Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M*** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Gesellschaft mbH & Co KG, Wien 19., Muthgasse 2, vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichteten Parteien 1.) "DIE G*** W***" Zeitschriftengesellschaft mbH & Co KG, 2.) "DIE G*** W***" Zeitschriftengesellschaft mbH, beide Wien 16., Odoakergasse 34-36, und vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 29.November 1989, GZ 1 R 258/89-17, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 18.September 1989, GZ 37 Cg 216/89-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Mit einer vom Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht erlassenen einstweiligen Verfügung wurde den verpflichteten Parteien zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlung geboten, herabsetzende Äußerungen über das Unternehmen der betreibenden Partei, insbesondere die Bezeichnung der betreibenden Partei als "Mafiaprint" zu unterlassen. Die einstweilige Verfügung wurde vom Obersten Gerichtshof mit der Entscheidung 4 Ob 128/89 (= MuR 1989, 221) dahin abgeändert, daß den verpflichteten Parteien verboten wurde, das Unternehmen der betreibenden Partei als "Mafiaprint" zu bezeichnen oder inhaltsgleiche Tatsachen zu behaupten. Der einstweiligen Verfügung lag ein in einer periodischen Druckschrift erschienener Artikel zugrunde, in dem in offenbarer Anspielung auf das in der Firma der betreibenden Partei enthaltene Wort "Mediaprint" das Wort "Mafiaprint" gebraucht worden war. Das Oberlandesgericht Wien und der Oberste Gerichtshof waren der Meinung, die Bezeichnung der betreibenden Partei mit diesem Wort könne von einem maßgeblichen Teil der Leserschaft dahin verstanden werden, daß es sich um ein Unternehmen handle, dessen Geschäftspolitik mit dem Begriff "Mafia", wie er im übertragenen Sinn verstanden werde, nämlich als einflußreiche Personengruppe, die ihre Interessen unter Ausnützung der ihr zur Verfügung stehenden Macht- und Druckmittel skrupellos gegenüber Konkurrenten einsetze, um diese zu unterdrücken oder auszuschalten, in Verbindung gebracht werden.
Die betreibende Partei beantragte auf Grund der einstweiligen Verfügung des Oberlandesgerichtes Wien noch vor der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes die Bewilligung der Exekution gemäß § 355 EO. Die verpflichteten Parteien hätten nach Zustellung der einstweiligen Verfügung gegen diese dadurch verstoßen, daß sie am 14. und 15. September 1989 die Nr 37/1989 der den Gegenstand der einstweiligen Verfügung bildenden Druckschrift in sämtlichen Trafiken Österreichs, insbesondere in einer bestimmten - durch Angabe der Anschrift näher bezeichneten - Trafik, vertrieben hätten. In dieser Ausgabe sei dem Unternehmen der betreibenden Partei Machtmißbrauch und ein Würgegriff an Lesern und Politikern vorgeworfen worden. In dem bezogenen Artikel hieß es ua:
"Macht-Mißbrauch?
Österreichs Zeitungslandschaft hat sich in den vergangenen eineinhalb Jahren stark verändert: Durch den Griff der ausländischen WAZ-Gruppe nach "Krone" und "Kurier" gerieten auch Leser und Politiker in den Würgegriff, denn die Beteuerungen der beiden Boulevardblätter, man sei unter dem Dach der Ausländer nur wirtschaftlich verbunden, redaktionell (also inhaltlich) aber in keiner Weise verflochten, erwiesen sich - wenn es nicht spektakulärer Zufall war - spätestens am letzten Wochenende als nicht stichhaltig. "Krone" und "Kurier", beide zur gleichen Zeit und an gleicher Stelle (auf Seite 2 der Samstag-Ausgabe) zeigten, was Politikern passieren kann, die sich dem "Kro-Ku-WAZ"-Mediengiganten gegenüber nicht willfährig verhalten."
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution in Form eines Bewilligungsvermerkes gemäß § 112 Abs 1 Geo.
Das Rekursgricht wies den Exekutionsantrag infolge Rekurses der verpflichteten Parteien ab und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteigt. Die Verwendung des Wortes "Magiaprint" sei in der einstweiligen Verfügung verboten worden, weil es als Hinweis auf skrupellose Geschäftsmethoden, durch die Konkurrenten unterdrückt und ausgeschaltet würden, aufgefaßt worden sei. Der im Exekutionsantrag behauptete Verstoß läge nicht auf dieser "Tendenzebene". Dem Vorbringen im Exekutionsantrag sei zu entnehmen, daß die verpflichtete Partei behauptete, die von der betreibenden Partei herausgegebenen Medien stellten wegen der dominierenden Rolle auf dem österreichischen Medienmarkt und des vom Verfasser offenbar unterstellten "Meinungsmonopols" einen politischen Machtfaktor dar und diese Macht werde mißbraucht oder könnte mißbraucht werden. Dies liege aber auf einer anderen Ebene als der zur Schaffung des Exekutionstitels führende Vorwurf, die betreibende Partei bediene sich im geschäftlichen Wettbewerb skrupelloser Methoden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist nicht berechtigt. Da der Oberste Gerichtshof aus der den Exekutionstitel bildenden einstweiligen Verfügung das allgemeine Gebot, herabsetzende Äußerungen zu unterlassen, beseitigt hatte, muß nicht erörtert werden, welche Bedeutung diesem Verbot zugekommen ist. Die angefochtene Entscheidung ist zwar auf Grund der Aktenlage zu überprüfen, die zur Zeit der Entscheidung des Erstgerichtes gegeben war. Würde die Exekution bloß wegen eines Verstoßes gegen das vom Obersten Gerichtshof beseitigte Unterlassungsgebot bewilligt werden, so wäre sie aber gemäß § 39 Abs 1 Z 1 EO auf Antrag der verpflichteten Partei einzustellen, und der betreibenden Partei wären die zugesprochenen Kosten gemäß § 75 EO abzuerkennen. Es kann ihr kein Interesse an der Bewilligung einer Exekution zugestanden werden, von der feststeht, daß sie unter Aberkennung der Kosten einzustellen ist; es würde ihr ein Rechtsschutzbedürfnis fehlen (so schon 3 Ob 181/88). Obwohl die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes erst nach der Exekutionsbewilligung erging, ist daher von der hiedurch herbeigeführten Fassung des Exekutionstitels auszugehen. Die betreibende Partei trägt dem in ihrem Revisionsrekurs im übrigen dadurch Rechnung, daß sie selbst die Auffassung vertritt, der den Gegenstand des Exekutionsantrags bildende Vorwurf sei daran zu messen, ob er dem seinerzeitigen Vorwurf, sie sei ein(e) "Mafiaprint", inhaltsgleich ist. Wie schon das Rekursgericht richtig erkannte, trifft dies aber nicht zu:
Die Worte, deren Verwendung den Gegenstand des Exekutionsantrags bilden, müssen in ihrem Zusammenhang gesehen werden. Die Ausführungen in dem Artikel, in dem sie enthalten sind, erwecken aber nur den Eindruck, daß die betreibende Partei - objektiv gesehen - wegen des Einflusses, den sie durch die in dem Artikel erwähnten periodischen Druckschriften auf die öffentliche Meinung ausübt, Macht und damit die Möglichkeit in der Hand hat, das Verhalten von Politikern oder Lesern zu beeinflussen, was - wiederum objektiv gesehen - einen Mißbrauch der Macht bedeutet oder bedeuten könnte. Es ergibt sich aber aus dem Artikel nicht einmal andeutungsweise, daß die betreibende Partei ihre Macht bewußt und ohne Bedenken in der Absicht ausübt, sich ungerechtfertigt Vorteile zu verschaffen oder anderen zu schaden, oder eine solche Schädigung zumindest bewußt und bedenkenlos in Kauf nehme. Nur dann könnte aber der Eindruck eines skrupellosen Verhaltens erweckt werden, der nach Ansicht der Gerichte, die mit der Erlassung der einstweiligen Verfügung befaßt waren und deren Meinung sich der erkennende Senat anschließt, durch das Wort "Mafiaprint" hervorgerufen werden kann. Die im Exekutionsantrag beanstandete Äußerung ist daher dem verbotenen Begriff nicht inhaltsgleich, weil sie nur den Eindruck eines objektiven, nicht aber eines bewußten und vor allem bedenkenlosen Machtmißbrauchs erwecken kann. Auf die Ansicht des Rekursgerichtes, daß sich der Vorwurf auf skrupellose Methoden aus dem Bereich des geschäftlichen Wettbewerbs beziehen müsse, kommt es somit nicht an, weshalb hierauf nicht weiter einzugehen ist. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.
Anmerkung
E20931European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00004.9.0516.000Dokumentnummer
JJT_19900516_OGH0002_0030OB00004_9000000_000