Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juni 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pilnacek als Schriftführer in der Strafsache gegen Robert Klaus Michael H*** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Qualifikationsfall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wr.Neustadt als Schöffengericht vom 23. Feber 1990, GZ 12 a Vr 1014/89-46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde der nunmehr 28-jährige Robert H*** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Deliktsfall (gemeint: zweiter Strafsatz - präziser: vierter Qualifikationsfall) StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er fremde bewegliche Sachen anderen mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern,
A) weggenommen, und zwar
1. in der Nacht zum 10.Jänner 1989 in Felixdorf der Firma S***-C*** 8.880 S Bargeld;
2. in der Nacht zum 11.Jänner 1989 in Felixdorf der Firma G*** I*** 400 S Bargeld durch Einbruch und Einsteigen in ein Gebäude;
3. in der Zeit vom 3. bis 5.Mai 1989 in Felixdorf der Firma S***-C*** 12.200 S Bargeld;
4. in der Zeit vom 2. bis 3.Juni 1989 in Felixdorf dem Matthias S*** 300 S Bargeld durch Einbruch und Einsteigen in ein Gebäude;
5. in der Zeit vom 18. bis 21.August 1989 in Felixdorf der Firma S***-C*** 10.700 S Bargeld durch Einbruch und Einsteigen in ein Gebäude;
6. am 29.September 1989 in Wr.Neustadt der Firma P*** E*** 2.831 S Bargeld durch Einbruch und Einsteigen in ein Gebäude;
7. am 4.November 1989 in Felixdorf der Firma S*** GesmbH 5.221 S Bargeld durch Einbruch und Einsteigen in ein Gebäude;
8. am 4.November 1989 in Wr.Neustadt der Firma P*** E*** 616 S Bargeld durch Einbruch und Einsteigen in ein Gebäude;
B) dadurch wegzunehmen versucht, daß er am 2.April 1989 in Wr.Neustadt Anstalten traf, gewaltsam in die Firma T*** einzudringen;
wobei er die Taten in der Absicht (US 4, 12) vorgenommen hat, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5, 5 a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Zunächst versagt die Mängelrüge (Z 5), mit welcher der (zu den ihm schuldspruchmäßig außerdem zur Last
liegenden - vollendeten - Diebstahlsfakten geständige) Angeklagte unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Begründung ins Treffen führt, das Ersturteil sei hinsichtlich der Fakten A/1, 3 und 4 zufolge des bloß allgemeinen Hinweises auf die an den jeweiligen Tatorten gesicherten Handflächen- und Fingerabdruckspuren und auf die Aussage des (diese Spuren mitauswertenden) Zeugen Johann N*** nicht eindeutig genug und lasse im aufgezeigten Umfang nicht erkennen, wie das Schöffengericht zu den entscheidungswesentlichen Tatsachenfeststellungen gelangt ist. Dem Beschwerdevorbringen zuwider lassen jedoch die Urteilsgründe keinen Zweifel daran, daß die Tatrichter ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten auch in diesen (drei) Fällen auf Grund jener an den bezüglichen Tatorten sichergestellten Handflächen- und Fingerabdruckspuren gewonnen haben, die den Angeklagten eindeutig als Verursacher ausweisen (vgl US 11, 12 iVm S 147, 157, 159/I, 404/II). Der behauptete Begründungsmangel liegt demnach nicht vor. In der Tatsachenrüge (Z 5 a) wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Schuldspruch (wegen versuchten Diebstahls) laut Punkt B des Urteilssatzes mit der Argumentation, die am bezüglichen Tatort gesicherten Fingerabdruckspuren hätten insgesamt nur sieben auf ihn weisende Übereinstimmungssymptome ergeben. Da jedoch nach der Aussage des als Zeugen vernommenen Fachbeamten Gruppeninspektor Johann N*** für eine gerichtliche Beweisführung die Übereinstimmung von zwölf Merkmalen erforderlich sei, könnten die festgestellten (zu geringen) Übereinstimmungsmerkmale als Beweis für seine Täterschaft nicht ausreichen.
Die Beschwerde läßt dabei unberücksichtigt, daß das Schöffengericht - welches den insgesamt unter Anklage gestellten Sachverhalt einer sehr gewissenhaften Überprüfung unterzog und hinsichtlich 25 (weiterer) Diebstaten zu einem Freispruch gelangte - in Ansehung des in Rede stehenden Diebstahlsversuches auf Grund der Beweisergebnisse in ihrer Gesamtheit zu einem Schuldspruch gelangt ist. Dabei maß es ersichtlich dem Umstand wesentliche Bedeutung bei (US 11 f iVm S 129, 155/I), daß vom Täter, der damals auf dem Gelände der Firma T*** Fenster eingeschlagen und eine Halle durchsucht hatte, eine Fingerabdruckspur gesichert wurde, von welcher sieben Merkmale mit einem Vergleichsfingerabdruck des Angeklagten übereinstimmten, was den polizeilichen Erhebungsergebnissen zufolge "berechtigt die Annahme zuläßt, daß die Spur von Robert H*** gesetzt wurde" (S 129/I). Daß die von den Tatrichtern aus den Beweisergebnissen gezogenen Schlußfolgerungen denkgesetzlich die einzig möglichen wären, wird indes vom Gesetz nicht gefordert (Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr 22 zu § 258). Eine Beschränkung des Gerichtes auf geradezu zwingende Beweise wäre nämlich mit dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung unvereinbar. Darum berechtigen nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse zu Tatsachenfeststellungen. Der Umstand aber, daß aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen hätten gezogen werden können, stellt kein Urteilsnichtigkeit in der Bedeutung eines Begründungsmangels dar. Die Beschwerde vermag damit aber auch keine aus den Akten ableitbaren erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der von den Tatrichtern dem Ausspruch über die Schuld des Beschwerdeführers zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) läßt zur Gänze eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen.
Soweit der Beschwerdeführer zunächst einwendet, es lägen die Voraussetzungen "gewerbsmäßigen schweren" Diebstahls nach § 130 zweiter Fall StGB nicht vor, weil kein einziger diebischer Angriff die (Wert-)Qualifikation (zum schweren Diebstahl) nach § 128 Abs 1 Z 4 StGB erreiche, eine Zusammenrechnung nach § 29 StGB jedoch insoweit ncht genüge, übersieht er, daß ihm ohnedies (bloß) schwerer gewerbsmäßiger Diebstahl durch Einbruch nach § 130 vierter Qualifikationsfall und nicht "gewerbsmäßiger schwerer" Diebstahl durch Einbruch nach § 130 dritter und vierter Qualifikationsfall StGB zur Last gelegt wurde (vgl US 4, 12). Wenn der Beschwerdeführer schließlich gegen die Annahme dieser Deliktsqualifikation vorbringt, daß, wiewohl für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung schon das "Anstreben eines Zuschusses" genüge, vorliegend mangels einer darauf gerichteten Zielsetzung die Voraussetzungen für die Erzielung einer fortlaufenden Einnahme nicht gegeben seien, übergeht er ausdrückliche Konstatierungen des Schöffengerichts (vgl US 12), welches die Absicht des (einschlägig vorbelasteten, durch Schulden und Trunksucht ständig in Geldschwierigkeiten befindlichen) Angeklagten zur wiederkehrenden Begehung der bezeichneten Taten zwecks Erzielung fortlaufender (zusätzlicher) Einnahmen aus den ihm zur Last fallenden, während eines Zeitraumes vor knapp einem Jahr, größtenteils durch Einbruch verübten Diebstählen abgeleitet und auf der Basis aller insoweit getroffenen Feststellungen das bezeichnete Merkmal (übrigens auch rechtlich zutreffend; Leukauf-Steininger Komm2 § 70 RN 3 ff, § 130 RN 3) bejaht hat. Der Beschwerdeführer bringt folglich den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, dessen Vorliegen nur durch einen Vergleich des im Urteil tatsächlich als erwiesen angenommenen vollständigen relevanten Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Strafgesetz dargetan werden kann, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - übereinstimmend mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - schon bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285 d Abs 1 StPO zurückzuweisen. Hieraus folgt, daß über die Berufung des Angeklagten der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden hat (§ 285 i StPO).
Anmerkung
E20839European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0140OS00059.9.0612.000Dokumentnummer
JJT_19900612_OGH0002_0140OS00059_9000000_000