Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Brigitte F***, Angestellte, Spittal/Drau, Rizzistraße 7, vertreten durch Dr.Gernot Starha, Rechtsanwalt in Villach, wider den Antragsgegner Walter F***, Drogist, Spittal/Drau, Burgplatz 6, vertreten durch Dr.Arno Kempf, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sowie Abgeltung gemäß §§ 98 f ABGB infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 29.November 1989, GZ 3 R 484/89-64, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom 25.Juli 1989, GZ F 22/86-57, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird in der Hauptsache nicht Folge gegeben; im Kostenpunkt wird er zurückgewiesen.
Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin 5.000 S an Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Streitteile schlossen am 26.5.1976 die Ehe, aus der die am 16.12.1977 geborene Iris F*** und der am 6.5.1982 geborene Markus F*** stammen. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21.(31.)10.1986 wurde die Ehe aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners geschieden. Die Antragstellerin blieb mit den Kindern, nachdem der Antragsgegner die häusliche Gemeinschaft schon im April 1986 aufgehoben hatte, weiterhin in der rund 90 m2 großen Ehewohnung im Obergeschoß des im Eigentum des Antragsgegners stehenden Zweifamilienhauses in Spittal/Drau, Rizzistraße 7. Der Antragsgegner hat diese Liegenschaft (EZ 405 KG Spittal/ Drau) von Todes wegen nach seinem im Jahr 1985 verstorbenen Vater erworben. Die Mutter des Antragsgegners hat an allen Räumlichkeiten des Parterres ein Wohnungsrecht. Der Antragsgegner betreibt seit dem Jahr 1978 Drogerien in Spittal/Drau und (während der Sommermonate) in Seeboden. Die Antragstellerin arbeitete im Zeitraum Mai 1976 bis November 1986 in der vorerst noch vom Vater des Antragsgegners betriebenen Drogerie in Spittal/Drau. Sie wurde kollektivvertraglich entlohnt. In einem Arbeitsgerichtsprozeß wurde ihr im Jahr 1987 in Verbindung mit der Auflösung des Dienstverhältnisses rechtskräftig ein Betrag von 68.945,06 S zuerkannt.
Die Antragstellerin bezahlt für die von ihr mit den Kindern benützte ehemalige Ehewohnung kein Benützungsentgelt und (ausgenommen Strom und Telefon) auch keine Betriebskosten. In einem Unterhaltsstreit - das Begehren der Antragstellerin, den Antragsgegner ab März 1987 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung an sie von 3.000 S zu verpflichten, wurde mit Urteil des Erstgerichtes vom 25.5.1989 abgewiesen - vereinbarten die Parteien in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 20.9.1989, daß der Antragsgegner der Antragstellerin für den Zeitraum 4.3.1987 bis 30.9.1989 einen pauschalen Unterhaltsbeitrag von 20.000 S leiste, wobei dieser Vergleich auf das gegenständliche Aufteilungsverfahren "keinen Einfluß habe"; die Frage des Benützungsentgeltes und der Betriebskosten wurde bewußt nicht näher geregelt. Für die beiden in der Obsorge der Antragstellerin befindlichen ehelichen Kinder hat der Antragsgegner aufgrund des Beschlusses des Erstgerichtes vom 22.9.1986 monatliche Unterhaltsbeiträge in der Höhe von 2.280 S und 1.790 S zu leisten. Das Begehren, dem Antragsgegner ab 17.6.1988 eine Unterhaltsleistung von 2.800 S und 2.440 S monatlich aufzuerlegen, wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 8.3.1990 abgewiesen. Über den dagegen von der Mutter namens der Kinder erhobenen Rekurs ist noch nicht entschieden.
Die Antragstellerin begehrte die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sowie die Zahlung einer angemessenen Abgeltung für ihre Mitwirkung im Erwerb des Antragsgegners. Sie beantragte die Einräumung der Dienstbarkeit der Wohnung an der bisherigen Ehewohnung samt Mitbenützung des Gartens und einer Garage sowie die Zuweisung des gesamten Hausrates. Schließlich begehrte sie noch die Hälfte der bisherigen Ansparsumme der beiden Lebensversicherungen, das halbe Sparguthaben von 308.851,26 S sowie den halben Wert eines Segelbootes. Ihre Mitwirkung in der Drogerie in Spittal/ Drau - sie habe praktisch die Tätigkeit einer Geschäftsführerin ausgeübt - sei höherwertig gewesen als das bezahlte Entgelt von zuletzt 7.970 S netto monatlich (einschließlich anteiliger Sonderzahlungen).
Der Antragsgegner beantragte die Abweisung dieser Anträge. Die von ihm im Erbweg erworbene Ehewohnung benötige er selbst. Die Prämien für die Lebensversicherungen seien aus Betriebsmitteln bezahlt worden, die Ansprüche aus diesen Versicherungen seien dem Betriebsvermögen zuzuordnen, unterlägen also nicht der Aufteilung. Das Sparguthaben habe sich im April 1986 nur auf knapp über 2.000 S belaufen und nicht auf über 300.000 S; im übrigen habe er das Sparguthaben von seinem Vater geerbt, sodaß es nicht der Aufteilung unterliege. Das gleiche treffe auf das ihm von seinem Vater geschenkte Segelboot zu. Die Entlohnung der nicht ausgebildeten Antragstellerin in der Drogerie sei in Relation zu ihrem Arbeitserfolg überdurchschnittlich gewesen; sie habe keineswegs die Funktion einer Geschäftsführerin ausgeübt. Im ehelichen Haushalt habe auf Kosten des Antragsgegners wöchentlich dreimal eine Bedienerin gearbeitet, die Kinder seien zum Großteil von seiner Mutter versorgt worden. Der von der Antragstellerin benützte PKW Marke Fiat 127 stelle eheliches Gebrauchsvermögen dar. Er habe zur Finanzierung dieses PKW von seiner Mutter ein Darlehen von 58.000 S entgegengenommen und müsse dieses zurückzahlen. Der PKW Fiat 127 möge der Antragstellerin gegen Leistung einer entsprechenden Ausgleichszahlung zugeteilt werden. Im übrigen benütze die Antragstellerin die Ehewohnung seit April 1986 allein; sie zahle hiefür nichts. Für den restlichen 8monatigen Zeitraum im Jahr 1986 habe der Antragsgegner an Betriebskosten für die Antragstellerin 17.385,93 S bezahlt, für das Jahr 1987 16.194,70 S und für das Jahr 1988 15.951,40 S. Für den Zeitraum vom 16.9. bis 17.11.1986 habe er für die Antragstellerin Telefonkosten in der Höhe von 5.000 S und im März an Kleiderreinigungskosten für die Antragstellerin 6.303,60 S bezahlt. Der Betrag von 63.137,31 S (richtig berechnet: 60.835,63 S) sei zu berücksichtigen. An den Haushaltsgegenständen sei aufgrund der alleinigen Benützung durch die Antragstellerin eine Wertminderung eingetreten, welche ebenfalls zu beachten sei. Im übrigen habe der Antragsgegner der Antragstellerin eine 97 m2 große Eigentumswohnung in Spittal/Drau als Ersatzwohnung angeboten; die Antragstellerin habe diese Wohnung jedoch nicht einmal besichtigt. Sie sei in der Zwischenzeit verkauft worden. Die daraufhin vom Antragsgegner angebotene Pauschalabfertigung von 500.000 S (später reduziert auf 300.000 S) habe die Antragstellerin, welche einen Betrag von 1 Mill. S im Auge gehabt habe, ebenfalls nicht angenommen. Da die Antragstellerin die angebotene Ersatzwohnung ausgeschlagen habe, sei ihr ein dringendes Bedürfnis an der ehemaligen Ehewohnung abzusprechen. Sie habe daher keinerlei Anspruch auf Aufteilung der ehemaligen Ehewohnung.
Die Antragstellerin bestritt, daß ihr jemals im Zuge des gegenständlichen Verfahrens eine Eigentumswohnung in Spittal/Drau konkret angeboten worden wäre.
Hinsichtlich der Einrichtungsgegenstände und sonstigen Fahrnisse, nicht allerdings hinsichtlich der Fahrzeuge, haben die Parteien in der Tagsatzung vom 5.6.1989 eine genaue Aufteilung vorgenommen.
Das Erstgericht hat den Antragsgegner zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages von 405.000 S binnen 3 Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses und die Antragstellerin zur Räumung der Ehewohnung binnen 6 Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses gegen Nachweis der termingerechten Ausgleichszahlung verpflichtet. Die darüber hinausgehenden Anträge der Parteien hat es abgewiesen. Das Erstgericht stellte zusammengefaßt folgenden Sachverhalt fest:
Der Antragsgegner hat im Jahr 1985 von seinem Vater die 1482 m2 große Liegenschaft EZ 405 KG Spittal/Drau mit dem Zweifamilienhaus Rizzistraße 7 geerbt; des weiteren kamen ihm aufgrund dieses Todesfalles Goldmünzen im Wert von 365.080 S, ein Sparbuch mit einem Guthaben von 570.706,61 S und rund 13.300 S Zinsen, ein Girokontoguthaben von 1.122,13 S und schließlich Bargeld in der Höhe von 185.000 S zu; Nachlaßpassiva waren nur in einer Höhe von 113.242,40 S vorhanden. Seiner Mutter Olga F*** räumte er ein Wohnungsrecht an den Parterreräumen des Hauses Rizzistraße 7 ein; zugleich wurde ein Belastungsund Veräußerungsverbot zugunsten der Mutter vereinbart und verbüchert.
Die Antragstellerin benützt die Ehewohnung seit der Ehescheidung ohne Bezahlung eines Benützungsentgelts und auch ohne Bezahlung von Betriebskosten; die Zahlung eines Betrages von 2.700 S monatlich wäre ortsangemessen. Das Verhältnis zwischen der Antragstellerin und Olga F*** ist zumindest als gespannt zu bezeichnen; letztere hat sich ausdrücklich gegen die Einräumung von Rechten an erstere ausgesprochen.
Der Antragsgegner hat zum 1.1.1978 eine auf 20 Jahre dauernde Er- und Ablebensversicherung über eine Versicherungssumme von 400.000 S abgeschlossen; begünstigt waren beide Ehegatten. Die Prämie betrug vierteljährlich 5.073,50 S und wurde vom Antragsgegner aus Betriebsmitteln bezahlt. Der Rückkaufswert dieser Versicherung betrug zum 1.1.1987 168.564 S. Eine vom Antragsgegner ebenfalls im Jahr 1978 abgeschlossene reine Ablebensversicherung wurde im Jahr 1988 beendet und hatte nie einen Rückkaufswert. Ein Sparkonto des Antragsgegners bei der Volksbank Spittal/Drau hat im Oktober 1986 ein Guthaben von rund 2.000 S aufgewiesen; die (übrige) Verwendung des vom Antragsgegner von seinem Vater ererbten Sparguthabens hat das Erstgericht ebensowenig festgestellt wie die Verwendung der Goldmünzen und des gleichfalls geerbten Bargeldes. Allein dem Antragsgegner wurde im März 1984 von seinem Vater ein über 20 Jahre altes Segelboot geschenkt.
Die Antragstellerin war nach der Eheschließung in der Drogerie des Antragsgegners bzw. bis 1978 dessen Vaters als Halbtagskraft mit einem monatlichen Nettoeinkommen von rund 6.800 S beschäftigt. Sie war nicht an die normalen Öffnungszeiten gebunden. Aus diesem Arbeitseinkommen finanzierte sie die täglichen Einkäufe für die Familie. Die Kosten für die sogenannte "Fassung" (Großeinkauf für den Haushalt), für den Kindergarten, für die im Haushalt erforderlichen Getränke sowie für die Bekleidung der Kinder hat der Antragsgegner getragen. Nach dem vorzeitigen Austritt aus dem Betrieb des Antragsgegners am 4.12.1986 war die Antragstellerin bis zum 14.9.1987 ohne Beschäftigung. Sie bezog ein Arbeitslosengeld von 144 S bzw. eine Notstandshilfe von 132,50 S täglich. Seither ist sie wieder als Halbtagskraft in einer Parfümerie mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 6.500 S (ohne Sonderzahlungen) beschäftigt. Die Antragstellerin hat neben ihrer beruflichen Tätigkeit auch den ehelichen Haushalt versorgt, wobei sie zeitweilig von ihrer Schwiegermutter, stundenweise auch von einer Haushaltshilfe (deren Kosten der Antragsgegner trug) unterstützt wurde. Daß die Leistungen der Antragstellerin im Geschäft des Antragsgegners höher gewesen wären als das ihr hiefür bezahlte Entgelt, kann ebensowenig festgestellt werden wie, daß sie zumindest die Hälfte ihres Gehaltes für die Haushaltsführung verwendet hätte.
Die Antragstellerin besitzt kein Vermögen und auch keine Ersparnisse.
Der Antragsgegner hat in den Jahren 1978 bis 1988 die von seinem Vater übernommene Drogerie in Spittal/Drau betrieben; seither betreibt er zusammen mit seiner Mutter an einem anderen Standort eine Drogerie in der Form einer Gesellschaft mbH. Im Jahr 1985 betrugen die Einkünfte aus diesem Gewerbebetrieb insgesamt 41.652 S, im Jahr 1986 war ein Verlust von 71.491 S gegeben, im Jahr 1987 betrugen die Einkünfte 41.709 S. Die GesmbH hatte im Jahre 1988 einen Verlust von 372.191 S; das monatliche Nettoeinkommen des Antragsgegners (als Geschäftsführer der GesmbH) belief sich in den Jahren 1988 und 1989 auf knapp über 12.000 S. Anläßlich des im Jahr 1988 erfolgten Standortwechsels des Betriebes erhielt der Antragsgegner für die Aufgabe von Mietrechten einen Betrag von 2,2 Mill. S; 457.523 S mußten aber sogleich an Mehrwertsteuer bezahlt werden, weiters zahlte der Antragsgegner Bankschulden bei der Volksbank Oberkärnten in der Höhe von 686.462 S und bei der Hypothekenbank in Spittal/Drau in einer nicht festgestellten Höhe. Der Antragsgegner benützte in der Zeit ab der Eheschließung bis zum Jahr 1982 einen PKW Marke BMW; dann kaufte er einen gebrauchten PKW Marke Mercedes 280 um 160.000 S. Dieses auf seine Firma zugelassene Fahrzeug benützt er noch heute.
Die Antragstellerin besaß zum Zeitpunkt der Eheschließung ein nicht mehr fahrfähiges Auto. Nach dem im April 1985 erfolgten Tod des Vaters des Antragsgegners hat Olga F*** dessen PKW Marke Ford um 58.000 S verkauft. Mit diesem Geld kaufte der Antragsgegner auf den Namen der Antragstellerin im Mai 1985 einen gebrauchten PKW Marke Fiat 127; auch die behördliche Anmeldung erfolgte auf den Namen der Antragstellerin. Dieses Fahrzeug, das vorwiegend von der Antragstellerin benützt wurde, besitzt sie noch heute. Olga F*** hat den Geldbetrag von 58.000 S jedenfalls ihrem Sohn übergeben; in der Betriebsbuchhaltung wurde und wird dieser Betrag als Darlehen geführt.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht im wesentlichen von folgenden Überlegungen aus: Die vermögenslose und über keine andere Wohnmöglichkeit verfügende Antragstellerin sei an sich auf die Weiterbenützung der bisherigen Ehewohnung angewiesen. Durch die Einräumung einer Dienstbarkeit der Wohnung würde aber in die Rechte der Olga F***, welche sich als Belastungsund Veräußerungsverbotsberechtigte gegen die Einräumung einer solchen Dienstbarkeit zugunsten der Antragstellerin ausgesprochen habe, unzulässig eingegriffen werden. Die Wohnung sei sohin von der Antragstellerin gegen eine angemessene Ausgleichszahlung zu räumen. Die Beschaffung einer gleichwertigen Mietwohnung sei aber mit erheblichen Aufwendungen verbunden. Ein Betrag von 500.000 S sei als Ausgleichszahlung angemessen. Hievon sei jedoch ein Betrag von 95.000 S für die kostenlose Benützung der Wohnung während des Zeitraumes ab der Ehescheidung bis zur voraussichtlichen Beendigung des gegenständlichen Verfahrens abzuziehen. Der Antragsgegner sei zur Zahlung des Ausgleichsbetrages in der Lage. Ein Anspruch der Antragstellerin auf den Rückkaufswert der Lebensversicherung bestehe nicht; wegen der Prämienzahlung aus dem Betriebsvermögen sei dieser Anspruch nicht zu den ehelichen Ersparnissen zu zählen. Das ererbte Sparguthaben sei gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG ebenfalls nicht aufzuteilen. Das gleiche treffe auf das lediglich dem Antragsgegner geschenkte Segelboot zu. Der PKW Fiat 127 sei der Antragstellerin vom Antragsgegner geschenkt worden; da der PKW schon während der Ehe von der Antragstellerin allein benützt worden ist, sei er nicht als eheliches Gebrauchsvermögen zu behandeln. Das Begehren auf Leistung einer angemessenen Abgeltung für die Mitwirkung im Erwerb des Antragsgegners sei deshalb nicht berechtigt, weil eine das hiefür ausbezahlte Entgelt übersteigende Leistung der Antragstellerin nicht habe festgestellt werden können.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners nicht Folge und erklärte den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragsgegners, der die Festsetzung der von ihm zu leistenden Ausgleichszahlung mit 100.000 S, die Zuteilung des PKW Marke Fiat 127 an die Antragstellerin gegen eine Ausgleichszahlung von 18.000 S und den Zuspruch von 80 % der Kosten erster Instanz sowie der (gesamten) Kosten zweiter und dritter Instanz anstrebt und hilfsweise einen Aufhebungsantrag stellt, ist in der Hauptsache nicht berechtigt und im Kostenpunkt unzulässig.
1.) Zur Entscheidung in der Hauptsache:
Ein vom Rekursgericht gemäß § 232 Abs 1 AußStrG für zulässig erklärter Revisionsrekurs kann nach § 232 Abs 2 AußStrG nur darauf gegründet werden, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruht. Auf die Mängel- und Beweisrüge des Antragsgegners ist daher nicht einzugehen (EFSlg 58.630, 58.634 ua).
Bei der rechtlichen Beurteilung der Sache ist davon auszugehen, daß die Ehewohnung in dem Haus, das der Antragsgegner von Todes wegen erworben hat, gemäß § 82 Abs 2 EheG in die Aufteilung nach §§ 81 ff EheG einzubeziehen ist, während dies gemäß § 81 Abs 2, § 82 Abs 1 Z 2 EheG hinsichtlich des PKW Marke Fiat 127 nicht der Fall ist. Ersterem steht im Hinblick auf das dem schuldlos geschiedenen Ehegatten zuzubilligende Optionsrecht (EFSlg 54.586, 57.372 ua) nicht entgegen, daß die Antragstellerin die ihr vom Antragsgegner angebotene Ersatzwohnung nicht angenommen hat (vgl. auch EFSlg 54.663); letzteres folgt daraus, daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen der PKW vom Antragsgegner der Antragstellerin geschenkt und vorwiegend (weitestgehend) von dieser benützt worden ist, also nicht zum ehelichen Gebrauchsvermögen gehört hat (vgl. Pichler in Rummel, ABGB, Rz 3 und 11 zu §§ 81, 82 EheG). Der Antrag des Antragsgegners, den PKW Marke Fiat 127 gegen Festsetzung einer Ausgleichszahlung (von 18.000 S) der Antragstellerin zuzuteilen, verfiel daher zu Recht der Abweisung. Die Aufteilung nach Billigkeit vorzunehmen, wobei besonders auf Gewicht und Umfang des Beitrages jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse sowie auf das Wohl der Kinder und weiters auf Schulden Bedacht zu nehmen ist, die mit dem gemeinsamen (vgl. Pichler aaO Rz 6 zu §§ 83, 84 EheG) ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen, soweit sie nicht ohnedies nach § 81 EheG in Anschlag zu bringen sind, und als Beitrag auch die Leistung des Unterhaltes, die Mitwirkung im Erwerb, soweit sie nicht anders abgegolten worden ist, die Führung des gemeinsamen Haushaltes, die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder und jeder sonstige eheliche Beistand zu werten ist (§ 83 EheG). Soweit eine Aufteilung nach den §§ 83 ff EheG nicht erzielt werden kann, hat das Gericht gemäß § 94 Abs 1 EheG einem Ehegatten eine billige Ausgleichszahlung an den anderen Ehegatten aufzuerlegen, wobei die bei der Bemessung der Ausgleichszahlung - eine streng rechnerische Feststellung der verteilten Werte und des danach herzustellenden Wertausgleichs ist nicht erforderlich (EFSlg 51.830, 57.417 f ua, zuletzt etwa 5 Ob 566/89 und 2 Ob 501/90) - zu beachtenden Billigkeitsgrundsätze den §§ 83 Abs 1 und 94 Abs 2 EheG entnommen werden können (EFSlg 51.820, 57.413 f ua, zuletzt etwa 5 Ob 566/89). Legt man diese Grundsätze der Entscheidung des vorliegenden Falles zugrunde, so kann in der Auffassung der Vorinstanzen, daß dem Antragsgegner nach Billigkeit eine Ausgleichszahlung von 405.000 S zugunsten der Antragstellerin aufzuerlegen ist, keine Fehlbeurteilung erblickt werden. Davon, daß die Ehewohnung (nach dem von den Vorinstanzen übernommenen Gutachten des Sachverständigen) einen (kapitalisierten Nutzungs-)Wert von 538.026,60 S hat, geht der Antragsgegner selbst aus. Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß der Antragstellerin nach den vorerwähnten Billigkeitsgrundsätzen aufgrund des festgestellten Sachverhaltes (insbesondere unter Bedachtnahme auf ihre - wenn auch in der Regel nur halbtags ausgeübte - Berufstätigkeit und - wenn auch nicht ohne Hilfe anderer geleistete - Haushaltsführung sowie Kinderpflege und -erziehung und auf das Wohl der weiter in ihrem Haushalt betreuten Kinder) etwas mehr als die Hälfte zuzukommen hat. Darüber hinaus hat das Rekursgericht zutreffend erkannt, daß gemäß § 91 Abs 2 EheG auch der im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft (April 1986) bestehende Rückkaufswert einer Er- und Ablebensversicherung in der Höhe von 160.000 S angemessen zu berücksichtigen ist (dazu, daß § 91 Abs 2 EheG auch auf Rechte anzuwenden ist, siehe Pichler in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 91 EheG). Dieser Berücksichtigung steht nicht entgegen, daß der Antrag der Antragstellerin, ihr die Hälfte des Rückkaufswertes als ihren Anteil an den ehelichen Ersparnissen zuzuteilen, vom Erstgericht rechtskräftig abgewiesen worden ist. Im Ergebnis ist dem Rekursgericht auch beizutreten, daß die vom Antragsgegner angestrebten Abzüge nicht berechtigt sind. Was die behauptete Wertminderung des Hausrates und der sonstigen Fahrnisse infolge Benützung durch die Antragstellerin betrifft, so ist diese hinsichtlich der Gegenstände, die nach der Vereinbarung der Parteien der Antragstellerin zugeteilt worden sind, im gegebenen Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung; hinsichtlich der Gegenstände, die dem Antragsgegner zugeteilt worden sind, hat das Rekursgericht - abgesehen davon, daß in dieser Beziehung keine substantiierten Behauptungen des Antragsgegners
vorliegen - festgestellt, daß eine wesentliche Wertminderung nicht eingetreten ist. Eine allfällige Wertminderung des im Eigentum der Antragstellerin stehenden und nicht der Aufteilung unterliegenden PKW Marke Fiat 127 hat ebenso außer Betracht zu bleiben wie eine damit im Zusammenhang stehende allfällige Darlehensschuld des Antragsgegners gegenüber seiner Mutter (deren Berücksichtigung überdies erst nach Ablauf der Frist des § 95 EheG beantragt wurde), weil diese Schuld weder unter § 81 Abs 1 EheG noch unter § 83 Abs 1 EheG subsumiert werden könnte. Die Tatsache, daß der Antragsgegner die Antragstellerin und die ehelichen Kinder nach seinem Auszug aus der Ehewohnung und der damit erfolgten Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft weiterhin in der Ehewohnung wohnen ließ, die Betriebskosten trug und kein Benützungsentgelt verlangte, findet nach den Umständen des vorliegenden Falles in der Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber den genannten Personen ihre Rechtfertigung. Der Antragsgegner hat denn auch in erster Instanz die Abweisung der Unterhaltsklage der Antragstellerin und des Unterhaltserhöhungsantrages der Kinder unter Hinweis darauf erreicht, daß die Tragung der Betriebskosten und die Zurverfügungstellung der Ehewohnung ohne Begehren eines Benützungsentgelts als Leistung eines - nach den Lebens- und Einkommensverhältnissen der Beteiligten auch
geschuldeten Naturalunterhaltes anzuerkennen sei. Die Berücksichtigung eines Benützungsentgelts samt Betriebskosten vom 1.8.1989 bis zur tatsächlichen Räumung der Ehewohnung durch die Antragstellerin fand überdies schon im Rekursantrag des Antragsgegners keine Deckung.
Gegen die Festsetzung der Ausgleichszahlung mit 405.000 S kann ferner nicht mit Erfolg eingewendet werden, daß die Antragstellerin im Zuge von gescheiterten Vergleichsgesprächen nur eine Ausgleichszahlung von 271.000 S für die Ehewohnung begehrte. Wenn das Gericht dem im Verfahren erstatteten Naturalteilungsvorschlag der Antragstellerin (hier: Einräumung der Dienstbarkeit der Wohnung an der bisherigen Ehewohnung) nicht folgt, hat es von Amts wegen zu prüfen, ob und in welcher Höhe ihr zwecks Erzielung eines billigen Aufteilungsergebnisses eine Ausgleichszahlung gebührt (1 Ob 561/88). Nur dann, wenn im Verfahren eine Ausgleichszahlung begehrt und beziffert wird, ist der begehrte Betrag der Rahmen, innerhalb dessen das Gericht zur Entscheidung berufen ist (EFSlg 57.442). Schließlich kann auch nicht gesagt werden, daß die von den Vorinstanzen festgesetzte Ausgleichszahlung die Wohnbedürfnisse der die gemeinsamen Kinder betreuenden Antragstellerin und die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners übersteigen würde. Die Beurteilung, daß beides nicht der Fall ist, hat das Rekursgericht aufgrund des festgestellten Sachverhaltes in Übereinstimmung mit der einschlägigen Rechtsprechung zutreffend dargelegt, sodaß auf diese Ausführungen verwiesen werden kann. Die Höhe des Ausgleichsbetrages kann nur nach freier Überzeugung (§ 273 Abs 1 ZPO; § 230 Abs 2 AußStrG) festgelegt werden. Daß das Rekursgericht bei seiner Bemessung wesentliche Gesichtspunkte übersehen und demnach einen unrichtigen Gebrauch von seinem Ermessen gemacht hätte, ist nicht zu sehen (4 Ob 608/89).
Dem Revisionsrekurs war demnach in der Hauptsache ein Erfolg zu versagen.
2.) Zur Entscheidung im Kostenpunkt:
Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über den Kostenpunkt sind gemäß § 14 Abs 2 AußStrG unzulässig. Durch § 232 Abs 1 AußStrG wurde kein Weg zur Anfechtung der Kostenentscheidung eröffnet (EFSlg 55.870, 58.639 ua, zuletzt 5 Ob 566/89). Der Revisionsrekurs war daher, soweit er den Kostenpunkt betrifft, zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf § 234 AußStrG.
Anmerkung
E20665European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00563.9.0515.000Dokumentnummer
JJT_19900515_OGH0002_0050OB00563_9000000_000