu Vergleichszwecken Bezug genommen habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht, der Berufung der Klägerin aber teilweise Folge; es ermächtigte die Klägerin zur Veröffentlichung des Urteilsspruches in der Regionalausgabe Bruck/Mürztal der "Kleinen Zeitung" und wies das Veröffentlichungsmehrbegehren ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei, da der Entscheidung über wettbewerbsrechtliche Fragen zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit stets eine erhebliche Bedeutung zukomme. Die zweite Instanz billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß der Hinweis der Beklagten, die "statt"-Preise seien ihre bisherigen Verkaufspreise, leicht zu übersehen gewesen sei.
Die Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision "zu verwerfen".
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Die Werbung mit Preisgegenüberstellungen, insbesondere mit sogenannten "statt"-Preisen, verstößt nach ständiger Rechtsprechung gegen § 2 UWG, wenn mangels näherer Erläuterung, welche Preise zum Vergleich herangezogen werden, eine Irreführung des Käuferpublikums möglich ist. Wegen der suggestiven Wirkung einer solchen Werbemethode ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen und im Interesse der angesprochenen Verkehrskreise zu fordern, daß aus dem Wortlaut und dem Gesamtbild der als Einheit zu betrachtenden Ankündigung ausreichend deutlich hervorgeht, auf welche Preise jeweils zu Vergleichszwecken hingewiesen wird (ÖBl 1984, 99 mwN;
ferner ÖBl 1984, 17, 77 und 156; ÖBl 1986, 66; ÖBl 1988, 75;
MR 1989, 181). Eine Werbung mit "statt"-Preisen ist insbesondere
dann nicht zu beanstanden, wenn bei der Ankündigung eines zeitlich
begrenzten "Sonderangebotes" klar zum Ausdruck kommt, daß außerhalb
des Zeitraums, für den die Waren zu herabgesetzten Preisen angeboten
werden, die jeweils angeführten "statt"-Preise gelten, nach dem
Gesamteindruck der Ankündigung also nur ein Vergleich zwischen den
für die Zeit des Sonderangebotes herabgesetzten Preisen und den
sonst vom Ankündigenden allgemein geforderten Preisen in Betracht
kommt (ÖBl 1984, 99 mwN; ÖBl 1986, 66; ähnlich 4 Ob 60/88
Ä"Aktionspreis"Ü). Ein deutlicher Hinweis auf den bisher verlangten
eigenen Verkaufspreis kann auch in anderen Formulierungen zum
Ausdruck kommen, wie z.B. in den Wendungen "bisher (mit
gleichzeitigem Durchstreichen des Preises) ... jetzt" (ÖBl 1974,
17) oder "statt ... jetzt" (im Zusammenhang mit der Ankündigung
einer beschränkten Stückzahl; ÖBl 1984, 156) oder - in den Fällen
einer in Prozenten ausgedrückten Preisgegenüberstellung (ÖBl 1977,
10; ÖBl 1979, 128; ÖBl 1984, 77; MR 1989, 181) - in der Wortfolge "
... bis zu 50 % reduziert ... "(ÖBl 1988, 75), bzw "-50 %" (MR 1989,
181).
Alle diese Voraussetzungen liegen aber hier nicht vor und werden von der Revisionswerberin auch nicht behauptet. Die beanstandeten Preisgegenüberstellungen können im Zusammenhang mit den Wendungen "Lieber gleich zum Expert Fachhändler", "ein expert Leistungsbeweis" und "Die Fachgeschäfte mit dem Niedrigpreis durch Großeinkauf" von einem jedenfalls noch erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise auch als Vergleich mit dem - nicht näher erläuterten - Preisniveau von Mitbewerbern verstanden werden. Die Revision stützt sich lediglich darauf, daß der (nur) auf einer Seite des Werbeblattes abgedruckte Hinweis "Stattpreise sind unsere bisherigen Verkaufspreise" unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks der beanstandeten Werbung auch bei flüchtiger Betrachtung ausreichend deutlich sei; ob das zutrifft, ist aber - abgesehen davon, daß die Revisionswerberin den vor allem durch die blickfangartig hervorgehobenen Teile des Flugblattes geprägten Gesamteindruck mit dem - hier nicht maßgebenden - Gesamtinhalt (ÖBl 1977, 37; ÖBl 1982, 68; ÖBl 1983, 42 ua) gleichsetzt - keine erhebliche Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO. Ob ein die Irreführungseignung ausschließender Hinweis die erforderliche Deutlichkeit und den notwendigen Auffälligkeitswert besitzt, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks der Ankündigung beurteilt werden (ÖBl 1984, 77). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der Entscheidung über wettbewerbsrechtliche Fragen zur Wahrung der Rechtseinheit und der Rechtssicherheit stets erhebliche Bedeutung zukomme, widerspricht im übrigen den vom Obersten Gerichtshof zur Revisionsbeschränkung in Wettbewerbssachen entwickelten Abgrenzungen (ÖBl 1984, 48, 66 und 104 uva).
Die Revision ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 40, 50 ZPO. Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, gebührt ihr für die Revisionsbeantwortung kein Kostenersatz.
Anmerkung
E20645European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00064.9.0508.000Dokumentnummer
JJT_19900508_OGH0002_0040OB00064_9000000_000