TE OGH 1990/6/12 14Os43/90

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Veröffentlicht am 12.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juni 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pilnacek als Schriftführer in der Strafsache gegen Rudolf F*** wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 24. Jänner 1990, GZ 15 Vr 1630/87-64, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, des Angeklagten Rudolf F*** und des Verteidigers Dr. Lampelmayer zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19.Mai 1932 geborene Rudolf F*** (im zweiten Rechtsgang abermals) des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 19.Juni 1987 in Grafenstein Kurt A*** durch die gegenüber Beamten des Gendarmeriepostens Grafenstein aufgestellte Behauptung, er sei am 4.Mai 1987 von Kurt A*** geschlagen und gestoßen worden, wodurch er unter anderem schwere Verletzungen, nämlich eine schwere Gehirnerschütterung und einen Schädelbruch erlitten habe, einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB, falsch verdächtigt, wobei er wußte, daß die Verdächtigung falsch war. Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Die Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich zunächst gegen die Ablehnung des vom Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages (S 317) auf Vernehmung des Arztes der Unfallchirurgischen Abteilung am Landeskrankenhaus Klagenfurt Dr. L*** und auf Einholung eines ergänzenden (gemeint weiteren) Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie und Neurologie. Durch den genannten Zeugen sollte nachgewiesen werden, daß die Diagnose (in der Krankengeschichte des genannten Krankenhauses) "Erschütterung zerebrale" und "teilweise retrograde Amnesie" nicht auf Grund der subjektiven Angaben des Angeklagten erstellt worden sei. Die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen wurde mit dem Hinweis begehrt, daß das "bisherige Gutachten im Sinne der §§ 125, 126 (StPO) zur Beantwortung dieser Fragen", nämlich, daß der Angeklagte auf Grund der bei ihm festgestellten Verletzungen, seiner Alkoholisierung und eines allfälligen Unfallschocks nach einem am selben Abend vom Angeklagten verursachten Verkehrs-(Aufprall-)Unfall nicht zuordnen kann, von welchem Ereignis die Verletzungen tatsächlich stammen.

Das Schöffengericht hat diesen Antrag mit der Begründung abgewiesen (S 317), daß nach der Krankengeschichte kein Anhaltspunkt dafür bestehe, daß außer den von den Sachverständigen (für Unfallchirurgie sowie für Psychiatrie und Neurologie) verwerteten röntgenologischen und computer-tomographischen Diagnosen ein anderes Diagnoseverfahren durchgeführt worden sei und demnach Anhaltspunkte für das im Antrag behauptete Beweisthema nicht vorlägen. Den Antrag auf Einholung eines ergänzenden psychiatrischen Gutachtens lehnte es mit der Begründung ab, daß im Beweisantrag die Einholung eines weiteren Gutachtens rechtfertigende Mängel nicht aufgezeigt worden seien.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem Beschwerdevorbringen konnten diese Beweisaufnahmen, wie das Schöffengericht im Ergebnis zutreffend erkannte, ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten unterbleiben. Auszugehen ist davon, daß dem Erstgericht die in der Hauptverhandlung erörterten schriftlichen Gutachten des Sachverständigen für Unfallchirurgie Dr. Z*** (ON 20, ON 55, S 163 ff, 312, 314 ff) und des Sachverständigen für Psychiatrie und Neurologie Dr. S*** (ON 57, S 310 ff) vorlagen. In diesen Gutachten wurde (übereinstimmend) ausgeführt, daß beim Angeklagten weder im Zuge der Auseinandersetzung mit Kurt A*** noch im Verlauf des von ihm hierauf verursachten Verkehrsunfalles eine schwere Gehirnerschütterung verbunden mit einer retrograden Amnesie aufgetreten sein könne, und lediglich eine im Zuge des Verkehrsunfalles erlittene leichte Gehirnerschütterung nicht zur Gänze ausgeschlossen werden könne. Hinzu kommt, daß - abgesehen von der notorischen Tatsache, daß eine Gehirnerschütterung, als durch Gewalteinwirkung gegen den Kopf verursachte vorübergehende Funktionsstörung des Gehirns, im allgemeinen ohne nachweisbare anatomische Veränderung auftritt - Auswirkungen auf das Erinnerungsvermögen (bei der retrograden Amnesie für die Zeit vor einem Schädel-Hirntrauma), ebenso wie die übrigen Indizien für eine Gehirnerschütterung und deren Grad (wie insbesondere Bewußtlosigkeit, Erbrechen) nicht klinisch-röntgenologisch, sondern naturgemäß nur aus den Angaben des Verletzten erhoben werden können. Bei dieser Sachlage - wozu noch kommt, daß sich der Beschwerdeführer erst rund drei Tage nach den in Rede stehenden Ereignissen ins Krankenhaus begab - hätte es zur Abgrenzung der angestrebten Beweisführung von einem bloßen Erkundungsbeweis der Angabe von konkreten Gründen bedurft, inwieweit neben dem vom Gesetz grundsätzlich vorgesehenen Sachverständigenbeweis (§ 132 StPO) auch die zeugenschaftliche Vernehmung des Dr. L*** geeignet sein soll, zur Frage des Vorliegens einer schweren Gehirnerschütterung mit retrograder Amnesie andere Ergebnisse zu gewinnen als die beiden zuvor genannten Sachverständigen.

Mangels jeglicher Darlegungen durch den Antragsteller, weshalb von einer zeugenschaftlichen Vernehmung des genannten Arztes noch nicht aktenkundige und zur Widerlegung der Sachverständigengutachten geeignete Erkenntnisse zu erwarten seien, durfte das Schöffengericht diese Beweisaufnahme als zu einer sachdienlichen Erweiterung der Entscheidungsgrundlage nicht geeignet ablehnen.

Ein zweiter (psychiatrischer) Sachverständiger hinwieder ist nur dann beizuziehen, wenn der Befund des bereits beigezogenen Sachverständigen dunkel, unbestimmt oder mit sich selbst oder mit erhobenen Tatumständen im Widerspruch steht oder sich zeigt, daß das Gutachten Schlüsse enthält, die aus den angegebenen Vordersätzen nicht folgerichtig gezogen werden können, und wenn sich die Bedenken nicht durch eine nochmalige Vernehmung dieses Sachverständigen beseitigen lassen (§§ 125, 126 StPO) oder wenn die Beiziehung eines zweiten Sachverständigen wegen der Schwierigkeit der Begutachtung erforderlich ist (§ 118 Abs 2 StPO), wobei als schwierig eine Begutachtung in der Regel nur dann angesehen werden könnte, wenn der beigezogene Sachverständige die ihm vom Gericht vorgelegten Sachfragen entweder gar nicht oder doch nicht mit Bestimmtheit zu beantworten vermochte (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 66 ff zu § 118). Keiner dieser Fälle ist vorliegend gegeben. Der Sachverständige für Psychiatrie und Neurologie Dr. S*** ist auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens, insbesondere der Krankengeschichte und der Angaben des Angeklagten zum Ergebnis gelangt, daß bei Rudolf F*** im Zuge der (beiden) Ereignisse des 4. Mai 1987 keine Bewußtseinstrübung aufgetreten ist, die sein Wahrnehmungs- und Erinnerungsvermögen entscheidend beeinträchtigt hätte. Der Gesamtheit dieser Befundaufnahme und Begutachtung durch den genannten Sachverständigen setzt der Angeklagte in der Beschwerde lediglich die Behauptung einer irrtümlichen unbewußten falschen Zuordnung der Verletzungen durch ihn entgegen, wobei er einen "krassen Widerspruch" darin erblickt, daß entgegen den Eintragungen in der Krankengeschichte, wo von einer Gehirnerschütterung mit teilweise retrograder Amnesie die Rede sei, laut Gutachten des genannten Sachverständigen lediglich eine leichte Gehirnerschütterung (im Zuge des nachfolgenden Verkehrsunfalles) nicht ausgeschlossen werden könne. Mängel der in den §§ 125, 126 StPO bezeichneten Art oder Umstände, die für eine besondere Schwierigkeit der Befundung oder Begutachtung sprächen - das heißt also, daß der beigezogene psychiatrische Sachverständige die Sachfragen entweder gar nicht oder nicht mit Bestimmtheit zu beantworten vermocht hätte (Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 68 zu § 118 StPO) - werden solcherart in der Beschwerde nicht aufgezeigt. Die Frage aber, ob ein Gutachten ausreichend und schlüssig ist, bleibt als Beweisfrage der Beurteilung durch die Tatsacheninstanz vorbehalten (Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 1 zu § 126). Erachtet demnach das Gericht den vernommenen Sachverständigen für befähigt, ein einwandfreies Gutachten über den Fall abzugeben und treten keine Bedenken der in den §§ 125 f StPO angeführten Art, insbesondere dahin, daß der vom Sachverständigen erstellte Befund keine tragfähige Grundlage für den Regeln der Wissenschaft (oder Sachkunde) entsprechende Schlußfolgerungen abgeben könnte, zutage, so liegt in der Abweisung des Antrages auf Beiziehung eines zweiten Sachverständigen ein Akt freier Beweiswürdigung vor, der im Nichtigkeitsverfahren nicht anfechtbar ist.

Gleichfalls nicht zielführend ist die (weitere) Verfahrensrüge (Z 4), wenn sie sich gegen die (beschlußmäßige) Nichtzulassung der in der Hauptverhandlung vom Verteidiger (offenbar) an den Sachverständigen Dr. S*** gestellten Frage wendet, ob der Beschwerdeführer "subjektiv für wahr oder für möglich halten kann, daß er die Verletzungen beim Raufhandel (mit A***) erlitten hat" (S 316). Denn die an den Sachverständigen für Psychiatrie und Neurologie gerichtete Frage über die Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB) der falschen Verdächtigung war von den Tatrichtern im Urteil selbst zu beantworten. Die für deren Entscheidung, ob der Angeklagte die Verletzungen, mit denen er nach einem von ihm am 4. Mai 1987 als Lenker eines PKW im alkoholisierten Zustand verursachten Verkehrsunfall am 7.Mai 1987 in das Landeskrankenhaus Klagenfurt aufgenommen wurde, bewußt oder irrtümlich der rund ein bis zwei Stunden vor diesem Unfall stattgefundenen tätlichen Auseinandersetzung mit A*** zuordnete, maßgeblichen medizinischen Prämissen wurden jedoch vom Sachverständigen für Chirurgie Dr. Z*** und vom Sachverständigen für Psychiatrie und Neurologie Dr. S*** in den - miteinander in Einklang stehenden - schriftlich und in der Hauptverhandlung mündlich ergänzten Gutachten dargelegt (ON 20, S 163 ff, ON 55, 57, S 310 ff iVm ON 53).

Durch die Abweisung der Beweisanträge wurde der Beschwerdeführer somit in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt. Entgegen den Ausführungen in der Mängelrüge (Z 5) steht die auf die Gutachten der beiden genannten Sachverständigen (S 311 f, 314 f), wonach im Fall von Schlägen gegen beide Augen nach etwa zehn Minuten Schwellungen in diesem Bereich sichtbar gewesen wären (was jedoch nicht zutraf - S 328 f), gestützte Begründung für die Urteilsfeststellung, daß das Brillenhämatom des Angeklagten nicht durch Schläge, sondern durch die bei dem von ihm verschuldeten Verkehrsunfall erlittene Schädelfraktur bewirkt wurde, nicht im Widerspruch zu den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Z*** im ersten Rechtsgang, wonach ein Brillenhämatom immer erst viele Stunden nach der Verletzung sichtbar werde (S 165). Denn der Sachverständige Dr. Z*** hat stets zwischen einer - sofort oder alsbald auftretenden - Schwellung und dem - sich erst später entwickelnden und sichtbar werdenden - Brillenhämatom unterschieden, welch letztere Verletzung bekanntermaßen in einer blaurötlichen Gewebsverfärbung besteht und schon nach allgemeiner Erfahrung häufig, wenngleich nicht immer mit einer Schwellung verbunden ist (S 279). Der behauptete - nach Meinung des Beschwerdeführers erörterungsbedürftige - Widerspruch liegt daher in Wahrheit nicht vor.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider bedurfte es auch keiner Erörterung des Umstandes, daß nach der Aussage des als Zeugen vernommenen Polizeiarztes Dr. B*** das nach dem Verkehrsunfall beim Angeklagten (am 4.Mai 1987 um 21.25 Uhr) festgestellte (frische) Bluten aus der Nase eine "Viertelstunde bis mehrere Stunden" zurückgelegen sein konnte (S 224 f). Deckt doch diese Aussage vollends (auch) die Urteilsfeststellung über die Verursachung der Schädelfraktur durch den bereits erwähnten Aufprallunfall ab.

Den Umstand hinwieder, daß die Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und Kurt A*** von einzelnen Zeugen nicht zur Gänze beobachtet wurde, hat das Erstgericht ohnedies in seine Erwägungen ausdrücklich miteinbezogen (S 325 f). Indem die Beschwerde diesen Umstand willkürlich herausgreift, läßt sie zudem jene Urteilsprämissen außer acht, die in ihrer Gesamtheit für die Beurteilung der den Schuldspruch tragenden Schlußfolgerungen der Tatrichter auf Denkrichtigkeit maßgeblich sind.

Auch mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) werden keine aktenkundigen Umstände dargetan, die geeignet wären, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld des Angeklagten zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Der Sache nach wird damit nur in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes mit dem Ziel bekämpft, der - auf die vom Schöffengericht gleichfalls als unglaubwürdig abgelehnten (S 326) Aussage des Zeugen Siegfried T*** gestützten - Verantwortung des Angeklagten doch noch zum Durchbruch zu verhelfen; erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Würdigung werden nicht hervorgerufen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) entbehrt zunächst einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung, wenn sie Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite behauptet. Sie übergeht nämlich jene Urteilskonstatierungen, wonach dem Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung durch die Gendarmerie am 19.Juni 1987 die "Falschheit" (Unrichtigkeit) seiner Anschuldigungen bekannt war und er Kurt A*** hiedurch der behördlichen Verfolgung aussetzen wollte (S 324 ff).

Gleiches gilt für den Beschwerdeeinwand, dem Urteil wäre nicht zu entnehmen, ob der Angeklagte den Kurt A*** "möglicherweise" für den (Mit-)Verursacher der Verletzungen halten konnte und solcherart aus dessen tätlichen Angriff lediglich falsche Schlüsse gezogen habe. Denn dabei werden die anderslautenden Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite nicht mit dem darauf angewendeten Gesetz verglichen. Der Angeklagte greift mit diesem als Rechtsrüge deklarierten Vorbringen vielmehr auf die Ausführungen zur Mängel- und Tatsachenrüge zurück und stellt neuerlich darauf ab, sich eines tatbestandsmäßigen Verhaltens im Sinn einer Verleumdung nicht bewußt gewesen zu sein.

Wenn der Beschwerdeführer aber vermeint, einer an Kurt A*** begangenen Verleumdung würde jedenfalls die Rechtswidrigkeit mangeln, weil sie nur in Ausübung der ihm in einem verwaltungsbehördlichen Strafverfahren als Beschuldigten zustehenden Verteidigungsrechte vorgenommen worden sei, verkennt er zum einen, daß die Rechtswidrigkeit der Verleumdung des Kurt A*** keineswegs deshalb ausgeschlossen wäre, weil sie vom Beschwerdeführer im Zuge eines gegen ihn anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens (bzw. Verfahrens wegen Entziehung der Lenkerberechtigung) begangen wurde (ÖJZ-LSK 1978/253; SSt. 45/18); zum anderen ist auch der in einem Verwaltungsstrafverfahren Beschuldigte über die Abwehr gegen ihn vorgebrachter Tatsachen - im vorliegenden Fall die Verursachung eines Verkehrsunfalles im alkoholisierten Zustand - hinaus nicht berechtigt, seine Stellung im Verfahren für - wissentlich (§ 5 Abs 3 StGB) - falsche Verdächtigungen gegen andere Personen zu benützen. Durch die Verletzung von deren Rechten wird eine neue strafbedrohte Rechtsgüterverletzung begangen und damit das Verteidigungsrecht jedenfalls überschritten (ÖJZ-LSK 1975/72; Leukauf-Steininger Komm.2 RN 21; Pallin im WK Rz 17 je zu § 297). Was der Angeklagte schließlich aus dem in der Beschwerde zitierten Rechtssatz, daß der Sachverhalt, den der wegen Verleumdung Verfolgte zu seiner Verantwortung vor dem Gericht (Untersuchungsrichter) vorbringt, ihm nicht als Wiederholung der Verleumdung angelastet werden kann (ÖJZ-LSK 1975/46), für den vorliegenden Fall abgeleitet wissen will, ist unerfindlich; wird ihm doch eine derartige "Wiederholung der Verleumdung" gar nicht angelastet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 37 Abs 1, 297 Abs 1 höherer Strafsatz StGB zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 150 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 100 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wertete es keinen Umstand als erschwerend, hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel als mildernd. Bei der Festsetzung der Höhe des Tagessatzes (§ 19 Abs 2 StGB) ging es davon aus, daß der Angeklagte über ein monatliches Einkommen von 9.000 S netto (Pension) verfügt und für seinen behinderten Sohn zu sorgen hat.

Der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung sowohl der Anzahl der Tagessätze als auch der Höhe des einzelnen Tagessatzes und die Gewährung bedingter oder teilbedingter Nachsicht der Geldstrafe anstrebt, kommt keine Berechtigung zu. Daß Milderungsgründe übersehen oder Erschwerungsumstände zu Unrecht angenommen worden wären, wird vom Berufungswerber im Ergebnis gar nicht behauptet. Auf der Basis der vom Erstgericht im wesentlichen vollständig festgestellten und auch zutreffend gewürdigten Strafzumessungsgründe entspricht die vom Schöffengericht festgesetzte Anzahl der Tagessätze der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten.

Bei der Beurteilung der zum maßgebenden Zeitpunkt der Urteilsfällung in erster Instanz gegebenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten, der seine Unternehmungen (Sägewerksbetrieb, Tankstelle mit Kaffeehaus) am 1.November 1989 an eines seiner Kinder übergeben hat, war zu berücksichtigen, daß er sich im Übergabevertrag das (unentgeltliche) Wohnrecht ausbedungen hat. Da der geldwerte Naturalbezug die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Angeklagten nicht unerheblich erhöht, ist der vom Erstgericht mit 150 S festgesetzte Tagessatz auch für den Fall der (weiteren) Sorgepflicht für seine - nach der Aktenlage von ihm getrennt lebende - Ehegattin nicht überhöht.

Die Gewährung bedingter oder teilbedingter Strafnachsicht schließlich kam im Interesse einer spezialpräventiven Effizienz der Geldstrafe nicht in Betracht (§ 43 Abs 1 StGB).

Anmerkung

E20838

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0140OS00043.9.0612.000

Dokumentnummer

JJT_19900612_OGH0002_0140OS00043_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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