Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Schwarz, Dr. Schalich und Dr. Jelinek als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*** & D***
Gesellschaft mbH, Speiseeisbedarf, Wildermutstraße 88, D-8000 München 50, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Ernst Hagen und Dr. Günther Hagen, Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagte Partei K*** Gesellschaft mbH, Internationale Spezialitäten, Hohe Brücke, 6922 Wolfurt, vertreten durch Dr. Paul Grossmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 723.606,27 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 14.Dezember 1988, GZ 3 R 364/88-43, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 30. August 1988, GZ 7 Cg 240/86-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.938,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 2.989,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem Wechselzahlungsauftrag vom 16.7.1986 erkannte das Erstgericht die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei die Wechselsumme von S 723.606,27 sA zu bezahlen. Diesem Wechselzahlungsauftrag liegt ein von der Firma PRE GEL S.p.A. mit dem Sitz in Reggio Emilia am 7.4.1986 ausgestellter, von dieser an die klagende Partei indossierter, auf die beklagte Partei gezogener und von letzterer akzeptierter Wechsel über den am 7.7.1986 zahlbaren Betrag von S 723.606,27 zugrunde. Die Begebung des Wechsels erfolgte zur Bezahlung von Warenlieferungen der Firma PRE GEL S.p.A. an die beklagte Partei.
Die beklagte Partei erhob gegen den Wechselzahlungsauftrag rechtzeitig Einwendungen und brachte dazu vor, die klagende Partei habe den Wechsel im Einvernehmen mit dem Wechselaussteller schlechtgläubig und nur deshalb erworben, um der beklagten Partei die Einwendungen aus dem Grundgeschäft abzuschneiden. Dem Wechselerwerb durch die klagende Partei liege kein Warengeschäft zugrunde, es handle sich um ein "Scheingiro"; die beklagte Partei sei daher berechtigt, der klagenden Partei alle aus dem Grundgeschäft resultierenden Einwendungen entgegenzusetzen, somit auch eine ihr gegen die Firma PRE GEL S.p.A. zustehende, die Wechselforderung übersteigende Gegenforderung kompensando einzuwenden. Diese auf den Titel des Schadenersatzes gestützte Gegenforderung sei dadurch entstanden, daß die Firma PRE GEL S.p.A. die Vereinbarung, wonach der beklagten Partei das Alleinvertriebsrecht für Waren der genannten Firma in Österreich zustehe, gebrochen und sich geweigert habe, der beklagten Partei weitere Waren zu liefern.
Die klagende Partei beantragte, den Wechselzahlungsauftrag aufrecht zu erhalten, bestritt die eingewendete Gegenforderung und brachte vor, sie habe den Wechsel von der Firma PRE GEL S.p.A. gutgläubig erworben und zwar zur Finanzierung von Einkäufen, die die klagende Partei für die genannte Firma vorzunehmen gehabt habe. Im übrigen bestünden die von der beklagten Partei behaupteten Schadenersatzforderungen nicht zu Recht. Zwischen dieser und der Firma PRE GEL S.p.A. seien wohl Verhandlungen über den Abschluß einer Exklusivvertriebsvereinbarung geführt, aber nicht zum Abschluß gebracht worden. Die Warenlieferung im Werte der Wechselsumme, zu deren Bezahlung der Wechsel begeben worden sei, habe den Zweck verfolgt, die Leistungs- und Zahlungsfähigkeit der beklagten Partei zu prüfen. Diese habe in der Folge versucht, die vereinbarten Zahlungsbedingungen einseitig abzuändern und bisher keine Zahlungen geleistet. Aus diesem Grund habe sich die Firma PRE GEL S.p.A. zu Recht geweigert, weitere Ware zu liefern. Selbst wenn zugunsten der beklagten Partei eine Exklusivvertriebsvereinbarung zustande gekommen wäre, sei die Firma PRE GEL S.p.A. wegen der Änderung der Umstände, des Wegfalles des Vertrauens und wegen Nichterfüllung des ersten Kaufvertrages durch die beklagte Partei nicht zum Abschluß weiterer Kaufverträge oder Lieferungen verpflichtet gewesen. Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag zur Gänze aufrecht, sprach aus, daß die eingewendete Gegenforderung nicht zu Recht bestehe und verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung des Klagebetrages. Es stellte insgesamt den auf den Seiten 12 bis 34 sowie 36 und 37 seiner Entscheidung angeführten Sachverhalt und dabei insbesondere zur Frage der behaupteten Schlechtgläubigkeit der klagenden Partei beim Wechselerwerb folgendes fest:
Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt nach dem 7.4.1986 bestellte die Firma PRE GEL S.p.A. bei der klagenden Partei zunächst 32 t Sprühvollmilchpulver zum günstigsten Tagespreis. Diese Bestellung erfolgte, nachdem die im einzelnen beschriebenen Differenzen zwischen der Firma PRE GEL S.p.A. und der beklagten Partei wegen Bezahlung der bereits erfolgten Warenlieferungen mittels des gegenständlichen Wechsels entstanden waren. Die Firma PRE GEL S.p.A. hatte zuvor bei der klagenden Partei noch nie Milchpulver bestellt, sondern immer französisches Milchpulver verwendet. Die Bestellung von Milchpulver bei der klagenden Partei erfolgte primär deswegen, damit die Firma PRE GEL S.p.A. über Anraten ihres Anwaltes den gegenständlichen Wechsel zur Bezahlung des Milchpulvers im Ausland als Zahlungsmittel verwenden könne. Nur ein sekundärer Beweggrund für diese Milchpulverbestellung war, daß die Firma PRE GEL S.p.A. deutsches Milchpulver in ihrer Produktion ausprobieren wollte. Der Gegenwert von 32 t Vollmilchpulver entsprach etwa einem Betrag von DM 100.000. Nachträglich modifizierte die Firma PRE GEL S.p.A. diese Bestellung auf eine Teillieferung von 6 t Magermilchpulver. Diese Bestellung wurde zu einem Gesamtpreis von DM 25.140 auch ausgeführt. Die weiteren Lieferungen sollten von der Einlösung des mit Schreiben vom 20.6.1986 von der Firma PRE GEL S.p.A. an die klagende Partei übersandten gegenständlichen Wechsels abhängig sein. Dem Geschäftsführer der klagenden Partei war bekannt, daß die Weitergabe des Wechsels primär den Zweck hatte, die Wechselsumme gegenüber der beklagten Partei geltend zu machen. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, daß der Geschäftsführer der klagenden Partei beim Erwerb des Wechsels Kenntnis davon hatte oder in Kauf genommen hat, daß der beklagten Partei im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Wechsels Nachteile hinsichtlich des Grundgeschäftes zwischen der Firma PRE GEL S.p.A. und der beklagten Partei entstehen können. Es kann auch nicht festgestellt werden, daß dem Geschäftsführer der klagenden Partei im Zeitpunkt des Wechselerwerbes bekannt war, daß die beklagte Partei gegenüber der Firma PRE GEL S.p.A. Gegenforderungen aus dem Titel des Schadenersatzes im Zusammenhang mit der offenen Forderung der Firma PRE GEL S.p.A. für die Warenlieferung vom 26.2.1986 geltend gemacht hatte. Seiner rechtlichen Beurteilung legte das Erstgericht auf Grund der von den Streitteilen ausdrücklich getroffenen Rechtswahl (ON 35) das österreichische Sachrecht zugrunde. Es stützte sich auf die Bestimmung des Art. 17 WG, nach welcher der Wechselschuldner dem Wechselinhaber Einwendungen, die sich auf die unmittelbaren Beziehungen zum Wechselaussteller oder zu einem früheren Inhaber beziehen, nicht entgegensetzen könne, soferne der Wechselinhaber beim Wechselerwerb nicht bewußt zum Nachteil des Wechselschuldners gehandelt habe. Hier sei aber nicht erwiesen, daß die klagende Partei beim Wechselerwerb Kenntnis von Gegenforderungen der beklagten Partei gehabt habe. Zu weitergehenden Nachforschungen über das dem Wechsel zugrundeliegende Grundgeschäft sei die klagende Partei nicht verpflichtet gewesen. Im übrigen bestünden die von der beklagten Partei eingewendeten Gegenforderungen nicht zu Recht, da die Firma PRE GEL S.p.A. auf Grund des Verhaltens der beklagten Partei zur vorzeitigen Auflösung der Geschäftsbeziehung berechtigt gewesen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Es hielt weder die Rüge der unrichtigen und unvollständigen Tatsachenfeststellung und der unrichtigen Beweiswürdigung noch die Rechtsrüge der beklagten Partei für gerechtfertigt. Zu letzterer führte es aus, der auf Art. 17 WG gestützte Einwand, der Wechselinhaber habe beim Wechselerwerb bewußt zum Nachteil des Wechselschuldners gehandelt, setze voraus, daß dem Inhaber die Einreden beim Wechselerwerb bekannt gewesen seien, die bloße Kenntnis von Umständen, die darauf hinwiesen, daß Einwendungen gegen den Wechsel bestehen könnten, genüge nicht, vielmehr sei volle Gewißheit erforderlich. Daß der Erwerber des Wechsels bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt den Einredetatbestand und damit den Nachteil des Schuldners infolge des Abschneidens der Einrede hätte erkennen können, sei nicht hinreichend. Den Wechselerwerber treffe keine Nachforschungspflicht über das Grundverhältnis oder sonstige Vereinbarungen. Da die beklagte Partei das Bestehen der Wechselforderung selbst nicht bestreite, sondern mit einer Gegenforderung aufrechne, hätte die beklagte Partei mit ihrem Prozeßstandpunkt nur dann Erfolg haben können, wenn ihr der Nachweis gelungen wäre, daß der klagenden Partei zum Zeitpunkt des Wechselerwerbes (des Indossamentes) bekannt gewesen sei, daß die beklagte Partei gegen den Aussteller des Wechsels, die Firma PRE GEL S.p.A., Schadenersatzforderungen erhebe, die sie gegen die Wechselforderung aufrechnen könne. Da das Erstgericht ausdrücklich festgestellt habe, der beklagten Partei sei ein solcher Nachweis nicht gelungen, könne diese die von ihr behauptete Schadenersatzforderung gegenüber der Firma PRE GEL S.p.A. der klagenden Partei als Wechselinhaberin nicht entgegensetzen. Soweit die beklagte Partei in der Berufung Feststellungen über Umstände begehre, auf Grund deren die klagende Partei die konkreten Einwendungen der beklagten Partei gegen die Wechselforderung, nämlich über eine kompensable Schadenersatzforderung, hätte erkennen müssen, sei sie auf die dargestellte Rechtslage zu verweisen, wonach es nur auf das positive Wissen und nicht auf das Erkennenkönnen ankomme. Im übrigen teile das Berufungsgericht aus den im einzelnen angeführten Gründen auch die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die von der beklagten Partei eingewendete Gegenforderung dem Grunde nach nicht zu Recht bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt die beklagte Partei eine auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nach § 503 Abs 1 Zif. 4 aF ZPO gestützte Revision mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Feststellung des zu Rechtbestehens der eingewendeten Gegenforderung und demgemäß auch auf Aufhebung des gegenständlichen Wechselzahlungsauftrages. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Revisionswerberin führt aus, aus dem festgestellten Sachverhalt ergebe sich zweifellos, daß das Indossament des streitgegenständlichen Wechsels auf Andrängen des Indossanten mit der Abrede erfolgt sei, daß der Indossatar nicht Eigentümer des Wechsels werde, sondern denselben im eigenen Namen, aber für Rechnung des Indossanten geltend machen solle. Dies gelte zumindest hinsichtlich des Differenzbetrages zwischen der ausgestellten Wechselsumme und dem Kaufpreis der gelieferten 6 t Magermilchpulver in der Höhe von DM 25.140. Bei Vorliegen eines derartigen Scheingiros sei aber der Scheingiratar nicht einmal zur Klage im eigenen Namen legitimiert, sodaß das Klagebegehren zumindest hinsichtlich des Diffenzbetrages wegen mangelnder Aktivlegitimation hätte abgewiesen werden müssen. Selbst wenn die Aktivlegitimation der klagenden Partei bejaht werde, sei der beklagte Wechselschuldner bei Vorliegen eines derarttigen Scheingiros aber jedenfalls berechtigt, dem klagenden Indossatar sämtliche Einwendungen entgegenzusetzen, die ihm gegen den Indossanten zustünden. Hilfsweise habe das Berufungsgericht auch das Bestehen von Gegenforderungen der beklagten Partei vereint, dies jedoch aus den im einzelnen dargelegten Gründen ebenfalls zu Unrecht. Mit diesen Rechtsausführungen geht die Revisionswerberin im wesentlichen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, sodaß sie insoweit für die Entscheidung ohne Bedeutung bleiben. Eine Feststellung, die Indossierung des Wechsels an die klagende Partei sei mit der Abrede erfolgt, der Indossatar solle nicht Eigentümer des Wechsels werden, sondern diesen für Rechnung des Indossanten geltend machen, wurde nicht getroffen. Der festgestellte Sachverhalt läßt aber auch eine diesbezügliche rechtliche Schlußfolgerung nicht zu. Im Zusammenhang mit der Weitergabe des - zur Bezahlung der ersten Warenlieferung von der beklagten Partei
akzeptierten - gegenständlichen Wechsels durch die Firma PRE GEL S.p.A. an die klagende Partei hat das Erstgericht folgende, auf den Seiten 25 ff des Urteiles enthaltene und vom Berufungsgericht auf den Seiten 12 ff seiner Entscheidung als unbedenklich übernommene weitere Feststellungen getroffen:
Im Zuge der Besprechung vom 4.4.1986 übergab der Prokurist der beklagten Partei den von dieser akzeptierten Wechsel an Dr. R***, den Vertreter der Firma PRE GEL S.p.A. mit der Erklärung, er solle am nächsten Montag, dem 7.4.1986, zu seiner italienischen Bank gehen und das Geld dort abholen. Am 7.4.1986 stellte Dr. R*** nach Rücksprache mit seinem Steuerberater und seiner Bank in Reggio Emilia fest, daß der Wechsel erst am 7.7.1986 zur Zahlung fällig und für ihn in Italien nicht verwendbar war, da die Klausel "without recourse" ("ohne Rückgriff") fehlte. Noch am gleichen Tag übermittelte die Firma PRE GEL S.p.A. der beklagten Partei daher ein Fernschreiben mit folgendem Inhalt:
"1. Das von Ihnen übergebene Dokument (Wechsel) ist laut dem italienischen Wechselgesetz nicht verwendbar. Demzufolge steht dieses Dokument zu ihrer Verfügung zur Retourgabe. Dieses Dokument weist nämlich seitens Ihrer Bank keine Garantie unwiderruflicher Zahlung am angegebenen Fälligkeitsdatum auf.
2. Durch Ihre Bank müssen Sie uns umgehend eine dem Dokument entsprechende unwiderrufliche Zahlungsbestätigung durchgeben. Dabei erwarten wir auch die notwendige Garantie für die Zinsen in Höhe von 2,2 % pro Monat. Wir können keine Bestätigung ohne Bankgarantie akzeptieren.
3. Die Ausführung des Inhaltes des Punktes 2. ist Voraussetzung jeder weiteren Geschäftsabwicklung zwischen den Seiten ........."
Mit Fernschreiben vom 8.April 1986 antwortete die beklagte Partei wie folgt:
"1. Das Ihnen übergebene Dokument (Wechsel) entspricht dem italienischen Wechselgesetz und ist weltweit als Zahlungsmittel anerkannt.
2. Offensichtlich liegen die Probleme bei Ihrer Bank und es sieht aus, als ob Ihre Firma zahlungsunfähig wäre.
3. Wir nehmen zwischenzeitig bezüglich der Wechselzahlung mit Ihrer Hausbank Kontakt auf.
4. Sollte eine Einigung mit Ihrer Bank nicht erzielt werden können, sehen wir uns genötigt, ein Rundschreiben an alle PRE GEL-Kunden hinauszugeben mit der Mitteilung, daß die Firma PRE GEL aus Zahlungsgründen nicht lieferfähig ist. ........."
Nach weiteren Fernschreiben, die zu keiner Einigung führten, setzte die beklagte Partei der Firma PRE GEL mit Fernschreiben vom 17. April 1986 eine letzte Lieferfrist für noch nicht bearbeitete (weitere) Bestellungen bis zum 28.April 1986.
Unter dem Gesichtspunkt dieser vom Erstgericht festgestellten, von der Firma PRE GEL S.p.A. geschilderten Verwertungsschwierigkeiten werden die von den Tatsacheninstanzen im weiteren getroffenen Feststellungen, nach den Differenzen über die Möglichkeit der Wechselverwertung habe die Firma PRE GEL S.p.A. bei der klagenden Partei 32 Tonnen Sprühvollmilchpulver zum Werte von rund 100.000 DM bestellt und die auf dieses Geschäft bezogene Weitergabe des Wechsels habe primär den Zweck gehabt, die Wechselsumme gegenüber der beklagten Partei geltend zu machen, voll verständlich. Die Firma PRE GEL S.p.A. hat mangels durch ihre Hausbank in Italien möglicher Diskontierung des zur Bezahlung bereits gelieferter Waren erlangten Wechsels versucht, den Wechsel im Ausland unterzubringen, zu diesem Zweck ein Auslandsgeschäft getätigt und den Wechsel zur Zahlung des der Wechselsumme entsprechenden Kaufpreises übergeben. Der Umstand, daß nachträglich die volle Ausführung dieses abgeschlossenen Geschäftes von der Einlösung des Wechsels abhängig gemacht wurde, ändert nichts daran, daß der Wechsel solcherart zur Zahlung weitergegeben worden war. Es ergibt sich hieraus vielmehr notwendig der Schluß, daß die eingelöste Wechselsumme voll der klagenden Partei selbst zusteht. Aus dem festgestellten Sachverhalt ist sohin entgegen der Ansicht der Revisionswerberin die rechtliche Schlußfolgerung auf das Vorliegen eines Inkasso- bzw. Vollmachtsindossamentes oder eines bloßen Scheingiros, in welchen Fällen dem Indossatar alle Einwendungen entgegengesetzt werden können, die dem Wechselschuldner gegen den Indossanten zustehen (§ 18 Abs 2 WG; Kapfer, Wechsel- und Scheckgesetz8 E Nr. 68 bis 76 zu § 17), nicht zulässig. Der beklagten Partei steht vielmehr gegen den Klageanspruch im Sinne des Art. 17 WG lediglich der Einwand offen, die klagende Partei habe beim Erwerb des Wechsels bewußt zum Nachteil der beklagten Partei gehandelt. Für diese Behauptung ist nach der ständigen Rechtsprechung der beklagte Schuldner beweispflichtig (SZ 54/117; SZ 59/173; 1 Ob 602/87 uva). Auch den bedingten Vorsatz muß der Schuldner beweisen. Nur wenn er bewiesen hat, daß der Erwerber des Wechsels beim Erwerb die Tatsachen gekannt hat, die zur Benachteiligung des Schuldners geführt haben, spricht die Lebenserfahrung für den Vorsatz des Erwerbers, sodaß dieser sich entlasten muß (EvBl 1977/55; 8 Ob 517/83; 5 Ob 665/83 ua). Diese Beweisführungen sind der beklagten Partei nicht gelungen. Die Tatsacheninstanzen haben in für den Obersten Gerichtshof bindender Weise ausgesprochen, es könne nicht festgestellt werden, daß der Geschäftsführer der klagenden Partei beim Erwerb des Wechsels Kenntnis davon hatte oder in Kauf genommen hat, daß der beklagten Partei aus der Geltendmachung des Wechsels gegen sie Nachteile hinsichtlich des zwischen ihr und der Firma PRE GEL S.p.A. geschlossenen Grundgeschäftes entstehen können. Es konnte insbesondere nicht festgestellt werden, daß dem Geschäftsführer der klagenden Partei im Zeitpunkt des Wechselerwerbes bekannt war, daß die beklagte Partei gegenüber der Firma PRE GEL S.p.A. im Zusammenhang mit dem Grundgeschäft Gegenforderungen geltend gemacht hatte. Somit vermag aber die beklagte Partei als Wechselschuldnerin ihr allenfalls aus dem Grundgeschäft zustehende Gegenansprüche der klagenden Partei nicht erfolgreich entgegenzuhalten. Der bekämpften Entscheidung des Berufungsgerichtes haftet kein Rechtsirrtum an. Der Revision war demgemäß ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E21025European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00016.89.0531.000Dokumentnummer
JJT_19900531_OGH0002_0080OB00016_8900000_000