Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hildegard R***, Alleininhaberin der prot. Firma Rudolf G*** & Co, Buchhandlung, Antiquariat und Pressevertrieb, Innsbruck, Anichstraße 29, vertreten durch Dr. Günther Riess, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Helmut Z***, Kaufmann, Innsbruck,
Anichstraße 29, vertreten durch Dr. Hansjörg Mader, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Räumung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 16. Februar 1990, GZ 3 a R 82/90-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 20. November 1989, GZ 11 C 910/89x-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 9.887,40 (einschließlich S 1.647,90 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Räumung des von diesem gemieteten Geschäftslokales top Nr 2 im Hause Innsbruck, Anichstraße 29 bis 31 mit der Begründung, das auf 3 Jahre befristete Mietverhältnis sei am 1.September 1989 abgelaufen, sodaß der Beklagte diese Räume seither ohne Rechtstitel benütze. Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Es sei eine sechsmonatige Kündigungsfrist vereinbart worden. Das Mietverhältnis sei daher mangels Aufkündigung nicht beendet. Auch aus dem Akt 11 C 362/87 des Bezirksgerichtes Innsbruck ergebe sich, daß die Klägerin schlüssig auf Räumung verzichtet habe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Der Beklagte mietete von der Klägerin das in deren Wohnungseigentum stehende Geschäftslokal top Nr 2 im Hause Innsbruck, Anichstraße 29 bis 31. Das Mietobjekt liegt in einem Gebäude, das nach dem 1.Jänner 1968 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel erstellt wurde. Punkt III. des Mietvertrages lautet wie folgt:
"Das Mietverhältnis beginnt am 1.September 1986 und wird auf 3 Jahre befristet. Es wird eine sechsmonatige Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Kalenderhalbjahres vereinbart."
Ein Zeitpunkt, zu welchem das Bestandverhältnis endet, wurde in diesem Mietvertrag nicht festgehalten. Auch in den übrigen Punkten des abgeschlossenen Mietvertrages ist von einem Endigungszeitpunkt nicht die Rede.
In dem zu 11 C 362/87 des Bezirksgerichtes Innsbruck anhängigen Verfahren (Einbringung der Klage am 4.Mai 1987) war Verfahrensgegenstand das Räumungsbegehren der Klägerin wegen Nichtzahlung des Mietzinses durch den Beklagten. Dieses Verfahren ruht.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, seit dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes könne der Vermieter das Erlöschen befristeter Verträge nur unter der Voraussetzung des § 29 MRG durchsetzen. Dies setze einen unbedingten, also datumsmäßig schriftlich festgelegten Endtermin voraus. Dies sei nach dem festgestellten Inhalt des Mietvertrages hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil in klagestattgebendem Sinn ab und begründete dies wie folgt:
Für die Auflösung dieses befristeten Mietverhältnisses gelte § 29 Abs 1 Z 3 lit a erster Fall MRG. Danach werde ein Mietvertrag durch Zeitablauf aufgelöst, wenn in einem Hauptmietvertrag über einen nach dem 31.Dezember 1967 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichteten Mietgegenstand schriftlich vereinbart worden sei, daß er durch Ablauf der bedungenen Zeit ohne Kündigung erlösche. Der Endtermin müsse sich aus der von allen Vertragsteilen unterfertigten Urkunde selbst ergeben. Dies sei hier der Fall, weil - obgleich der 1. September 1989 nicht ausdrücklich im Vertragstext als Beendigungstermin festgehalten sei - es für jeden Menschen, der physisch und psychisch in der Lage, einen solchen Mietvertrag abzuschließen und zu unterfertigen, klar und eindeutig feststehe, daß der Endtermin bei der gegebenen dreijährigen Befristung der 1. September 1989 sei. Der Zeitpunkt des Erlöschens ergebe sich aus dem Datum des Beginns des Vertrages und dem Ablauf der dreijährigen Bestanddauer von selbst. Das Fristende sei nach § 902 ABGB eindeutig bestimmt. Die Vereinbarung vorzeitiger Kündigungsmöglichkeit schade nicht.
Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO für zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Zutreffend erkannte das Berufungsgericht, daß durch die Nennung des Beginnes des Vertragsverhältnisses und seine dreijährige Befristung im ersten Satz des Punktes III. des Mietvertrages schriftlich (das heißt aus der Urkunde selbst hervorgehend) ein unbedingter Endtermin festgelegt wurde. Dies ist Voraussetzung für die Durchsetzbarkeit eines im Mietvertrag vereinbarten Endtermines (MietSlg 31.478/29). Da die formelhafte Wiedergabe des Gesetzeswortlautes im Vertrag keineswegs gefordert ist (so 5 Ob 1505/86), entspricht dem Gebot des § 29 Abs 3 lit a MRG jede Formulierung, die die Absicht des Gesetzgebers (s 425 BlgNR 15.GP) erfüllt, daß sich nämlich der Mieter von vornherein auf eine bestimmte Mietdauer einstellen kann. Dies ist der Fall, wenn der Endtermin datumsmäßig angegeben, aber auch - wie hier - wenn der Endtermin durch Angabe des Anfangszeitpunktes und die Vertragsdauer eindeutig festgelegt ist. Es darf nur nicht so sein, daß dieser Endtermin erst durch Zuhilfenahme der Auslegungsregeln der § 914 und § 915 ABGB oder der Vorschrift des § 863 ABGB erforscht werden muß (MietSlg 31.478/29).
Entgegen der Meinung des Revisionswerbers wird durch die im zweiten Satz des Punktes III. des Mietvertrages vereinbarte sechsmonatige Kündigungsfrist der im ersten Satz vereinbarte unbedingte Endtermin nicht berührt; es wird vielmehr nur zusätzlich für die Zeit vorher, für die ja ein Kündigungsverzicht nicht vereinbart wurde, eine vom Gesetz abweichende Kündigungsfrist festgelegt. Dies ist auf die Gültigkeit der Vereinbarung des Endtermines im Sinne des § 29 Abs 3 lit a MRG ohne Einfluß. Diese Rechtsmeinung steht zu dem Wortlaut der genannten Gesetzesstelle nicht im Widerspruch und wird zweifellos den rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen beider Vertragspartner gerecht (so Palten, ImmZ 1983, 9).
Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E20667European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00570.9.0529.000Dokumentnummer
JJT_19900529_OGH0002_0050OB00570_9000000_000