Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Mai 1990 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofko als Schriftführerin in der Strafsache gegen Najib H*** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 3.Jänner 1990, GZ 29 Vr 1.589/89-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1.Februar 1953 geborene tunesische Staatsangehörige Najib H*** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in Innsbruck unmündige Personen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht zu haben, indem er
1. am 28.Mai 1989 der am 8.August 1976 geborenen Barbara L*** an den Geschlechtsteil griff;
2. am 4.Juni 1988 der am 10.Juli 1978 geborenen Daniela A*** und der am 4.August 1979 geborenen Martina Z*** jeweils an den Geschlechtsteil griff und einen Finger in die Scheide einführte.
Der Angeklagte bekämpft seinen Schuldspruch mit einer auf die Z 5, 5 a, 9 lit a, 9 lit c und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, außerdem den Strafausspruch mit Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt in keinem Punkt Berechtigung zu. Das inhaltlich nicht differenzierte Vorbringen zur Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5 a) erweist sich weder in der einen noch in der anderen Richtung als stichhältig. Jene Erwägungen, aus denen das Erstgericht die den Angeklagten detailliert im Sinn des bekämpften Schuldspruchs belastenden Darstellungen der Tatopfer Barbara L***, Daniela A*** und Martina Z*** in der Hauptverhandlung, nicht aber den (nach tatrichterlicher Auffassung hemmungsbedingt) weniger bestimmten Angaben vor der Polizei folgte, sind in den Urteilsgründen ausführlich dargelegt (S 101 bis 103), ohne daß dabei wesentliche Verfahrensergebnisse unberücksichtigt geblieben wären. Die Angaben der Zeugin A***, wonach ihr Badeanzug (der Tatausführung förderlich) im Genitalbereich etwas weit und leicht verrutschbar gewesen sei, bedurfte der Beschwerdeauffassung zuwider als nicht entscheidungswesentlich ebensowenig einer gesonderten Erörterung, wie die Frage allfälliger Schmerzempfindungen der Tatopfer Daniela A*** und Martina Z***, die höchstens die Intensität der Fingermanipulationen des Angeklagten an den Geschlechtsteilen der Mädchen, nicht aber die Tatausführung an sich betrifft.
Keine (geschweige denn erhebliche) Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen vermag die Beschwerde zu erwecken, soweit sie das im Vergleich zu den Aussagen in der Hauptverhandlung größere zeitliche Naheverhältnis der polizeilichen Angaben der Tatopfer zu den Tathandlungen betont und insbesondere ohne nähere sachliche Substantiierung in den erstgerichtlichen Ausführungen zur subjektiven Tatseite (S 104 und 105) "jegliche fundierte Grundlage" der Feststellungen zur vorsätzlichen Tatbegehung vermißt. Die gleichfalls nicht ausdrücklich nach den geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgründen differenzierten Rechtsrügen gelangen insgesamt nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Dem Beschwerdestandpunkt zuwider setzt der Nachweis einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung den Vergleich des festgestellten Sachverhaltes mit dem Gesetz voraus und ist nicht aus dem Vorwurf "unrichtiger Feststellungen aufgrund einer unrichtigen Beweiswürdigung" ableitbar. Soweit sich die Beschwerde dagegen wendet, daß das Erstgericht dem Gutachten des gerichtspsychiatrischen Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Heinz P*** auch darin folgte, daß die im Verfahren hervorgekommenen objektiven Tatmodalitäten an sich dem Verhaltensmuster einer heterosexuellen Perversion pädophiler Art entsprechen, macht sie der Sache nach erneut keinen Rechtsirrtum, vielmehr (allerdings ohne plausibles Argument) Bedenklichkeit der tatrichterlichen Beweiswürdigung geltend (Z 5 a). Im Rahmen der Rechtsrüge fehl am Platz ist auch der sinngemäße Vorwurf eines formellen Begründungsmangels, den die Beschwerde (ersichtlich unter Außerachtlassung der bezüglichen Urteilsausführungen - S 103) in einer unzureichenden Berücksichtigung der das Spiel des Angeklagten mit den eigenen Kindern betreffenden Verfahrensergebnisse erblickt. Letztlich kann auch davon nicht die Rede sein, daß der erstgerichtliche Strafausspruch mit Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 11 StPO behaftet wäre. Zum einen sind die Voraussetzungen für die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht nach dem § 43 Abs. 1 StGB nur mit Berufung geltend zu machen, zum anderen entbehrt die vermeintlich gesetzwidrige Nichtbeachtung der Bestimmungen nach den §§ 31, 40 StGB in bezug auf die im Verfahren zu AZ 8 U 847/88 des Bezirksgerichtes Innsbruck ergangene Verurteilung (vom 23.Mai 1989) schon deshalb jedweder Grundlage, weil sie der hier abgeurteilten Tathandlung vom 28.Mai 1989 (Faktum 1) voranging.
Die aus den dargelegten Erwägungen insgesamt nicht berechtigte Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils nach der Z 2, teils nach der Z 1 (iVm dem § 285 a Z 2) des § 285 d Abs. 1 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Über die Berufung wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Innsbruck zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E20505European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0110OS00042.9.0509.000Dokumentnummer
JJT_19900509_OGH0002_0110OS00042_9000000_000