Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Mai 1990 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofko als Schriftführerin in der Medienrechtssache des Antragstellers Mag. Dr. Karl Heinz F*** gegen die Antragsgegnerin L***-GesmbH wegen der §§ 14 ff MedienG (AZ 34 b E Vr 442/89 des Landesgerichtes Linz) über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 27.Juli 1989, AZ 8 Bs 178/89, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, jedoch in Abwesenheit des Antragstellers und eines Vertreters der Antragsgegnerin zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 27. Juli 1989, AZ 8 Bs 178/89, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 19 Abs. 1 MedienG.
Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird in seinem Kostenausspruch aufgehoben und dem Oberlandesgericht Linz aufgetragen, gemäß dem § 19 Abs. 2 Z 2 MedienG iVm § 390 a StPO über die Kosten des Verfahrens neu zu entscheiden.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 4.April 1989, GZ 34 b E Vr 442/89-6, wurde der Antrag des Mag. Dr. Karl Heinz F*** abgewiesen, der Firma L***-GesmbH die Veröffentlichung der mit Schreiben des Antragstellervertreters vom 20. Februar 1989 geforderten Entgegnung in der Wochenzeitung "Braunauer Rundschau" aufzutragen. Dieser Antrag nahm Bezug auf den in der Ausgabe des genannten Druckwerks vom 16.Februar 1989 veröffentlichten Artikel folgenden Inhaltes:
" Streithähne am Faschingsball
S***. Während einer Ballveranstaltung in der Freizeithalle kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem 40-jährigen Gemeindebeamten Karl S*** aus Schalchen und dem 33-jährigen Juristen Dr. Karl Heinz F*** aus Mattighofen.
Um seinem Ärger Luft zu machen, warf S*** seinem
Kontrahenten ein Glas nach, das jedoch sein Ziel verfehlte und den unbeteiligten Hauptschullehrer Gerhard H*** (24) traf. Dieser mußte ins Krankenhaus Braunau eingeliefert werden."
Die begehrte Entgegnung sollte lauten:
"In der Ausgabe der Braunauer Rundschau vom Donnerstag, dem 16. Februar 1989, wurde unter "Bezirk Mattighofen", Seite 11, in der Überschrift eines Artikels folgendes behauptet und im darauffolgenden Text auf die Person von Herrn Mag. Dr. Karl Heinz F*** Bezug genommen: Streithähne am Faschingsball.
Diese Behauptung ist unwahr.
Wahr ist vielmehr:
Anläßlich der Faschingsdienstagballveranstaltung in Schalchen wurde Herr Mag. Dr. Karl Heinz F*** vom Gemeindebediensteten Karl S*** aus Schalchen, welcher erheblich alkoholisiert war, plötzlich tätlich von hinten angegriffen und zunächst mit einem Faustschlag gegen das Ohr attackiert. Etwa eine viertel bis eine halbe Stunde später versuchte Karl S*** einen weiteren Angriff, indem er ein Bierglas warf, wodurch der Hauptschullehrer Gerhard H*** verletzt wurde. Mag. Dr. Karl Heinz F*** gab für die Übergriffe des Karl S*** weder einen entsprechenden Anlaß noch hat er sich aktiv an einem Streitgespräch beteiligt."
Mit Urteil vom 27.Juli 1989, AZ 8 Bs 178/89, gab das Oberlandesgericht Linz der Berufung des Antragstellers teilweise Folge und trug der Antragsgegnerin als Medieninhaberin der periodischen Druckschrift "Braunauer Rundschau" auf, in der nächsten oder übernächsten Nummer dieses Druckwerkes in der im § 13 Abs. 3 MedienG beschriebenen Form folgende gemäß dem § 17 Abs. 1 MedienG auf ihren wesentlichen Aussageinhalt reduzierte Entgegnung zu veröffentlichen:
"E***
In der Ausgabe der Braunauer Rundschau vom 16.Februar 1989 wurde unter "Bezirk Mattighofen", S 11, in der Überschrift eines Artikels folgendes behauptet und im darauffolgenden Text auf die Person von Herrn Mag. Dr. Karl Heinz F*** Bezug genommen:
Streithähne am Faschingsball.
Diese Behauptung ist unwahr.
Wahr ist vielmehr: Mag. Dr. Karl Heinz F*** hat sich aktiv
an einem Streitgespräch nicht beteiligt".
Im übrigen wurde der Berufung nicht Folge gegeben und der darüber hinausgehende Antrag des Antragstellers auf Veröffentlichung des Entgegnungsbegehrens abgewiesen.
Gemäß den §§ 19 Abs. 1 MedienG, 390 a StPO wurde der Antragsgegnerin der Ersatz der Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz auferlegt, weil "der Antragsteller mit seinem Antrag auf Veröffentlichung in bezug auf den gegen ihn erhobenen Vorwurf, bei dem damaligen Vorfall ein Streithahn gewesen zu sein, zur Gänze obsiegte"; die Frage des Umfanges der Entgegnung trete "gänzlich in den Hintergrund", weil bei der anzustellenden Prüfung "nicht auf die Anzahl der Sätze oder gar Worte, sondern ... vielmehr auf inhaltliche Kriterien abzustellen" sei (AS 56). Auf § 19 Abs. 2 MedienG wurde nicht Bezug genommen.
Rechtliche Beurteilung
Diese Kostenentscheidung des Oberlandesgerichtes Linz steht - wie die Generalprokuratur richtig darlegt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Nach der - zwingenden, billigem Ermessen
unzugänglichen - Bestimmung des § 19 Abs. 1 MedienG ist die Verpflichtung des Antragsgegners zum Ersatz der gesamten Verfahrenskosten daran geknüpft, daß der Antragsteller mit seinem Veröffentlichungsantrag zur Gänze obsiegt; dies setzt, da die Veröffentlichung einer begehrten Entgegnung im vorgerichtlichen Verfahren grundsätzlich ohne Einschränkungen und Weglassungen zu geschehen hat (§ 13 Abs. 7 MedienG) auch im Hinblick auf die mit einer unentgeltlichen Veröffentlichung verbundenen finanziellen Einbußen des Medieninhabers eine zumindest annäherungsweise gegebene Identität der gerichtlich angeordneten Veröffentlichung mit dem dem Knappheitsgebot des § 9 Abs. 3 MedienG unterliegenden ursprünglichen Entgegnungsbegehren voraus. Davon kann vorliegend aber keine Rede sein, enthielt doch das - völlig zu Recht der teilweisen Abweisung verfallene (§ 17 Abs. 1 letzter Satz MedienG) - Begehren zu einem nicht unerheblichen Teil über den zu entgegnenden Artikelinhalt hinausgehende Mitteilungen und überschritt den zur Information der Leser unbedingt notwendigen Umfang bei weitem, weshalb das Berufungsgericht nur die Veröffentlichung des Teiles der Entgegnung anordnete, der den Erfordernissen des § 9 Abs. 3 MedienG entsprach (S 55). Daß der Antragsteller dabei mit seiner unverkennbaren Zielsetzung, den Vorwurf einer aktiven Beteiligung als "Streithahn" an einer Auseinandersetzung zu bestreiten, durchgedrungen ist, ändert nichts an der auch aus der Fassung des Berufungsurteiles (teilweise Abweisung des Veröffentlichungsbegehrens) klar hervorleuchtenden Tatsache, daß der Antragsteller nicht zur Gänze, sondern nur mit einem Teil seines Antrages obsiegte. Sohin liegen die (allein angesprochenen) Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 MedienG für den Kostenzuspruch aber nicht vor.
Damit war der von der Generalprokuratur gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes stattzugeben, der Beschwerde unter sinngemäßer Heranziehung der Bestimmungen der §§ 292, 288 Abs. 2 StPO (§ 14 Abs. 3 MedienG) auch konkrete Wirkung zuzuerkennen und der die Antragsgegnerin benachteiligende Kostenersatzausspruch aufzuheben. Der Anregung der Generalprokuratur, sogleich in der Sache selbst zu erkennen und die Kosten aufzuteilen, konnte allerdings nicht entsprochen werden, weil diese inhaltlich nicht von vornherein determinierte, auch von tatsächlichen Feststellungen abhängige Ermessensentscheidung dem Gericht vorbehalten werden muß, das auf Teilveröffentlichung erkannt hat, im vorliegenden Fall dem Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht (vgl ua Mayerhofer-Rieder2 E 93 zu § 292 StPO).
Anmerkung
E20803European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0110OS00044.9.0509.000Dokumentnummer
JJT_19900509_OGH0002_0110OS00044_9000000_000