Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juni 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pilnacek als Schriftführer in der Strafsache gegen Martin O*** wegen des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs 1 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 14. März 1990, GZ 35 Vr 1634/89-18, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Rummelhardt jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 20-jährige Angestellte Martin O*** des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs 1 SGG schuldig erkannt. Darnach hat er am 13. Juli 1989 in Salzburg versucht, den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge, nämlich ca. 33,9 Gramm Heroin (entsprechend ca. 1,63 Gramm reiner Heroinbase "vom Mittelwert aus gerechnet"), einzuführen.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer nominell auf die Gründe nach Z 5 a - inhaltlich jedoch Z 5 - und Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Der Beschwerdeführer rügt die Entscheidungsgründe als aktenwidrig, weil die nach dem Bericht der Abteilung für Kriminaltechnik der Bundespolizeidirektion Salzburg und der kriminaltechnischen Zentralstelle beim Bundesministerium für Inneres (S 27 ff, 83 ff) bei der quantitativen gaschromatographischen Bestimmung des Diacetylmorphinbasegehaltes zu berücksichtigende Streuung von fünf Relativprozent im für den Angeklagten günstigsten Fall bloß eine Menge von 1,54 Gramm reiner Heroinbase und nicht wie vom Erstgericht festgestellt von 1,553 Gramm ergebe. Der solcherart behauptete Begründungsmangel (Z 5) betrifft indes, selbst wenn man der Argumentation der Beschwerde folgen wollte, keine entscheidende Tatsache; stünde doch auch in diesem Fall das Überschreiten der verbrechensqualifizierenden Grenzmenge von 1,5 Gramm (Reinsubstanz) Heroin außer Frage (vgl. ÖJZ-LSK 1987/89 = EvBl 1988/3 = RZ 1987/48, EvBl 1988/131 = RZ 1989/22 ua).
Mit der Subsumtionsrüge (Z 10) strebt der Beschwerdeführer eine Tatbeurteilung (bloß) wegen des versuchten Vergehens nach §§ 15 StGB, 16 Abs 1 SGG an, weil es sich bei der "großen Menge" im Sinn des § 12 Abs 1 SGG "um keinen Grenzwert, sondern um einen Richtwert" handle. Demzufolge könne die Überschreitung dieses Richtwertes um nur vier hundertstel Gramm Reinsubstanz Heroin für die Verbrechensqualifikation nach § 12 Abs 1 SGG noch nicht ausschlaggebend sein. Er ist auch damit nicht im Recht. Dem Beschwerdevorbringen zuwider hat sich hinsichtlich der Abgrenzung der Mengenbegriffe des Suchtgiftgesetzes der terminus "Grenzwert" und "Grenzmenge" (als der für den Tatbestand erforderlichen Mindestmenge an Suchtgift) eingebürgert (vgl. Leukauf-Steininger Strafrechtliche Nebengesetze2
2. Ergänzungsheft 1985 Anm. B 2 zu § 12 SGG; Schwaighofer in ÖJZ 1990 S 193 ff). Dies findet in der zuvor zitierten Judikatur betreffend die Frage, ab welcher Menge Heroinbase der Tatbestand des bezeichneten Verbrechens verwirklicht ist, ihren Niederschlag; im übrigen hat sich auch der Verteidiger in der Hauptverhandlung (vom 14. März 1990) im gegebenen Zusammenhang wiederholt des Begriffes "Grenzmenge" bedient (vgl. S 95, 96). Derartige Grenzwerte sind absolute Werte (und nicht bloß "Richtwerte"); sie ziehen im Fall ihres (nach jeder Richtung hin) eindeutigen Überschreitens - mag dieses auch nur geringfügig sein - die daran geknüpften Rechtsfolgen nach sich.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben; wird doch die für das Suchtgift Heroin von der Rechtsprechung festgesetzte Grenzmenge von 1,5 Gramm Heroinbase selbst nach der von der Beschwerde angestellten - alle zugunsten des Angeklagten ausschlagenden Umstände in weitestgehendem Maße berücksichtigenden - Berechnung jedenfalls um vier hundertstel Gramm - das sind in Relation zu der hier aktuellen Grenzmenge immerhin etwa 2,6 % - überschritten. Die Tatbeurteilung des festgestellten Sachverhalts als (versuchtes) Verbrechen nach § 12 Abs 1 SGG erfolgte demzufolge frei von Rechtsirrtum. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 12 Abs 1 SGG zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, die gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Neben dieser Freiheitsstrafe wurde gemäß § 12 Abs 5 SGG auf eine Geldstrafe von zwölftausend Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, erkannt. Außerdem wurde das den Gegenstand der strafbaren Handlung bildende Heroin gemäß § 13 Abs 1 SGG eingezogen.
Bei der Strafbemessung wertete der Schöffensenat eine einschlägige Vorstrafe (wegen § 16 Abs 1 SGG) und den raschen Rückfall als erschwerend, hingegen das Geständnis, die Sicherstellung des Suchtgiftes, den Umstand, daß es beim Versuch blieb, das Alter des Angeklagten von unter einundzwanzig Jahren und die Tatsache, daß er seine Suchtgiftabhängigkeit aus eigenem Antrieb überwunden hat, als mildernd.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der
verhängten Freiheits- und Geldstrafe an.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Das nach Meinung des Berufungswerbers vorliegend nur geringfügige Überschreiten der aktuellen Grenzmenge (bei Heroin) kann nicht als Milderungsgrund berücksichtigt werden. Daß sich aber der Angeklagte von seiner Suchtgiftabhängigkeit aus eigenem Antrieb lösen konnte, wurde ohnedies ausdrücklich als mildernd herangezogen. Ausgehend von den sohin gegebenen Strafzumessungsgründen und unter Bedachtnahme auf die im § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung erschienen dem Obersten Gerichtshof die vom Erstgericht ausgesprochenen Strafen nach der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des - bereits einschlägig vorbestraften - Angeklagten keineswegs als zu hoch ausgemessen. Es war darum auch der Berufung ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E21098European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0140OS00062.9.0612.000Dokumentnummer
JJT_19900612_OGH0002_0140OS00062_9000000_000