Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Mai 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Fink als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dr. Johann Michael B*** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3.Oktober 1989, GZ 12 a Vr 7804/86-102, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten dieses Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Zur Entscheidung über die Berufung wird der Akt an das Oberlandesgericht Wien übermittelt (§ 285 i StPO).
Text
Gründe:
Mit dem (auch andere Entscheidungen enthaltenden) angefochtenen Urteil wurde der ehemalige Rechtsanwalt Dr. Johann Michael B*** (I.) des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB sowie (II.) des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB schuldig erkannt.
Als Untreue liegt ihm zur Last, daß er zumindest ab dem 6. September 1972 bis zum 19.April 1986 in Wien und an anderen Orten Österreichs in insgesamt 17 Fällen durch wiederholte Angriffe die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbrauchte und dadurch anderen einen Vermögensnachteil zufügte, indem er laufend ihm übergebene oder auf Konten überwiesene Beträge für Sachwalterschaften sowie aus Verlassenschaften für sich behielt und verwendete, wobei der durch die Taten herbeigeführte Schaden rund 3,295.000 S betrug (Fakten I.).
Rechtliche Beurteilung
Die auf § 281 Abs 1 Z 10 und 11 StPO gestützte, nur gegen diesen Schuldspruch und gegen den Strafausspruch gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten läßt in beide Richtungen hin eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen.
Bei dem mit der Subsumtionsrüge (Z 10), die auf eine Beurteilung seines Tatverhaltens als Veruntreuung (§ 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB) abzielt, erhobenen Vorwurf, das Erstgericht habe keinerlei Feststellung darüber getroffen, ob er Verwalter oder bloß Verwahrer der tatgegenständlichen Klientengelder gewesen sei, verkennt er nämlich, daß jene Urteilspassage, wonach "es" sich im vorliegenden Fall um die "Vornahme rechtlicher Tätigkeiten durch einen Rechtsanwalt" gehandelt hat, "die über die bloß faktische Handhabung von Geldbeträgen hinausgingen" (US 17), nicht etwa (wie er vermeint) die rechtliche Beurteilung der inkriminierten jeweiligen Verwendung der Fremdgelder für eigene Zwecke (als Rechtshandlung) betrifft, sondern vielmehr (nach dem Zusammenhang der Entscheidungsgründe unzweifelhaft) eine Tatsachenkonstatierung über den (mit dem beschriebenen Einwand relevierten) Inhalt der ihm erteilten Vollmachten, die von ihm solcherart "nicht dem erteilten Auftrag gemäß", sondern mißbräuchlich ausgeübt wurden (US 11, 17). Materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe können aber nur durch einen Vergleich des tatsächlich als erwiesen angenommenen Urteilssachverhalts mit den darauf angewendeten Strafbestimmungen gesetzmäßig dargetan werden.
Die (mit der Beschwerde nicht relevierte) weitere Feststellung hingegen, daß die vom Schuldspruch erfaßten, mißbräuchlich abdisponierten Fremdgelder insoweit, als sie aus Verlassenschaften stammten, (nur noch) an Erben oder Legatare auszuzahlen gewesen wären (US 11), bezieht sich - wie zur Klarstellung zu vermerken ist - gleichfalls deutlich genug bloß auf die jeweils zum Ende seiner rechtsfreundlichen Tätigkeit noch aktuell gewesenen Agenden des Beschwerdeführers; sie steht daher zum einen der soeben erörterten Tatsachenkonstatierung, daß er sie (ebenso wie die ihm als Sachwalter zugekommenen Beträge) auf Grund der ihm erteilten Vollmacht zu verwalten (gehabt) hatte, keineswegs im Widerspruch und zum anderen im Hinblick darauf, daß sie demgemäß nur das (jeweils letztlich aktuell gewesene) Innenverhältnis zwischen Machtgeber und Machthaber, jedoch nicht dessen Verfügungsbefugnis im Außenverhältnis berührt, entgegen der (nur unter diesem urteilsfremden Aspekt nähere Feststellungen über die Zeitpunkte der Beendigung all dieser Vertretungstätigkeiten vermissenden) Beschwerdeauffassung auch einer rechtlichen Beurteilung des inkriminierten Tatverhaltens als Untreue nicht entgegen. In Ausführung der Strafzumessungsrüge (Z 11) hinwieder macht der Angeklagte mit seinen Einwänden gegen die Gewichtung der vom Schöffengericht der Entscheidung zugrunde gelegten Erschwerungs- und Milderungsumstände (§ 32 Abs 2 StGB) sowie gegen die Annahme, daß der Gewährung bedingter Nachsicht in Ansehung der gesamten über ihn verhängten Freiheitsstrafe (und nicht bloß eines Teiles davon) auch Gründe der Spezialprävention entgegenstehen (§ 43 Abs 1 StGB), nicht eine (formell reklamierte) rechtsfehlerhafte Beurteilung festgestellter Strafzumessungstatsachen (zweiter Fall) geltend, sondern bloß einen seiner Ansicht nach nicht sachgerechten Ermessensgebrauch; ein solcher indessen unterliegt lediglich der Anfechtung mit Berufung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 Z 2 StPO).
Anmerkung
E20851European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0150OS00043.9.0515.000Dokumentnummer
JJT_19900515_OGH0002_0150OS00043_9000000_000