TE OGH 1990/5/15 5Ob565/90

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Veröffentlicht am 15.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Barbara S***, Pensionistin, Linz, Auhirschgasse 55, vertreten durch Dr. Günther Dobretsberger, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Gerhard S***, Gartengestalter, Linz, Auhirschgasse 52, vertreten durch Dr. Günther KLEPP, Rechtsanwalt in Linz, wegen Räumung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 17.Jänner 1990, GZ 18 R 879/89-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 19.September 1989, GZ 8 C 3294/87d-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.966,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 494,40 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit Notariatsakt vom 24.8.1973 übertrugen die Klägerin und ihr mittlerweile verstorbener Ehegatte, dessen Gesamtrechtsnachfolgerin sie ist, dem Beklagten, deren Sohn, ihre Liegenschaft EZ 106 KG Posch mit Ausnahme des Grundstückes 1083 gegen Übernahme eines Darlehens von rund 22.000 S und Leistung einer monatlichen Leibrente von je 3.000 S. Hinsichtlich des Grundstückes 1083 enthält Punkt 16 des Übergabsvertrages folgende Bestimmung:

"Der Übernehmer, Herr Gerhard S***, hat auf dem Grundstück 1083, welches von den Übergebern zurückbehalten und derzeit nicht unterteilt werden kann, im nördlichen Teil bis zum Haus Auhirschgasse 55 für seinen Gärtnereibetrieb Anlagen errichtet und Bäume gesetzt. Herr Erwin und Frau Barbara S*** gestatten hiemit Herrn Gerhard S***, dieses Grundstück so wie bisher ohne besonderes Entgelt weiterhin zu bearbeiten und für seinen Gärtnereibetrieb zu benützen, bis diesbezüglich einmal eine Grundteilung und einvernehmliche Regelung möglich ist."

Die Klägerin begehrt nunmehr die Räumung des nördlichen Teils dieses Grundstückes durch den Beklagten im wesentlichen mit der Begründung, daß sie nicht mehr bereit sei, ihr Grundstück zu unterteilen und dessen nördlichen Teil dem Beklagten zu überlassen. Der Beklagte beantragt Klageabweisung und wendete im wesentlichen ein, er besitze am nördlichen Teil des Grundstückes 1083 ein entgeltliches Gebrauchs- und Benützungsrecht mit Einschluß des Rechtes auf Bearbeitung und Fruchtziehung. Es habe zwischen den Vertragsparteien Einvernehmen darüber geherrscht, daß das Grundstück nach Wegfall des Teilungshindernisses zu teilen und dessen nördlicher Teil ebenso wie die anderen Grundstücke an den Beklagten zu übereignen sei. Wenn eine Eigentumsübertragung nicht erzielt werden könne, müsse von einem dem Beklagten unbefristet zustehenden Benützungsrecht ausgegangen werden.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab; das Berufungsgericht unterließ unter Hinweis auf § 502 Abs 3 Z 2 ZPO einen Bewertungsausspruch und erklärte die Revision mit Rücksicht darauf für zulässig, daß zu den Rechtswirkungen des Ausfalles einer auflösenden Bedingung keine jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Nach den vom Berufungsgericht übernommenen erstgerichtlichen Feststellungen, die nicht nur auf dem Wortlaut des Notariatsaktes vom 24.8.1973, sondern auch auf der Würdigung von Zeugen- und Parteiaussagen beruhen, ging der übereinstimmende Parteiwille dahin, daß die vom Beklagten an dessen Eltern zu zahlende Leibrente auch ein Entgelt für die Benützung des nördlichen Teils des Grundstückes 1083 durch den Beklagten bzw. für die spätere Übertragung des Eigentums an diesem Grundstücksteil auf den Beklagten sein sollte.

In rechtlicher Hinsicht war das Erstgericht der Auffassung, daß dem Beklagten ein zumindest auf Lebensdauer der Mutter bestehendes Nutzungsrecht am nördlichen Teil des Grundstückes 1083 zukomme, weshalb dem Räumungsbegehren der Klägerin die Rechtsgrundlage fehle. Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, dem Beklagten sei an dem Grundstücksteil ein als Pachtrecht zu beurteilendes entgeltliches Nutzungsrecht unter den auflösenden Bedingungen eingeräumt worden, daß das Teilungshindernis wegfällt und eine einvernehmliche Regelung (Festlegung der Trennlinie) möglich wird; da inzwischen klargeworden sei, daß letztere Bedingung nicht mehr eintreten könne, bleibe das Pachtrecht (bis zur Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung schwebend) wirksam.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist unzulässig.

Die mit der Lehre übereinstimmende Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, daß ein auflösend bedingtes Recht bei Ausfall der Bedingung voll wirksam wird (Koziol-Welser8 I 151; Gschnitzer, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts 219; Welser in Rummel, ABGB2, Rz 8 zu § 696; Gschnitzer in Klang2 III 654), wird von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Sie wendet sich bloß gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Qualifikation der in Punkt 16 des Notariatsakts enthaltenen Wortfolge "bis diesbezüglich einmal eine Grundteilung und einvernehmliche Regelung möglich ist" als Resolutivbedingung; nach ihrer Ansicht handle es sich um eine sogenannte "Wollensbedingung", die nach überwiegender Rechtslehre unzulässig sei und derart bedingte Rechtsgeschäfte ungültig mache. Die Klägerin räumt jedoch selbst ein, daß die Beurteilung, ob ein bedingtes Rechtsgeschäft vorliegt oder dessen Eingehung für die Gegenwart abgelehnt und nur in rechtlich unverbindlicher Weise für die Zukunft in Aussicht gestellt wurde, eine Auslegungsfrage ist (Gschnitzer in Klang2 III 653; Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 897). Daß das aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere aufgrund der auch unter Heranziehung anderer Beweismittel vorgenommenen Auslegung des Übergabsvertrages durch das Erstgericht, erzielte Auslegungsergebnis des Berufungsgerichtes in seiner Bedeutung über den gegenständlichen Rechtsstreit hinausginge, wird nicht dargetan. Daraus folgt, daß die Klägerin die unrichtige Beantwortung einer erheblichen Rechtsfrage des materiellen Rechtes im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht aufzeigt (vgl. MGA14 JN-ZPO Entsch. 31 und 32 zu § 502). Eine Aktenwidrigkeit, die überdies für sich allein grundsätzlich nicht das Gewicht einer erheblichen Rechtsfrage des Verfahrensrechtes haben könnte (MietSlg 36.792 ua), liegt nicht vor. Die Entscheidung des gegenständlichen Rechtsstreites verstößt auch nicht gegen die Bindungswirkung der in den Vorprozessen ergangenen Entscheidungen.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E20666

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00565.9.0515.000

Dokumentnummer

JJT_19900515_OGH0002_0050OB00565_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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