Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Peter T***, Baumeister, Wien 14, Underreingasse 28, vertreten durch Dr. Werner Schwind, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sylvia P***, Pensionistin, Wien 13, Schweizertalgasse 8/2/5 oder Wien 14, Underreingasse 30, vertreten durch den Sachwalter Dr. Johannes Ruckenbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufhebung einer Eigentumsgemeinschaft infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 21. Feber 1989, GZ 18 R 7/89-19, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 2. September 1988, GZ 28 Cg 154/88-16, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
1. Die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
2. Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben. Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen und ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 17.857,80 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 2.976,30 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Streitteile sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft in Wien, bestehend aus einem Gartengrundstück und einer Baufläche, auf welcher ein altes Haus steht. Der Kläger begehrte ursprünglich die Zivilteilung, und die Beklagte beantragte die Abweisung dieses Klagebegehrens mit der Begründung, die Teilung erfolge zu ihrem Nachteil und zur Unzeit und im Widerspruch zu einer auch den Kläger bindenden Vereinbarung.
Nach mehr als dreijähriger Unterbrechung kündigte der Kläger nach Fortsetzung des Verfahrens in einem Schriftsatz an, aus einem in einem anderen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten ergebe sich, daß eine Realteilung der Liegenschaft möglich sei, er "ergänze" daher das Urteilsbegehren dahin, daß "in eventu" die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch körperliche Teilung begehrt werde. Die Beklagte kündigte in einem Schriftsatz an, sie werde sich in der Streitverhandlung gegen die unzulässige Klagsänderung aussprechen. Sie habe die Absicht, das bisher gestellte Klagebegehren anzuerkennen, sodaß Spruchreife gegeben sei. In der nächsten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung trugen die Streitteile wie in ihren Schriftsätzen vor, die Beklagte anerkannte das in der Klage gestellte Begehren. Der Kläger stellte keinen Antrag auf Fällung eines Anerkenntnisurteiles und beantragte, daß über das Eventualbegehren verhandelt werde, weil die Realteilung der Zivilteilung vorzuziehen sei. Die Beklagte brachte nun vor, daß es sich um eine unzulässige Klagsänderung handle.
Das Erstgericht ließ die Klagsänderung durch Erhebung des angeführten Eventualbegehrens mit der Begründung nicht zu, ohne die Klagsänderung sei die Sache wegen des Anerkenntnisses der beklagten Partei spruchreif, und eine Prüfung der Möglichkeit einer Realteilung würde eine erhebliche Erschwerung und Verzögerung der Verhandlung bedeuten.
Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß die Klagsänderung, die Eigentumsgemeinschaft der Streitteile an der strittigen Liegenschaft werde durch körperliche Teilung aufgehoben, zugelassen wurde. Es sprach aus, daß der Streitwert 300.000 S übersteigt. Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß die Teilungsklage nach § 843 ABGB grundsätzlich auf Naturalteilung zu richten sei und die Zivilteilung nur begehrt werden könne, wenn die Naturalteilung unmöglich oder untunlich sei. Wenn der Kläger dies auch in der ursprünglichen Klagserzählung nicht vorgebracht habe, sei seinem Neuvorbringen zu entnehmen, daß er ursprünglich der Meinung gewesen sei, die Realteilung wäre unmöglich, während sich nunmehr die Möglichkeit der Realteilung gezeigt hätte. Unter diesem Aspekt betrachtet würde sich das "Eventualbegehren" nicht als Klagsänderung darstellen, weil es sich aus den bisherigen Klagsbehauptungen ableiten lasse. Wenn man aber von neu vorgebrachten Tatsachen ausgehe, drohe durch die Klagsänderung keine wesentliche Verlängerung des Verfahrens. Das Erstgericht habe nämlich nicht beachtet, daß ohne Stellung eines diesbezüglichen Antrages ein Anerkenntnisurteil nicht zu fällen sei; bei Unterlassung eines solchen Antrages könne nur ein kontradiktorisches Urteil ergeben, sodaß bei der Behandlung des Begehrens der Zivilteilung die durch das Anerkenntnis "zugestandene" Tatsache geprüft werden müßte, daß die Realteilung unmöglich oder untunlich sei. Der zuletzt formulierte Antrag des Klägers könne im übrigen nur dahin verstanden werden, daß jetzt das "Eventualbegehren" als Hauptbegehren vorrangig zu behandeln wäre.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der beklagten Partei ist berechtigt. Als die beklagte Partei den ursprünglich geltend gemachten Klagsanspruch ohne jede Einschränkung anerkannte, war die Sache spruchreif. Die klagende Partei hätte nur einen Antrag auf Fällung eines Anerkenntnisurteiles stellen müssen, und dieses wäre zu erlassen gewesen.
Ob es bei Unterlassung eines solchen Antrages stets zum Ruhen des Verfahrens kommt (so wohl Fasching, ZPR2, Rz 1319), oder ob diese Rechtsfolge nur eintreten kann, wenn die anerkennende beklagte Partei keinen Antrag auf Fällung eines kontradiktorischen Urteiles stellt, also iSd § 170 ZPO iVm § 133 Abs 2 ZPO beide Parteien säumig sind, oder ob in einem solchen Fall stets ein kontradiktorisches Urteil zu fällen ist (so wohl EvBl 1986/31), kann offen bleiben; denn auch im letzteren Fall wäre die Sache sofort spruchreif, weil durch die Anerkennung der beklagten Partei die Behauptung der klagenden Partei, es lägen die Voraussetzungen für eine Zivilteilung vor, zugestanden und damit außer Streit gestellt wäre. Es spielt auch keine Rolle, ob das strittige Begehren auf Naturalteilung iSd rein wörtlichen Formulierung (ON 11: "in eventu") ein echtes Eventualbegehren ist, oder ob es iSd Überlegungen des Gerichtes zweiter Instanz uU als ein Alternativbegehren oder sogar als neues Hauptbegehren aufzufassen ist. Immer handelt es sich um eine echte Klagsänderung. Liegt ein echtes Eventualbegehren vor, müßte ohnedies zunächst über das bisherige Hauptbegehren auf Zivilteilung erkannt werden, das iSd obigen Ausführungen spruchreif war, dann ist das hilfsweise gestellte Begehren eine überflüssige Erschwernis. Ist hingegen jetzt primär über das Begehren auf Realteilung zu erkennen, dann würde die Zulassung der Klagsänderung eine erhebliche Erschwerung und Verzögerung der Verhanldung iSd § 235 Abs 3 ZPO bedeuten, weil trotz Spruchreife des bisherigen Begehrens der neue Klagsanspruch geprüft werden müßte. Dazu kommt, daß bis jetzt alles dafür spricht, daß eine Realteilung ohnedies nicht in Frage kommt; denn auf der zu teilenden Liegenschaft steht ein Haus, das vielleicht baufällig sein mag, von dem aber nicht feststeht, daß es abgebrochen werden muß. Nur dann wäre aber ein insgesamt unverbautes Grundstück vorhanden, das real geteilt werden könnte (vgl. E wie MietSlg 36.055, 37.045, 38.042). Der Umstand allein, daß zufällig dem Kläger auch das Nachbargrundstück gehört, bedeutet nicht, daß die Liegenschaft in zwei gleichartige Teile, nämlich in einen verbauten Teil mit fast keinem umliegenden Grund und einen zur Gänze unverbauten Teil zerlegt werden kann.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 40 und 41 ZPO. Da der Beschluß auf Zulassung einer Klagsänderung nicht zu dem im § 521 a Abs 1 ZPO angeführten Beschlüssen zählt, war die Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung nicht zulässig.
Anmerkung
E20920European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00527.9.0516.000Dokumentnummer
JJT_19900516_OGH0002_0030OB00527_9000000_000