TE OGH 1990/6/12 10ObS226/90

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Veröffentlicht am 12.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Richard Bauer (Arbeitgeber) und Jürgen Mühlhauser (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franz S***, Pensionist, 6290 Mayrhofen 105, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei A*** U***

(Landesstelle Salzburg), 1200 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Versehrtenrente infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. März 1990, GZ 5 Rs 29, 30/90-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 15. Dezember 1989, GZ 46 Cgs 93/88-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil und das Urteil der ersten Instanz, soweit sie die von der Bemessungsgrundlage abhängige Höhe der Versehrtenrente betreffen, werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird insoweit an die erste Instanz zur Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die Revisionskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der (am 12. 11. 1937 geborene) Kläger bezieht seit 1976 eine Pension der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues. Der bei der T*** AG als Kraftfahrer beschäftigte Franz

P*** verpflichtete sich gegenüber seiner Dienstgeberin, im Sommer bzw Frühherbst 1985 in seiner Freizeit die wegen der Errichtung einer Hochspannungsleitung erforderliche Fällung von Bäumen gegen ein Entgelt von 1.500 S pro Arbeitstag vorzunehmen. Nachdem sich herausgestellt hatte, daß mehr als die zunächst vorgesehenen sechs Bäume, nämlich letztlich etwa 15, zu fällen waren, die Schlägerungsarbeiten aber rasch durchgeführt werden sollten, wurde Franz P*** von seiner Auftraggeberin aufgefordert, einen Gehilfen zu beschäftigen, der ebenfalls 1.500 S pro Arbeitstag erhalten sollte. Am 2. 7. 1985 vereinbarte er mit dem ihm empfohlenen Kläger, daß dieser ihm bei der Holzschlägerung behilflich sein werde, wobei die Zahl der zu fällenden Bäume und die Arbeitsdauer noch nicht feststanden. Beide gingen von einer täglichen Arbeitszeit von etwa zwölf Stunden und einem Tageslohn von etwa 1.500 S aus und vereinbarten den Arbeitsbeginn für den 3. 7. 1985, 6.00 Uhr. An diesem Tag wurde der Tageslohn des Klägers ausdrücklich mit 1.500 S festgesetzt. Am Ende des ersten Arbeitstages vereinbarten Franz P*** und der Kläger, daß dieser auch am nächsten Tag mitarbeiten soll. Bei Arbeitsende am 4. 7. 1985 vereinbarten sie die Mithilfe des Klägers am 8. 7., bei Arbeitsende am 8. 7. dessen Mithilfe am 12. 7. Die einzelnen Arbeitsgänge wurden zwischen Franz P*** und dem Kläger abgesprochen, der wegen seiner Arbeitserfahrung als Holzfäller keine genaueren Anweisungen brauchte. An einem der genannten Arbeitstage entrindete er allein Bäume. Die zu fällenden Bäume wurden von der T*** AG bestimmt. Die Durchführung der Arbeiten wurde jedoch ausschließlich von Franz P*** organisiert, der auch die erforderlichen Werkzeuge - abgesehen von einer vom Kläger mitgebrachten Hacke - beistellte. Am 12. 7. 1985 wurde der Kläger etwa eine halbe Stunde nach Arbeitsbeginn, gegen

8.30 Uhr, von einem umstürzenden Baum getroffen. Dadurch wurde sein linker Unterschenkel zertrümmert, der etwa in Schaftmitte amputiert werden mußte. Durch diesen Unfall wurde die Tätigkeit des Klägers für Franz P*** abrupt beendet. Etwa Ende August, Anfang September 1985 zahlte Franz P*** dem Kläger für die angeführten Arbeitstage eine Entlohnung von 6.000 S netto aus. Ob Franz P*** nach dem 12. 7. 1985 noch Holzschlägerungsarbeiten für die T*** AG ausführte bzw ob es am 12. 7. 1985 für ihn und den Kläger absehbar war, daß dieser Tag der letzte Arbeitstag war, ist nicht feststellbar. Wenn sich noch weitere Schlägerungsarbeiten ergeben hätten, wäre der Kläger von Franz P*** über Datum und Arbeitsbeginn des weiteren Schlägerungstages informiert worden. Die Genannten hätten diese allfälligen weiteren Schlägerungen ohne den Unfall des Klägers gemeinsam durchgeführt. Wegen des Grundes der Schlägerungsarbeiten, nämlich der Verlängerung einer bestimmten Waldschneise für eine Hochspannungsleitung, war das zeitliche Ausmaß der Schlägerungsarbeiten für Franz P*** und den Kläger eher kurz befristet. Vor oder während seiner Tätigkeit für Franz P*** war der Kläger bei der TIROLER G*** nicht als

Arbeitnehmer gemeldet. Die Krankenkasse veranlaßte jedoch eine Nachmeldung und stellte dann rechtskräftig fest, daß der Kläger am 3., 4., 8. und 12. 7. 1985 der Sozialversicherungspflicht nach § 4 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht nach § 1 ALVG unterlag. Weitere Versicherungszeiten erwarb der Kläger seit seiner Pensionierung nicht.

Mit Bescheid vom 2. 5. 1988 anerkannte die beklagte Partei das Ereignis vom 12. 7. 1985 als Arbeitsunfall nach § 175 Abs 1 ASVG und erkannte dem Kläger auf einer nach § 182 ASVG mit 2.460 S festgestellten Bemessungsgrundlage ua vom 1. 3. 1987 an bis auf weiteres eine Versehrtenrente von 40 vH der Vollrente als Dauerrente im monatlichen Ausmaß von 47,80 S zu.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Klage begehrte der Kläger eine Versehrtenrente von 50 vH der Vollrente vom 1. 3. 1987 an auf einer Bemessungsgrundlage nach § 179 Abs 3 ASVG, allenfalls nach § 182 ASVG entsprechend seinen Fähigkeiten, seiner Ausbildung und Lebensstellung sowie des Entgeltes aus einer vergleichbaren Tätigkeit; allenfalls unter Zugrundelegung des am 3., 4., 8. und 12. 7. 1985 bezogenen Entgeltes.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und wendete zur Bemessungsgrundlage im wesentlichen ein, daß für die vom Kläger kurzfristig ausgeübten Gelegenheitsarbeiten eine Hochrechnung nach § 178 Abs 3 ASVG nicht vorgesehen sei. Bei der Ausmittlung der Bemessungsgrundlage sei nicht vom Gesamtverdienst, sondern von der täglichen Höchstbeitragsgrundlage von 820 S für die in den Bemessungszeitraum fallenden Arbeitstage 3., 4. und 8. 7. 1985, somit von 2.460 S auszugehen.

Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei, dem Kläger für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 12. 7. 1985 ab dem 1. 3. 1987 eine Versehrtenrente von 40 vH der Vollrente als Dauerrente im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, wies das auf eine Versehrtenrente von 50 vH der Vollrente gerichtete Mehrbegehren rechtskräftig und das auf eine Versehrtenrente auf einer Bemessungsgrundlage nach § 179 Abs 3 ASVG gerichtete Mehrbegehren ab und wies das auf eine Versehrtenrente auf einer Bemessungsgrundlage nach § 182 ASVG gerichtete Begehren zurück.

Die Abweisung des die Minderung der Erwerbsfähigkeit betreffenden Mehrbegehren erwuchs in Rechtskraft.

Das Oberlandesgericht gab als Berufungsgericht der gegen die Abweisung des auf eine Versehrtenrente auf einer Bemessungsgrundlage nach § 179 Abs 3 ASVG gerichteten Mehrbegehrens gerichteten Berufung des Klägers nicht Folge und als Rekursgericht dem gegen den Zurückweisungsbeschluß gerichteten Rekurs des Klägers Folge, hob den Zurückweisungsbeschluß auf und trug dem Erstgericht diesbezüglich die Fortsetzung des Verfahrens auf.

Nach der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes sei § 182 ASVG dann anzuwenden, wenn die Bemessungsgrundlage nach den §§ 179 bis 181b ASVG nicht errechnet werden könne oder ihre Errechnung nach diesen Bestimmungen unbillig wäre. Der Kläger habe im letzten Jahr vor Eintritt des Versicherungsfalles weniger als sechs Wochen an Versicherungszeiten nachgewiesen. Habe die Versicherung noch nicht sechs Wochen gedauert, so sei die Bemessungsgrundlage nach § 179 Abs 3 ASVG auf Grund der Beitragsgrundlagen zu errechnen, die für Versicherte derselben Art mit ähnlicher Ausbildung in derselben Gegend zuträfen. Fraglich sei, ob im vorliegenden Fall entsprechend dieser gesetzlichen Anordnung eine ganzjährige Beschäftigung angenommen (fingiert) werden dürfe. Der Sinn der Abs 2 und 3 des § 179 ASVG, wonach bei unselbständigen Beschäftigungen, die nicht das ganze Jahr vor dem Unfall andauerten, eine ganzjährige Beschäftigung fingiert werde, liege darin, daß nicht der Umfang des bisherigen Erwerbes, sondern die Erwerbsfähigkeit an sich geschützt werden solle (SSV 5/11). Im vorliegenden Fall sei zu berücksichtigen, daß der Lebensunterhalt des Klägers durch seine Pension gesichert sei, eine das ganze Jahr durchlaufende ganztägige Beschäftigung nie beabsichtigt gewesen sei und von 1976 bis (2.) Juli 1985 keine versicherungspflichtigen unselbständigen Beschäftigungen ausgeübt worden seien. Die Beschäftigung (im Juli 1985) habe auch nur wenige Tage gedauert und sei von vornherein nur auf eine äußerst kurze Zeit beabsichtigt gewesen. Deshalb komme bei sachgerechter Betrachtungsweise die Fiktion einer Jahresbeschäftigung nicht in Betracht. Deshalb erfordere der Schutz der Erwerbsfähigkeit an sich nicht die Anwendung des § 179 Abs 3 ASVG (SSV 17/131).

Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinne (Bemessungsgrundlage nach § 179 Abs 3 ASVG) abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Ergebnis berechtigt.

(Die Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind solche des ASVG.)

In der Unfallversicherung ist Bemessungsgrundlage, soweit sie nicht nach § 181 zu ermitteln ist, was hier nicht der Fall ist, die Summe der allgemeinen Beitragsgrundlagen im letzten Jahr vor dem Eintritt des Versicherungsfalles (§ 179 Abs 1 Satz 1). Hat die Versicherung noch nicht ein Jahr, aber mindestens sechs Wochen gedauert, so ist Bemessungsgrundlage der Betrag, der sich bei entsprechender Anwendung des Abs 1 ergeben würde, wenn die Versicherung durch ein volles Jahr bestanden hätte (Abs 2). Hat die Versicherung noch nicht sechs Wochen gedauert, so ist die Bemessungsgrundlage auf Grund der Beitragsgrundlage zu errechnen, die für Versicherte derselben Art mit ähnlicher Ausbildung in derselben Gegend zutreffen (Abs 3).

Kann die Bemessungsgrundlage nach den §§ 179 bis 181b nicht errechnet werden oder würde ihre Errechnung nach diesen Bestimmungen eine Unbilligkeit bedeuten, so ist sie nach billigem Ermessen festzustellen. Hiebei ist außer den Fähigkeiten, der Ausbildung und der Lebensstellung des Versehrten seine Erwerbstätigkeit zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles oder, soweit er nicht gegen Entgelt tätig war, eine gleichartige oder vergleichbare Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen (§ 182).

Der Revisionswerber verkennt, daß die Bemessungsgrundlage nicht nur dann gemäß § 182 nach billigem Ermessen festzustellen ist, wenn sie nach den §§ 179 bis 181b nicht errechnet werden kann (§ 182 Satz 1 Halbsatz 1), welche Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht zutrifft, weil sie zweifellos nach § 179 Abs 3 errechnet werden kann, sondern auch dann, wenn ihre Errechnung nach diesen Bestimmungen eine Unbilligkeit bedeuten würde (§ 182 Satz 1 Halbsatz 2).

Diese Auffassung wird auch in der Literatur vertreten:

So führt Seitler, Die Bemessungsgrundlage in der gesetzlichen Unfallversicherung SozSi 1974, 563, (566) aus, daß die Bildung der Bemessungsgrundlage nach billigem Ermessen auch immer dann zu erfolgen habe, wenn die Errechnung der Bemessungsgrundlage nach den üblichen Bestimmungen eine Unbilligkeit bedeuten würde. Etwa auch in dem Fall, wenn eindeutig erkennbar sei, daß ein Beschäftigungsverhältnis nur auf kurze Dauer eingegangen werde. Werde zB ein Pensionist während einer Messe tätig, dann wäre zur Vermeidung von Unbilligkeiten - eine solche würde jede Aufstockung der Bemessungsgrundlage nach den gesetzlichen Vorschriften bedeuten - die Bemessungsgrundlage nach billigem Ermessen festzustellen.

Nach Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts4 Rz 150 ist die Bemessungsgrundlage nicht nur für nichtversicherte Personen, die einen gleichgestellten Unfall erleiden, nach Billigkeit festzusetzen, sondern auch für alle übrigen versicherten Versehrten dann, wenn ihre Bemessungsgrundlage ansonsten unbillig wäre. Die Träger der Unfallversicherung könnten daher in jedem Fall eine angemessene Bemessungsgrundlage bilden. Auch in seinem SV-System 4. ErgLfg 323 führt Tomandl aus, daß die Bemessungsgrundlage auch dann gemäß § 182 nach billigem Ermessen festzusetzen sei, wenn ihre Festsetzung nach den vorangegangenen Berechnungsbestimmungen zu unbilligen Werten führen würde. Dabei bezeichnet er die ohne jede Begründung vorgetragene Rechtsansicht des Oberlandesgerichtes Wien in den E 13 R 170/66 (SSV 6/148 = SVSlg 16.279 ua) und 19 R 88/74 (SSV 14/73), daß § 182 nur dann anzuwenden sei, wenn die Bemessungsgrundlage nach den §§ 179 ff nicht errechnet werden könne, zutreffend als gesetzwidrig. Dies vertrat Tomandl übrigens schon in "Das Leistungsrecht der österreichischen Unfallversicherung", 89. Dort wies er in der FN 9 darauf hin, daß dieser Anwendungsfall schon bei Arbeitnehmern selten sein werde, man denke aber zB an einen Arbeitnehmer, der nach einem Jahr Krankheit in den Betrieb zurückkehrt, in dem eben Kurzarbeit eingeführt ist, und dann einen Unfall erleidet, noch seltener bei Selbständigen. Dennoch habe der Gesetzgeber angeordnet, auch in diesen Fällen bei Unbilligkeit, die sich nur aus der besonderen Lebenssituation des Selbständigen ergeben könne, eine Höherfestsetzung vorzunehmen. Diese Bestimmung erscheine auch anwendbar, wenn die nach den §§ 179 ff ermittelte Bemessungsgrundlage unbillig hoch wäre, wenn zB ein Pensionist, der nur fallweise Gelegenheitsarbeiten verrichte, bei einer solchen einen Arbeitsunfall erleide.

Nach § 577 Satz 1 RVO ist der Jahresarbeitsverdienst im Rahmen des § 575 leg cit nach billigem Ermessen festzustellen, wenn der nach den §§ 571 und 576 RVO berechnete Jahresarbeitsverdienst in erheblichem Maße unbillig ist. Brackmann, Handbuch der SV III

56. Nachtrag 576h kommentiert dazu, es sei unbillig, ein aus besonderen Gründen vorübergehend niedriges, der normalen Lebenshaltung des Verletzten nicht entsprechendes Arbeitseinkommen der Rentenberechnung als Jahresarbeitsverdienst zugrunde zu legen und als Maßstab für die gesamte Laufzeit der Rente zu machen. Dies werde auch für ein zu hohes, der normalen Lebenshaltung des Verletzten nicht entsprechendes Arbeitseinkommen zu gelten haben. Deshalb sei ein nach § 571 Abs 1 Satz 1 RVO berechnetes Jahresarbeitseinkommen unbillig hoch, wenn ein Verletzter seine Lebenshaltung darauf abgestellt habe, im Jahr drei Monate unbezahlten Urlaub zu nehmen. Auch Podzun, Der Unfallsachbearbeiter3 Lfg 4/89 Rz 440, 15, vertritt die Meinung, daß die Berechnung des Jahresarbeitseinkommens nach der letztzitierten Gesetzesstelle auf Rentner, die aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und nur mehr aushilfsweise arbeiten, und auf (andere) Gelegenheitsarbeiter, die einer regelmäßigen Arbeit nicht mehr nachgehen wollen, in erheblichem Maß unbillig wäre.

Die von Seitler aaO, Tomandl, Das Leistungsrecht 89 FN 9, Brackmann aaO 576h und Podzun aaO angeführten Beispiele sind dem hier zu entscheidenden Fall ähnlich, in dem es um die Entschädigung eines Arbeitsunfalles geht, den ein Pensionist, der in den neun Jahren seit der Pensionierung keine Versicherungszeiten erworben hatte, am 4. Tag eines eher kurzen, nämlich auf wenige Tage befristeten Beschäftigungsverhältnisses erlitten hat. Daher ist den Vorinstanzen insoweit beizupflichten, daß die Errechnung der Bemessungsgrundlage nach 179 Abs 3 im vorliegenden Fall eine Unbilligkeit bedeuten würde, weshalb sie nach § 182 nach billigem Ermessen festzustellen ist. Dabei handelt es sich nicht um die Überprüfung einer Ermessensentscheidung des Trägers der Unfallversicherung, sondern um eine vom Gericht zu lösende Frage im Rahmen der ihm infolge der sukzessiven Kompetenz obliegenden Entscheidung über die auch von der Bemessungsgrundlage abhängige Höhe des eingeklagten Anspruches auf Versehrtenrente (SSV-NF 3/78). Für diese Entscheidung sind jedoch noch genauere Feststellungen, insbesondere über die Fähigkeiten, die Ausbildung und die Lebensstellung des Klägers erforderlich (SSV-NF 3/78). Dann wird unter Bedachtnahme auf § 182a über die bestimmte Höhe der dem Kläger vom 1. 3. 1987 an bereits dem Grund nach rechtskräftig zugesprochenen Versehrten(dauerteil)rente von 40 vH der Vollrente zu entscheiden sein. Weil das auf eine Geldleistung gerichtete Klagebegehren im Rechtsmittelverfahren nur der Höhe nach bestritten ist, darf das Gericht den Rechtsstreit nicht iS des § 89 Abs 2 ASGG erledigen, sondern muß der beklagten Partei unter Bindung an das Begehren (§ 405 ZPO) unter allfälliger Abweisung eines Mehrbegehrens vom 1. 3. 1987 an eine bestimmte monatliche Leistung auferlegen und dafür eine Leistungsfrist bestimmen.

In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, daß - entgegen der Meinung des Klägers und der Vorinstanzen - nicht mehrere Klagebegehren, nämlich ein Hauptbegehren und zwei Eventualbegehren, vorliegen, sondern nur ein Klagebegehren vorliegt, das iS des § 82 Abs 2 ASGG auf eine Versehrtenrente "im gesetzlichen Ausmaß" gerichtet ist (Z 1 des zit Abs) und in den angegebenen Tatsachen, auf die es sich stützt, für die Bestimmung der Leistung der Höhe nach erforderlichen Angaben enthält (Z 2 des zit Abs). Über dieses Klagebegehren wird das Erstgericht nunmehr ergänzend zu verhandeln und sodann sachlich zu entscheiden haben. Die von den Vorinstanzen vorgenommene Teilung der Entscheidung nach den für die Berechnung der Bemessungsgrundlage in Frage kommenden Gesetzesstellen war daher unzulässig.

Daher war der Revision im Ergebnis Folge zu geben. Das angefochtene Urteil und das Urteil der ersten Instanz, soweit es die von der Bemessungsgrundlage abhängige Höhe der Versehrtenrente betrifft, waren aufzuheben. Insoweit war die Sozialrechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen (§ 510 Abs 1 ZPO), der mit dem erwähnten Beschluß des Rekursgerichtes die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen wurde. Der Vorbehalt der Entscheidung über den Ersatz der Revisionskosten beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E21269

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:010OBS00226.9.0612.000

Dokumentnummer

JJT_19900612_OGH0002_010OBS00226_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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