TE OGH 1990/5/16 3Ob58/90

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Veröffentlicht am 16.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Louis H***, Kaufmann, Wien 21., Gerasdorferstraße 131, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach Gertrude B***, zuletzt Bad Salzuflen, Beetstraße 41, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrehtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 14. Dezember 1989, GZ 41 R 59/89-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 10. November 1988, GZ 6 C 1717/88-9, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.966,40 S (darin 494,40 S Umsatzsteuer und keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Parteien schlossen am 16.2.1988 vor dem Erstgericht einen Vergleich, in dem sich der Kläger (als dort Beklagter) zur Räumung eines Grundstücks (Punkt 1), zur Bezahlung des Mietzinsrückstandes von 35.314,37 S samt Nebengebühren bis 15.5.1988 (Punkt 2) und zur Übergabe bestimmter Baupläne bis 31.3.1988 und zur Einleitung eines Verfahrens vor der Baubehörde (Punkt 3) verpflichtete. Sodann heißt es in dem Vergleich:

"4. Sollte der Beklagte seinen Verpflichtungen aus Punkt 2 des Vergleiches (außer Kostenersatzpflicht!) und Punkt 3 des Vergleiches pünktlich und vollständig nachkommen, so verzichtet die klagende Partei auf Exekution gemäß Punkt 1 des Vergleiches."

Der beklagten Partei wurde vom Erstgericht auf Grund des Vergleiches gegen den Kläger am 14.7.1988 die Exekution durch zwangsweise Räumung des Grundstücks bewilligt.

Der Kläger erhob Einwendungen mit dem Begehren, die Exekutionsbewilligung aufzuheben. Er habe die Pläne übergeben und den Mietzinsrückstand bezahlt. Außerdem habe er der beklagten Partei eine Forderung von 130.000 S abgetreten, die diese jedoch nicht hereingebracht habe. Er habe deshalb selbst geklagt. Die Klage sei mit der Begründung abgewiesen worden, daß die Forderung an Zahlungs statt zediert worden sei. Das Urteil sei ihm erst nach Abschluß des Vergleiches zugestellt worden. Die beklagte Partei müsse sich die Forderung von 130.000 S auf ihre Zinsforderung anrechnen lassen. Die beklagte Partei bestritt, daß der Kläger die Verpflichtung zur Übergabe der Pläne erfüllt und die im Vergleich vereinbarte Zahlung geleistet habe. Die Forderung von 130.000 S sei nur zahlungshalber abgetreten worden und sei nicht einbringlich gewesen. Es sei ausdrücklich vereinbart worden, daß der Kläger den Mietzins ungeachtet der Zession zu bezahlen habe; ihm wären nur die auf Grund der Forderung eingehenden Beträge gutzuschreiben gewesen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte im wesentlichen fest, daß der Kläger an die beklagte Partei am 16.2.1988 10.000 S und am 30.8.1988 13.544,35 S, 13.532,98 S und 14.000 S bezahlte, wobei diese Zahlungen als "Zins April, Mai und Juni 1988" gewidmet waren. Rechtlich war es der Meinung, daß der Kläger seine Zahlungspflicht nicht erfüllt habe, weshalb es unerheblich sei, ob er der Verpflichtung zur Übergabe der Pläne nachgekommen sei. Die vom Kläger behauptete Zession stehe der Vollstreckung des Exekutionstitels nicht entgegen, weil sie schon im Juli 1985 und damit vor Abschluß des Vergleiches vereinbart und durch den Vergleich eine neue Verpflichtung begründet worden sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 300.000 S übersteigt. Durch die Zession könne die im Vergleich festgelegte Schuld des Klägers unabhängig davon, ob sie zahlungshalber oder an Zahlungs statt vereinbart worden sei, nicht getilgt worden sein, weil sie schon vor Abschluß des Vergleiches stattgefunden habe und durch den Vergleich die Schuld des Klägers konstitutiv festgestellt worden sei. Das Erstgericht sei daher zu Recht davon ausgegangen, daß der Kläger diese Schuld nicht vollständig und pünktlich bezahlt habe.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinn des Klagebegehrens abzuändern. Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Kläger macht in der Revision nur geltend, daß die Geschäftsgrundlage des Vergleiches weggefallen sei, weil er bei Abschluß des Vergleiches davon ausgegangen sei, daß er die Forderung nur zahlungshalber abgetreten habe, sich aber nach Abschluß des Vergleiches durch das Urteil in dem Verfahren, in dem er die abgetretene Forderung einklagte, herausgestellt habe, daß die Forderung an Zahlungs statt abgetreten worden sei. Es wäre daher eine Anrechnung der Forderung auf den Mietzinsrückstand möglich gewesen. Hätte er dies gewußt, so hätte er den Vergleich nicht abgeschlossen.

Ohne daß dazu Stellung genommen werden muß, ob durch dieses Vorbringen überhaupt ein Wegfall der Geschäftsgrundlage dargetan wird, ob es gegen das Neuerungsverbot verstößt und ob der Geltendmachung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht die Eventualmaxime oder der Umstand entgegensteht, daß damit nicht Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung, sondern gegen den Anspruch erhoben werden, ist es nicht zielführend. Selbst wenn alle diese Fragen zugunsten des Klägers beantwortet würden, könnte sein Vorbringen nämlich nur nach Maßgabe des § 35 EO und damit nur soweit berücksichtigt werden, als es auf Tatsachen gestützt wird, die erst nach dem Abschluß des Vergleiches eingetreten sind. Bei einem Vergleich muß also das Erlöschen oder die Hemmung des Anspruches auf eine Änderung der Verhältnisse zurückgehen. Aus der Behauptung, daß ein - schon zur Zeit des Vergleichsabschlusses gegebener und seither unverändert gebliebener - Sachverhalt rechtlich anders zu beurteilen sei, als dies bei Abschluß des Vergleiches geschah, ergibt sich eine solche Änderung der Verhältnisse aber nicht. Ob aus dem Revisionsvorbringen Ungültigkeit des Vergleiches abgeleitet werden kann, ist nicht zu prüfen, weil dies keine Grundlage für die hier allein in Betracht kommende Klage nach § 35 EO bilden würde (MGA EO12 § 35/13).

Gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Zession der Forderung nicht zur Tilgung der im Vergleich vereinbarten Schuld des Klägers führen konnte, und zu der im Verfahren erster Instanz aufgestellten Behauptung, daß der Vergleich wegen Irreführung nichtig sei, wird in der Revision nichts mehr vorgebracht. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E20615

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00058.9.0516.000

Dokumentnummer

JJT_19900516_OGH0002_0030OB00058_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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