TE OGH 1990/5/30 4Ob79/90

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Veröffentlicht am 30.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*** A***, Wien 4., Prinz-Eugen-Straße 20-22, vertreten

durch Dr.Heinz Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei T*** H***- UND G*** reg.Gen.m.b.H., Innsbruck, Meinhardstraße 1-3, vertreten durch Dr.Albert Tachezy, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert S 350.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 21. Februar 1990, GZ 4 R 402/89-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. August 1989, GZ 9 Cg 248/88-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 12.983,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.163,90 USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Bank betreibt seit 1963 eine Zweigstelle in Kitzbühel. Dort haben auch die R*** K*** und die

S*** K*** ihren Sitz; die BANK FÜR T*** UND V***,

das Ö*** C***, die L*** T***,

die M***-BANK AG - und zwar im Rahmen des in Kitzbühel ansässigen

M***-G*** - sowie die Ö*** P*** und die BANK DER Ö*** P*** (PSK-BANK) betreiben in Kitzbühel gleichfalls Bankgeschäfte.

Am 24.12.1987 hielten - wie auch in den vorangegangenen Jahren und dann auch wieder im Jahr 1988 - mit Ausnahme des Ö*** C*** sämtliche Banken einschließlich

der Beklagten ihre Kitzbüheler Zweigstellen von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr für einen normalen Schalterdienst offen; sie führten an diesem Tag alle Bankgeschäfte - außer Kreditgewährungen - durch.

Der am 24.12.1987 gültige Kollektivvertrag für die Angestellten der gewerblichen Kreditgenossenschaften - zu denen die Beklagte gehört - vom 5.5.1966 in der ab 1.1.1987 geltenden Fassung regelt in § 1 die "Arbeitszeit" wie folgt:

" (1): Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden, wobei die Einteilung der täglichen Arbeitszeit den einzelnen Instituten vorbehalten bleibt und den örtlichen Verhältnissen angepaßt werden kann. Bestehende günstigere Übungen und Vereinbarungen über die Arbeitszeit bleiben unberührt.

(2): Außer den gesetzlichen Feiertagen gelten als Bankfeiertage der Karsamstag, der Pfingstsamstag und der 24.Dezember. An diesen Bankfeiertagen kann ein eingeschränkter Schalterdienst im Höchstausmaß von 2 Stunden ausschließlich zur Einlösung von Wechseln und zur Entgegennahme von Anmeldungen zu Generalversammlungen, für welche die Anmeldefrist abläuft, verrichtet werden. ...". Gleichlautende Bestimmungen hatte dieser Kollektivvertrag auch schon in der ab. 1.1.1985 und ab 1.1.1986 geltenden Fassung enthalten. Seit wann er den 24.Dezember als Bankfeiertag regelt, steht nicht fest.

§ 7 Abs 1 und Abs 2, Satz 1 und 2, des am 1.1.1985 in Kraft getretenen Kollektivvertrages für die Angestellten der R*** vom 21.12.1984 regelt die Arbeitszeit im

wesentlichen gleich wie § 1 des Kollektivvertrages für die Angestellten der gewerblichen Kreditgenossenschaften. Auch der am 18.11.1983 für die Angestellten der Ö***

L*** abgeschlossene Kollektivvertrag in der Fassung vom 17.9.1985 enthält in seinem § 6 eine inhaltsgleiche Bestimmung, ohne daß jedoch hier ein eingeschränkter Schalterdienst für Bankfeiertage festgelegt wurde. § 6 Abs 5 des Kollektivvertrages für die Angestellten der Banken und Bankiers vom 20.12.1984 in der ab 1.1.1985 geltenden Fassung stimmt in seinen beiden ersten Sätzen mit § 1 Abs 2 des Kollektivvertrages für die Angestellten der gewerblichen Kreditgenossenschaften wörtlich überein. Der Kollektivvertrag für Angestellte der Banken und Bankiers gilt für alle dem Verband österreichischer Banken und Bankiers als ordentliche Mitglieder angehörigen Kreditinstitute und für deren österreichische Niederlassungen und Filialen mit Ausnahme der LANDES-H*** und der S*** BANK Gesellschaft

mbH. Die PSK-BANK und die M***-BANK sind ordentliche Mitglieder

dieses Verbandes, die Ö*** P*** ist

außerordentliches Mitglied.

§ 13 Abs 2 des Kollektivvertrages für die Angestellten der Sparkassen vom 15.6.1966 in der ab 1.1.1988 gültigen Fassung sieht gleichfalls vor, daß (ua) der 24.Dezember "dienstfrei" ist. Zur Zeit der Eröffnung der Zweigstelle der Beklagten in Kitzbühel war es üblich, daß jeweils am Vormittag des 24.Dezember von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr Dienst versehen wurde. Dieser Übung schloß sich die Beklagte an. Auch nach dem Abschluß des Kollektivvertrages vom 5.5.1966 und nach der kollektivvertraglichen Vereinbarung, daß der 24.Dezember als Bankfeiertag gelte, wurde diese Praxis beibehalten. Auch alle anderen Banken - ausgenommen das ÖCI - hatten in Kitzbühel jeweils am Vormittag des Heiligen Abends Schalterdienst.

Unter den Banken, die in Kitzbühel Filialen unterhalten, wurde es üblich, jeweils im Herbst im Rahmen einer sogenannten "Bankabsprache" festzulegen, an welchen Samstagen der Wintersaison in Kitzbühel Zweigstellen Schalterdienst versehen würden. Dabei wurde jeweils besprochen, daß auch am Vormittag des 24.Dezember die Bankschalter geöffnet seien. An diesen Bankabsprachen nahmen mit Ausnahme der M***-BANK, der PSK-BANK und der PSK alle Banken - auch das ÖCI - teil. Die Vertreter des ÖCI äußerten dabei jeweils, daß bei der Kitzbüheler Zweigstelle zwar grundsätzlich die Bereitschaft zum Offenhalten am 24.Dezember bestünde, dies aber mit Rücksicht auf den bestehenden Kollektivvertrag nicht gemacht werde. Der Obmann der Zentralbetriebsrates des ÖCI, Silverius F***, hatte eine entsprechende Anfrage wegen der Durchführung eines Schalterdienstes in der Kitzbüheler Zweigstelle negativ beantwortet. Der Fremdenverkehrsverband Kitzbühel hat ein massives Interesse daran, daß in Kitzbühel so weit als möglich am Samstag und auch am Heiligen Abend am Vormittag die Banken geöffnet sind, damit Urlaubsgäste deren Dienste in Anspruch nehmen können. Mit Rücksicht auf die Struktur der Kitzbüheler Wirtschaft, welche weitgehend auf den Fremdenverkehr abgestellt ist, besteht ein wirtschaftlicher Bedarf am Offenhalten der Banken am Vormittag des 24.Dezember. Der Umsatz der Banken in dieser Zeit ist dem Umsatz an anderen Öffnungstagen, in der Hauptsaison durchaus vergleichbar. Die Wintersaison beginnt in Kitzbühel jeweils um den 24.Dezember. Die Banken versehen den Schalterdienst am 24.Dezember vornehmlich im Interesse des Fremdenverkehrs. Der Beklagten geht es darüber hinaus auch daraum, Wettbewerbsnachteile zu vermeiden, die ihr dadurch entstünden, daß in Kitzbühel nicht nur alle anderen Banken - mit Ausnahme des ÖCI - offenhalten, sondern Bankgeschäfte jedenfalls auch von der PSK abgewickelt werden. Ob auch die - gleichfalls kollektivvertraglich gebundene - M***-BANK und die PSK-BANK, die sich zur Durchführung der Bankgeschäfte ebenso wie die PSK der Post bedient, am Vormittag des 24.Dezember Bankgeschäfte durchführen, steht nicht fest.

Die Gewerkschaft der Privatangestellten, Sektion Geld und Kredit, ersuchte im Herbst 1987 den VERBAND DER Ö*** L***, den Ö*** R***, den VERBAND Ö*** B*** UND B*** und den

Ö*** G*** schriftlich, den 24.Dezember

als Bankfeiertag einzuhalten. Alle diese Verbände versicherten der Gewerkschaft der Privatangestellten, daß sie die Einhaltung des 24. Dezember als Bankfeiertag den Instituten in Erinnerung rufen würden. Der Ö*** G*** versandte

tatsächlich am 16.11.1987 ein Rundschreiben in diesem Sinn. Die Diensteinteilunge für den 24.Dezember geschieht bei der Beklagten jeweils auf freiwilliger Basis. Angestellte, die bereit sind, Dienst zu leisten, können sich in eine Liste eintragen; ihre Dienstleistung wird dann mit 100-%iger Überstundenentlohnung vergütet.

Mit der Behauptung, daß die Beklagte dadurch gegen § 1 UWG verstoße, daß sie, um sich einen Vorsprung vor gesetzesgetreuen Mitbewerbern zu verschaffen, die kollektivvertragliche Arbeitszeitregelung mißachte, begehrt der Kläger, die Beklagte schuldig zu erkennen, an jedem folgenden 24.Dezember vormittags in allen ihren Geschäftslokalen den Betrieb des Bankgeschäftes - ausgenommen den eingeschränkten Schalterdienst im Höchstausmaß von zwei Stunden zur Einlösung von Wechseln und zur Entgegennahme von Anmeldungen zu Generalversammlungen, für welche die Anmeldefrist abläuft - zu unterlassen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Durch die Verletzung des Kollektivvertrages habe sie nicht gegen eine den Wettbewerb regelnde Bestimmung verstoßen. Sie habe ihre Kitzbüheler Zweigstelle auf Grund einer gemeinsamen Absprache aller am Platz vertretenen Kreditinstitute offengehalten, um Wettbewerbsnachteile zu vermeiden. Für die Kreditwirtschaft bestehe kein einheitlicher Kollektivvertrag; für die - mit der Beklagten gleichfalls im Wettbewerb stehende - PSK und die PSK-BANK, welche sich der Post bedienten, bestehe keine gleichartige Regelung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die kollektivvertragliche Bestimmung über den 24.Dezember als Bankfeiertag sei wettbewerbsneutral; daher müßten besondere Umstände hinzutreten, die das gesetzwidrige Verhalten der Beklagten als sittenwidrig im Wettbewerb erscheinen ließen. Die Beklagte habe den Kollektivvertrag zwar in Wettbewerbsabsicht verletzt; die Befolgung dieser Bindung sei ihr aber unzumutbar, weil eine vergleichbare Regelung weder für die PSK noch für die Sparkassen bestehe. § 13 des Kollektivvertrages für die Angestellten der Sparkassen, wonach der 24. Dezember "dienstfrei" sei, bedeute nämlich etwas anderes als die Vereinbarung, daß dieser Tag als "Bankfeiertag" gelte; überdies stehe nicht fest, daß diese Bestimmung im Kollektivvertrag für die Angestellten der Sparkassen im Jahre 1987 schon gegolten hätte. Wenngleich sich die Beklagte über eine kollektivvertragliche Bestimmung planmäßig hinweggesetzt habe, sei ihr Verhalten mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles - die Wahrnehmung der Interessen des Fremdenverkehrs und die Bankenabsprache - doch nicht sittenwidrig.

Das Berufungsgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Bestimmungen eines Kollektivvertrages seien, soweit sie nicht die Rechtsbeziehungen zwischen den Kollektivvertragsparteien rein schuldrechtlich regeln, innerhalb seines fachlichen, räumlichen und persönlichen Geltungsbereiches unmittelbar rechtsverbindlich (§ 11 Abs 1 ArbVG). Dieser normative Teil des Kollektivvertrages wirke auf den Inhalt der Einzelarbeitsverträge wie ein Gesetz im formellen Sinn oder eine Verordnung unmittelbar gestaltend ein und schaffe objektives Recht; er sei als Gesetz im materiellen Sinn anzusehen. Die kollektivvertragliche Regelung der Arbeitszeit sei ein Tatbestandselement der öffentlich-rechtlichen gesetzlichen Arbeitszeitnormen. Durch die innerhalb seines Geltungsbereiches getroffenen Regelungen der Arbeitsbedingungen sorge der Kollektivvertrag damit aber auch für die Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen, um Konkurrenz auf Kosten der Ansprüche der Arbeitnehmer zu verhindern. Die Verletzung der Bestimmung des Kollektivvertrages für die Angestellten der gewerblichen Kreditgenossenschaften, wonach der 24.Dezember als Bankfeiertag gilt, verschaffe der Beklagten einen wettbewerblichen Vorsprung durch Rechtsbruch; die Beklagte setze sich, wie auch die Absprachen mit anderen Mitbewerbern zeige, bewußt und planmäßig über diese Regelung hinweg. Der damit unter Ausnützung der Normtreue ihrer Mitbewerber erzielte Vorsprung im Wettbewerb sei unlauter. Die verletzte Kollektivvertragsnorm diene - neben sozialpolitischen Zielsetzungen - auch einer unmittelbaren Beschränkung des Wettbewerbs im Bereich der gewerblichen Kreditgenossenschaften; sie begründe für den Arbeitnehmer einen arbeitsrechtlichen Anspruch, der über die in § 3 ARG festgelegte Feiertagsordnung hinaus Ruhezeiten zusichere (§ 28 ARG). Nichts anderes ordneten § 13 Abs 2 des Kollektivvertrages für Angestellte der Sparkassen, § 6 Abs 5 des Kollektivvertrages für Angestellte der Banken und Bankiers sowie § 7 Abs 2 des Kollektivvertrages für Angestellte der Raiffeisenkassen an, wenn dort den Arbeitnehmern der 24.Dezember als "Feiertag" oder als "dienstfrei" zugestanden werde. Die Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf die Absprache mit anderen Banken berufen, weil die Arbeitnehmer während der Feiertagsruhe nur die in den Kollektivverträgen vorgesehenen Tätigkeiten ausüben dürften. Alle diese Vorschriften seien wettbewerbsregelnde Normen; ein Verstoß dagegen sei sittenwidrig. Die Rechtsansicht der Beklagten sei auch nicht vertretbar. Ihr Hinweis, daß sie den Bedürfnissen des Fremdenverkehrs entsprochen habe, könne nicht überzeugen, enthalte doch die ARG-VO in Abschnitt XIII Z 5 ohnehin eine Ausnahmebestimmung, die den Handel mit ausländischen Zahlungsmitteln im Interesse des Fremdenverkehrs regelt.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen der Meinung des Klägers zulässig, weil gerade auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechtes eine erhebliche Rechtsfrage auch dann vorliegen kann, wenn zu einem unbestimmten Rechtsbegriff zwar schon allgemeine, von der Rechtsprechung entwickelte Leitsätze bestehen, die konkrete Lösung des zu entscheidenden Falles sich aber - wie hier - noch nicht ohne weiteres ergibt, sondern wegen Fehlens von Vorentscheidungen mit weitgehend gleichartigen Sachverhalten ein sorgfältiger Vergleich mit den bisher entschiedenen, nur ähnlichen Fällen vorgenommen werden muß (ÖBl 1984, 48; ÖBl 1985, 51; ÖBl 1989, 145 uva); sie ist aber nicht berechtigt.

Wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, kommt dem normativen Teil eines Kollektivvertrages als einem Gesetz im materiellen Sinn die Qualität eines objektiven Rechtssatzes zu; er ist daher für die von ihm betroffenen Personen oder Personengruppen rechtsverbindlich (§ 11 Abs 1 ArbVG; Strasser in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht2 II S 6 und 116 f; ÖBl 1990, 7). Gegenstand einer kollektivvertraglichen Regelung kann entgegen der Meinung der Beklagten auch die Feiertagsruhe sein, sieht doch § 28 ARG vor, daß ein Kollektivvertrag Fragen der Arbeitsruhe - zu denen gemäß § 7 ARG auch die Feiertagsruhe zählt - abweichend vom Gesetz regelt.

Daß sich die Beklagte über § 1 Abs 2 des Kollektivvertrages für die Angestellten der gewerblichen Kreditgenossenschaften insofern hinweggesetzt hat, als sie seit vielen Jahren jeweils am 24.Dezember in ihrer Kitzbüheler Filiale Angestellte Dienst versehen ließ, ist unbestritten geblieben. Aus dem Vorbringen der Beklagten, sie habe damit Wettbewerbsnachteile hintanhalten wollen, geht hervor, daß sie zu Zwecken des Wettbewerbes gehandelt hat. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verstößt aber gegen § 1 UWG, wer sich schuldhaft über ein Gesetz hinwegsetzt, um im Wettbewerb einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen (MR 1988, 102; ÖBl 1989, 122; EvBl 1989/100 uva), ohne daß es darauf ankäme, ob die übertretene Norm an sich wettbewerbsregelnden Charakter hat. Ein solcher Rechtsbruch ist auch dann sittenwidrig, wenn der überwiegende Teil der Mitbewerber dieselbe Vorschrift gleichfalls mißachtet (ÖBl 1984, 14). In dem hier zu beurteilenden Fall hat das ÖCI in Kitzbühel den Bankfeiertag im Hinblick auf den für diese Bank maßgebenden Kollektivvertrag eingehalten. Daß die Banken in den Nachbarorten Kitzbühels trotz der erwähnten kollektivvertraglichen Regelungen jeweils am 24.Dezember ihren Betrieb (durch Angestellte) aufrechterhalten hätten, wurde weder behauptet noch festgestellt. Die Beklagte hat dann aber einen Vorsprung nicht nur gegenüber dem ÖCI, sondern auch gegenüber anderen Banken sowie Sparkassen erlangt, die sich an den sie bindenden Kollektivvertrag gehalten haben.

Für die Beklagte ist auch daraus nichts zu gewinnen, daß für die Angestellten der meisten ihrer Mitbewerber nicht derselbe Kollektivvertrag gilt; entscheidend ist, daß in den für die Angestellten des gesamten Geschäftszweiges der Banken und Sparkassen - mit Ausnahme der Ö***

P*** - geltenden Kollektivverträgen der 24.Dezember als "Bankfeiertag" oder - wie im Kollektivvertrag für die Angestellten der Sparkassen - als "dienstfrei" festgelegt wurde. Auch die Angestellten der Sparkassen haben demnach einen Anspruch darauf, am 24. Dezember nicht zu arbeiten. Daß mit der Formulierung "dienstfrei" nichts anderes gemeint war als in den anderen Kollektivverträgen mit dem Ausdruck "Bankfeiertag", geht schon daraus hervor, daß in § 13 Abs 2 des Kollektivvertrages für die Angestellten der Sparkassen auch die Sonntage und die gesetzlichen Feiertage nur als "dienstfrei" bezeichnet werden; auf sie findet aber § 7 ARG jedenfalls Anwendung. Im übrigen wäre das Verhalten der Beklagten auch dann rechtlich nicht anders zu werten, wenn für die Sparkassen - wie für die PSK - keine inhaltsgleiche Regelung bestünde, kann doch der Auffassung der Beklagten, daß ein Rechtsbruch nur dann sittenwidrig sein können, wenn eine für alle Mitbewerber in gleicher Weise gültige Norm verletzt wird, nicht gefolgt werden. Auch dann, wenn nur ein Teil der Mitbewerber einer bestimmten rechtlichen Schranke unterliegt, bedeutet deren Mißachtung durch einen Konkurrenten einen Vorsprung vor den gesetzesgetreuen, der gleichen Regelung unterliegenden, Mitbewerbern. Daß einige Konkurrenten an eine Norm nicht gebunden sind oder diese "abschütteln", gibt anderen derselben Norm Unterworfenen nicht das Recht, ihrerseits die Norm zu mißachten. Der Rechtsbruch der Beklagten ist schon allein deshalb sittenwidrig; weitere Umstände brauchen entgegen der Meinung des Erstgerichtes und der Beklagten nicht mehr hinzuzutreten. Mit Recht hat daher das Berufungsgericht den Unterlassungsanspruch des Klägers bejaht.

Die Fassung des Unterlassungsgebotes wird von der Beklagten

nicht bekämpft. Da weder behauptet noch festgestellt wurde, daß die

Beklagte ihre Bankgeschäfte auch ohne Beiziehung von (dem

Kollektivvertrag unterliegenden) Angestellten durchführen könnte,

kann nicht gesagt werden, daß das Verbot, "den Betrieb des

Bankgeschäftes ... zu unterlassen" (und nicht nur: "den Betrieb ...

durch Angestellte ... "), zu weit ginge.

Die Revision mußte mithin erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E21171

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00079.9.0530.000

Dokumentnummer

JJT_19900530_OGH0002_0040OB00079_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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