TE OGH 1990/5/10 13Os51/90

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Veröffentlicht am 10.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Mai 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl F*** und Josef L*** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 13.Dezember 1989, GZ 16 Vr 871/89-8, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 11.Jänner 1966 geborene Karl F*** und der am 27.Mai 1960 geborene Josef L*** wurden

1. des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 StGB und

2. des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 2 StGB, Karl F*** überdies

3. des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach haben sie am 14.August 1989 in St.Pölten

"als Beteiligte" dem Willibald B*** durch Einbrechen in dessen Schrebergartenhütte fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Luftmatratze, eine Decke, eine Weckeruhr, eine Garnitur Pfeffer- und Salzstreuer sowie zwei Flaschen Sonnenöl im Wert von 680 S mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen (1) und

im bewußten und gewollten Zusammenwirken den Gerhard Z*** durch gewaltsames Zurückhalten am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig verletzt, nämlich ihm eine Hautabschürfung im Bereich des Brustbeins zugefügt (2).

Karl F*** hat überdies am gleichen Tag in St.Pölten den Gerhard Z*** durch Versetzen eines Schlages ins Gesicht vorsätzlich am Körper verletzt, nämlich ihm eine Prellung der Nase mit Nasenbluten zugefügt (3).

Ein weiterer Anklagepunkt (Punkt 2 b) der Anklageschrift blieb im Urteil unerledigt. Diesbezüglich wurde das Urteil vom Staatsanwalt nicht angefochten (vgl hiezu SSt 24/1). Beide Angeklagten bekämpfen das Urteil mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen; die Staatsanwaltschaft ficht die Strafaussprüche hinsichtlich beider Angeklagten mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten F***:

Dieser bekämpft lediglich den Schuldspruch im Faktum 1 aus dem Grund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO. Indem er auf sein Vorbringen in der Hauptverhandlung verweist, wonach er mit L*** Valium genommen, den "ganzen Blödsinn nur unter Tabletteneinfluß begangen habe", wäre er nüchtern gewesen, hätte er das niemals gemacht, bemängelt er ersichtlich, daß das Schöffengericht diese seine Verantwortung hätte berücksichtigen und demnach zum Ergebnis hätte gelangen müssen, er sei zur Tatzeit unter Tabletteneinfluß gestanden und nicht zurechnungsfähig gewesen.

Der behauptete Begründungsmangel liegt nicht vor.

Das Erstgericht hat sich mit der wiedergegebenen Verantwortung des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gelangt, daß dieses Vorbringen als reine Schutzbehauptung unglaubwürdig sei. Es ist somit seiner Begründungspflicht iS des § 270 Abs 2 Z 5 StPO nachgekommen. Das Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde, das ersichtlich darauf abzielt, entgegen der Ansicht der Tatrichter die behaupteten tatsächlichen Voraussetzungen für eine rechtliche Annahme der Zurechnungsunfähigkeit als gegeben anzunehmen, erweist sich in Wahrheit als unzulässiger Angriff auf die schöffengerichtliche Beweiswürdigung. Solcherart wird der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L***:

Dieses Rechtsmittel wendet sich gegen die Schuldsprüche 1 und 2 und wird auf den § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 10 StPO gestützt. In der Mängelrüge (Z 5) wird vorgebracht, das Gericht habe die Zufügung der Verletzung des Gerhard Z*** (Hautabschürfungen) durch L*** auf die Aussagen beider Angeklagten, sie wären gegen Z*** losgegangen sowie auf die Aussage des Verletzten, beide Angeklagten hätten ihn zurückgehalten, gestützt. Ein bloßes Zurückhalten "mangels Eintritts eines Erfolges" könne aber den Tatbestand des § 83 Abs 2 StGB nicht verwirklichen, so daß "mit Sicherheit nicht auf die Zufügung einer Verletzung durch den Zweitangeklagten geschlossen werden" könne.

Das Erstgericht hat als Feststellungsgrundlage für den Schuldspruch in diesem Faktum auch die Aussage der Zeugin Gerlinde Z*** herangezogen, die angab, daß beide Angeklagten tätlich gegen ihren Gatten vorgingen, sowie die Aussage des Zeugen Gerhard Z***, der vorbrachte, daß F*** und L*** ihn zu zweit zurückhielten und zwar mit einer derartigen Intensität, daß er "die fünf Fingerabdrücke" noch vierzehn Tage nachher hatte. Beide Zeugenaussagen, auf welche die Feststellungen zum Faktum 2 gestützt wurden (vgl US 7), werden von der Beschwerde übergangen bzw unrichtig wiedergegeben. Weiters negiert der Nichtigkeitswerber die erstinstanzlichen Konstatierungen, daß beide Angeklagten den Gerhard Z*** beiderseits des Körpers erfaßten und versuchten, ihn zurück in die Wohnung zu zerren, beide sohin mit physischer Kraft auf den Körper eines anderen einwirkten; daß dabei Schürfwunden entstehen können, sei für jedermann vorhersehbar.

Dem Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde zuwider ist das Schöffengericht daher nicht von einem "bloßen Zurückhalten" ohne "Eintritt eines Erfolges", sondern von einer intensiven Einwirkung physischer Kraft durch beide Täter auf den Körper des Zeugen Z*** ausgegangen, die zur erwähnten Verletzung führte.

Daß sich das Schöffengericht mit der weiteren Aussage des Zeugen Gerhard Z***, er wisse nicht, wer ihn verletzt habe, nicht auseinandergesetzt hat, trifft zu; dazu war es aber nicht gehalten, denn es ging von der (unbekämpft gebliebenen) Annahme aus, daß beide Täter "im bewußten und gewollten Zusammenwirken" (US 3) sowie im "stillschweigenden Einvernehmen" (US 7), sohin als Mittäter handelten. Da nicht jeder Mittäter das gesamte Tatbild erfüllen muß (EvBl 1973/310, LSK 1976/244, 1977/17), war hier nicht zu erörtern, welcher der beiden Angeklagten dem Opfer die Verletzung zugefügt hat. Auch das Vorbringen zur Z 5 a, das Zweifel am Vorliegen eines Mißhandlungsvorsatzes des Beschwerdeführers im Faktum 2 zu erwecken trachtet, ist nicht begründet. Nach eingehender Prüfung der zu diesem Nichtigkeitsgrund vorgebrachten Einwände und des Akteninhaltes gelangte der Oberste Gerichtshof zur Auffassung, daß gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld in diesem Faktum zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen keine erheblichen Bedenken bestehen.

In der Rechtsrüge (Z 10) vermißt der Rechtsmittelwerber Feststellungen dahin, wann er im Faktum 1 den Vorsatz zur Sachentziehung gefaßt habe; wäre dieser Entschluß erst nach dem Eindringen in die Gartenhütte getätigt worden, hätte die Qualifikation nach dem § 129 Z 1 StGB entfallen müssen. Bei diesem Vorbringen übergeht der Angeklagte jedoch die Urteilsfeststellung, daß beide Täter den Einbruchsdiebstahl beschlossen haben, um in den Besitz von Gebrauchsgegenständen für die Nächtigung im Freien und von Lebensmitteln zu gelangen (US 5), daß sonach der Sachentziehungsvorsatz schon vor der Ausführung des Einbruchs gefaßt wurde. Da die gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes stets die Vergleichung des Urteilssachverhaltes mit dem darauf angewendeten Strafgesetz erfordert, der Beschwerdeführer vorliegend aber entscheidende Konstatierungen des angefochtenen Urteils negiert, läßt seine Rechtsrüge eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten F*** war daher gemäß dem § 285 d Abs 1 Z 1 StPO iVm dem § 285 a Z 2 StPO als nicht gesetzmäßig dargetan, jene des Angeklagten L*** teils nach dieser Gesetzesstelle, teils aber auch nach dem § 285 d Abs 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Zur Entscheidung über die Berufungen ist gemäß dem § 285 i StPO das Oberlandesgericht Wien zuständig.

Anmerkung

E20527

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0130OS00051.9.0510.000

Dokumentnummer

JJT_19900510_OGH0002_0130OS00051_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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