TE OGH 1990/5/23 2Ob526/90

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Veröffentlicht am 23.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** W***, Rathaus, 1082 Wien, vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Werner G***, Inhaber der Fahrschule A***, Ramperstorffergasse 5, 1050 Wien, vertreten durch Dr. Raimund Mittag, Rechtsanwalt in Wien, wegen 95.799,30 S s.A. (Revisionsstreitwert 77.230,30 S) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 24. November 1989, GZ 3 R 229/89-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 24. Juni 1989, GZ 6 Cg 147/88-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.629,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 771,60 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 23. Oktober 1976 verstorbene Ing. Gernot S*** und Ing. Theo D*** betrieben bis zum 31. Dezember 1971 gemeinsam die Fahrschule "A***" in Wien 5., Ramperstorffergasse 5. Ab 1. Jänner 1972 führte Ing. Gernot S*** diese Fahrschule alleine weiter; er verpflichtete sich zur Zahlung einer Leibrente in Höhe des jeweils geltenden kollektivvertragsmäßigen Lohnes eines Fahrschullehrers an die Eheleute Pauline und Theo D***. Am 13. Mai 1981 schloß der Beklagte mit den Erben des Ing. Gernot S*** hinsichtlich der Fahrschule "A***" einen Kaufvertrag ab, in dem sich die Erben verpflichteten, dem Beklagten einen Fuhrpark, die Betriebs- und Geschäftsausstattung, fest verzinsliche Wertpapiere und den Kassenstand zum 31. Mai 1981 gegen Befreiung von diversen Verbindlichkeiten zu überlassen. Unter Punkt 4 A der aufgelisteten Verbindlichkeiten wurde Ing. Theo D*** als Begünstigter einer Leibrentenzahlung genannt. Die Höhe der Leibrente wurde mit 5.353,50 S insgesamt 14mal jährlich in 12 Teilbeträgen angegeben und als Berechnungsgrundlage die Hälfte des Fahrlehrergehaltes nach dem Kollektivvertrag für die Angestellten der Kraftfahrschulen angeführt. Handschriftlich neben diesem Punkt wurde in Klammer das Geburtsdatum des Ing. Theo D*** -

21.12.1901 - beigesetzt. Ing. Theo D*** selbst wirkte weder bei den Vertragsverhandlungen noch beim Vertragsabschluß mit. Darüber, ob Ing. D*** aus diesem Vertrag ein klagbarer Anspruch gegen den Beklagten zustehe, wurde nicht gesprochen. Ing. P***, der in Vertretung der Verkäufer die Vertragsverhandlungen führte, entwarf schriftlich eine Kalkulation, in der er unter anderem die Leibrente als Teil des Kaufpreises mit einem Betrag von 284.000 S anführte. Dieser Betrag sollte jedoch nicht dazu dienen, daraus eine Höchstzahl von Rentenleistungen mit dem oben angeführten Umrechnungsschlüssel zu errechnen und festzulegen, sondern war alleine dazu bestimmt, eine grobe Schätzung der auf den Beklagten zukommenden Zahlungen vorzunehmen, um im weiteren gewissermaßen die Lukrativität des Geschäftes für den Beklagten abwägbarer zu machen. Bis Jänner 1986 zahlte der Beklagte regelmäßig die Leibrente an Ing. D*** aus. Später kam es zu Unregelmäßigkeiten in den Zahlungen, da sich die Geschäftslage des Unternehmens des Beklagten verschlechterte. Am 23. April 1987 wurde D*** über seinen Antrag in das Pflegeheim Lainz aufgenommen. Im Aufnahmeantrag vermerkte er unter der Rubrik Einkommen "Leibrente Ing. G*** 6.000,-- S". Am 30. April 1987 teilte die zentrale Verrechnungsstelle für Pflegeentgelte in den Städtischen Pflegeheimen, MA 17, dem Beklagten mit, daß Ing. D*** sich seit 23. April 1987 in einem Pflegeheim der Stadt Wien befinde, und ihm Heimpflege als Leistung nach dem Wiener Sozialhilfegesetz gewährt werde. Der Beklagte wurde darauf verwiesen, daß gemäß § 27 des Wiener Sozialhilfegesetzes Rechtsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfes, die der Empfänger der Hilfe gegen einen Dritten habe, auf die Dauer der Hilfeleistung bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den Sozialhilfeträger übergingen, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstatte. Der Beklagte wurde daher ersucht, die fällig werdenden Bezüge des Ing. D*** aus der Leibrente in Hinkunft auf das Konto der zentralen Pflegegebührenverrechnungsstelle der Städtischen Pflegeheime zu überweisen. Der Beklagte erwiderte mit seinem Schreiben vom 12. Mai 1987, die Leibrente in Hinkunft direkt an die angeführte Stelle zu überweisen und legte eine Kopie des Kaufvertrages über die Vereinbarung mit Ing. D*** bei. Im folgenden zahlte er am 30. Juni 1987 und am 28. August 1987 je 6.245,75 S auf dieses Konto ein. Nach August 1987 leistete er keine weiteren Zahlungen mehr, und zwar weder an die Klägerin, noch an Ing. D***. Im September 1987 wurde der Akt des "Pfleglings D***" an die als Verwaltungsoffizial im Gebührenreferat der Klägerin tätige Sonja S*** übermittelt. Sonja S*** telefonierte am 11. März 1988 mit dem Beklagten und fragte ihn, wann weitere Leibrentenzahlungen erfolgen werden. Der Beklagte verwies darauf, daß er bereits mehr Zahlungen geleistet habe, als anscheinend im Akt vermerkt seien, und sagte zu, eine Aufstellung der bisher geleisteten Zahlungen zu übersenden. Eine derartige Aufstellung legte er in weiterer Folge jedoch weder Sonja S*** noch dem Gericht vor. Der Beklagte deutete in diesem Gespräch finanzielle Schwierigkeiten an und gab Sonja S*** bekannt, daß er vorhabe, eine verminderte Ratenzahlungsverpflichtung zu beantragen. Sonja S*** verwies darauf, daß sie in jedem Fall zunächst eine Aufstellung über die geleisteten Zahlungen brauche, da sie diese an die zentrale Verrechnungsstelle schicken müsse. Nicht gesprochen wurde darüber, ob der Beklagte überhaupt weiterhin aus dem von ihm abgeschlossenen Vertrag zu Zahlungen verpflichtet sei, doch hatte Sonja S*** nicht den Eindruck, der Beklagte sei der Ansicht, aus dem Leibrentenvertrag keine Verpflichtungen mehr zu haben. Als in weiterer Folge keine Zahlungen vom Beklagten eingingen, forderte Sonja S*** den Beklagten am 19. April 1988 schriftlich auf, Zahlung zu leisten. Dieses Schreiben wurde vom Beklagtenvertreter im Sinne der grundsätzlichen Ablehnung jeglicher Verpflichtung des Beklagten zu weiteren Zahlungen beantwortet. Bis einschließlich November 1988 ergibt sich unter Berücksichtigung der einbehaltenen Pension des Ing. Theo D*** und der zweimaligen Zahlungen des Beklagten ein offener Saldo an Pflegegebühren in Höhe von 77.230,30 S.

Im Rahmen der Beweiswürdigung brachte das Erstgericht noch zum Ausdruck, daß der Beklagte im Zuge der Ankündigung seines Ersuchens um die Gewährung geringerer Ratenzahlung die Berechtigung der Klägerin, Forderungen des Ing. D*** gegen ihn geltend zu machen, nicht anzweifelte und er mit seinem Schreiben vom 12. Mai 1987 (Beilage A) nur die Verpflichtung eingehen wollte, die Leibrentenzahlungen nunmehr an die Klägerin zu überweisen. Mit der vorliegenden Klage begehrte die S*** W*** nach Ausdehnung des Klagebegehrens vom Beklagten die Bezahlung von 95.799,30 S s.A. Mit Kaufvertrag vom 13. Mai 1981 habe der Beklagte von Heide S*** die Fahrschule A*** erworben und dabei die Verpflichtung übernommen, schuldbefreiend für die Verkäuferin ua eine Leibrente an Ing. Theo D*** in Höhe der Hälfte des Fahrlehrergehaltes nach dem Kollektivvertrag für die Angestellten der Kraftfahrschulen - damals 5.353,50 S - insgesamt 14mal jährlich in 12 Teilbeträgen zu bezahlen. Ing. Theo D*** befinde sich seit 23. April 1987 in Pflege des Pflegezentrums Sofienspital. Mit Schreiben vom 12. Mai 1987 habe der Beklagte der zentralen Verrechnungsstelle für Pflegeentgelte im Pflegeheim Lainz mitgeteilt, daß er die Leibrentenzahlung monatlich auf das Konto des Pflegeheimes Lainz überweisen werde. Trotz dieser Zusage habe der Beklagte bisher nur zweimal, nämlich am 30. Juni 1987 und am 28. August 1987 die nunmehrige Leibrente in der Höhe von 6.245,75 S überwiesen. Dadurch sei ein Rückstand (bis 24. Jänner 1989) von insgesamt 95.799,30 S entstanden. Die Klage wurde sowohl auf den Rechtsübergang nach den §§ 25, 27 WrSHG als auch auf das Anerkenntnis des Beklagten gegenüber dem zuständigen Sachbearbeiter der klagenden Partei und "auf jeden anderen erdenklichen Rechtsgrund" gestützt.

Der Beklagte wendete den Mangel der Aktivlegitimation der klagenden Partei sowie seiner Passivlegitimation ein und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Soweit das Beheren auf den behaupteten Rechtsübergang gestützt werde, sei es nicht berechtigt, weil Ing. D*** über ausreichendes eigenes Vermögen und Einkommen (Pension) verfüge und daher nicht sozialhilfeberechtigt sei. Darüber hinaus stünde Ing. D*** ihm gegenüber kein direkter Anspruch auf Deckung seines Lebensbedarfes zu, weil in der von ihm im Kaufvertrag vom 13. Mai 1981 ohne Beteiligung Ing. D*** übernommenen Verpflichtung zur Zahlung der Leibrente an Ing. D*** weder eine Schuldübernahme noch ein Schuldbeitritt, sondern lediglich eine Erfüllungsübernahme zu erblicken sei. Mangels eines direkten Klagerechtes Ing. D*** könne von einer Legalzession keine Rede sein. Da lediglich die Bezahlung eines Teiles des Kaufpreises in monatlichen Raten auf Lebenszeit des Ing. D*** habe erfolgen sollen, mangle der im Kaufvertrag mit den Erben des Ing. Gernot S*** vereinbarten Leibrente der Unterhaltscharakter. Soweit die Klage auf ein Anerkenntnis gegenüger dem Sachbearbeiter der klagenden Partei gestützt werde, sei das Klagebegehren nicht berechtigt, weil er kein Anerkenntnis abgegeben habe. Es habe sich lediglich um ein unverbindliches Gespräch gehandelt. Zur Klage sei er passiv nicht legitimiert, weil er sich niemals zur direkten Zahlung einer monatlichen Leibrente auf unbestimmte Zeit an Ing. D*** verpflichtet habe.

Das Erstgericht sprach der klagenden Partei unter Abweisung eines Mehrbegehrens von 18.569 S s.A. den Betrag von 77.230,30 S s.A. zu. Bei der rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ging es davon aus, daß die Interessenlage bei dem vorliegenden Leibrentenvertrag in Ansehung des Dritten eine dem Übergabsvertrag sehr ähnliche sei, nämlich die Sicherstellung eines gewissen Lebensstandards, weiters im § 881 Abs 2 ABGB bestimmt sei, daß im Zweifel der Dritte dann unmittelbar ein Recht gegen den Versprechenden erwerbe, wenn die Leistung hauptsächlich ihm zum Vorteil gereichen solle. Damit habe sich der Beklagte rechtlich nicht bloß dazu verpflichtet, seine unmittelbaren Vertragspartner schad- und klaglos zu halten, er sei vielmehr unter einem ein eigenes Schuldverhältnis zum Begünstigten eingegangen. Auch der Klägerin mangle es nicht an der Aktivlegitimation, weil ihr der Beklagte durch Anerkenntnis im Sinn des § 1375 ABGB im Verhältnis zu ihm dieselbe Rechtsstellung eingeräumt habe wie Ing. D***. Wenn nun der Beklagte gegenüber der Klägerin erklärt habe, daß er sich in einer schlechten finanziellen Lage befinde und geringere Ratenzahlungen beantragen wolle, so könne dies im Zusammenhang mit seinem Schreiben Beil./A und den geleisteten Zahlungen an die Klägerin nur als konstitutives Anerkenntnis gewertet werden. Aus dem Recht des Begünstigten gegen den Beklagten auf Leistung zu derzeit monatlich 6.245,75 S ergebe sich die Berechtigung des Klagebegehrens der ausständigen Pflegegebühren in Höhe von 77.230,30 S.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und erklärte die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig. Es verneinte das Vorliegen eines Verfahrensmangels und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes im Hinblick auf die als nicht gesetzmäßig ausgeführt angesehene Beweisrüge als unbekämpft. Davon ausgehend erachtete es die hinsichtlich des Vorliegens eines konstitutiven Anerkenntnisses erhobene Rechtsrüge als berechtigt. Ein konstitutives Anerkenntnis als zweiseitiges Rechtsgeschäft käme dadurch zustande, daß der Gläubiger auf Grund eines bestimmten Sachverhaltes ernstlich das Bestehen einer Forderung behaupte und der Schuldner die Zweifel am Bestehen der Forderung durch sein Anerkenntnis beseitige. Es setze grundsätzlich die Absicht des Erklärenden voraus, unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund eine neue rückständige Verpflichtung zu schaffen. Ein solches Anerkenntnis sei daher nur zur Bereinigung eines ernsthaft entstandenen konkreten Streites oder Zweifels über den Bestand einer Forderung möglich. In der vorbehaltslosen Leistung des Schuldners an den Zessionar liege zwar ein deklaratives Anerkenntnis, keinesfalls aber auch ein Anerkenntnis der Schuld im Sinne des § 1396 Abs 2 ABGB.

Zu der in der Berufung weiters erhobenen Rechtsrüge, Ing. D*** hätte keine direkten Ansprüche gegen den Beklagten erworben, weshalb auch ein Forderungsübergang auf die Klägerin ausgeschlossen sei, nahm das Berufungsgericht weiter im wesentlichen wie folgt Stellung:

Der Beklagte habe die Behauptung der Klägerin zugestanden, daß er mit dem Kaufvertrag vom 13. Mai 1981 die Fahrschule A*** käuflich erworben habe. Allein der rechtsgeschäftliche Erwerb eines Unternehmens führe gemäß § 1409 Abs 1 ABGB dazu, daß der Erwerber schon ex lege neben dem Veräußerer für dessen Schulden zu haften habe, die zum übernommenen Unternehmen gehörten. Der gesetzliche Schuldbeitritt greife auch dann Platz, wenn nur ein ideeller Anteil erworben werde und gelte auch für laufende Schulden mit Unterhaltscharakter, wenn diese bei Erwerb des Unternehmens dem Grunde nach bereits bestehen. Der Übernehmer des Unternehmens hafte gemäß § 1409 ABGB allerdings nur bis zum Wert des übernommenen Vermögens. Als Höchstgrenze entscheidend sei der objektive Wert zur Zeit der Übergabe und nicht der Kaufpreis. Daß und inwieweit die Haftung den Wert des übernommenen Vermögens übersteige, habe der Übernehmer zu beweisen. Der Beklagte habe seine Behauptung, es sei ein Kaufpreis von 737.000 S vereinbart worden, der keinesfalls überschritten werden sollte, deswegen sei die Leibrente mit 284.000 S kapitalisiert worden, nach den insoweit nicht weiter bekämpften Darlegungen des Erstgerichtes nicht nachgewiesen und einen Beweis über den objektiven Wert des erworbenen Vermögens nicht angetreten. Die Haftung des Beklagten sei daher schon auf Grund des gesetzlichen Schuldbeitrittes gegeben. Darüber hinaus sei jedoch auch eine vertragliche Haftung des Beklagten gemäß § 881 ABGB zu bejahen: Nach Punkt 4 des zwischen den Erben nach Ing. S*** und dem Beklagten am 13. Mai 1981 abgeschlossenen Kaufvertrages habe der Beklagte schuldbefreiend unter anderem die Verpflichtung der Leibrente an Ing. Theo D*** in Höhe der Hälfte des Fahrlehrergehaltes entsprechend dem Kollektivvertrag für die Angestellten der Kraftfahrschulen übernommen. Als privative Schuldübernahme bedürfe diese Vereinbarung allerdings der Einwilligung des Gläubigers. Es sei auch eine stillschweigende Einwilligung möglich, jedoch nur dann, wenn eine Verständigung von der Schuldübernahme vorangegangen sei und der Gläubiger auf Gurnd seines folgenden Verhaltens als zustimmend angesehen werden könne. Eine Verständigung des Ing. D*** über die Schuldübernahme sei indes weder behauptet worden noch auch sonst hervorgekommen. Gemäß § 1405 Satz 2 ABGB stelle eine unvollständige Schuldübernahme sich bloß als eine Erfüllungsübernahme dar, die jedoch zumindest nach § 1404 Satz 2 ABGB nicht unmittelbar ein Recht des Begünstigten schaffe. Der besonders im Schuldrecht geltende Grundsatz der Privatautonomie gestatte es den Parteien jedoch, ihre Rechtsbeziehungen weitgehend selbst zu gestalten. Nur wenn die Parteien zu einem Punkt keine Vereinbarung getroffen hätten, griffen die -

dispositiven - Regeln des Gesetzes ein. Auch die Bestimmung des § 1404 Satz 2 ABGB, nach der dem Gläubiger aus einer Erfüllungsübernahme unmittelbar kein Recht erwachse, sei nicht zwingend. Nur im Zweifel sei anzunehmen, daß die Erfüllungsübernahme kein echter Vertrag zugunsten des Gläubigers sei. Es bleibe daher zu prüfen, ob nicht auf Grund vorliegender Umstände anzunehmen sei, da die Parteien eine unmittelbare Berechtigung des Ing. D*** (§ 881 Abs 2 ABGB) hätten herbeiführen wollen.

Ob und in welchem Zeitpunkt auch der Dritte unmittelbar das Recht erwerbe, vom Versprechenden Erfüllung zu fordern, sei aus der Vereinbarung und der Natur und dem Zweck des Vertrages zu beurteilen. Im Zweifel erwerbe der Dritte dieses Recht gemäß § 881 Abs 2 Satz 2 ABGB, wenn die Leistung hauptsächtlich ihm zum Vorteil gereichen solle. Die gesetzliche Auslegungsregel des § 881 Abs 2 Satz 2 ABGB beruhe auf einer Verallgemeinerung des den anerkannten Fällen (Lebensversicherung, Leibrentenvertrag, Gutsübergabe u.ä.) offenbar zugrundeliegenden Gedankens der Fürsorge und Versorgung (Ehrenzweig-Mayrhofer, 182). Eine Leibrente könne auch zugunsten eines Dritten vereinbart werden, dann liege ein Vertrag zugunsten Dritter vor. Auch im vorliegenden Fall handle es sich um eine Leibrente, die der Beklagte zugunsten eines Dritten zu leisten versprochen habe. Es sollte daher mit dem Unternehmen offenbar auch weiterhin eine gewisse Versorgung des Ing. D*** gesichert werden. Dieser Vertragszweck lege es nahe, dem Versorgungsberechtigten unmittelbare Ansprüche auch gegen den Versprechenden zu gewähren, damit die allenfalls dringenden Leistungen ohne Verzögerung bei jedem Leistungspflichtigen geltend gemacht werden könnten. Überdies sei die Interessenlage des Versorgungsberechtigten durchaus auch der weichender Familienangehöriger im Falle eines Übergabsvertrages im Sinne des § 881 Abs 3 ABGB - der auch ein kaufmännisches oder gewerbliches Unternehmen zum Gegenstand haben könne - vergleichbar, auch wenn die erb- und familienrechtlichen Qualifikationsmerkmale dieses Vertrages nicht vorlägen. Es sei daher das Versprechen des Beklagten - wie übrigens auch ein mit einem Arbeitgeber zugunsten eines Dritten abgeschlossener Pensionsvertrag (EvBl 1974/220, EvBl 1971/222) -

als echter Vertrag zugunsten eines Dritten anzusehen. Gemäß den §§ 25, 27 des Wiener Sozialhilfegesetzes sei für Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes von Dritten Ersatz zu leisten, gegen die der Empfänger der Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfes habe. Diese Ansprüche gingen auf die Dauer der Hilfeleistung bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den Sozialhilfeträger über, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet habe. Entgegen der Ansicht des Beklagten bestehe der Anspruch der Klägerin unabhänigg davon, ob Ing. D*** Sozialhilfe durch Bescheid gemäß § 7 zweiter Satz des WrSHG zuerkannt worden sei oder nicht, weil § 25 des WrSHG bei der Regelung der Ersatzansprüche allein auf die Tatsache der Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes anknüpfe und daher nicht einmal das Vorliegen eines Rechtsanspruches auf die Leistungen voraussetze. Abgesehen davon wäre es dem Gericht unbenommen, eine an sich in den Entscheidungsbereich einer Verwaltungsbehörde fallende Vorfrage für die gerichtliche Entscheidung (gem. § 190 ZPO) selbständig zu lösen, solange noch kein Verwaltungsbescheid vorliege (vgl. Fasching, Handbuch, Rz 91 ff). In Ermangelung einer Rangordnung könne der Sozilahilfeträger wählen, von welchem Ersatztatbestand er Gebrauch machen wolle (Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 518 f), ob und inwieweit er also zum Beispiel vorerst gemäß § 26 leg. cit. gegen den Empfänger der Leistung oder gemäß § 27 leg. cit. gegen den ersatzpflichtigen Dritten vorgehe. Der Ersatzanspruch sei auch bei Leistungen, die auf Grund irrtümlicher Annahme der Anspruchsvoraussetzungen gewährt worden seien, nicht ausgeschlossen. Unzutreffend sei die Argumentation des Beklagten, die Kosten, die für einen Aufenthalt in einem Pflegeheim aufliefen, gehörten nicht zum Lebensbedarf. Gemäß § 11 Abs 1 Z 2 WrSHG gehöre nämlich auch die Pflege zum Lebensbedarf, welche gemäß § 15 Abs 1 letzter Satz leg. cit. innerhalb und außerhalb von Pflegeheimen gewährt werden könne. Die vom Beklagten behauptete Begrenzung der Sozialhilfeleistungen durch die in der Berufung angeführten Richtsätze gelte gemäß § 1 Abs 1 der Richtsatzverordnung 1989 (Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe, Wiener Landesgesetzblatt 1973/13 in der Fassung Wiener Landesgesetzblatt 1988/41) nur für Geldleistungen.

Der Berufung sei daher ein Erfolg zu versagen gewesen. Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision des Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Im Revisionsverfahren ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des vom Beklagten hinsichtlich des Erwerbes der Fahrschule A*** abgeschlossenen Kaufvertrages vom 13. Mai 1981 und die daraus abgeleitete Aktivlegitimation Ing. D*** zur Geltendmachung der ihm vertraglich eingeräumten Leibrentenzahlungen gegen den Beklagten nicht mehr strittig. Der Revisionswerber bekämpft lediglich die Berechtigung der klagenden Partei zur Geltendmachung dieser Ansprüche Ing. D*** zufolge Forderungsüberganges auf sie im Sinne des § 27 WrSHG. Sowohl in seiner Rechtsrüge als auch in der dieser zuzuordnenden Verfahrensrüge - mit der allerdings eine Mangelhaftigkeit (§ 503 Z 2 ZPO) nicht dargetan wird (§ 510 Abs 3 ZPO) -

wendet sich der Beklagte in erster Linie gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, der Forderungsübergang im Sinne der im § 27 WrSHG normierten Legalzession hätte die bescheidmäßige Zuerkennung der gewährten Sozialhilfe gemäß § 7 WrSHG nicht zur Voraussetzung. Den diesbezüglichen weitwendigen Ausführungen des Revisionswerbers kann aber nicht gefolgt werden. Denn hier geht es nicht um die Frage des Anspruches Ing. D*** auf eine Leistung zur Sicherung des Lebensbedarfes, über den tatsächlich mit Bescheid abzusprechen ist (§ 7 2. Satz WrSHG), sondern um die Ersatzansprüche des Sozialhilfeträgers, und zwar wegen gewährter Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes. Für solche Leistungen ist - ohne Bindung des Sozialhilfeträgers an eine Rangordnung bei der Geltendmachung seiner Ersatzansprüche gegen die verschiedenen Gruppen von Ersatzpflichtigen (vgl. Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 518 f) - ua von (sonstigen) Dritten Ersatz zu leisten, gegen die der Empfänger der Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfes hat (§ 25 WrSHG). Hat der Empfänger der Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfes gegen einen Dritten, so gehen diese Ansprüche auf die Dauer der Hilfeleistung bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den Sozilahilfeträger über, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet hat (§ 27 WrSHG). Als Voraussetzungen für den Eintritt dieser Legalzession normiert das Gesetz somit nur die Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes durch den Sozialhilfeträger, das Bestehen eines Rechtsanspruchs des Hilfeempfängers gegen einen anderen Dritten, aus dem er seinen Bedarf (teilweise) hätte decken können - unabhängig davon, ob dieser vertraglicher oder deliktischer Natur ist - sowie das Einlangen einer Anzeige des Sozialhilfeträgers beim Dritten über die Erbringung dieser Sozialhilfeleistungen an den Hilfeempfänger und den damit verbundenen Forderungsübergang (vgl. Pfeil, aaO, 529). Die bescheidmäßige Zuerkennung der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes im Sinne des § 7 WrSHG bildet nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes somit keine Voraussetzung für den diesbezüglichen Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers. Diese Auslegung erscheint auch nicht bedenklich, weil der gesetzliche Forderungsübergang lediglich den Wechsel der Rechtszuständigkeit zur Folge hat, an der rechtlichen Natur der übertragenen Forderung sich aber nichts ändert (vgl. JBl. 1979, 543), der Dritte somit in seiner Rechtsstellung materiellrechtlich keine Veränderung erfährt. Bedarf es aber zum Eintritt der Legalzession der bescheidmäßigen Zuerkennung der Hilfe an den Hilfeempfänger nicht, so liegen auch die vom Beklagten sowohl in der Berufung als auch in der Revision in diesem Zusammenhang geltend gemachten Feststellungsmängel nicht vor. Damit gehen aber auch die Ausführungen des Revisionswerbers, mit welchen er sich gegen die aus § 190 ZPO abgeleitete Hilfsbegründung des Berufungsgerichtes wendet, ins Leere.

Insoweit der Beklagte in der Revision unter Hinweis auf seine Berufungsausführungen neuerlich zum Ausdruck bringt, die für den Aufenthalt in Pflegeheimen auflaufenden Kosten gehörten nicht zum "Lebensunterhalt", weshalb § 27 WrSHG nicht anwendbar sei und das Berufungsgericht zu Unrecht einen Forderungsübergang angenommen habe, übersieht er, daß die Legalzession nach § 27 leg. cit. nicht nur Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, sondern zur Sicherung des Lebensbedarfes betrifft (§ 25 WrSHG) und der durch den Sozialhilfeträger zu sichernde Lebensbedarf nicht nur den Lebensunterhalt (§§ 11 Abs 1 Z 1 und 12 WrSHG), sondern auch die im § 15 leg. cit. näher geregelte Pflege des Hilfebedürftigen umfaßt (§ 11 Abs 1 Z 2 WrSHG).

Der Oberste Gerichtshof billigt daher den vom Berufungsgericht hier angenommenen Forderungsübergang auf die klagende Partei. Damit erweist sich aber die Revision als unberechtigt, weshalb ihr kein Erfolg beschieden sein konnte.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E21119

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00526.9.0523.000

Dokumentnummer

JJT_19900523_OGH0002_0020OB00526_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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