TE OGH 1990/5/10 6Ob527/90

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Veröffentlicht am 10.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei

L***-H*** N***, 1010 Wien, Wipplinger

Straße 2, vertreten durch Dr. Wolf-Dieter Arnold, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Dr. Gottfried Peloschek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Franz D***, Kaufmann,

2. Dr. Herbert J***, Kaufmann, beide 1010 Wien, Judenplatz 6 beide vertreten durch Dr. Wilhelm Rosenzweig, Dr. Otto Dietrich, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 2,107.502,28 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 14.September 1989, GZ 3 R 91/89-84, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 31.Dezember 1988, GZ 11 Cg 124/80-79, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 23.823,85 (darin enthalten S 3.970,64 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte zunächst von der S*** D***

H*** UND K*** Gesellschaft mbH (im folgenden kurz S*** D*** genannt) den während des Verfahrens

eingeschränkten Betrag von S 2,107.502,28 sA an 3 % Bereitstellungszinsen für den Zeitraum vom 16.Dezember 1977 bis 31. Oktober 1980. Nach Änderung der Rechtsform dieser Gesellschaft mit beschränkter Haftung auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes, deren Gesellschafter die nunmehr beiden Beklagten sind, wurde die Beklagtenbezeichnung entsprechend geändert.

Die Klägerin brachte im wesentlichen vor, sie habe der S*** D*** am 23.6.1977 eine Hypothekar-Darlehensbewilligung über 25 Millionen Schilling eingeräumt. Für die Bereithaltung des Darlehens seien vereinbarungsgemäß nach Verstreichen von zwei Monaten ab dem Datum der Bewilligung (somit ab 23.8.1977) bis zur Auszahlung Bereitstellungszinsen von 1/4 % pro Monat zu berechnen. In der Promesse sei ausdrücklich festgehalten, daß im Falle eines gänzlichen oder teilweisen Verzichtes auf das Darlehen Bereitstellungszinsen bis zum Einlangen der Verzichtserklärung berechnet würden. Die S*** D*** habe das Darlehen nur mit S 565.161,00 in Anspruch genommen. Die anteiligen Bereitstellungszinsen habe die Klägerin unbeanstandet in Rechnung gestellt. Über den Restbetrag von nahezu 24,5 Millionen Schilling habe die S*** D*** über drei Jahre nicht disponiert. Die Klägerin sei daher von ihrer Zusage zurückgetreten und habe den aushaftenden Darlehensrest mit sofortiger Wirkung zurückgefordert. Die Zahlung der nunmehr eingeklagten Bereitstellungszinsen sei jedoch verweigert worden.

Die S*** D*** und in der Folge die beiden Beklagten bestritten das Klagebegehren nur dem Grunde nach und wandten ein, die Promesse sei lediglich von der Klägerin unterfertigt, diese habe in die halbjährlichen Rechnungsabschlüsse Bereitstellungszinsen nie aufgenommen und den gänzlichen Verzicht der Beklagten auf das bewilligte Darlehen zur Kenntnis genommen. Das Verhalten der Klägerin verstoße gegen Treu und Glauben und gegen die guten Sitten. Es sei nur eine Grundsatzzusage der Klägerin vorgelegen. Die Bedingungen für eine Darlehenszuzählung seien nicht erfüllt gewesen. Wegen Nichtvorliegens wesentlicher Beurteilungsgrundlagen sei das Darlehen nicht zuzählungsreif gewesen.

Das Erstgericht wies die Klage unter Zugrundelegung der folgenden Feststellungen ab: 1963/64 gründeten der Landwirt Heinrich P*** aus der Ramsau sowie die Wiener Kaufleute Franz D*** und Dr. Herbert J*** die S*** D*** S*** Gesellschaft

mbH und hielten je ein Drittel der Geschäftsanteile. Die R*** D***-S*** wurde errichtet und schließlich von der D*** F*** Aktiengesellschaft übernommen. Danach schied der Gesellschafter Heinrich P*** aus, die nunmehrigen Beklagten wurden Hälfteeigentümer der 1973 umbenannten S*** D***

H***- UND K*** Gesellschaft mbH, deren Rechtsnachfolgerin ab dem 27.5.1982 die Franz D*** und Dr. Herbert J*** Gesellschaft nach bürgerlichem Recht wurde. Mangels Entfaltung einer Geschäftstätigkeit wurde auch diese Gesellschaft Ende 1983 unter voller Haftung der beiden Gesellschafter liquidiert, die Liegenschaften, insbesondere die auch hier gegenständliche EZ 349 KG Ramsau Grundbuch Schladming gingen in deren Privateigentum über.

Ab dem Jahre 1963 führten Franz D*** und Dr. Herbert J***, letzterer mit Praxis im Polizeidienst (Verwaltungsdienstprüfung A) und beim Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsprüfung) mehrere Finanz- und Geschäftsprojekte durch.

So erlangte die S*** D*** am 8.10.1976 eine Baubewilligung zur Errichtung eines Fremdenverkehrsbetriebes auf der Liegenschaft EZ 349 KG Ramsau, allerdings mit zahlreichen Bedingungen und einer Befristung für den Beginn der Bauarbeiten bis 1981. Vorgesehen waren ein Schnellrestaurant mit Geschäftslokalen und Appartements zum Verkauf. Das Projekt wurde als "Projekt Türlwand" bezeichnet. Die Bedingungen konnten aus verschiedenen Gründen nicht erfüllt werden, und zwar mangels geeigneter Partner für die Finanzierung sowie wegen des Auslaufens der Geschäftsbeziehungen zur klagenden Bank. Überdies wurden nie detaillierte Baupläne, Ertragsberechnungen und dergleichen erstellt. Am 23.6.1977 wurde aber von der Klägerin, mit der eine jahrelange Geschäftsbeziehung bestand, eine als "Hypothekar-Darlehensbewilligung" bezeichnete Urkunde ausgefertigt, deren grundsätzliche Bestimmungen lauten wie folgt:

"Herrn/Frau S*** D*** H***- UND K***

GesmbH in Gluckgasse 1, 1010 Wien

Projekt: Türlwand

Die Hypo-Bank hat Ihnen über Ihr Ansuchen ein Darlehen von Schilling 25,000.000,- bewilligt, welches bei termingerechter und vollständiger Entrichtung der Halbjahresraten (Kapitalstilgung jeweiligen Zinsen und Verwaltungskostenbeitrag) sowie sonst etwa fälliger Zahlungen mit der Bezahlung der 40.Halbjahresrate getilgt ist.

Für dieses Darlehen gelten außer den im beiliegenden Schuldscheinentwurf enthaltenen noch nachstehende Bedingungen:

1. Zur Sicherung des Darlehens muß das Pfandrecht grundbücherlich einverleibt werden. Diesem Pfandrecht dürfen nur folgende bücherliche Eintragungen vorangehen: Ob EZ 349 die Eintragungen COZ 3, 4 und 5. Alle anderen Vorlasten müssen entweder gelöscht werden oder dem nunmehr bewilligten Darlehen den Vorrang einräumen.

2. Diese Darlehensbewilligung erlischt, wenn nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten (vom Datum dieser Darlehensbewilligung an gerechnet) nachstehende Urkunden in vollkommen ordnungsgemäßer Ausfertigung bei der Hypo-Bank eingelangt sind.

a) Der nach dem beiliegenden Entwurf ausgestellte von Ihnen (vor einem Notar oder vor Gericht) beglaubigt gefertigte Originalschuldschein (eine Abschrift dient für das Grundbuch).

b) Die anbei mitfolgende Erklärung im Original (Auf Grund dieser Erklärung ist die Eintragung im Grundbuch zu erwirken, daß die der Hypo-Bank zustehende Darlehensforderung samt allem Anhang als Deckung für Pfandbriefe haftet).

c)

Der für die Hypo-Bank bestimmte Grundbuchsbeschluß.

d)

Die neueste über die als Pfand bestellten Liegenschaften, vom Gericht ausgestellte bzw. ergänzte Grundbuchsabschrift.

......

f) Der Nachweis über die Feuerversicherung der Gebäude

(Versicherungs-Polizze, welche....)

g) Der bei der Feuerversicherungsanstalt erhältliche, zugunsten

der Landeshypothekenbank Niederösterreich ausgestellte Sperrschein

über die Versicherung.

h) Die Vorrangseinräumungserklärung(en) bezüglich der Lasten,

die in diesem Darlehen der Hypo-Bank den Vorrang einräumen.

i) Einen Handelsregisterauszug

j) Eine Amtsbestätigung über die Zeichnungsberechtigung

derjenigen Personen, die die Schuldurkunde unterfertigen.

......

10. Für die Bereithaltung eines Geldbetrages in der Höhe des

Ihnen bewilligten Darlehens werden nach zwei Monaten vom Datum

dieser Bewilligung an bis zur Auszahlung des Darlehens Zinsen

(Bereitstellungszinsen) von 1/4 % für den Monat verrechnet. Im Falle

eines gänzlichen oder teilweisen Verzichtes auf das Darlehen werden

Bereitstellungszinsen bis zum Einlangen der Verzichtserklärung

berechnet.

........

              12.              Auszahlungen aus diesem Darlehen erfolgen grundsätzlich nach Maßgabe des Baufortschrittes".

Diese Urkunde ist nur von der klagenden Partei unterzeichnet. Am 4.7.1977 unterfertigten beide Teile einen Schuldschein, in welchem der Schuldner bestätigt, von der Landeshypothekenbank Niederösterreich ein Darlehen im Betrag von 25 Millionen Schilling erhalten zu haben. In den Darlehensbedingungen (die unter anderem Verzinsung, Geldbeschaffungskosten von 1 %, Kosten und Spesentragung sowie Halbjahresleistungen von S 1,361.000 jeweils am 1.4. und am 1.10. eines jeden Jahres festlegen) findet sich kein Hinweis auf Bereitstellungszinsen.

Bei der Vorstellung des Projektes Türlwand gegenüber den zuständigen Vorständen der Klägerin, Fritz K*** und Herbert M***, wurde auch eine Baukostenberechnung des Architekten Dipl.Ing. Hans P*** mit einer Gesamtsumme von knapp unter 25 Millionen Schilling vorgelegt. Auf die Frage der Vorstände nach den Baunebenkosten wurden diese mit etwa 5 Millionen Schilling errechnet. Diesen Betrag sollte die S*** D*** selbst aufbringen. Da diese noch auf den Grundankauf Raten an die Klägerin zurückzuzahlen hatte, wobei die Forderung von 5 Millionen Schilling auf den EZ 349 und EZ 320 der KG Ramsau sichergestellt war - diese Forderung ist im übrigen "heute" bezahlt - , war allen Beteiligten klar, daß sich die S*** D*** nach einem Partner umsehen mußte. Einen solchen wollte man im Sommer des Jahres 1977 in Form der Familie K***, welche in der Ramsau in der Nähe des Projektes schon einen Hotelbetrieb hatte, finden. Der Generaldirektor der Klägerin, Dr. Norbert O***, lehnte jedoch Anfang Oktober 1977 eine Kreditgewährung an die Familie K*** mit der Begründung ab, die Bank könne bei dem schon vorgesehenen Kreditverhältnis nicht auch noch dem Partner für das grundsätzlich gleiche Geschäft einen Kredit gewähren. Die Beklagten verblieben daher mit Generaldirektor Dr. Norbert O*** so, daß sie weiter um einen Partner mit Eigenkapital bemüht sein werden. Da die Aussicht jedoch nicht sehr groß erschien, wurde die Übertragung der Promesse, wie schon in vorangegangenen Geschäftsfällen, nunmehr auf ein Kleinkraftwerkprojekt bei Schladming oder auf ein Ärztehaus in Schladming in Erwägung gezogen. Der Generaldirektor der klagenden Bank zeigte sich sehr interessiert, insbesondere wegen der Projektslage in der Steiermark. Fest stand zu diesem Zeitpunkt (Oktober 1977) zwischen Generaldirektor Dr. Norbert O*** und den Beklagten jedenfalls, daß das Projekt Türlwand zumindest bis zum Finden eines neuen potenten Partners nicht stattfinden werde. Weder dabei noch zu einem anderen Zeitpunkt wurden die Beklagten von Generaldirektor Dr. Norbert O*** oder einem Beamten seiner Bank auf Bereitstellungszinsen hingewiesen. Der für die Verhandlungen federführende Zweitbeklagte hat an Bereitstellungszinsen, abgesehen davon, daß solche im Schuldschein nicht angeführt sind, auch deshalb nicht gedacht, weil er die Hypothekar- und Darlehensbewilligung vom 23.6.1977 nur als Grundsatzpromesse ansah und zahlreiche Bedingungen noch nicht erfüllt waren. Für den Zweitbeklagten fehlte es vor allem auch an Rückzahlungsterminen oder festgelegten Ratenbeträgen. Das Interesse an der Geschäftsverbindung war auf beiden Seiten jedenfalls gleich groß, man wollte die mit Kosten verbundenen Eintragungen der Hypotheken aufrechterhalten, um allenfalls noch weitere Geschäfte tätigen zu können. Tatsächlich waren bereits S 316.250 an Eintragungsgebühr sowie Schuldschein- und Stempelgebühren von S 200.070 aufgelaufen, welche als Darlehensvorschuß zuzüglich Zinsen, Geldbeschaffungskosten und Bereitstellungszinsen von der Klägerin am 12.12.1977 abgerechnet wurden. Gegen die in der Abrechnung angeführten Bereitstellungszinsen von S 3.791,44 hat man auf Seiten der Beklagten "aus Kulanzgründen" nicht remonstriert.

In weiterer Folge waren auf dem Darlehenskonto keine Bewegungen, mit Ausnahme der halbjährlichen Zinsenvorschreibungen zu verzeichnen. Diese erfolgten mit dem Text: "Bei Ihrem Darlehen wird in Kürze eine Rückzahlungsverbindlichkeit fällig. Diese sowie etwaige Rückstände oder Guthaben wollen Sie nebenstehender Aufstellung entnehmen" oder "bei Ihrem Darlehen/Kredit wird in Kürze eine Halbjahresleistung zur Zahlung fällig. Ihren Betrag zuzüglich etwaiger Rückstände finden Sie als Gesamtbetrag ausgewiesen". Ein Hinweis auf Bereitstellungsprovisionen findet sich dabei nicht, insbesondere sind trotz des oben wiedergegebenen Textes in diesen Vorschreibungen keinerlei Rückstände ausgewiesen.

Ab Mai 1978 setzte eine Zeitungskampagne gegen die Beklagten ein. Ab dem Frühjahr 1979 begann sich bei der Klägerin bezüglich ihrer Projektfinanzierungen ein großes Unbehagen zu regen, es lagen dabei auch politische Gründe vor.

Ein Schreiben der klagenden Bank vom 22.3.1979, in welchem die Klägerin anfragte, wann mit einer Realisierung des Projektes beziehungsweise der Inanspruchnahme des Darlehens gerechnet werden könne, wurde von den Beklagten ebenso telefonisch erledigt, wie dies schon anläßlich der Vorschreibung von halbjährlichen Rückzahlungsraten in Höhe von S 1,361.000 am 12.12.1977 geschehen war.

Ab der Jahresmitte 1979 hatte die S*** D*** trotz der vorliegenden Promesse, der grundbücherlichen Sicherstellung und der Anfinanzierung mit über S 500.000 von der Klägerin keinerlei Zahlung mehr erhalten. Selbst unter der Voraussetzung, daß eine Finanzierung für das Projekt Türlwand fix zugesagt war, hätte die klagende Bank ab Mitte 1979 dafür keine Beträge mehr flüssig gemacht. Auch für den Vorstand der Klägerin Fritz K*** galt das Projekt Türlwand jedenfalls in der 41.Kuratoriumssitzung der Klägerin am 21.11.1979 als "zerschlagen".

Am 14.10.1980 forderte die Klägerin die S*** D***

auf, Bereitstellungszinsen von S 2,305.016,98 bis 14.10.1980 oder von S 2,337.596,73 bis 31.10.1980 binnen 14 Tagen zu überweisen und sich umgehend mit der Bank in Verbindung zu setzen, "um das weitere Procedere der Darlehensabwicklung festzulegen", widrigens der Darlehenssaldo in Höhe von S 565.191,00 ebenfalls zurückgefordert werden müsse.

Nach erfolgloser Korrespondenz hinsichtlich der Bereitstellungszinsen kam es schließlich zur Klagsführung. Die Verständigung des Schuldners durch die Bank über den jeweiligen aktuellen Stand eines Kontos ist üblich und wird von den Geldinstituten auch gehandhabt, damit der Kunde laufend den Umfang seiner Verfügungsmöglichkeiten über das Konto oder seine Verpflichtungen aus dem Konto kontrollieren kann.

Die klagende Bank entwickelte sich ab 1970 von einer reinen Hypothekenbank zu einer Kommerzbank und befaßte sich ab 1972 mit großen Ausleihungen im Zusammenhang mit Objektfinanzierungen. Das Besondere dabei war, daß der Bank als Sicherheiten nur die Liegenschaft oder das Gebäude dienten. Überprüfungen in Richtung Baukosten, Wirtschaftlichkeit sowie überhaupt dahingehend, ob ein Darlehen zurückgezahlt werden kann, wurden nicht angestellt, es wurden auch keine Kontoauszüge über bereits aufgelaufene Bereitstellungszinsen versandt. Es kam im übrigen auch durchaus vor, daß keine Bereitstellungszinsen vereinbart wurden.

Der zuständige Leiter der ab 1.10.1974 aus der Darlehensabteilung hervorgegangenen Kommunal- und Kreditabteilung, Fritz K***, sowie der Leiter der Hypothekarabteilung, Herbert M***, hielten sich "wie bisher" an die Bestimmungen der Realschätzordnung und arbeiteten nach ihrem selbst als bescheiden eingestuften Ausbildungsstand nach bestem Wissen und Gewissen. Geeignete Fachleute gab es in der klagenden Bank nicht, auch nicht im Direktorium (Generaldirektor Dr. Norbert O*** sowie die Direktoren M*** und Dr. N***) oder im Kuratorium, welchem acht ehemalige Politiker angehörten. Unter ihnen befand sich gleichfalls kein Bankfachmann.

Für die Bearbeitung von Darlehensanträgen oder von Darlehensakten gab es keinerlei Vorschriften oder Richtlinien, dies entgegen der Satzung. Direktor Herbert M*** wußte gar nicht, daß es eine Geschäftsordnung gab. Bei der Entscheidungsfindung war das Direktorium und hier insbesondere Generaldirektor Dr. Norbert O*** maßgeblich, der auch gegen seine Sachbearbeiter entschied und in dessen Hand es lag, ob Anträge dem Kuratorium zur Entscheidung weitergegeben wurden oder nicht. Obwohl die Direktoren Herbert M*** und Fritz K*** ab Mitte 1976 in mündlicher und schriftlicher Form alle Schwachstellen deutlich aufgezeigt und auf Abhilfe durch intensive Schulung, Aufstockung des Personales und ähnliche Maßnahmen gedrängt hatten und obwohl ein Schulungs- und Organisationsausschuß installiert und über die Einstellung eines Fachmannes für Kommerz- und Großkunden seitens der Direktion verhandelt worden war, endeten alle diese Bemühungen ohne konkretes Ergebnis. Auch ein letzter dramatischer Appell im April 1979 zeitigte kein konkretes Ergebnis.

Rechtlich leitete das Erstgericht aus diesem Sachverhalt ab, es sei davon auszugehen, daß die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen anzuwenden seien. Nach deren Punkt 9. seien die Konten mindestens einmal jährlich abzuschließen und Rechnungsabschlüsse zu erteilen, dies sei hinsichtlich der angefallenen Bereitstellungszinsen nicht geschehen. Entscheidungswesentlich sei aber die Frage, ob Bereitstellungszinsen überhaupt durch Willensübereinstimmung vereinbart worden seien. Dies müsse verneint werden. Im übrigen habe die Klägerin nach den getroffenen Feststellungen als Gläubigerin sich ihres Rechtes auf Bereitstellungszinsen auch durch Verzicht begeben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es führte aus, es fehle an jedem Anhaltspunkt, daß vor der "Hypothekar- und Darlehensbewilligung" der Klägerin vom 23.6.1977 ein bereits entsprechend inhaltlich konkretisierter Antrag vorgelegen sei. Die Urkunde sei nur von der Klägerin, nicht aber von der S*** D*** unterfertigt. Das Ansuchen eines

präsumtiven Kreditnehmers um Einräumung eines Kredites stelle nach der österreichischen Bankpraxis noch kein Anbot auf Abschluß eines Kreditvertrages dar, es sei nur eine Einladung an die Bank, dem Kunden ein Anbot auf Abschluß eines Kreditvertrages zugehen zu lassen, das dann alle wesentlichen Einzelheiten des Vertragsabschlusses enthalte. Der Abschluß eines Kreditvertrages durch konkludentes Verhalten sei nicht üblich. Die Hypothekar- und Darlehensbewilligung der Klägerin könne daher nicht als Vertrag angesehen werden, weil es an einer "vorangehenden inhaltlich übereinstimmenden Willenserklärung der Beklagten" gefehlt habe. Auch aus dem nachfolgenden Verhalten der Parteien ergebe sich nicht, daß eine Vereinbarung über die Zahlung von Bereitstellungszinsen zustandegekommen sei. Der von beiden Parteien unterfertigte Schuldschein enthalte auf vier Seiten Bedingungen, die vereinbarungsgemäß für dieses Darlehen hätten gelten sollen. Die Verpflichtung der Darlehensnehmerin zur Zahlung von Bereitstellungszinsen sei dort ebensowenig aufgenommen, wie ein Hinweis auf die von der Klägerin allein unterfertigte Hypothekar- und Darlehensbewilligung. Auch aus der Tatsache, daß die Beklagten anläßlich der ersten Teilzuteilung von S 565.191,00, welche insbesondere die bei der grundbücherlichen Durchführung aufgelaufenen Gebühren betroffen habe, gegen die Vorschreibung relativ geringer Bereitstellungszinsen von S 3.791,44 keine Einwände erhoben hätten, lasse sich keine Vereinbarung zur Zahlung von Bereitstellungszinsen für das gesamte zugesagte Darlehen ableiten. Für die Beklagten habe nach dem Gesetz, nach Treu und Glauben und nach der Verkehrssitte keine Verpflichtung bestanden, die Klägerin darauf hinzuweisen, daß Bereitstellungszinsen nicht vereinbart seien. Es verstoße vielmehr gegen Treu und Glauben, daß die Klägerin ihrerseits nie auf eine ihrer Ansicht nach bestehende Vereinbarung von Bereitstellungszinsen hingewiesen habe, obwohl für sie seit Oktober 1977 klar gewesen sei, daß das Projekt Türlwand zumindest so lange nicht verwirklicht werden könne, bis die Beklagten einen neuen Partner gefunden hätten.

Rechtliche Beurteilung

Die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin steht zunächst unter Berufung auf die Rechtslehre in der Bundesrepublik Deutschland (Canaris, Bankvertragsrecht, GroßKomm HGB3, III/3, 631, Rz 1226) auf dem Standpunkt, die Bank habe grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung einer "Bereitstellungsprovision", diese werde auch ohne besondere Abrede geschuldet.

Dieser Ansicht kann in dieser allgemeinen Form nicht gefolgt werden. Zunächst ist anzumerken, daß Canaris (aaO, Rz 1226 ff) nur generell die einzelnen Ansprüche der Bank darlegt und erläutert, aber nicht ausführt, daß diese möglichen Ansprüche in jedem Fall kumulativ zustehen müssen. So hat auch der deutsche Bundesgerichtshof in der von der Revisionswerberin zitierten Entscheidung (III ZR 184/84) nach der Darstellung in der Revision ausgesprochen, daß einer Bank, die sich verpflichtet hat, ein Darlehen auf Abruf auszuzahlen, die als Gegenleistung vereinbarten Bereitstellungszinsen zustehen, auch wenn das Darlehen nicht abgenommen wird. Zur österreichischen Bankpraxis führen Schinnerer-Avancini (Bankverträge3, II, 29) aus, daß auf die Anlastung von Bereitstellungs- und Kreditprovisionen in letzter Zeit in zunehmendem Maße verzichtet wird. Diese Ansicht wird durch die vom Sachverständigen Dr. Rudolf H*** im vorliegenden Prozeß eingeholten Stellungnahmen einer ganzen Reihe von Bankinstituten mit durchaus unterschiedlichen Geschäftsschwerpunkten untermauert, welche zum größten Teil keine Bereitstellungszinsen verlangen, jedenfalls aber die hier geltend gemachte Höhe als unüblich bezeichnen, wobei es keinem Zweifel unterliegt, daß dabei immer nur von vereinbarten Bereitstellungszinsen ausgegangen wurde. Es wurde auch von den Vorinstanzen nicht festgestellt, daß die Vereinbarung von Bereitstellungszinsen branchenüblich wäre. Welches Entgelt ein Kredit- oder Darlehensnehmer der Bank schuldet, hängt von der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung ab.

Die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß eine wirksame Vereinbarung über die Zahlung von Bereitstellungszinsen nicht zustandegekommen ist, ist zutreffend. Auch die Klägerin gesteht in der Revision zu, daß die nur von ihr unterfertigte Hypothekar- und Darlehensbewilligung für sich allein mangels einer vorangehenden, inhaltlich übereinstimmenden Willenserklärung der Beklagten nur ein Anbot auf Abschluß eines Vertrages darstellt, will aber die Unterfertigung des Schuldscheines vom 4.7.1977 als Annahmeerklärung gewertet wissen.

Da der Abschluß von Verträgen zwischen Bank und Kunden, die die gegenseitigen Rechte und Pflichten festlegen, durch konkludentes Verhalten generell - nicht nur bei Kreditverträgen, sondern auch bei Hypothekardarlehensverträgen - keineswegs üblich ist (vgl. SZ 54/161 mwN) und der österreichischen Bankpraxis nicht entspricht, weil die Schriftlichkeit solcher Vereinbarungen nicht zuletzt auch der Wahrung der Interessen der Bank entspricht, muß ein strenger Maßstab bei der Prüfung der Frage angelegt werden, ob nach der Verkehrssitte, den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eine Handlung eindeutig in einer bestimmten Richtung zu verstehen ist. Es darf entsprechend § 863 ABGB kein vernünftiger Grund übrig bleiben, daran zu zweifeln, daß der Wille besteht, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen.

In der Hypothekar- und Darlehensbewilligung ist ausdrücklich festgehalten, daß außer den im beiliegenden Schuldscheinentwurf enthaltenen Bedingungen noch eine ganze Reihe weiterer (in 12 Punkte gegliederter) Bedingungen für das zu gewährende Darlehen zu gelten hat. Die Unterfertigung des Schuldscheines, der auf die Promesse in keiner Weise Bezug nimmt, bedeutet zunächst nur die Erfüllung einer, wenn auch wesentlichen Bedingung aus vielen, nicht aber, wie die Klägerin meint, schon eine Willensübereinstimmung über alle in der Promesse angeführten Abreden; dies insbesondere dann nicht, wenn in den beiden Urkunden einzelne Bedingungen gleich geregelt sind, andere voneinander abweichend und letztlich einzelne Bedingungen nur in einer der beiden Urkunden aufscheinen. Bei solchen Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten kann von einer konkludenten Zustimmung zu allen in der Promesse enthaltenen Bedingungen durch Unterfertigung des Schuldscheines jedenfalls nicht gesprochen werden. So haben die Beklagten zu Recht darauf hingewiesen, daß sogar die nur in der Promesse enthaltenen Bedingungen unklar und widersprüchlich sind, denn einerseits werden Bereitstellungszinsen für die Bereithaltung eines Geldbetrages in der Höhe des bewilligten Darlehens nach zwei Monaten vom Datum der Bewilligung an bis zur Auszahlung des Darlehens (also nach dem Wortlaut vom jeweils noch nicht ausgenützten Betrag) begehrt und stimmt der Berechnungsmodus der Klägerin mit diesem Wortlaut nicht überein, andererseits sollten Auszahlungen aus dem Darlehen grundsätzlich nur nach Maßgabe des Baufortschrittes erfolgen, dem Kunden somit die Darlehensvaluta, deren vollständigen Empfang er im Schuldschein quittiert hat, jedenfalls nur in Teilbeträgen über einen längeren Zeitraum zukommen. Um von einer konkludenten Annahme aller Bestimmungen der Promesse ausgehen zu können, insbesondere auch der geforderten Bereitstellungszinsen, wäre nach Unterfertigung des Schuldscheines jedenfalls ein Verhalten der Beklagten erforderlich gewesen, aus dem klar und unzweifelhaft zu schließen gewesen wäre, daß sie bereit waren, alle in der Promesse enthaltenen Bedingungen, ohne erst in Zukunft zu treffende Regelungen oder Abänderungen zu akzeptieren. Schon im Oktober 1977 war klar, daß das Projekt ohne einen weiteren Partner mit Eigenkapital nicht verwirklicht werden konnte, die Aussicht, einen solchen zu finden, nicht sehr groß erschien, und daß bereits damals eine Übertragung der Promesse auf ein anderes Projekt in Erwägung gezogen wurde, an welchem sich die Klägerin sehr interessiert zeigte, weil sie ihre Geschäfte in den Raum Steiermark ausdehnen wollte. Wenn dies vom Erstgericht auch nicht ausdrücklich in die Feststellungen aufgenommen wurde, so ergibt sich aus von den Parteien vorgelegten, insoweit unbestrittenen Urkunden, daß im Zuge der mehrere Jahre bestehenden Geschäftsbeziehung Bereitstellungszinsen, wenn sie überhaupt vereinbart wurden und der entsprechende Punkt im Vordruck der Promesse nicht gestrichen war oder nachträglich auf deren Verrechnung verzichtet wurde, nur zur Vorschreibung kamen, wenn ein Bauvorhaben auch tatsächlich durchgeführt wurde, nicht aber, wenn es in der Folge unterblieb.

Auch nach dieser Übung und der in Bankkreisen unüblichen,

improvisierten Vorgangsweise der Klägerin waren die Beklagten nicht

verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen, daß

Bereitstellungszinsen nicht vereinbart seien. Bei der Größenordnung

der Geschäfte, welche die Beklagten zum Teil durchführten und zum

Teil planten und verhandelten, kann aus der unbeanstandeten Zahlung

des in der Abrechnung vom 12.12.1977 über S 565.191,- (vorwiegend

Kosten anläßlich der Errichtung des Schuldscheines) enthaltenen,

nicht aufgeschlüsselten Betrages von Bereitstellungszinsen in Höhe

von  S 3.791,44 jedenfalls nicht abgeleitet werden, die Beklagten

hätten damit generell der Zahlung von Bereitstellungszinsen, also

auch für den darüber hinausgehenden, nicht ausgenützten Betrag von

rund 24,5 Millionen Schilling, bis zu einem völlig ungewissen

Zeitpunkt in der Zukunft zugestimmt. Vielmehr war beabsichtigt,

durch "Übertragung der Promesse auf ein neues Projekt" neuerliche,

schon aufgelaufene Kosten einer pfandrechtlichen Sicherstellung,

welche keineswegs die Größenordnung der nun geforderten

Bereitstellungszinsen erreichten, zu vermeiden.

Andererseits wäre, wie das Berufungsgericht zutreffend

ausgeführt hat, vielmehr die Klägerin verpflichtet gewesen,

ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß sie jedenfalls auf der Zahlung

der nach ihrer Ansicht vereinbarten Bereitstellungszinsen bestehe.

Die Klägerin zieht in der Revision nicht mehr in Zweifel, daß auf

das Rechtsverhältnis der Streitteile die Allgemeinen Bedingungen der

österreichischen Kreditinstitute Anwendung finden. Danach ist das

Geschäftsverhältnis zwischen Kunden und Kreditunternehmen ein Vertrauensverhältnis. Geschäftsbedingungen dienen dem Zweck, im Geschäftsverkehr zwischen Kunden und Kreditunternehmung eine für beide Teile klare und verbindliche Basis bei der Abwicklung der verschiedenen Geschäftsvorfälle festzulegen. Dieses Vertrauensverhältnis verpflichtet die Bank zu besonderer Sorgfalt und beinhaltet wegen ihrer besonderen Fachkunde und Organisation (die auch vorauszusetzen ist, wenn sie, wie hier, nur mangelhaft gegeben war) Aufklärungspflichten auch gegenüber Kaufleuten (vgl. hiezu JBl.1981, 425). Auch wenn es keine einheitliche Branchenübung über Art und Zeitraum der Vorschreibung von Bereitstellungszinsen gibt, wäre die Klägerin jedenfalls spätestens zu dem Zeitpunkt, als die Übertragung der Promesse auf ein neues Projekt besprochen wurde, weil der Ausführung des gegenständlichen eine Reihe von Hindernissen entgegenstanden, also im Oktober 1977, verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, daß sie vom gesamten zugesagten Darlehensbetrag die in der Promesse enthaltenen Bereitstellungszinsen auch unter diesen geänderten Verhältnissen verrechnen werde. Ihr Stillschweigen durch rund drei Jahre hindurch, auch noch nach Auslaufen der ständigen Kontakte, verstieß gegen alle Grundsätze von Treu und Glauben im geschäftlichen Verkehr zwischen Bank und Kunden.

Da der Forderung der Klägerin auf Zahlung von Bereitstellungszinsen die vertragliche Grundlage fehlt, war der Revision nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E20974

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00527.9.0510.000

Dokumentnummer

JJT_19900510_OGH0002_0060OB00527_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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