Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Mai 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofko als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wesselin M*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG sowie eines Finanzvergehens über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. Feber 1990, GZ 6 d Vr 4.932/89-142, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Wesselin M*** wurde des (vollendeten) Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG sowie des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt. Darnach hat er
I. den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer großen Menge aus- und eingeführt sowie in Verkehr gesetzt, indem er am 16.Mai 1989 2.660 Gramm Heroin aus Österreich in die Bundesrepublik Deutschland ausführte und in Hamburg einem Unbekannten verkaufte, wobei die Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift begangen wurde, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge ausmachte;
II. vorsätzlich eine Sache, nämlich die zu I angeführte Suchtgiftmenge, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen wurde, an sich gebracht, verheimlicht und verhandelt (strafbestimmender Wertbetrag 859.180 S).
Rechtliche Beurteilung
Die lediglich gegen den Schuldspruch wegen des Suchtgiftverbrechens gerichtete, auf die Gründe der Z 5, 5 a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht gerechtfertigt.
Nach den erstgerichtlichen Feststellungen (US 8) hat der Angeklagte gewußt, daß es sich bei dem von ihm übernommenen, aus Österreich ausgeführten und in die Bundesrepublik Deutschland eingeführten sowie dort an einen Unbekannten verkauften 2.660 Gramm Suchtgift um Heroin in der (der Qualifikationsnorm des § 12 Abs 3 Z 3 SGG) entsprechenden Menge gehandelt hat. Damit hat es zunächst die Wissenskomponente des Tätervorsatzes in bezug auf die Eignung der Suchtgiftmenge, in übergroßem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen, sogar in der - vom Gesetz für das Verbrechen nach § 12 SGG gar nicht vorausgesetzten - besonderen Form des § 5 Abs 3 StGB konstatiert. Daß aber der Angeklagte den dem gesetzlichen Tatbild des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG entsprechenden Sachverhalt, nämlich das Ausführen, Einführen und Inverkehrsetzen einer übergroßen Suchtgiftmenge auch verwirklichen wollte, ist durch die im Urteil ausführlich dargestellten mannigfachen zielgerichteten Aktivitäten des Angeklagten, die ungewollt gar nicht denkbar sind und daher ein auf den tatbestandsmäßigen Erfolg gerichtetes Wollen implizieren, ebenfalls festgestellt. Der im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) erhobene, der Sache nach indes einen Feststellungsmangel (Z 9 lit a) in Ansehung der Wollenskomponente des Vorsatzes relevierende Einwand des Beschwerdeführers, das Urteil enthielte lediglich Feststellungen zur Wissenskomponente, geht solcherart nicht von den eigentlichen Urteilsfeststellungen aus und ist daher nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt.
Diese Feststellungen zur subjektiven Tatseite sind aber mit Berufung auf das volle Geständnis des Angeklagten (US 7 iVm S 585 bis 611/I, ON 53, S 269 bis 279/II) auch zureichend begründet (Z 5) worden. Zwar hat sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung damit verantwortet, sich erstmals in ein Suchtgiftgeschäft eingelassen zu haben (S 271, 275/II) und nicht zu wissen, "welche Gefahr durch so viel Heroin herbeigeführt wird" (S 276/II), doch war angesichts der vom Beschwerdeführer zugestandenen konkreten Umstände betreffend Menge (2,66 kg), Preis (100.000 DM) und Qualität (S 597, 601/I) sowie die notorische Gefährlichkeit von Heroin darin allein noch kein solcher Einwand gelegen, durch den der nach den sonstigen Verfahrensergebnissen indizierte Tatvorsatz in Beziehung auf eine übergroße Suchtgiftmenge ernsthaft in Frage gestellt und der daher im Urteil zu erörtern gewesen wäre.
Eben deshalb ergeben sich aus den Akten auch keine erheblichen Bedenken (Z 5 a) gegen die dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.
Die auf eine Ausschaltung der Qualifikation nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG abzielende Subsumtionsrüge (Z 10) ist unbeachtlich, weil sie in prozeßordnungswidriger Weise auf die angebliche Vorstellung des Angeklagten von einer schwächeren Qualität und Art des Rauschgiftes abstellt und sich damit zu den oben wiedergegebenen anderslautenden Feststellungen des Urteils in Widerspruch setzt.
Abschließend ist noch zu vermerken, daß die Übergabe des Suchtgiftes an einen verdeckten Fahnder der Polizei (US 6) bloß als Versuch des Inverkehrsetzens zu beurteilen gewesen wäre (RZ 1989/6), doch ist durch diesen Rechtsirrtum des Erstgerichtes dem Angeklagten kein Nachteil (§ 290 Abs 1 StPO) erwachsen, weil das Suchtgiftverbrechen in Ansehung der Aus- und Einfuhr jedenfalls vollendet war.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher als offenbar unbegründet, im übrigen aber als nicht gesetzmäßig ausgeführt schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die damit verbundene Berufung folgt (§ 285 i StPO).
Anmerkung
E20540European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0140OS00057.9.0508.000Dokumentnummer
JJT_19900508_OGH0002_0140OS00057_9000000_000